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Samstag, 4. Dezember 2021

Und wieder mal das Bla-Bla-Beschwören der Eigenverantwortung

Gestern, nach meinen Lesungen, die streng und gut nach Schutzkonzept verliefen, setzte ich mich in Alpnach in die S-Bahn, wo ungefähr ein Fünftel der Menschen im Wagen der Zentralbahn keine Maske trugen. Kontrollieren oder gar beanstanden tut so was niemand. Dafür darf ich dann, gemäss bundesrätlichem Entscheid, an Weihnachten bei mehr als zehn Personen bei der privaten Feier das Zertifikat verlangen. (An dieser Stelle herzlichen Dank für die sinnloseste Massnahme ever, begleitet von einem frustriert-ärgerlichen WtF?)

Das Wort der gestrigen bundesrätlichen Pressekonferenz war - wieder einmal - EIGENVERANTWORTUNG. Gefolgt von "Die Lage ist sehr kritisch, wir müssen alle unseren Beitrag leisten. Masken tragen, Hände w... blablablablaba..)
 
Nun, die Wirtschaftsverbände waren gemäss ersten Reaktionen hoch erfreut über die milden Massnahmen. Ich weiss jetzt nicht, ob sie genauso erfreut wären, wenn sie den vierten Platz in meinem Bahnabteil von Luzern nach Zürich eingenommen hätten. Da sassen nämlich nebst mir zwei jüngere Menschen, denen der ganze Mist zur Nase raushängt. Wie ich dem Gespräch entnehmen konnte, hat der eine Mensch schon gekündigt und der andere Mensch hat das Büro trotz dringender, noch unerledigter Arbeiten einfach verlassen und ist in den Feierabend gegangen, weil die anderen zu sehr nerven - unter anderem mit einer "tollen" Weihnachtsfeier am Arbeitsplatz. Einem Arbeitsplatz, an dem man die Schutzkonzepte nicht sehr ernst nimmt. Ob dieser zweite Mensch noch lange an diesem Ort arbeitet, wage ich zu bezweifeln (und ich stelle mal die Diagnose, dass dieser Mensch einem guten Arbeitgeber ein wertvoller, plichtbewusster, sehr guter Arbeitnehmer sein wird.) Als ob man das alles noch irgendwie belegen müsste, latschte kurz vor Zürich ein Potenzprotz ohne Maske, dafür mit arrogantem Grind, an uns vorbei. Die beiden Menschen in meinem Abteil rollten gemeinsam mit den Augen.
 
Ich hab's dann in Zürich in einen fast leeren, himmlisch ruhigen Railjet-Wagen geschafft, wo alle ihre Maske aufhatten. Und ich kostenlosen Internetanschluss. In dieser wunderbaren Ruhe und Stille habe ich online gelesen, dass man bei mir in der Ostschweiz wohl ziemlich problemlos an ein gefälschtes Zertifikat kommt. Danach bin ich von "News" auf Chat umgestiegen und habe mich bei meiner Autorenfreundin ausgeheult.
 
Mein allgemeines Fazit: Wir müssen gar keine Massnahmen einführen. Schulen, an denen man das Virus einfach laufen lässt (auf kantonale Anordnung hin), die unbehelligten Virenschleudern im ÖV und Menschen, die unter EIGENVERANTWORTUNG verstehen, dass sie alles tun und lassen können, was für sie gut ist, sorgen in den nächsten Wochen und Monaten für eine kräftige Durchseuchung, wobei ihnen der Preis dafür egal ist, solange es sie nicht selber trifft.
 
Mein persönliches Fazit: Ich nehme noch die schon vereinbarten Termine wahr (nennt sich Pflichtbewusstsein), fahre mit Todesverachtung ÖV (wo man nicht die leiseste Absicht hat, Menschen, die sich solidarisch verhalten, zu schützen) und nehme bis mindestens nächsten August keine neuen Termine mehr an.

Hier noch ein Link zu einem Video, das ihr euch anschauen solltet:


Mittwoch, 24. November 2021

Und wieder grüsst das (Corona) Murmeltier

Es ist ziemlich ruhig geworden hier im Blog. Einer der Gründe ist, dass mich die aktuelle Lage samt kommender Abstimmung stark beschäftigt, ich mich jedoch hüte, etwas dazu zu schreiben, weil ich keine Lust auf giftige Kommentare habe. In diesen Tagen bin ich heftig unterwegs, an Workshops und Lesungen, nicht immer mit einem guten Gefühl, aber ich will nicht schon wieder - wie im Vorjahr - alle Termine im November und Dezember absagen. Wie sich das für mich alles anfühlt, habe ich in meiner neusten Qultur Kolumne geschrieben. Zum Lesen bitte HIER klicken.

