Samstag, 28. Dezember 2019

Neues Jahr - Neues Bujo

Ich war immer "Papierfrau", hatte nie eine elektronische Agenda. Seit mehr als einem Jahr führe ich nun ein Bullet Journal. Mittlerweile ist es mir Agenda, Kalender, Fokussierhilfe, Fotoalbum und Tagebuch zugleich. 

Ganz wichtig: Ich kaufe Bullet Journals leer, also ohne irgendwelche vorgezeichnete oder von anderen festgelegten Planungshilfen. Das war dieses Mal sehr schwierig, weil unzählige Firmen auf den Bujo-Zug aufgesprungen sind, und Bujos herausgeben, in denen die Schwerpunkte und - leider - auch das Design gesetzt sind. 

Ich will aber meine eigenen Schwerpunkte setzen und meine Seiten von A bis Z selber gestalten, denn das Gestalten ist der Weg und das Ziel. Indem ich selber gestalte, kann ich mir jeden Monat überlegen, wo mein Fokus liegen wird, welchem Thema ich wie viele Seiten widme. Im Januar sind das ganz klar drei Dinge: der Verlag da bux (konkret das Lektorat der neuen Bücher), mein eigenes Label Cargo 44 (mit der Neuauflage von Freerunning und dem Relaunch der Lost Souls Serie) und das Schreiben (Band 5 der Lost Souls). Lesungen habe ich auch, aber längst nicht so viele wie sonst. Ich musste und wollte die Anzahl Lesungen in den ersten drei Monaten des Jahres stark herunterfahren, damit ich genug Zeit für den Verlag und das Schreiben habe. Nun bin ich bereit. Zumindest für den Januar.

Montag, 23. Dezember 2019

Das Leben rocken

2019 war beruflich ein Wahnsinnsjahr. Im besten Sinne.

Ich darf Teil dieser unglaublichen Buchband da bux sein. Wir haben 2019 noch einmal zulegen können und haben zusammen mit unseren AutorInnen so richtig heftig gerockt. da bux hat mir die Motivation, die Energie und die Freude an meinem Beruf mehr als nur zurückgegeben; ich wage zu behaupten, dass es mich ohne da bux als Autorin nicht mehr gäbe.

In der Zeit als Mitverlegerin von da bux habe ich den Mut und die Zuversicht gewonnen, auch als Autorin ganz neue Wege zu gehen. Ich habe das grosse Privileg, bei da bux sehr spannende Projekte anzugehen. Im Fall von Voll Risiko ein Buch, das auch in Heilpädagogischen Schulen gelesen werden kann, im Fall von Krawallnacht ein wunderbares Erzählexperiment. Beides hat mich gefordert und als Autorin weitergebracht. Und beides hat mich darin bestärkt, bei meinen Romanen mein Ding auf meine Weise durchzuziehen, genau das zu schreiben, worauf ich Lust habe.

Und weil ich 2019 wahnsinnig Lust hatte, eine neue Geschichte mit Kata, Ayden, Nathan, Raix und all den wunderbaren Figuren aus den Lost Souls zu schreiben, schreibe ich im Augenblick Band 5 der Serie - oder anders gesagt - Band 1 der zweiten Staffel. Kein Verlag hätte bei so was mitgemacht, ich hab's auch gar nicht erst versucht. Weil ich - auch das verdanke ich da bux - gemerkt habe, wie viel Freude und tiefe innere Befriedigung es bereitet, ein Projekt mit Menschen durchzuziehen, die für das brennen, was sie tun.

Genau solche Menschen habe ich gefunden. Ich bin auch im Self Publishing nicht mehr alleine unterwegs, sondern habe mit Josia Jourdan (Presse/Marketing) und Jutta Wilke (Lektorin und Korrekturleserin) zwei Menschen an meiner Seite, die Buchstaben atmen und Bücher leben. Besser geht nicht.

Beides - da bux und das Self Publishing - halten mich gewaltig auf Trab. Aber auf eine sehr gute Art und Weise. Es ist das Reiten der Welle, das Fliegen und Abheben, das Gefühl, angekommen zu sein und genau das Richtige zu tun.

Viel Rückenwind und vor allem auch Anerkennung und Wertschätzung habe ich dieses Jahr von Pro Helvetia bekommen, die das Krawallnacht-Projekt mit einem Werkbeitrag ausgezeichnet haben. Die Freude darüber war riesig. Und deshalb: Vielen Dank, Pro Helvetia.

Und ja, es gab auch die Momente, in denen ich mich völlig ausgebremst fühlte. Momente, in denen ich die Situation von Kinder- und Jugendbuchschaffenden in der Schweiz als hoffnungslos empfand. Weil wir von Stellen, die uns eigentlich fördern sollten, übergangen und ignoriert werden, nicht unbedingt finanziell (das auch), vor allem aber ganz generell. Im September kam dann dieser eine Moment, der eben der entscheidende Moment zu viel war. Ich habe realisiert, wie sehr wir gegen Betonwände anrennen, wie tief die gläserne Decke hängt, an der wir Schweizer Kinder- und Jugendbuchschaffende uns immer und immer und immer wieder den Kopf anstossen, wie wenig Stellenwert wir haben - und ich habe mich entschieden, diesen Kampf aufzugeben und mich aus dem Vorstand von Autillus zurückziehen, in dem ich mich zusammen mit engagierten VorstandskollegInnen seit Jahren für die Schweizer Kinder- und Jugendliteratur einsetze.

Denn: Ich will mich nicht länger runterziehen lassen, mich nicht länger von Dingen frustrieren lassen, die ich sowieso nicht ändern kann. Ich will das (Autoren)Leben rocken. Mit einem Verlag, der mich beflügelt. Mit meinen Self Publishing Projekten, an denen ich voller Begeisterung arbeite. Mit Menschen, mit denen ich gemeinsam abheben und fliegen kann. Ich habe das grosse Glück, solche Menschen gefunden zu haben. 

Deshalb an dieser Stelle ein riesiger Dank an sie. Lasst uns auch 2020 rocken. Ich freue mich darauf.


Sonntag, 22. Dezember 2019

Herzrasen

Am Ende eines langen Prozesses ist alles hochgeladen:
  • Cover
  • gesetzter Text
  • Klappentext
  • Autorenbio
  • Produkteinfo
Und dann checkst du alles noch einmal. Vor allem den gesetzten Text. Und noch einmal. Und noch einmal. Haderst mit der Auflösung des Autorenfotos, die du auch dieses Mal nicht ganz hinbekommen hast, trotz umpf Versuchen. Du starrst die Freigabetaste an. Dein Herz rast. Vor Aufregung. Vor Angst, dass du irgendwas übersehen hast. Vor Vorfreude, dass dein Buch gleich auf die Reise gehen wird. Und dann drückst du die entscheidende Taste. Für das Cover. Für den Text. Für die Infos. Bestätigst, dass du das wirklich willst. Verpflichtest dich. Dein Herz rast immer noch. Und das ist gut und schön so. Dass es nach all den Jahren keine Selbstverständlichkeit ist, dein Buch auf die Reise zu schicken.

Freerunning. 238 Seiten. BoD, Label CARGO 44, erscheint offiziell am 10. Januar 2020.

Montag, 16. Dezember 2019

Mein Lesungsrucksack macht Pause

Heute ging's zu den letzten beiden Lesungen des Jahres. 118 Lesungen sind es 2019 geworden. Die allermeisten waren toll - und über die anderen könnte man witzige Bücher schreiben (so im Nachhinein).

Meinen alten Lesungsrucksack musste ich ausmustern, weil wichtige Trägerteile (und als Folge davon auch mein Rücken) kaputt waren. Der neue hat seinen Dienst gut und rückenschonend aufgenommen. Jetzt darf er bis zum 7. Januar Pause machen.

Im Vergleich zum letzten Jahr waren es dieses Jahr 28 Lesungen weniger. Nächstes Jahr werde ich versuchen, noch einmal zu reduzieren. Ziel sind höchstens 100 Lesungen im Jahr. Etwas mehr als die Hälfte ist schon gebucht.

Warum weniger Lesungen?
  • Erstens sind rund 150 generell zu viel, finde ich.
  • Zweitens bin ich nicht nur Autorin, sondern auch Verlegerin. Vor allem die ersten drei bis vier Monate arbeite ich hauptsächlich für unseren da bux Verlag; da will und kann ich nur eine begrenzte Anzahl Lesungen machen.
  • Drittens würde ich gerne wieder mehr schreiben. Das braucht seine Zeit. 
Ich habe mir für jeden Monat eine Maximalzahl an Lesungen vorgenommen. Das sind nicht jeden Monat gleich viele; wie viele es sind, hängt davon ab, was sonst jeweils noch so ansteht.

