Dienstag, 31. August 2021

Von Schreibzöpfen, YouTube Clips und dem Leben als Autorin

Heute Morgen, in der Phase zwischen Schlaf und Wachsein, ist mir eine Idee in den Kopf gehüpft und seither fühlt sie sich dort nicht nur pudelwohl, sie wächst auch kräftig heran.

Ihren Kern hat die Idee im Vorhaben, meinen YouTube-Kanal wieder regelmässig mit Clips zu füttern. Nachdem ich meine ersten administrativen Arbeiten heute Morgen erledigt hatte, wollte ich einen Testlauf für diese Clips starten. Nur für mich. Schon mal am passenden Ort mit dem passenden Lichteinfall. Mit laufender Kamera, aber ohne mich aufzunehmen.

Den Ort fand ich sehr schnell - es ist derselbe wie immer, weil das Licht dort einfach am besten spielt. Also setzte ich mich hin. Ungekämmt, ungeschminkt, in Vogelscheuchenkleidung, und begann draufloszureden. Statt bei meiner genialen Idee landete ich bei meiner Frisur. Bei den zwei Zöpfen, aus denen irgendwann im Frühsommer ganz spontan einer geworden ist. Warum das so ist und was das bedeutet. Glaubt mir, eine ganze Menge, denn meine beiden Zöpfe waren seit nunmehr beinahe 20 Jahren meine Schreibzöpfe. Ich sinnierte darüber nach, was in meinem Unterbewusstsein wohl so alles abgeht und wie es sich seinen Weg an die Oberfläche sucht. Sprach über mein Schreiben, die Verlagssuche für meine Kinderbücher und mein (noch nicht geschriebenes) Jugendbuch, von dem ich sicher bin, dass es mein Meisterwerk werden wird. Es wurde ein sehr persönliches Gespräch zwischen mir und der Frau auf dem Laptopbildschirm (also mir). Aber halt keins über meine neue Idee für den YouTube Kanal. Macht nichts. Passt.

Und darum möchte ich dieses Gespräch mit euch teilen. Allerdings nicht wirklich ungekämmt und ungeschminkt und im Outfit einer Vogelscheuche. 

Was ich sagen kann: Ich habe in diesen Corona-Zeiten und vor allem in den letzten Wochen und Monaten meinen Weg als Autorin und Verlegerin gefunden. Ich gehe ihn auf gutem, starkem Boden, der mich trägt. Nun freue ich mich wahnsinnig darauf, euch zu erzählen, wohin ich unterwegs bin, wie es mir dabei geht - und was das alles mit meinen Schreibzöpfen zu tun hat. Ich gebe Bescheid, sobald der Clip online ist. Also: Stay tuned.

Samstag, 28. August 2021

Vom Zumba Gold und meiner Gschtabiogglatta

Ich erlebe in meinem etwas reiferen Alter zurzeit gleich zwei erste Male. Blöderweise kollidieren die beiden grad heftig miteinander. Aber von Anfang an.

Kürzlich schrieb meine Freundin Donatella Rasi Gantenbein einen Zumba Kurs für Menschen ab 55 aus. Zumba Gold nennt sich das. Spannend, dachte ich und erkundigte mich, ob man da hüpfen muss. Muss man nicht, ist also völlig gelenkschonend. (Anmerkung für die jüngeren Mitleser*innen unter euch: Ab einem gewissen Alter und Gewicht wird das Hüpfen zu einem No-Go, weil es möderisch ist für die Gelenke. Und nein, das ist leider nicht witzig, sondern frustrierend.)  

Gelenkschonened, ab 55. Genau das Richtige für mich. Ich meldete mich begeistert zur allerersten Zumbalektion meines Lebens an. Ein leises Stimmchen im Hintergrund versuchte mich schüchtern darauf aufmerksam zu machen, dass ich eine feinmotorische Pfeife ohne Sinn für Schrittfolgen und Bewegungsabläufe bin. Auf gut Schweizerdeutsch nennt man diese unbeholfene, tolpatschige Ungelenkigkeit "gschtaabig", ein gschtaabiger Mensch ist ein "Gschtabioggel". Ich ignorierte das Stimmchen standhaft.

Ungefähr gleichzeitig auf meine Anmeldung zum Zumba Gold fiel mein Generalcheck bei der Ärztin. Die gute Nachricht: Ich bin gesund. Die schlechte Nachricht: Ich habe mir einen massiven Haltungsschaden angeeignet und besuche nun zum ersten Mal in meinem Leben eine Physiotherapie. Ich geniesse sie so richtig, lerne eine Menge und arbeite an meiner (körperlichen) Haltung. Das bedeutet: Konzentration auf die richtige Körperhaltung. Übungen im Feintuningbereich. Keine Hau-Ruck-Aktionen.