Sonntag, 25. April 2021

Si hei der Wilhälm Täll ufgfüert

In Chur (bewilligt), in Liestal (bewilligt), in Schaffhausen (unbewilligt, von der Polizei freundlich behandelt und mit netten Grüssen nach Hause geschickt) und nun in Rapperswil (unbewilligt, mehr dazu weiter unten). Der Tourneeplan führt noch weitere Stationen auf, zum Beispiel Appenzell und Solothurn. Und es macht keinen Unterschied, ob die Aufführungen, resp. die Demos, bewilligt sind oder nicht. Stattfinden werden sie allemal und die Polizei wird zusehen.

Es ist ein buntes Häufchen, das da Wochenende um Wochenende gegen die Coronamassnahmen demonstriert. Einige treten in Schutzanzügen und Masken auf und machen damit eher auf progressives Theater, andere kommen mit Armbrust oder Gesslerhut und betonen das Historisch-Patriotische. Witzigerweise ruft dann der als Tell verkleidete Bärtige "Liberté" und huldigt damit eher der Französischen Revolution als unserem Nationalheiligen, während die Treichler mit ihren Doppelglocken schon ein wenig unterjocht wirken. Aber dagegen hilft das Singen der Nationalhymne oder wahlweise auch das Umarmen eines Polizisten.

Fazit: Coole Show. Findet auch die Polizei in Rapperswil, die nicht eingreift, obwohl sie im Vorfeld sehr alarmistisch mitgeteilt hat, dass jeder, der an dieser Demo teilnimmt, sich strafbar macht. Aber gell, die sind ja sooo friedlich mit ihren kleinen Kindern, ihren Hündelis und ihren netten Kostümen. Oder, um es mit den Worten des Polizeisprechers der Kantonspolizei SG zu formulieren: 

Wenn uns niemand mit Gewalt droht, greifen wir nicht zum Schlagstock.
(Quelle: St. Galler Tagblatt).

Ich weiss jetzt grad nicht, ob das gut zu wissen ist. Könnte ja sein, dass sich wieder mal ein paar Hundert Neonazis ganz friedlich im Toggenburg treffen wollen. Auf ein Konzert und ein Bierchen. Ohne mit Gewalt zu drohen. Und dann ... tja.

Auf jeden Fall freue ich mich auf die nächsten Demonstrationen der Klimajugend. Ich hoffe, auch in diesem Fall gilt gleiches (Un)Recht für alle.

PS: Damals, als ein paar Jugendliche in Rapperswil gegen das Neonazitreffen demonstrieren wollten, wurden sie von der Polizei schon am Bahnhof eingekesselt und über allem röhrte ein Polizeihubschrauber.

Sonntag, 21. März 2021

Mein Social Media Leben

 ... muss und wird sich ändern.

Nach der Demo in Liestal von gestern ist mir mehr als nur klar, dass ich (sozial)politisch absolut und total durch bin. Ich kann und will nicht mehr. Wenn die Polizei bei gut 6000 Regelbrechern, die masken- und abstandslos demonstrieren, nicht eingreift, Applaus von ihnen bekommt und sie am Ende mit einem freundlichen "Kommen Sie gut und gesund nach Hause" verabschiedet, bevor sie diese rücksichtslosen Vollhonks ohne Maske in den ÖV strömen läst, dann weisst du, woran du in diesem Land bist.

Ändern kann ich das nicht. Dieses Land funktioniert, wie es nun mal funktioniert. Aber als Konsequenz davon habe ich gestern meiner geistigen Gesundheit und meinem Seelenfrieden zuliebe entschieden, auf Twitter nur noch beruflich zu tweeten, Facebook zu meiden und auf Insta schöne Bilder online zu stellen. So sporadisch mal. Weil ganz ohne geht in meinem Beruf nur schlecht. Dazu habe ich mir Hashtags einfallen lassen, die ich mir vorsichtshalber an meine Pinnwand gehängt habe, damit ich mich daran erinnere, wenn es mich in den Fingern juckt einen Kommentar zum aktuellen Geschehen abzugeben.