Diesen Dezember zum Beispiel möchte ich zwei Publikationen fürs Self Publishing fertig vorbereiten - und ich muss / darf bis Ende Jahr eine Geschichte fürs Radio fertig schreiben. Während also mein Lesungsrucksack Pause macht, arbeite ich unverdrossen, frohgemut und motiviert weiter.

Samstag, 14. Dezember 2019

Coverentscheid Freerunning

Über das Reiten der Welle habe ich in diesem Blog schon öfters geschrieben. Nichts ist schöner, als dieser wilde, spannende Ritt auf einer Kreativitätswelle. Sie trägt mich gerade in Bereiche, in denen ich noch nie war. Das ist der Grund, weshalb es hier in letzter Zeit etwas ruhiger geworden ist. Mehr dazu in späteren Blogposts. Erst einmal schulde ich euch den Entscheid über das Cover zu Freerunning.

Ich habe die beiden Entwürfe, die mir die Agentur bürosüd gemacht hat, an verschiedenen Orten zur Diskussion und Abstimmung gestellt: Auf Insta, auf Facebook, hier im Blog, bei Buchhändlerinnen, bei Bibliothekarinnen und natürlich bei der Zielgruppe, also bei den Schulklassen, bei denen ich gelesen habe. Resultat: Zwei Drittel sprachen sich für das Cover mit dem Gesicht aus.

Meine letzte Lesung im November führte mich an eine Berufsschule zu Polygraphen- und Grafiklehrlingen, also genau die Gruppe, die ich abschliessend brauchte. Ich erklärte, dass der Entscheid gefallen sei und fragte, was noch besser sein könnte am Cover. Einstimmig: Die Farbe in der Titelschrift muss die Farben des Himmels oben rechts widergeben, sprich, es muss mehr gelbe Farbe rein. Und: Das rechte Auge scheint grösser als das linke.

Diese Infos schickte ich an die Grafikagentur, die noch einmal leicht über das Cover ging. Das Resultat war perfekt.

Am Ende fehlte der Klappentext. Den alten konnte ich nicht verwenden (den hatte nicht ich geschrieben, sondern der war im Verlag entstanden) und wollte ich nicht verwenden (der Text auf der Rückseite des Buches war mir zu knapp und der innere Klappentext zu trocken für einen Text auf der Rückseite des Buches). Ich setzte mich an einen Entwurf und besprach ihn mit Jutta Wilke, die meine neue Korrekturleserin und zukünftige Lektorin ist. Gemeinsam schliffen und feilten wir am Text, bis wir fanden, er klänge einladend, mache neugierig auf den Inhalt und komme rund daher.

Der Klappentext ging ebenfalls an die Agentur bürosüd, die dann die Rückseite des Buches gestaltet und den Text darin eingefügt hat. Das Öffnen der Datei mit dem fertigen Cover hat mir einen Augenblick lang den Atem verschlagen, so toll fand ich den Anblick.


Das Cover steht damit, ist bei BoD (wo das Buch herauskommen wird) bereits hochgeladen. Gerade eben habe ich die Infos zum Buch (Inhalt, Autorenbio, Warengruppe, Schlagworte usw.) auf der Webseite von BoD eingefügt. Nun fehlen noch die Korrekturen. Wenn ich die habe, werde ich sie in den bereits gesetzten Text einfügen und auch die Textdatei hochladen.

Geplanter Veröffentlichungstermin ist Mitte Januar 2020. Dass die Geschichte immer noch begeistert und reinzieht, habe ich bei den Lesungen letzten Dienstag erleben dürfen. Ich freue mich total darauf, mit dem Buch in seinem neuen Gewand unterwegs zu sein.

Samstag, 23. November 2019

Wenn die Woche mit einem Luxusproblem endet

Anfang Woche gab's an dieser Stelle den "Start in die neue Woche" - jetzt schaue ich sehr glücklich zurück. Und ich habe ein Luxusproblem, bei dem ich euren Rat brauche. Zuerst zur Rückschau:
  • Mit dem Buchsatz von Freerunning bin ich sehr viel schneller vorangekommen als geplant: Er ist bereit für die Korrekturleserin.
  • Das Schreiben an Band 5 der Lost Souls könnte schneller vorangehen, aber ich bin dran und dabei.
  • Mit dem Relaunch der Bände 1 - 4 der Lost Souls sind wir (Josia Jourdan und ich) im Zeitplan. Wir arbeiten im Hintergrund und warten mit den Aktionen bis Januar, da im Advent so viele andere Bücher samt Goodies verlost und verschenkt werden. 
Und jetzt zu meinem Luxusproblem:

Ich arbeite in Sachen Lost Souls und dead.end.com Cover mit bürosüd zusammen, da ich die Cover behalten möchte. Weil mir ihre Cover so gut gefallen, habe ich sie gefragt, ob sie mir eins für Freerunning machen. Haben sie. Zwei sogar. Beide toll, wie ich finde. Eins ist - auf meinen Wunsch - passend zu den Covern von dead.end.com und "Hundert Lügen" gestaltet, das andere ist - auf Vorschlag der Agentur - an das ursprünliche Cover angelehnt.

Mir gefallen beide. Was meint ihr? Für welches würdet ihr euch entscheiden?

v.l.n.r.: Das Original, Entwurf 1, Entwurf 2

 Die Entwürfe im Vergleich zu den anderen Büchern

Montag, 18. November 2019

Mit Vollgas in die lesungsfreie Woche

Am Freitag ging die Lesetour durch Graubünden zu Ende. Nächsten Sonntag reise ich nach Luzern für die Zentralschweizer Lesungen. Dazwischen bleibt mir eine Arbeitswoche zu Hause. Auf der To-Do-Liste:
  • Buchsatz von Freerunning für die Neuausgabe im Self Publishing, jeden Tag 2 bis 4 Kapitel. Spätestens am 7. Dezember muss ich mit dieser Arbeit fertig sein, denn dann bekomme ich Besuch von meiner Korrekturleserin, der ich den fertigen Text mitgeben will.
  • Arbeit am Relaunch der ersten 4 Lost Souls, aktuell stehen Coverdetails und Marketingfragen an. 
  • Schreiben an Band 5 der Lost Souls. Da bin ich im Rückstand, denke aber, dass ich spätestens ab Dezember gehörig aufholen kann (und auch muss)

Montag, 11. November 2019

Vom Fliegen oder Creative Minds and Open Hearts

Das erste Modul der IBK Künstlerbegegnung 2019 in Zürich im Mai war ... sagen wir mal ... durchzogen. Es gab Tolles, ganz Tolles, aber halt auch ein paar Dinge, die mich genervt haben. Zum Beispiel, dass ausgerechnet der Workshop über Storytelling in Computer Games, auf den ich mich so gefreut hatte, nett ausgedrückt, supotimal war.

Gut war aber, dass ich einen Platz in jener Gruppe fand, die genau das zu ihrer Projektarbeit machen wollte: kreatives Storytelling basierend auf einem Computer Game. YES!

Und deshalb ging im zweiten Modul Ende August so richtig die Post ab. Zwei Dinge waren schnell klar: Wir wollten "irgendwas" mit einem Walkthrough machen (ein Gamer/eine Gamerin spielt ein Spiel durch und kommentiert es), und wir wollten den Zufall unsere Bedingungen diktieren lassen.

