Donnerstag, 19. September 2024

Mein persönlicher Jahresanfang


Ich tauche aus dem Sommerblues auf. Er hat mich auch dieses Jahr erwischt, allerdings nicht so stark wie auch schon. Nicht zuletzt, weil ich diesen Sommer riesiges Glück erfahren und erleben durfte, für das ich endlos dankbar bin und das mich endlos glücklich macht. Körperlich und beruflich falle ich jedoch immer noch in riesige Blues-Löcher im Sommer.

Körperlich, weil ich die Hitze nicht ertrage, das Wandern praktisch auf Eis legen muss, meine Kraft und Energie schwindet und ich an ganz heissen Tagen nicht mal nach draussen an die Luft will, an der nichts Frisches mehr ist. Beruflich, weil mir die Hitze nicht nur den Körper, sondern auch das Hirn lähmt, meine Kreativität dahinschmelzen lässt, meinen Arbeitswillen eindampft und mich in gähnend unproduktive Lustlosigkeit einhüllt. So dümple ich durch den Sommer, werde von Woche zu Woche langsamer und unkreativer und unzufriedener (und auch eine Zumutung für meinen Herrn Ehemann).

Kürzlich ist der erste Schnee gefallen, hat die Bergspitzen weiss gepudert und klare, kühle Luft gebracht. Ich konnte in sämtlichen Poren fühlen, wie das Leben in mich zurückkehrt. Plötzlich war die Arbeitslust wieder da. Ideen für Projekte poppten von überall her auf, die Lustlosigkeit ist glasklaren Vorstellungen gewichen. Ich weiss wieder, was ich will und was ich nicht will, ich sitze wieder am Rechner und arbeite an tollen Aufgaben.

Gestern stiegen Herr Ehemann und ich spontan ins Auto, fuhren an einen Ort, an dem wir beide seit unserer Kindheit/Jugend nicht mehr gewesen waren und wanderten los. Es war das pure Glück. Wenn Herz uns Seele laut singen könnten, wären wir mit Musik auf voller Lautstärke durch diese Landschaften gelaufen, die mehr als einmal wechselten. Das letzte berufliche Hadern löste sich im Morgennebel auf, der über einem Bergbach aufstieg. Ich fühlte mich stark und gewiss in den Dingen, die ich ändern will.

Heute Morgen, auf dem Weg zur Physiotherapie kam ich am Werdenbergersee vorbei. Und da überfiel mich eine Erkenntnis fast schon blitzschlagartig: Herbst ist Jahresanfang!

Ich dachte immer, mein persönlicher Jahresanfang müsse der Frühling sein, weil ich mich zu keiner Jahreszeit so wach, so lebendig, so in Aufbruchstimmung befinde wie im Frühling. Trotzdem ist Frühling nicht der Anfang. Weil danach der Sommer kommt und mich in ein Loch reisst. Wenn ich nun das innere Jahr im Herbst anfange, kann ich mit der starken Gewissheit ins Jahr gehen, dass ich den Sommer emotional und körperlich überlebt habe. Ich kann aus dieser Gewissheit Kraft schöpfen und mit viel Frische an die Arbeit. Im Winter kann ich die Ideen und Projekte umsetzen, die in mir gewachsen sind. Der Frühling ist der Totalbooster, mit dem ich noch einmal durchstarten kann. Und der Sommer? Tja: Den Sommer mache ich in Zukunft zur meiner persönlichen Faultierjahreszeit, in der ich nicht einmal mehr versuchen will so zu tun, als könnte ich auch nur ansatzweise etwas auf die Reihe bekommen. 

In diesem Sinne: Happy New Year from me und die neugierige Frage, wann euer inneres Jahr anfängt.

Dienstag, 10. September 2024

Seid meine Big Rock Band


Rock das Ding. Das ist meine Devise. Aber dazu brauche ich diesmal eine richtig tolle, gute Big Band. Und die könntet ihr sein. Anders gesagt, ich benötige eure Hilfe. Lasst mich ein wenig ausholen:

Kürzlich zog ich mir ein YouTube-Video rein, in dem einer, der jahrelang im Buchmarketing tätig war, den - seiner Meinung nach - ultimativen Tipp gab, wie man ein Buch zu einem Bestseller machen kann. Solche Videos gibt es mehr als Sand am Meer, aber bei genau diesem Kerl blieb ich hängen. Weil ich mir dachte, dass er vielleicht statt heisse Luft zu produzieren tatsächlich was zu sagen hat. 