Mein Blog ist die Ausnahme. Da werde ich weiterhin über alles schreiben, was mich beschäftigt. Vor allem aber über die postiven Seiten des Lebens. Denn privat und beruflich geht es mir bestens. Ich bin wunderbar aufgehoben und ausgelastet und stecke in wunderbaren Projekten, die ich mit viel Lust, zum Teil auch mit (sehr) viel Ehrgeiz angehe, aber auch glücklich-gelassen und voller Zuversicht.

Diese Woche sind Konzepte, Exposé und Leseprobe von zwei Kinderbuchprojekten an meine Lektorin gegangen. Ein Dossier zu einem Jugendbuchprojekt wird folgen. Nach einer langen Pause, in der ich von Verlagen (ausser dem eigenen) gar nichts mehr wissen wollte, hat es mich wieder gepackt. Wenn etwas dabei herauskommt: gut. Wenn nicht: auch gut. 

Lesungen mache ich zurzeit - immer noch coronabedingt - nur wenige, und die paar wenigen, die ich gemacht habe, haben mich mit vielen Fragen zurückgelassen. Gute Schutzkonzepte gab es nur an zwei Lesungsorten, an anderen habe ich zum Teil vor rund 50 Jugendlichen gelesen, die dicht an dicht in kaum bis gar nicht belüftbaren Räumen sassen. Vor meinen nächsten Lesungen werde ich mich deshalb nach dem Schutzkonzept erkundigen und dann entscheiden, ob ich die jeweiligen Lesungen für mich verantworten kann. Erst einmal ist jetzt aber wieder Schonzeit: Meine nächsten Lesungstermine sind erst Anfang Mai 2021. Ich habe also jede Menge Zeit und Raum für meine da bux Verlagsarbeit und mein Schreiben. 

Meine Kraft, Energie und Zuversicht schöpfe ich aus der Familie und guten Freund*innen. Mit Jutta Wilke maile ich immer noch jeden Tag. Wir beide haben grad etwas Neues entdeckt, das uns begeistert und setzen das auch gleich um. Sie wandert den Jakobsweg. Nicht dort, wo er ist, sondern bei ihr vor der Haustür. 800 km. In Etappen à 8 km. Ich bereite mich - auch vor der Haustür - schon mal auf meine nächsten Küstenwanderungen in Grossbritannien vor. Dazu habe ich mir keine Gesamtdistanz als Ziel gesetzt, sondern Monatsziele. Und die habe ich so richtig schön bunt in mein Bujo eingetragen.

Ich kann also privat extrem gut, was auf den Social Media, vor allem auf Twitter, schwierig ist: Abstand schaffen, mich fernhalten von Menschen und Geschehnissen, die mir nicht guttun. Das empfinde ich als riesiges Privileg und ich bin dafür extrem dankbar.

Mittwoch, 24. Februar 2021

Schreiben als Ventil

Am 20. Februar 2021 hat meine Tochter eine 12-Stundenschicht in voller Schutzmontur geleistet (obwohl sie eigentlich Ferien gehabt hätte). Und gleichzeitig haben in Wohlen/AG Menschen in Schutzanzügen und ohne Maske gegen die Coronamassnahmen demonstriert. Zu sagen, ich sei wütend gewesen, wäre die Untertreibung des Monats. Ich lag schlaflos im Bett, nagenden Zorn im Bauch und im Kopf. Irgendwann gelang es mir, meine Gefühle zu kanalisieren. Ich fand ein Ventil. Das Schreiben. Und so habe ich in jener Nacht in Gedanken die Kolumne geschrieben, die heute auf Qultur erschienen ist. Am nächsten Morgen habe ich den Laptop geöffnet und den Text in die Tasten gehauen. Hier ist er.

Mittwoch, 20. Januar 2021

Und sobald du die Antwort hast, ändert das Leben seine Frage

Ich mag Anfänge. Ein neuer Tag, eine neue Woche, ein neuer Monat. Und als Höhepunkt: ein neues Jahr. Neue Jahre stelle ich mir vor wie eine unberührte Schneewiese. Durchatmen, frische Spuren ziehen, neue Projekte, neue Chancen. Türen, die sich öffnen. Vorfreude.

Dieser Jahreswechsel war anders. Auf uns wartete keine unberührte Schneewiese, sondern ein von Corona bereits vertrampeltes Feld. Und eine Ahnung, dass uns das Virus noch eine ganze Weile beschäftigen wird. Neuanfänge sehen anders aus. Dieser fühlte sich auch nicht wie einer an.