So ging unsere Gruppe mit VertreterInnen aus den Bereichen Games, Schauspiel, Literatur, Musik, Dramaturgie im zweiten Modul in Uster während der Gruppenarbeitszeiten vor:
  1. Wir schauten uns verschiedene Walkthroughs an (laute, leise, ballernde, poetische usw) und jedes Gruppenmitglied wählte zwei davon aus.
  2. Schnell war klar: Wir liebten das Laute, damit wir als Kontrast dazu eine stille, poetische Geschichte erzählen konnten.
  3. Wir wählten einen Walkthrough zum Spiel "Titan Falls 2".
  4. Jeder von uns nannte zwei Zeiten. Zum Beispiel: 1 Minute 42 / 18 Minuten 33 usw.
  5. An jenen Stellen hielten wir den Walkthrough an (also zum Beispiel bei 1 Minute 42) und schnitten 60 Sekunden Film ab dann aus.
  6. Diese Filmsequenzen gaben wir noch einmal in den Zufallsgenerator, was die zeitliche Reihenfolge durcheinanderschüttelte. Beispiel: Die erste Sequenz sind die 60 Sekunden ab 18 Minuten 33, die zweite die 60 Sekunden ab 1 Minute 42 usw.
  7. So, wie der Zufall es bestimmt hatte, fügten wir die Szenen zusammen.
  8. Wir hatten das Ausgangsmaterial für die Story beisammen.
  9. Das Brainstormen begann. Wir entwickelten gemeinsam Ideen, verwarfen einige, verfolgten andere, kamen der Sache näher, bis Niko DIE zündende Idee hatte.
  10. Wir schrieben den Text.
  11. Wir überlegten, wie wir diesen Text über den Film legen könnten.
  12. Wir nahmen den Text auf.
  13. Unser Schneid- und Soundmaster Bernie mixte die erste Version.
  14. In der Feedbackrunde der Experten stellte sich dann heraus, dass wir Gruppenmitglieder den Sinn der Story verinnerlicht hatten, die Experten aber nicht wirklich verstanden, was wir hatten erzählen wollen. Das beirrte uns in keiner Weise, weil WIR schon am Ende des zweiten Moduls völlig hinter unserem Kurzfilm standen und a) daran wahnsinnig Freude hatten und b) darauf wahnsinnig stolz waren.
  15. Am Ende des zweiten Tages waren hatten wir auch unseren definitiven Gruppennamen: Gruppe CEHN.
Zwischen dem zweiten und dritten Modul zeigten wir den Film verschiedenen Testpersonen und es stellte sich heraus: Die Geschichte, die wir erzählten, war tatsächlich nicht einfach zu verstehen. Wir waren uns daher einig, dass wir im dritten Modul noch an der Geschichte und den Aufnahmen feilen mussten.

Im dritten Modul trafen wir uns in Winterthur. Uns blieb nicht viel Zeit, denn die Stadt steckte im Filmfestivalfieber und wir waren Teil davon. Wir lernten, worauf es beim Pitchen ankommt. Das sollten wir in den sogenannten Market Meetings (eine Art Speedating zwischen Filmemachern und Produzenten / Filmfestivalvertetern) gleich auch mit unseren Produkten ausprobieren.

Vor und nach den Market Meetings knieten wir uns so richtig rein. 
  1. Wir überlegten, wie wir mit rein visuellen und akustischen Mitteln mehr Klarheit in die Geschichte bringen konnten. 
  2. Wir nahmen neuen Ton auf, unter anderem mit zwei Mädchen, die eigentlich in den Ballettunterricht wollten, sich dann aber bereit erklärten - zusammen mit ihrem Papa - für unseren Film ein paar Sätze zu sprechen. (Es sei erwähnt, dass diese Stimmen sehr gut wirken und vieles klarer machen.)
  3. Gleichzeitig schrieben wir für die Kontakte aus den Market Meetings einen One Pager (eine Zusammenfassung unseres Projekts auf einer Seite, graphisch genial aufgegleist von unserer Game Designerin Tabea).
  4. Ebenfalls gleichzeitig übten Niko, Petra-Leonie und Corinne unsere Präsentation für den Samstag ein.
  5. Bis spät am Abend war offen, ob wir im zweiten Teil mehr Text reinbringen wollten - oder halt eben nicht. Erst um 22.30 Uhr fielen die letzten Entscheide.
  6. Unser Film Highscore war fertig.
Am Samstagmorgen ging es nach einem Workshop über digitales Storytelling und wie man es an die Zielgruppe bringt erst etwas essen und dann ins Kino, wo unsere Gruppenprojekte vorgestellt werden sollten. Die Generalprobe war dann eher chaotisch, weil die Technik nicht so wollte, wie einige der Gruppen sie brauchten.

Und dann ging's los. Unsere Gruppe CEHN war als vierte dran. Tolle Präsentation. Totenstille nach dem Film im Kino (was uns zeigte, dass er gewirkt hatte), Komplimente, Freude, Erleichterung, noch mehr Freude.

Es war wie fliegen. Und es hielt an. Nach einem letzten Zusammensein und einem etwas wehmütigen Abschied stieg ich in den Zug und flog nach Hause.

v.l.n.r.: Tabea Iseli, Nikola Merkas, Ich, Bernhard Belej, Petra-Leonie Pichler, Corinne Soland

Mittwoch, 6. November 2019

Von schönen Landschaften, tollen Begegnungen, Höhen und Tiefen und persönlichen Manifesten

Die zweite Woche der Bündner Lesungen führte mich erst nach Chur und dann ins Engadin. In Chur hatte ich zwei Lesungen am Morgen, mit einer lange Pause dazwischen. Ich nutzte sie, um mir den brandneu eröffneten Buchladen Lüthy anzuschauen. Er ist ein Traum, eine Augenweide, ein Verweilort samt Kaffee, ein mutiges (weil gross angelegtes) Projekt mit einer grossen Kinder- und Jugendbuchabteilung. Und mit einem Punkt, an dem so ziemlich alle Buchläden in der Schweiz scheitern: Bei den prominent und bestens platzierten Büchern von Schweizer AutorInnen fehlen ... ja genau, die JugendbuchautorInnen. Während man im unteren Stock bei den Kinderbüchern noch ganz viele Schweizer Kinderbuchschaffende findet, sieht es in Bezug auf das Schweizer Jugendbuch (noch) ziemlich öd aus. Gut, in Sachen Jugendbuch und Schweiz sieht es generell zappenduster aus, und das hat mir dann die letzten paar Tage ein paar Tiefen reingehauen. Dazu aber später.

Ich habe mich lange mit der sehr engagierten Filialleiterin unterhalten. Es war ein gutes Gespräch, aus dem viele gute Ideen rangewachsen sind. Unter anderem haben wir auch darüber gesprochen, wie man das Schweizer Jugendbuch besser präsentieren könnte.

Am Nachmittag fuhr ich nach Pontresina ins Engadin. Dort deponierte ich mein Gepäck, rief Autorenkollegin Romana Ganzoni an, die in Celerina wohnt, und kündigte an, zu Fuss zu unserem Treffen zu kommen. Von Pontresina nach Celerina sind es nämlich nur rund 60 Minuten. Was ich zu jenem Zeitpunkt noch nicht wusste: Es sollten meine letzten Schritte auf Gras- und Wanderwegboden sein.

 zwischen Pontresina und Celerina
bei Celerina

Romana und ich verbrachten zwei anregende, spannende Stunden, ein Gespräch, in dem ich für mich extrem viel mitgenommen habe, und das mich unter anderem mitten in der Nacht auf Mittwoch dazu veranlasst hat, ein persönliches Manifest an mich selber zu schreiben, nämlich eine weitere Ausgabe von "Was ich will, was ich nicht mehr will, was ich tun werde, und was ich nicht mehr tun werde" (ich werde immer besser in diesen Fragestellungen). Danke Romana für die vielen Gedankenanstösse (ich sag nur mal Autortür oder Salsiz). Wenn ihr Romana noch nicht kennt, checkt sie aus. Unbedingt. Ihr werdet es nicht bereuen (Link oben bei ihrem Namen)!

Am Abend begann es zu scheien, und ich wachte am Dienstagmorgen im Winterwunderland auf.


Die Lesung am Dienstagmorgen in Pontresina war ein Highlight. Herzlichen Dank an alle Beteiligten. Ich machte mich völlig beschwingt in Richtung Hotel auf - und dort machte ich einen Fehler. Ich checkte meine Social Media Accounts. Kollege Sunil Mann verkündigte freudig, nach elf Büchern auf der Autorenliste von TV srf aufzutauchen. Ich freute mich riesig für ihn, machte aber leider den zweiten Fehler: Ich checkte, ob ich vielleich auch ... natürlich nicht. Und blöderweise ging mir das an die Nieren. 20 Bücher geschrieben. 2 Preise gewonnen. 3 Auszeichnungen erhalten für Texte, die von Radio srf zu Hörserien vertont worden sind. Und auf der AutorInnenliste: die üblichen Verdächtigen. Und ja, das habe ich als genau so bitter empfunden, wie das jetzt klingt.