Hatte er, wenn auch nicht auf den ersten und zweiten Blick. Auch er holte aus und startete bei einem amerikanischen Autor, dessen Buch auf russischen Buchpiraterie-Plattformen auftauchte. Der Verlag wollte das sofort unterbinden, doch er sah, wie unglaublich viele Kopien seines Buches runtergeladen wurden und sagte: "Lasst uns noch warten." Irgendwann begannen die Leute in Russland das Buch zu kaufen, ganz legal. Und das nächste Buch des Autors besorgten sie sich im Buchladen. In rauen Mengen.

An diesem Punkt dachte ich: "Heiliges Verdienen, wo will der Typ mit diesem Video hin?"

Er erklärte es umgehend: Der Punkt sein nicht die Piraterie, der Punkt sei, dass Menschen ein Buch empfehlen, das sie gut finden und es dann andere auch haben wollen. Deshalb sei das Buch so oft heruntergeladen worden. Und später irgendwann gekauft, weil die Menschen das Original wollten. Und das nächste wesentlich mehr gekauft als illegal heruntergeladen. Das Schlüsselwort in diesem Absatz ist "empfehlen". 

Im nächsten Beispiel ging es um ein Buch, das ein Jahr lang im tiefen Verkaufszahlenbereich dümpelte, sehr zur Frustration von Autor und Verlag, die sich mehr erhofft hatten. Nach einem Jahr wurde eine Organisation darauf aufmerksam, kaufte 150'000 Exemplare für alle Student:innen an Institutionen, die mit der Organisation verbunden waren, und kurz danach waren 500'000 Exemplare weg - weil jene, die es gelesen hatten, es weiterempfohlen oder weiterverschenkt hatten. Die Verkaufszahlen verdreifachten sich dann auf 1,5 Millionen und das Buch wurde mehr als einJahr nach seinem Erscheinen zur Nummer 1 der New York Times Bestenliste.

Grundvoraussetzung dafür, dass so etwas funktioniert: Das Buch muss wirklich gut sein. Und natürlich können nicht alle einen Bestseller landen, aber je mehr Menschen Bücher empfehlen und verschenken, die sie gelesen haben, desto grössere Kreise ziehen diese Empfehlungen. Also in anderen Worten: die gute alte Mund-zu-Mund Methode. Oder etwas moderner: Graswurzelmarketing.

Zurück zu mir - und zu euch. Im März ist mein Buch "Mittelstreifenblues" erschienen und mehr oder weniger still und leise im Ozean der vielen Bücher untergegangen. Der Verlag verfügt nicht über riesige Werbemittel, ich als Autorin kann das Buch nicht in jedem zweiten Social Media-Post in die Kamera halten (ganz ehrlich, das wäre sackpeinlich und hätte einen ziemlich verzweifelten Anstrich), ich kann auch nicht mit öffentlichen Lesungen auftrumpfen, weil Schullesungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. 

Was ich sagen kann: Menschen, die das Buch gelesen haben, geben mir sehr berührende Rückmeldungen. Das tut unendlich gut. Was ich auch sagen kann: Die meisten dieser Menschen sind erwachsene Leserinnen. Damit ist es ein Buch für alle Menschen ab ca. 14 Jahren. Die deutsche Zeitschrift "Eselsohr", in der Kinder- und Jugendbücher besprochen werden, kam in einer sehr positiven, herrlich wohltuenden Rezension zum Fazit:

«Mittelstreifenblues hat einen mitreissenden Rhythmus und ist schön, wie ein langer, melancholischer Song. Eine authentische und berührende Coming-of-Age-Geschichte.»

Das Buch kann also so schlecht nicht sein. Damit wäre eine wichtige Voraussetzung erfüllt. Und nun zu meiner Bitte: Wenn ihr es noch nicht gelesen habt, geht in die nächste Bibliothek und borgt es euch aus. Oder in den Buchladen und kauft es. Wenn es euch gefällt: Empfehlt es weiter. Verschenkt es zu Geburtstagen oder Weihnachten. Je mehr von euch das tun, desto mehr Klang werden die Empfehlungen haben. Ihr könntet die Big Band werden, die das Buch zum Rocken bringt. Ich brauche keinen Bestseller (na ja, schön wäre es schon), aber es würde mich glücklich machen, wenn das Buch seinen Weg zu den Menschen finden würde.

PS: Was in diesem Post steht, gilt für ALLE Bücher ALLER Autor:innen, die ihr mögt. Ihr seid jene, die den Unterschied machen könnt, ihr könnt ein Buch rocken lassen. Helft mir, helft uns. Danke.