Ihr ahnt, was nun kommen wird ...

Donatella hat das Zumba Gold super gestaltet. Die Musik war toll, die Choreografien auch (und zweilen so richtig spassmachend witzig). Leider hatte das leise Stimmchen recht: Ich bin und bleibe eine feinmotorische Pfeife. Schrittfolgen kann ich mir nicht merken, Bewegungsabläufe genauso wenig. Zum Glück darf man sich bei Donatella aber auch einfach frei zur Musik bewegen, wenn man den Schritt und den Tritt schlicht nicht findet. Ein Angebot, von dem ich mehrmals Gebrauch gemacht habe. Wenn es also nur um meine Feinmotorik und meine "Gschtabiogglatta" ginge, läge alles im grünen Bereich und ich könnte mich gschtaabig, aber mit viel Freude zur Musik bewegen.

Was aber für mich im Moment einfach nicht geht: Heftige, ausladende, im schlimmsten Fall sehr falsch ausgeführte Bewegungen. Für jemanden, der vor Konzentration auf Schrittabfolgen schon fast hyperventiliert, ist das Achten auf korrekte Bewegungsabläufe einfach nicht möglich. 

Mein Fazit: Zumba Gold ist eine wirklich tolle Sache, aber für mich und für meinen Körper kommt es zur falschen Zeit. Ich kann es jedoch allen empfehlen, die Spass an der Bewegung haben. Sehr sogar. Vor allem, weil man dabei nicht perfekt sein muss. Ich mache dann mal bis auf weiteres Übungen im Feintunig-Bereich, konzentriere mich auf meine Haltung und führe mein #walkingmyway fort. Wenn ihr mich also irgendwo stocksteif mit geradem Rücken durch die Gegend wandeln seht: Ich habe nicht die Arroganz im Rücken, sondern die gute und lobenswerte Absicht, den Rest meines Lebens nicht mehr wie ein schief geratener Kartoffelsack durch die Gegend zu "gwaggla". Tschakka! (Oder so ähnlich.)

Mittwoch, 25. August 2021

Von Deadlines und dem whooshing Sound, den sie machen

 
Meine Kolumne für das Qultur-Online-Magazin schreibe ich normalerweise am Montagabend, überarbeite sie irgendwann im Laufe des Dienstags, lese sie mir mehrere Male laut vor, wobei ich nach jedem Vorlesen Anpassungen im Feintuningbereich vornehme, und schicke sie dann gegen den Abend oder auch späten Abend ab. Am Mittwochmorgen geht sie online. 

Zwei Wochen liegen jeweils zwischen den Kolumnen. Ich hätte also genügend Zeit, sie irgendwann in dieser Zeit zu schreiben. Gemütlich, ohne Zeitdruck. Aber ganz erhlich: Meistens weiss ich frühestens am Sonntag vor dem Veröffentlichungstermin, worüber ich überhaupt schreiben werde. Das hat seinen Grund. Ich bin ein selbsternannter Deadline-Junkie, also jemand, der einen Abgabetermin braucht, um so richtig in die Gänge zu kommen. Und genau darum geht es in meiner neusten Kolumne. Um Abgabetermine. Wie ich sie als Autorin erlebe - und wie wichtig mir eingehaltene Deadlines als Verlegerin sind. Hier der Link dazu. (<=)

Wenn ihr jetzt noch wissen möchtet, wie viele Stunden ich in eine Kolumne stecke: Es sind im Schnitt wohl zwischen drei und fünf Stunden. Dazu kommt die Suche nach dem passenden Bild. Und ja, beides macht Spass. Immer wieder. Sobald ich mich denn mal aufgerafft habe, die Arbeit anzugehen.

(Bild: pixabay)

Sonntag, 22. August 2021

Weshalb ich Twitter nicht vermisse - nicht einmal ein bisschen


Drei Anläufe brauchte es, bis ich mit Twitter warm wurde. Zwei Mal habe ich meinen Account wieder gelöscht, weil ich fand, dass da jeder ziemlich egomanisch einfach seine Kurzstatements reinschreit und Diskussionen nicht möglich sind. Beim dritten Mal ging ich es anders an: Ich wollte nur Menschen folgen, die kluge, anständig verfasste Kurznachrichten posten. Vor allem wollte ich mich informieren. Also folgte ich Medien und Medienschaffenden aus aller Welt, bei denen ich Links zu guten Hintergrundinformationen folgen konnte. Ziel war nicht eine hohe Followerzahl, sondern der Zugang zu guten, verlässlichen News.