(Eine Anmerkung in Klammer: Ich habe von mehr als einem Schweizer Autorenkollegen / Schweizer Autorenkollegin den Rat bekommen, einfach mal ein Erwachsenenbuch zu schreiben, irgendeins, im Notfall einen Regionalkrimi, egal was, einfach irgendwas - damit ich auf das Regal mit den Schweizer AutorInnen komme. Diese Klammeranmerkung wird weiter unten noch eine Bedeutung haben.)

An der Nachmittaglesung kündigte mich die nette Bibliothekarin in Zuoz mit den Worten an: "Es ist schön die berühmte Schweizer Autorin Alice Gabathuler bei uns zu haben." Worauf ich sie korrigierte. Ich sei zwar Autorin, aber nicht wirklich Schweizer Autorin, und berühmt auch nicht wirklich, sondern eher so eine Zweitklassautorin, weil ich weder auf Listen auftauche noch in diesen schönen Regalen mit Schweizer AutorInnen. Und überhaupt, wer mich finden wolle, müsse mich schon unten im Keller oder in der kleinen Ecke hinter den Kinderbüchern suchen.

Wir haben herzhaft darüber gelacht. Und dann verriet mir ein Mädchen, dass sie meinen #no_way_out schon drei Mal gelesen hat. Ein anderes Mädchen sagte mir, sie habe alle vier Bände der Lost Souls Reihe schon zwei Mal gelesen. Ich habe vor Ergriffenheit beinahe geweint. Und dann war da auf dem Bahnsteig in Zuoz noch dieser Junge, der auf mich zukam und fragte: "Sie sind doch Frau Gabathuler. Sie haben vor ein paar Jahren bei uns gelesen. Ich habe ein Buch von ihnen gelesen und dann noch viele andere von ihnen. Ich finde ihre Bücher toll."

Jetzt bin ich nicht so sicher, ob mir das Karma all diese netten Rückmeldungen geschenkt hat, oder Sunil Manns Engel Gabriel, oder das Schicksal. Es ist egal. Ich lag am Abend im Bett und schrieb mir ein Manifest:

1. Du schreibst KEIN Buch für Erwachsene, nur damit du aufs Regal kommst.
2. Wenn du als Jugendbuchautorin nicht auf dieses verdammte Regal mit den Schweizer AutorInnen kommst, bist du halt eine Ausserirdische oder eine Wahlschottin.
3. Wenn du als Jugendbuchautorin in deinem Land von den Institutionen nicht ernst genommen und / oder ignoriert wirst (es gibt Ausnahmen, eine grosse ist Pro Helvetia), dann bist nicht du schuld, sondern die Institutionen.
4. Wenn das nächste Mal irgendein Witzbold aus deiner weiteren Verwandt- oder Bekanntschaft eine Bemerkung in der Art: "Ah, die Verslibrünzlerin // Du bist doch die, die Märli schreibt. // Wisst ihr, Alice schreibt so Tom und Jerry / Hucki und seine Freunde Geschichten, dann bleibst du nicht mehr nett und lächlest darüber hinweg (Grüsse an Romana und einen Riesendank!!!), sondern du redest mal eine Runde Klartext.
5. Du bist stolz darauf, eine Zweitklassautorin aus der Kellerecke zu sein, die Jugendbücher schreibt. Und du bleibst so eine. Jetzt erst und grad recht. HA! (Superwomanpose!) ...
(Anmerkung in Klammer: Ich hätte da diesen Erwachsenenkrimi auf meiner Maschine; wenn der fertig wird, veröffentliche ich ihn im Self Publishing unter Pseudonym und tu so, als sei ich Schottin).
6. (ähm ... das ist nicht zitierfähig - für jene, die mich kennen, das ist der Teil, in dem ein imaginärer Finger eine wichtige Rolle spielt)

Heute Morgen habe ich auf dem Weg von Pontresina in die Landschaft geschaut (der es egal ist, ob ich auf dem Regal mit den Schweizer AutorInnen stehe), habe fleissig fotografiert und mich übers und am Leben gefreut.

 auf dem Weg zum Bahnhof in Pontresina
See in St. Moritz (ohne Filter, Farbaufnahme, es gab einfach heute Morgen keine Farben)

Nach der zweiten Lesung gab's Komplimente für die Krawallnacht. Eine Lehrerin liest die Bücher gerade mit einer Klasse, die überhaupt nicht gerne lesen - und die Geschichte von Alina und Kilian toll finden. 

Und damit komme ich zu einem Fazit: Wir Jugenbuchautoren begeistern auf (zum Teil nicht gerade prickelnd toll bezahlten) Lesetouren Jugendliche für Bücher, bringen sie ihnen nahe, legen den Boden für späteres Lesen. Ich wünschte mir, all die Leute, die über uns hinwegsehen, würden nur einmal ein paar Minuten bei uns in einer Lesung sitzen und sehen und wertschätzen, was wir tun. 

Aber Achtung, es gibt nicht viele von uns und es werden auch nicht unbedingt mehr. Wer was werden will, hier in der Schweiz, der schreibe Erwachsenenliteratur oder Kinderbücher. Aber ganz sicher keine Jugendbücher. Vor allem nicht "nur" (im Sinne von ausschliesslich).

Ich habe fertig.

Freitag, 1. November 2019

November oder Das pralle Leben

Ich bin parat für den November. Er ist geprägt von Lesungen, dem dritten Modul der Internationalen Bodenseekonferenz, dem Schreiben und dem Vorantreiben des Self Publishing. Ja, genau. Das ist eine Menge. Ich werde nicht alles schaffen, was ich mir vorgenommen habe, aber ich freue mich darauf, es anzupacken. Dass im November meine Lieblingsband und meine Lieblings-Coverband Konzerte ganz in der Nähe geben, trägt auch zur Vorfreude bei.

Das Zitat auf der rechten Seite ist sehr bewusst gewählt. Es erinnert mich daran, warum ich mit dem Schreiben begonnen habe und wie ich immer schreiben wollte. Es passt perfekt zu der Geschiche, an der ich schreibe, und sollte ich vom Weg abkommen was die Erzählsprache betrifft, so brauche ich nur diese Seite im Bullet Journal aufzuschlagen, um wieder auf die richtige Spur zu kommen.

Donnerstag, 31. Oktober 2019

Heute - zwischen den Lesungen

Zwischen den Morgenlesungen in Chur und der Nachmittagslesung in Churwalden reichte die Zeit für einen Spaziergang um den Heidsee auf der Lenzerheide.


Mittwoch, 30. Oktober 2019

Wenn das Bahnabteil zum Büro wird

Mein Lesungsplan ist gerade etwas suboptimal. Oder anders gesagt: Ich bin jetzt an zwei Tagen für jeweils eine einzige Lesung nach Chur gefahren. Das frisst mir ziemlich viel von meiner Büro- und Schreibzeit weg, aber zum Glück fährt auf dieser Strecke ein Zug mit Tischen, die diesen Namen auch verdienen. Und deshalb habe ich kurzerhand mein Bahnabteil zum Büro umfunkioniert.

PS: Ab morgen sind die Megamonster-Zeitlöcher zwischen den Lesungen. Da setze ich mich dann zu Kata ins Café und schreibe an den Lost Souls weiter.


Dienstag, 29. Oktober 2019

Writers: "They're a whole lot of people trying so hard to be one person."

Heute habe ich in Chur gelesen. Dem Ort, in dem Nick aus "Blackout" eine Begegnung mit Folgen hat. Auch dem Ort, in dem Kata in "White Sky" die Ermittlerin Patrizia Winkler trifft und ein Gespräch führt, das über Leben und Tod entscheidet. Da mein Zug zu früh eintraf, kehrte ich für einen Kaffee im Maron ein. Und einen Moment lang war ich Kata.


Zu Augenblicken wie diesen passt ein Zitat von F. Scott Fitzgerald, das ich gestern gefunden habe:
Writers aren't people exactly. Or, if thery're any good, they're a whole lot of people trying so hard to be one person.
Später, an der Lesung habe ich erzählt, welch eine grosse Rolle Chur in meinen Büchern spielt und aus "Blackout" und "White Sky" vorgelesen. DAS sind die perfekten Momente in meinem Autorinnenleben.

Sonntag, 27. Oktober 2019

#lovemyjob (meistens)

Auf Twitter und Insta setze ich Hashtags. In letzter Zeit kam einer besonders häufig zum Einsatz. 
#lovemyjob
Nein, ich liebe meinen Beruf nicht immer. Dazu ist die Buchbranche zu hart und leider oft auch zu gnaden- und zu seelenlos. Und das mit der Anerkennung und Wertschätzung von Kinder- und Jugendbuchautoren im eigenen Land ist auch nicht gerade ... na ja, lassen wir das.