Natürlich habe ich dieses Konzept auf die Dauer nicht durchziehen können. Ich folgte schliesslich hauptsächlich Menschen, denen ich gerne zuhörte, egal, ob sie nun meiner Meinung waren oder nicht. Oberstes Gebot war dabei immer ein respektvoller Umgang miteinander. Ich fand meine TL (Timeline) sehr angenehm und schaffte es, sie zum grössten Teil von Hatespeech freizuhalten. 

Zu Trumpzeiten verschärfte sich der Ton, mit Corona wurde er beinahe unterträglich. Aber auch sonst änderte sich der Umgangston. Hatte ich am Anfang eine sehr kurze Liste mit Themen, die man online besser nicht diskutiert (Religion), wurde sie immer länger und betraf immer mehr Bereiche, die mich eigentlich stark interessierten, wo man aber zunehmend heftig angegangen wurde, sobald man auch nur einen Satz dazu schrieb (Religion, Corona, Genderfragen, Feminismus). Als ich von Transmenschen und Feministinnen angefeindet wurde, fragte ich mich echt, ob ich mich im falschen Film befinde. Ich stand (und stehe) ja fest auf deren Seite, aber ich möchte auch mal was hinterfragen dürfen, ohne gleich verbal niedergemäht zu werden. 

Es gab immer Dinge, die mir fremd waren, z. Bsp. warum Menschen einen Film schauen und dazu ihren Senf twittern, oder weshalb man Menschen folgt, die man hasst und verachtet und dann stolz berichtete: XYZ hat mich geblockt. Ach ja?, dachte ich dann jeweils - warum folgst du so einem Unsympath überhaupt? Und warum musst du dieses Blockiertwerden jetzt feiern wie einen Etappensieg an der Tour de France?

Und dann gab es Dinge, die mich nachdenklich machten (nicht nur auf Twitter, sondern allgemein in den Social Media): Wenn ich tiefe, ehrliche Einblicke in mein Schreiben gab, hat das niemanden interessiert. Die Likes (oder im Blog die Klicks) liessen sich manchmal an einer Hand abzählen. Aber wenn ich mich über irgendwas aufregte und einen gepfefferten Tweet (oder Post) verfasst, dann ging die Post ab. Likes und Kommentare zuhauf.

Empörung funktioniert gut in den Social Media. Sehr gut. Wut und Aggression auch. Twitterer, die tagtäglich übelste Angriffe unter jeder Gürtellinie raushauen, haben jenste Follower. Ich folgte gerne ruhigen und Menschen. Menschen, die nicht jeden Tag 20 Tweets absetzen, Menschen mit wenigen Followern. Die gingen mir alle verloren. Weil die Algorhitmen die Vielposter mit den vielen Klicks in meine Timeline schwemmten, zwischen denen es keinen Platz mehr hatte für die Frau Blaumeise mit ihren leisen und seltenen Tweets. Dafür schwemmte mir Twitter plötzlich Tweets in meine Timeline die mich "auch noch interessieren könnten" (nein, haben sie nicht) oder Leute aus meiner Timeline begannen, irgendwelche agressiven, menschenverachtenden Tweets zu retweeten, wahrscheinlich, um allen zu beweisen, wie schlecht die Welt ist. 

Am Ende hatte ich alles satt. Die Aggression. Die Wut. Die Unversöhnlichkeit. Das Nichtzuhören-, sondern Rechthabenwollen. Die mimosenhafte Empfindlichkeit vieler Twitterer. Das verbale Niedermähen von andersdenkenden. Das kollektive Hyperventilieren. Das Hochkochen von Geschehnissen (mit einer Halbwertszeit, die wöchentlich kürzer wurde). Das Dauerempören als Lebenshaltung.

Nein, auch ich war nicht frei von diesen negativen Eigenschaften. Auch ich habe mich geärgert. Auch ich war wütend und empört. Und es hat mir überhaupt nicht gutgetan. Je länger je weniger.