Wieso ich meinen Beruf trotzdem liebe? Weil ich mir die Freiheit nehme, nur noch das zu tun, was an meinem Beruf Freude macht. Das ist eine ganze Menge:

  • der da bux Verlag
  • meine neuen Bücher
  • mein Self Publishing
  • Lesungen (meistens*) / Anlässe / Workshops
  • der Kontakt zu tollen Leuten

In diesem Post geht es um zwei Anlässe der letzten Woche.

DAZ-Tagung in Winterthur:
Wir da buxler waren an der DAZ Tagung in Winterthur mit einem Stand vertreten. Die Organisation war perfekt, die Betreuung ebenfalls. Unsere Bücher aus allen vier Editionen stiessen auf reges Interesse, auch bei Primarschullehrpersonen, die das Konzept toll fanden und es ihren KollegInnen auf der Oberstufe empfehlen wollen. Viele nahmen Infomaterial mit und möchten sich die Leseproben und die Arbeitsblätter ansehen. Fazit: Ein Tag mit vielen guten Begegnungen, ein Tag auch, an dem unser Verlag viele Komplimente bekam. Beides motiviert uns, beides gibt uns Energie und Zuversicht.

Lesungen in Baar:
Claudia Bucheli von der Mediobaar hat mich für drei Lesungen eingeladen. Wir einigten uns schnell und unkompliziert auf einen Tag und die Lesungszeiten. Ich wurde mit Kaffee und Gipfeli empfangen, der Büchertisch sah beeindruckend aus, die Jugendlichen waren eine Freude. Über den Mittag ging es - wie immer in Baar - zum Thailänder.

 Bild: Claudia Bucheli, mediobaar

Wenn ihr das * hinter "meistens" bei den Lesungen gesehen habt: Nicht immer läuft alles so rund und problemlos. Umso mehr freut es dann einen, wenn ein Lesungstag perfekt verläuft.

PS: Wir sind auch am 13. November an der DAZ-Tagung.

Dienstag, 22. Oktober 2019

Gonzen-Kulturpreis für Michael Sele

Seit Jahren schreibe ich meine Bücher zur Musik von The Beauty of Gemina. Ich habe unzählige ihrer Konzerte besucht, mich ganz im Geheimen und ohne Zuhörer an ein paar ihrer Songs versucht (der Katze wurde elend, aber mir ging's gut), lasse mich von Stimmungen, Melodien und Songexten inspirieren, habe für meine Serie Lost Souls Ltd. einen Rockstar erfunden, der äusserlich und von der Stimme her Michael Sele sein könnte (mit dem Unterschied, dass Michael Seles Seele NICHTS mit der Sele von Nathan McArran zu tun hat). Nichts und niemand hat mich im Schreiben mehr beeinflusst als die Musik von Michael Sele und seiner Band.

Und deshalb freue ich mir jetzt ein Loch in den Bauch: Michael Sele hat den Gonzen-Kulturpreis erhalten. So sehr verdient. Ich danke ihm und seiner Band für all die guten Songs und hoffe, es folgen noch viele mehr. Herzliche Gratulation!

Montag, 21. Oktober 2019

Highlight Buchvernissage

Am 15. Oktober waren wir drei AutorInnen der da bux Edition 4 zu Gast im Aargauer Literaturhaus. An einer rundum gelungenen Vernissage haben Petra Ivanov, Sunil Mann und ich vor einem vollen Saal über das Schreiben unserer Geschichten berichtet und daraus vorgelesen.

v.l.n.r.: Gastgeberin und Moderatorin Anne Wieser, Sunil Mann, Petra Ivanov, ich.

Petra Ivanov, Autorin von "Sex-Ding"
Sunil Mann, Autor von"Totsch"
und ich mit meiner "Krawallnacht"

Anne Wieser vom Literaturhaus hat den Anlass moderiert und Fragen gestellt, und zwar nicht die üblichen Null-Acht-Fünfzehn-Fragen, sondern passgenaue, auf die Bücher zugeschnittene Fragen, was das Antworten zu einer anregenden, spannenden und zuweilen witzigen Angelegenheit machte. Das Publikum liess sich anstecken und fragte in der offenen Runde weiter. Dabei zeigte sich, dass Literatur Freude und Spass machen kann und darf, dass der Humor nie fehlen sollte (Beweisbild am Ende des Posts) - und dass Schreibtipps je nach Autor / Autorin SEHR verschieden ausfallen. Ich hoffe, die wunderbar wissbegierigen schreibenden Jugendlichen konnten trotzdem etwas aus der Lesung mit auf den Weg nehmen, und sei es auch nur die Erkenntnis, dass jeder und jede für sich das stimmige und passende Vorgehen beim Schreiben für sich selber herausfinden muss.

Besonders gefreut hat auch das Feedback der Berufsschullehrerin, die unsere Bücher begeistert im Unterricht einsetzt und erklärt hat, sie habe in den da bux Büchern nach langem Suchen endlich DEN Lesestoff für ihre SchülerInnen gefunden, Lesestoff, der trotz der Kürze mit gut gezeichneten (und keinen holzschnittartigen) Figuren und spannenden, den Nerv der Jugendlichen treffenden Geschichten überzeuge.

Am Ende gab's sehr feine Knabbereien und viele persönliche Gespräche.

Kurz: Es war der perfekte Abend am perfekten Ort. DANKE an Anne Wieser und das Aargauer Literaturhaus. Sehr gerne wieder einmal!

Und hier noch das Beweisbild:

Donnerstag, 17. Oktober 2019

Alice doesn't live here any more

Stimmt zwar nicht ganz, ist mir aber spontan bei der neusten Benachrichtigung des Thienemann-Verlags in den Sinn gekommen. "Freerunning" ist auch vergriffen. 7 Titel in einem Jahr aus dem Programm, noch 4 von 15 Titeln auf der Backlist des Verlags. Ich weiss, dass wohl in Kürze auch drei weitere das Haus verlassen. Womit ich tatsächlich keine Chance mehr habe, im Self Publishing kurzfristig selber eine einigermassen vollständige Backlist zu schaffen.

Noch vor einem Jahr hätte mich das gefrustet oder in blinden Arbeitseifer versetzt. Heute sehe ich das gelassen. Es ist, wie es ist. Draussen leuchtet der Herbst in seinen schönsten Farben. Gleich werde ich meine Tochter treffen. Ich habe in Tom Zai und Stephan Sigg zwei tolle Buchbandkollegen. Ich darf mit grossartigen AutorInnen arbeiten. Ich habe eine wunderbare Familie. Und heute haben mir zwei sehr liebe Menschen, die wissen, dass ich gerne Trockenmauern selber bauen würde, ganz viele Infos dazu geschickt. Besser aufgehoben als ich kann man nicht sein.

Mein Fazit: Die Geschichten, die ich geschrieben habe, kann mir niemand nehmen. Man kann sie einfach bald (für eine Weile) nicht mehr kaufen.

Donnerstag, 10. Oktober 2019

Wenn dir als Autorin die Backlist implodiert

Zum Glück streiche ich immer noch Wände - das beruhigt und erdigt nämlich ungemein. Also bleibe ich cool, auch wenn gerade meine Backlist beim Thienemann-Verlag implodiert. Sechs meiner Jugendbuch-Titel wurden seit dem Frühjahr 2019 eingestellt.