Anfang Jahr reichte es mir. Ein paar Wochen lang klickte ich mich immer häufiger zu "Account löschen" durch, nur um mir dann zu sagen, dass ich doch eigentlich wegen der Infos hier bin, und dass ich als Autorin doch jede Form von Social Media gebrauchen kann, und guck doch, du kannst doch nicht weg, gerade jetzt, wo du endlich im vierstelligen Followerbereich bist, du hast dir doch was aufgebaut, ändere einfach deine Einstellung, werde gelassener, blablablablabla ... Bis zu dem Tag, an dem plötzlich alles glasklar war. Ich habe, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern, den Account gelöscht. Ich glaube, da stand was von "Sie haben 30 Tage Zeit, um auf ihren Entscheid zurückzukommen." Ich habe nicht ein einziges Mal zurückgeblickt oder mir auch nur eine Sekunde überlegt, ob ich zu Twitter zurück will. Da war kein Bedauern, keine Reue. Nur Erleichterung, den Schritt endlich getan zu haben.

Warum ich diesen Post genau jetzt schreibe? Weil mich am Wochenende meine Autorenkollegin Mirjam Wicki angeschrieben hat. "Hat sich dein Entschluss, Twitter fernzubleiben, bewährt?", hat sie mich gefragt. Die Antwort ist: Und wie! Mir geht es sehr viel besser, seit ich nicht mehr jeden Tag dieser geballten Ladung Aufgeputschtheit und Aggression ausgesetzt bin.

Trotzdem: Was für mich gilt, muss nicht für alle gelten. Ich denke, es kommt darauf an, weshalb man auf Twitter ist. Ich war dort, weil mich Politik und gesellschaftliche Fragen interessieren. In diesem Bereich ist Twitter meiner Meinung nach unheilbar kaputt. Als Autorin lässt es sich gut auf Twitter aushalten, wenn man sich auf das Schreiben konzentriert und sich mit anderen Autor*innen austauscht. Was ich weiss: Wenn alle Menschen auf Twitter ihre Fragen so freundlich formulieren würden wie Mirjam ihre Frage an mich, wäre ich noch dort.

Der Zufall will es, dass nicht nur Mirjam mir genau jetzt diese Frage gestellt hat, sondern dass auch genau jetzt ein Artikel zum Thema erschienen ist, der meinen Eindruck bestätigt. Unter dem Titel: Social Media wirken wie ein Spaltpilz; negative Tweets werden bevorzugt gezeigt, wird eine Studie zitiert, die beweist, dass uns Social Media empörter macht - und vor allem Negatives belohnt wird.

Ich gestehe, ich habe kleinere Rückfälle, bemühe mich jedoch, meine Social Media Präsenz postitiv zu gestalten, mit Anstand und Respekt. Ich vermisse harte, aber faire Diskussionen zu politisch und gesellschaftlich relevanten Themen, vermeide sie jedoch zurzeit, wo immer ich kann (was mir zu 98% sogar gelingt), weil sie höchstens noch hart sind und selten mehr fair und schon gar nicht anständig und respektvoll. Ich hadere mit der Unversöhnlichkeit, die viele Menschen erfasst hat, mit der Radikalität, mit der sie ihren Zorn in die Welt schreien, mit der Häme, die manche meiner Zeitgenossen schon fast eimerweise über anderen auskippen. Das Internet könnte eine tolle Sache sein. Ist es ja auch. Aber es ist einer sehr harten Bewährungsprobe ausgesetzt und ich zweifle zurzeit daran, dass wir Menschen diese Probe bestehen.

Mittwoch, 11. August 2021

Wenn der Airbag fürs Herz fehlt

Der Titel dieses Posts ist auch der Titel meiner neusten YA-Kolumne. Auslöser dazu war der Spontanbesuch eines Anlasses in der Bibliothek Buchs, an dem begeisterte Leser*innen ihre Lieblingsbücher vorstellen konnten. Sara Willi, Leiterin des Buchclubs "Let's talk about" für Jugendliche stellte Das Schicksal ist ein mieser Verräter vor.

Ich habe das Buch vor ein paar Jahren gekauft und nie gelesen. Warum nicht - dieser Frage wollte ich in meiner Kolumne auf den Grund gehen, doch noch während ich das tat, wurde ich mit meinem eigenen Schreiben konfrontiert. Beinahe hätte ich ob all der Fragen, die sich mir plötzlich aufdrängten und mich zunehmend aus dem Konzept brachten, die Kolumne nicht fertig schreiben können; die Widersprüche zwischen dem, was ich erzählte und dem, was ich in und mit meinem Schreiben anrichte, waren doch ziemlich gross. 

Glücklicherweise bin ich mit der Kolumne (<= Link dazu) doch noch zu einem Ende gekommen. In meinem Kopf drehen sich die Fragen und Gedanken weiter. Fortsetzung folgt also. In einer der nächsten Kolumnen und in einem meiner nächsten Blogposts. Sobald ich mit dem Sortieren meiner Gedanken fertig bin.