Frühjahr: alle vier Lost Souls Titel
Sommer: Das Projekt
Herbst: dead.end.com

seit Frühjahr 2019 nach und nach aus dem Verlagsprogramm verschwunden


Machen wir doch mal ein bisschen was in Sachen Statistik:
  • 20 Bücher geschrieben, erschienen zwischen 2007 und 2019.
  • 15 davon Jugendbücher im Thienemann-Verlag.
  • 4 davon Jugendbücher in anderen Verlagen.
  • 1 Kinderbuch bei arsEdition.
  • Von den 15 Thienemann-Titeln sind 10 vergriffen/verramscht => Es bleiben (im Augenblick noch) fünf im Programm.
  • Das Kinderbuch ist vergriffen.
Bilanz:
  • 11 von 20 Büchern sind schon wieder aus den Backlisten der Verlage raus. Und das innerhalb von 12 Jahren.
Die gute Nachricht:
  • Dank Self Publishing sind 4 der vergriffenen Titel wieder lieferbar. 
  • Auf 2020 ist ein Relaunch der Lost Souls Serie geplant (im Self Publishing)
  • Ich arbeite auch an den anderen Titeln. Leider fliegt mir die Backliste im Augenblick viel zu schnell um die Ohren; ich schaffe es nicht, alle Titel kurzfristig wieder lieferbar zu machen.
Das Unwitzige an der Sache:
  • AutorInnen machen Lesungen. Ich bin in der glücklichen Lage, trotz akutem Bücherschwund immer noch genügend Bücher im Gepäck zu haben, aber ich kenne AutorInnen, denen die Backliste so schnell zusammengekracht ist, dass sie den Kindern / Jugendlichen, die das Buch nach der Lesung kaufen wollten, sagen mussten: "Sorry, geht leider nicht mehr."
Die Pointe:
  • Es gibt nicht wirklich eine. Bücher, die aus Backlisten verschwinden, sind Realität. Wenn ein Autor / eine Autorin Pech hat, ist das Buch weniger lang auf dem Markt als das Schreiben gedauert hat. 
Der Vorsatz:
  • Ich bin ja auch Mitverlegerin beim da bux Verlag. Eines unserer unverrückbaren Ziele: ALLE Bücher in der Backlist zu behalten.  Ich bin zuversichtlich, dass wir das schaffen werden.
Wichtige Information:
  • Ich habe von den meisten Büchern einen kleinen bis mittelgrossen Notvorrat. Wer also dringend ein Exemplar möchte, kann mich kontaktieren. Es hat, solange es hat.

Mittwoch, 9. Oktober 2019

Vom Wändestreichen und verlorenen Seelen

Ich streiche - mal wieder - Wände. Und weil a) Kata das in Band 2 der Lost Souls auch tut und b) ich an Band 5 der Lost Souls schreibe, darf "Black Rain" mit aufs Bild. Der Text zum Bild:
"Wann hast du das Grundstück zum letzten Mal verlassen?", fragte Ronan.
Kata legte den Pinsel weg. "Ich weiss es nicht, aber du wirst es mir bestimmt gleich sagen."
"Zwei Wochen." Ronan strich bedächtig und konzentriert weiter. "Du bist zu jung, um dich einzuigeln."
"Ich war in London. Ich habe ein Konzert besucht und mich mit Menschen getroffen. Schon vergessen?"
"Nein."
"Aber?"
"Die Einsamkeit tut dir nicht gut."
"Sie ist alles, was ich will und brauche."
"Die Einsamkeit?" Ronan trat einen Schritt zurück und betrachtete sein Werk. "Das hier ist das letzte Zimmer. Schon mal überlegt, was du danach tun willst?"

Samstag, 5. Oktober 2019

Start in den Lesungsherbst

Mit dem Einzug vom Herbst hat auch die Lesesaison wieder angefangen. Den Lesungsstart nach der Sommerpause feierte ich am 27. September in Steinhausen.

Alles an diesen beiden ersten Lesungen war perfekt: Die Kontaktaufnahme, der Austausch per Mail, das unkomplizierte Festlegen des Datums und der Lesungszeiten, das Abholen am Bahnhof, der Büchertisch, die Vorbereitung der Jugendlichen, die tolle Stimmung während der Lesungen, die Betreuung während des Lesungstages. Im Dezember darf ich für drei weitere Lesungen nach Steinhausen. Ich freue mich jetzt schon darauf.

Büchertisch bei der Lesung in Steinhausen

Montag, 30. September 2019

Rückblick September

Am 4. September durfte ich die erste Hälfte des Workshops "EASY" halten. Acht engagierte Lehrpersonen und ich haben Klassenlektüren angeschaut und darüber gesprochen, warum wir sie ausgewählt haben, wie wir mit den Texten gearbeitet haben und wie man auch noch arbeiten könnte damit.

Am 11. September ist Edition 4 von da Buchs offiziell erschienen. Dazu gehören auch meine beiden "Krawallnacht"-Bücher. Wir haben in der Bibliothek Gossau/SG gefeiert. Danach fuhr ich mit Herrn Ehemann in eine Auszeit.

Am 19. September war es mir eine Ehre, die Vernissagen-Rede für die Ausstellung der jungen Generation G in Grabs zu halten. Es war meine erste Rede, und ich war entsprechend nervös.

In der gleichen Woche, am 21. September durfte ich den Anlass "Rock the Lok" der Musikschule Werdenberg moderieren. Auch das eine Premiere für mich.

Bei beiden Anlässen, dem vom 19. und dem vom 21. September, haben mich die Kreativität und die Qualität der Arbeiten / Darbietungen der jungen Leute tief beeindruckt und berührt.

Am 23. September traf sich der Vorstand von Autillus zu einer Sitzung in Zürich. Wir haben weitreichende Entscheide getroffen und Weichen gestellt.

Am 25. September war ich an der Jahrestagung des SIKJM zum Thema "Easy Reader." Dort habe ich mir eine tiefe Traurigkeit eingefangen, die ich zum Glück wieder losgeworden bin. Meine persönlichen Konsequenzen habe ich noch am gleichen Tag getroffen und schon umgesetzt.

Am 26. September traf ich mich mit Bettina Kugler vom St. Galler Tagblatt zu einem Interview. Es wurde dann weit mehr als ein Interview, weil wir beide innerhalb weniger Wochen ähnliche persönliche Erlebnisse zu verarbeiten hatten. Das und die Traurigkeit, die auch am Donnerstag in mir nistete, hat zu Antworten geführt, von denen ich noch nicht weiss, ob sie auch wirklich die klügsten und treffendsten waren.

Der 27. September war ein voller Tag: Am Morgen und Nachmittag die ersten Lesungen nach der Sommerpause. Ich habe sie sehr genossen! Danach fuhr ich nach Zürich, weil ich zur Werkbeitragsfeier von Pro Helvetia eingeladen war. Bevor ich mich jedoch mit allen spannenden Menschen traf, stolperte ich mitten in eine Klimademo und lief ein Stück weit mit.

Über das Wochenende habe ich mich in die Berge zurückgezogen. Das hat gut getan. Ich bin geerdet zurückgekehrt. Leider erreichte mich dann heute Morgen eine Mail, die mich bestürzt hat, mir aber auch klar gemacht hat, wie sehr man jemanden verletzen kann, ohne es zu wollen.

In diesem Sinne: Fragt euch in einer ruhigen Minute, welche Auswirkungen eurer Tun oder eure Worte haben und tragt euch und euren Mitmenschen Sorge.

Sonntag, 29. September 2019

Der Platz, an dem die Welt mich nicht kriegt

Die Rezi zu Sunil Manns "Totsch" kommt zum passendsten Augenblick. Ich habe nämlich das ganze Wochenende an das Buch gedacht. Vor allem an eine meiner Lieblingsszenen: Die Stelle, wo Olaf seinen geheimen Ort beschreibt, an den er sich zurückzieht, wenn ihm alles zu viel wird und er sich von den Demütigen erholt. Er beschreibt es so: "Der einzige Platz, an dem die Welt mich nicht kriegt."

Ich habe auch so einen Ort. Den habe ich dieses Wochenende gebraucht wie schon lange nicht mehr, denn ich bekam diese Traurigkeit, die mich seit letztem Mittwoch begleitete, einfach nicht aus mir raus. Ich konnte sie kurzfristig verdrängen bei einem Interview am Donnerstag über unseren da bux Verlag und am Freitag bei meinen ersten Lesungen nach der Sommerpause, bei der Klimademo in Zürich, in die ich zufällig geriet und gleich ein Stück weit mitlief, und bei der Werkbeitragfeier von Pro Helvetia. Aber trotz all dieser wunderbaren Anlässe schlich sich die vermaledeite Traurigkeit am Abend wieder an mich ran und breitete sich wie Novembernebel in mir aus.

Erst an meinem Platz, an dem die Welt mich nicht kriegt, hat sie sich verzogen.
Hier ist er.

Donnerstag, 26. September 2019

Kevin and me

Ich war an einer Jahrestagung, die mich zutiefst traurig gemacht hat und aus der ich persönlich heftige Konsequenzen gezogen habe und immer noch ziehe (bin trotzdem immer noch traurig).

ABER der Tag hatte auch zwei wunderbare Lichtblicke:

1. Meinen Kollegen Stephan Sigg, der unseren da bux Verlag hochprofessionell und vor allem SEHR sympathisch (re)präsentiert hat.

2. Das Treffen mit meinem Lieblingsautor Kevin Brooks (danke, Stephan, für das schöne Bild).

Dienstag, 24. September 2019

Glücksmomente

Vor einer Viertelstunde habe ich mit einer extrem netten Bibliothekarin über einen ganz speziellen Anlass im nächsten April gesprochen, zu dem ich eingeladen bin. So was ist kaum zu toppen.

Aber ein Sahnehäubchen obendrauf gab's dann doch noch. In Form einer Mail, die die nächste Lesetour durch den Kanton Graubünden bestätigt - samt Link auf das Hotel, in dem ich im Engadin schlafen werde. Boah!!!

Das sind so die perfekten Augenblicke in meinem Berufsleben.

PS: Wenn mich das Wetter nicht stoppt, werde ich genau hierhin wandern während meiner Lesetour:

Sonntag, 22. September 2019

#systemchange

Ich weiss, dass es nicht wenige Menschen gibt, die bei diesem Wort sofort in Abwehrstellung gehen. Für die ist schon die Forderung nach #climatechange eine Zumutung. Aber gleich das System!!! Man kann doch nicht ändern, was man hat. Könnte ja schaden. Sogar gefährlich werden. Denkt nur an die Wirtschaft, die Arbeitsplätze. Und sowieso: Immer diese linken Gutmenschen mit ihren Ideen. Als ob es uns in diesem neoliberalen Turbokapitalismus allen gut ginge.

Ich habe es aufgegeben, an eine von der Politik und Wirtschaft eingeleitete Änderung zu hoffen. Wir müssen unten anfangen. Mit uns. Sozusagen mit einem #humanchange. Bewusster Leben. Rücksicht nehmen auf andere und die Natur. Nicht alles haben wollen, dafür mehr bei uns selber sein. Einstehen für das, woran wir glauben, wovon wir träumen.

Als die Menschen letzten Freitag weltweit für das Klima auf die Strasse gingen, war ich im Haus in den Bergen. Aber in Gedanken war ich den ganzen Tag bei den Menschen, die die Strassen der Städte und Dörfer dieser Welt füllten. Und ich füllte für mich meine ganz persönliche Charta aus: Eine Liste voller Möglichkeiten, mehr für die Umwelt und ein besseres Klima zu tun.

Dass wir etwas tun müssen, steht für mich ausser Frage. Uns fallen die Berge auf den Kopf, weil der Permafrost schmilzt und das Gestein nicht mehr zusammenhält. Ganz konkret ist diesen Sommer eine SAC-Hütte ganz in der Nähe unseres Hauses in den Bergen nicht zugänglich, weil ein Steinschlag sie zerstört hat. Meine beiden Brüder, beides begeisterte Alpinisten, erzählen mir von weggerutschten Bergflanken, unterbrochenen und nicht mehr begehbaren Routen; auf den höheren Bergen bilden sich Gletscherseen, wo es noch nie welche gab. Bergbäche werden zu reissenden Flüssen, Schlammlawinen wälzen sich talabwärts. Flüsse treten über die Ufer.

Wir könnten auch über die vielen Vogel- und Insektenarten reden, die still und leise verschwinden. Über schrumpfende Lebensräume von Tieren. Über die neue Art von Naturabenteurern, denen es nicht wirklich um die Natur geht, sondern nur darum, der Erste oder die Erste zu sein, die Spuren in den Schnee ziehen. Egal, ob das in Lawinenhängen ist oder in Schutzräumen für Tiere. Oder jene neue Art von Berggängern, die sackteuer ausgerüstet ins Gebirge zieht und dann den Abfall dort oben liegen lässt.

Bevor ich mich hier in Rage schreibe, zurück zum #sytemchange. Er muss kommen. Wir dürfen nicht darauf warten, bis ihn uns jemand befiehlt oder das Klima ihn uns in aller Härte aufdrückt. Also fangen wir an. Bei uns. Im Privaten. Ein #humanchange eben. Und weil ich doch immer noch auf die Politik hoffen will, werde ich nächsten Monat zum ersten Mal nicht die SP wählen (sorry), sondern die Grünen.

Mittwoch, 18. September 2019

Erkenntnis

Nach der da bux Verlagsparty zum Start von Edition 4 haben Herr Ehemann und ich eine Auszeit genommen. Wir sind durch die Hügellandschaft des Piemonts gewandert (samt dem obligatorischen Verirren trotz Wanderkarte), haben das süsse Nichtstun in herrlicher Umgebung genossen, abends gut gegessen, der Sonne beim Untergehen zugeschaut und das warme Licht in uns aufgesogen. Schön war's. Richtig schön.

Auf dem Weg nach Hause beschlossen wir, am San Bernardino für einmal nicht durch den Tunnel zu fahren, sondern über den Pass. Und dort oben traf mich die Erkenntnis wie ein Blitz. DAS ist die Landschaft, die mein Herz und meine Seele tief berührt. Das Piemont ist schön. Aber hingehören tue ich in diese wildschöne Kargheit. Entweder bei uns auf über 2000 Metern über Meer - oder in Schottland.

Dienstag, 10. September 2019

Krawallnacht - ein Projekt - zwei Bücher

Die letzten paar Monate wurde es kompliziert bei der Frage: "Wie viele Bücher haben Sie schon geschrieben?" Ich hätte zu viel verraten, wenn ich die Zahl genannt hätte.

Und dann gab es noch die Frage: "Woran schreiben Sie gerade?" Da konnte ich mich mit der Antwort "an einem neuen Jugendbuchprojekt" rausmogeln.

Nun kann ich beide Fragen beantworten:

Krawallnacht ist ein Projekt mit zwei Büchern zu einem Ereignis, einmal erzählt von Alina und einmal erzählt von Kilian. Beide fühlen sich in ihrer Familie nicht mehr gut aufgehoben, beide kämpfen mit Problemen in der Schule. Und beide kennen Linus - das verbindende Glied in dieser Geschichte.

Ein Samstag im Frühling führt die drei zusammen. Sie geraten mitten in gewalttätige Ausschreitungen rund um ein Fussballspiel, werden hineingerissen in einen Strudel aus Gewalt und müssen sich entscheiden: wegsehen oder hinsehen, sich der Gewalt entgegenstellen oder vor ihr fliehen. Sie müssen Verantwortung übernehmen. Für sich, für die anderen. Und sie müssen mit den zum Teil sehr bitteren Konsequenzen klarkommen und leben.

Als es darum ging, für die Rückseite des Buches ein Kurzportrait von mir zu schreiben, war mir sehr klar, was darin stehen sollte: Alice Gabathuler mag keine Gewalt. Aber sie schreibt darüber. Am liebsten hautnah und direkt. Weil sie sich fragt, was Gewalt aus und mit uns Menschen macht. Und was wir ihr entgegensetzen können.

Erscheinen werden die beiden Krawallnacht-Bücher in den nächsten Tagen beim da bux Verlag. Sie sind beide 60 Seiten kurz, leicht lesbar, aber nicht leicht verdaubar. Bestellen kann man sie direkt beim Verlag, im Buchhandel, online oder bei mir.

Zur Eingangsfrage: Es sind - mit diesen beiden Büchern - genau 20. Ein kleines Jubiläum also :-) 

In den nächsten paar Tagen und Wochen werde ich euch Einblicke hinter die Kulissen geben, also sozusagen ein Making-off. Also: Stay tuned!


Sonntag, 8. September 2019

Wo man nicht zwischen den Zeilen lesen kann

Wie haut man ab, ohne dass die Eltern in voller Panik die Polizei alarmieren? Leon aus "Ich, Onkel Mike und Plan A" denkt sehr lange über diese Frage nach. Einfach einen Zettel hinlegen - geht gar nicht. Denn schreibt man "Ich bin dann mal fünf Wochen weg, macht euch keine Sorgen", lesen die Eltern gaaaaanz viel zwischen den Zeilen ... und machen sich grosse Sorgen. Also entscheidet er sich für eine Videobotschaft, in der alles klar ist. Weil man in einer Videobotschaft nicht zwischen den Zeilen lesen kann.

Emil, der Sohn meiner wunderbaren Autorenkollegin Jutta Wilke, war damals, als das Buch zum ersten Mal erschien, genau so als wie Leon. Ich habe ihm den Text von Leons Botschaft gegeben und ihn dann einfach machen lassen. Hier das Resultat in voller Länge (für den Trailer mussten wir leider kürzen)

Montag, 19. August 2019

Niatig wia d'Höll

Der Rest dieses Blogposts folgt in Schweizerdeutsch. Muss sein. Geht nicht anders.

A paar Wort Klarteggscht: I bii linggs unn nätt. Das macht mi no lang nid zumana Wurm oder zunara Maada. Unn scho gär nid macht mi das zu ötschwemm, wo'd Schwizz kabut macha will. D'Schwizz machen genau dia kabut, wo nu ai ainzigi Mainig gälta lunn - iiri. D'Schwizz machen dia kabut, wo uuni Aschtann und Reschpeggt uf primitivschti Art uf alna umatramplen, wo andersch tenggen odr usgsean. Nu am Fall. Gopf. Nomoola. Unn jo, wänner's wüssa wenn: I bi gad niatig wia d'Höll. O wäni suss würggli nätt bi.

Dienstag, 13. August 2019

Wo die Freiheit wächst

Es war ziemlich am Anfang meines Lebens als Autorin. Da erschien von einem Frank Maria Reifenberg ein Buch im selben Verlag, bei dem ich untergekommen war. Landeplatz der Engel hiess es. Ich mochte den Titel, ich mochte die Inhaltsangabe, also kaufte und las ich es. Landeplatz der Engel gehört bis heute zu meinen Lieblingsbüchern, und ich habe damals nicht verstanden, weshalb es nicht für den deutschen Jugendliteraturpreis nominiert war (ich verstehe es übrigens heute noch nicht). Mir war klar: Diesen Autor will ich kennenlernen. Unbedingt. Wir trafen uns in Zürich und mochten uns auf Anhieb. Im Laufe der Jahre haben wir uns oft übers Schreiben und unseren Beruf unterhalten, darüber, was uns dabei wichtig ist.

Sehr wichtig war Frank die letzten paar Jahre sein neues Jugendbuch. So wichtig, dass er sich dafür viel Zeit genommen und auch gelassen hat. Drei Jahre lang hat er recherchiert und geschrieben. Über Jugendliche im Zweiten Weltkrieg, über Widerstand und Zivilcourage in Zeiten, in denen beides tödlich sein konnte. Das hätte er reisserisch tun können, auf Drama und Effekt bedacht. Mit strahlenden Helden und Heldinnen, mit Pathos. Mit versteckt wedelndem Zeigefinger. Hätte. Hat Frank aber nicht. Er hat sich für einen Briefroman mit sehr menschlichen Figuren in all ihren Stärken und Schwächen entschieden. Titel: Wo die Freiheit wächst - ein Briefroman zum Widerstand der Edelweisspiraten.


Inhalt:
Köln, 1942. Lene Meister ist 16 Jahre alt und Auszubildende in einem Frisörsalon, doch der Zweite Weltkrieg raubt ihr viel von dem, was sich ein Mädchen in ihrem Alter erträumt. Ihre Heimatstadt wird seit einem Jahr regelmäßig von Bombenangriffen erschüttert. Lene lässt sich aber nicht unterkriegen und versucht tapfer, die Familie zusammenzuhalten. Mit jeder neuen Todesnachricht von der Front und mit dem allmählichen Verschwinden ihrer jüdischen Freunde und Bekanntschaften beginnt sie an den Worten des Führers und insgesamt am NS-Regime zu zweifeln.
In dieser Zeit zwischen Furcht, Verzweiflung und Hoffnung lernt sie Erich kennen und verliebt sich. Bald entdeckt Lene, dass Erich ein gefährliches Spiel spielt. Er gehört zu den Jugendlichen, die nicht in Reih und Glied marschieren wollen: zu den Edelweißpiraten. Diese Jugendgruppen interessieren sich nicht für die Tätigkeiten der Hitlerjugend oder des BDM. Sie tragen keine Uniformen und singen ihre eigenen Lieder. Sie beschmieren die Wände mit Anti-Nazi-Parolen und teilen regimekritische Flugblätter aus. Und das alles ist der Gestapo ein großer Dorn im Auge.
Schreibende in Wo die Freiheit wächst sind Lene, ihre Freundin Rosemarie, ihre Brüder Franz und Kalli und Erich, der Edelweisspirat. Weil man während dieser Zeit stets damit rechnen musste, dass die Briefe geöffnet und gelesen wurden, lebte man extrem gefährlich, wenn man sein Herz und seine Seele auf der Zunge trug, respektive durch seine Schreibfeder - oder im Fall von Lene durch ihre Schreibmaschine - fliessen liess, mehr noch: Man brachte auch die Empfänger in Gefahr.

So geht es auch Lene. Schon einer der ersten Briefe, in denen sie kritische Gedanken äussert, hat Konsequenzen für Rosemarie. Und doch müssen Lenes Gefühle raus. Sie sucht und findet Möglichkeiten, ihre Briefe zu verschicken, ohne dass sie von anderen gelesen werden können, aber ganz sicher sind auch diese Wege nicht. Als es nicht mehr nur bei kritischen Gedanken bleibt, als Lene sich den Edelweisspiraten anschliesst und sich an ihren Aktionen beteiligt, steigt das Risiko aufzufliegen und andere mit sich zu reissen.

Mich beeindruckt Lene, die nicht wegsehen kann und je länger je mehr auch nicht mehr wegsehen will. Die es ungerecht findet, wie ihre jüdischen Mitmenschen behandelt werden. Die sich überlegt, warum Menschen in einen Zug einsteigen und ihre Koffer danach auf dem Bahnsteig stehen. Die diese Gedanken zu Ende denkt und die entsetzliche Schlussfolgerung daraus nicht einfach hinnehmen will. Die inmitten des zerbombten Kölns Briefe ihres Bruders von der Front liest und die Sinnfrage immer lauter und drängender stellt. Die erlebt, was es bedeutet, diese Sinnfrage offen zu stellen.

Gerade weil das Buch auf alles Reisserische verzichtet und das alltägliche Leben im und mit dem Krieg aus nächster Nähe aufzeigt, findet man darin nachvollziehbare Antworten auf die Frage: "Was hättest du getan?" Aus der zeitlichen Distanz und dem Wissen, das wir heute haben, ist es ja einfach zu behaupten, man hätte sich unter allen Umständen aufgelehnt. Erlebt man aber durch die Augen der briefeschreibenden Jugendlichen mit, wie dicht das Kontrollsystem gewebt war, wie brutal die Konsequenzen für jene waren, die es wagten, sich zu widersetzen, wie schwierig es war, unter vielen, die nichts wissen und sagen wollten, etwas zu verändern, wie stark die Menschen mit dem eigenen Überleben beschäftigt waren, was der Kriegsalltag mit den Menschen gemacht hat, dann ist die Antwort - wenn man ganz ehrlich mit sich selber ist - gar nicht mehr so einfach. Und dennoch wünscht man sich, man hätte zu jenen gehört, die es wie Lene und die Edelweisspiraten gewagt haben, sich aufzulehnen.

Das Buch gibt einem aber auch die Chance, sich zu fragen: Was tue ich heute? Gegen Rassismus, gegen Ausgrenzung, gegen Hetze, gegen den Klimawandel, gegen all das, was ich als ungerecht empfinde? Nehme ich es resigniert hin? Mache ich die Faust im Sack? Ersticke ich an meiner Wut? Oder tue ich etwas? Und wenn ja, was? Begnüge ich mich mit einem gefahrlosen "Like" im Internet? Oder wage ich mich auf die Strasse? Bin ich bereit, mein Leben umzustellen, meinen Mitmenschen und der Umwelt zuliebe? Was will ich meinen Kindern einmal sagen können, wenn sie fragen: "Was hast du getan?"

Man merkt dem Buch seine lange Reifezeit an. Es ist sehr sorgfältig geschrieben, die Briefe treffen den Ton, da ist nichts geschludert oder unbedacht hingeworfen. Um es etwas theoretisch zu beschreiben: Form und Inhalt sind aus einem Guss. Zudem wird die Geschichte durch längere einordnende Nachworte in den zeitlichen Kontext gebettet. Das macht das Buch - unter vielem anderen - auch zur idealen Schullektüre. Und zu einem Kandidaten für den deutschen Jugendliteraturpreis. Wenn ich es auf der Nominationsliste nicht finden würde, würde ich die (Literatur)Welt dann defintiv nicht mehr verstehen.