Pläne hatte ich trotzdem. Ziele auch. Projekte sowieso. Und sogar einen Vorsatz! Ich habe ihn von 2020 mitgebracht, er ist sozusagen Second Hand, weil schon gebraucht und eingeführt. Vor allem bewährt. Er heisst: FOKUS. Dass ich ihn nicht verliere, dafür sorgt mein Bullet Journal. Zu meiner Freude schaffe ich es immer besser, den Fokus zu halten, mich nicht zu verzetteln. 

2021 begann mit da bux Lektoraten. Eine wunderbare, zutiefst befriedigende Arbeit. Dennoch war ich einfach nicht angekommen. Bis letzte Woche der grosse Schnee kam. Tief verschneite, unberührte Wiesen überall. Mehr Schnee, als ich es je im Tal unten erlebt habe. Atemberaubend schön. Ich war da. Im Jetzt. Angekommen.

Seit einiger Zeit liegen bei mir auf dem Schreibtisch Zitate, die ich für mein Bujo gesammelt und ausgeschnitten habe. Eines dieser Zitate hat den Titel zum Blogpost gegeben, weil es so gut zu diesen Zeiten passt. Und zur Aussage der gesammelten Zitate. Jedes ist für mich zwar immer noch gültig, der Sinn hat sich jedoch zum Teil verschoben oder geändert, oder es kam ein neuer dazu.


«Remember when you wanted what you currently have»

Ich habe im Laufe der letzten Jahre so viele Antworten gefunden für mich, habe mein Leben diesen Antworten angepasst und bin dort angekommen, wo es für mich passt und stimmt: Ich schreibe wieder mit viel Freude, ohne Druck und völlig stressfrei, und ich bin sehr glückliche Verlegerin. Genau das hatte ich gewollt - und genau das habe ich jetzt.

In Zeiten von Corona hat der Spruch noch eine zusätzliche Bedeutung für mich bekommen. Ich liebe das zurückgezogene Leben ohne Termine, hätte mir sogar vorstellen können, wie eine Eremitin zu leben. Auch das habe ich jetzt. Und ich realisiere: Ich kann zwar sehr gut sehr zurückgezogen leben, aber ein Eremitenleben ist nichts für mich.

«If you don’t like where you are, move. You are not a tree. »

Wie habe ich gelacht, als ich diesen Spruch zum ersten Mal gelesen habe. Es war ein befreites Lachen, eins, das mir die Enge genommen hat. Alles ist möglich, sagt dieser Spruch. Du musst nicht bleiben, wo du bist, weder räumlich noch was deine Arbeit betrifft. Wenn es dir nicht passt, zieh weiter.

Corona hat das Räumliche dieser Aussage wieder enger gemacht, mich sozusagen gegroundet. Zurzeit lebe ich im Home Office, ohne Lesungen, ohne viele Aussenkontakte, ohne grosse Bewegungsfreiheit. Zum Glück bin ich Autorin: Mir bleibt die innere Bewegungsfreiheit. Die Fantasie kennt keine Grenzen. Ich reise im Kopf. Das reicht meistens, aber nicht immer.

«It’s all about living life on your own terms.»

Dieses Motto lebe ich seit meiner Jugend. Es ist auch immer noch entscheidend für mich: ich zu sein und ich zu bleiben. Doch auch da hat sich bei mir in den letzten Monaten etwas verschoben. Mir ist noch bewusster geworden, was wirklich zählt. Mir Wichtiges wurde noch wichtiger. Manches, was wichtig war, ist nicht mehr so wichtig.

«Follow your soul, it knows the way.»

Das wohl zentrale Leitmotiv von mir. Das war vor Corona so und ist es auch jetzt. Zuweilen gehe ich verloren, manchmal nur für Stunden, manchmal für Tage, im Herbst sogar mal für ein paar Wochen. Aber meine Seele findet immer wieder einen Weg. Ich folge ihr. Viel mehr als meinem Kopf. Das war immer schon so, ist aber noch stärker geworden. Am schönsten sind die Momente, wo sich Kopf und Seele am selben Ort treffen und sich einig sind. Dann wird es ganz ruhig in mir drin, ich fühle eine ungeheure Kraft und Zuversicht.

Ich sammle zurzeit nicht so viel Zitate, sondern eher schöne Bilder fürs Gemüt. Und positive Antworten auf die Fragen, die das Leben neu grad so stellt.

Sonntag, 20. Dezember 2020

Ohne Filter

Ich mag hier gar nicht so viel schreiben. Das habe ich anderswo getan. Fast jeden Morgen habe ich meine Gefühle ungefiltert in die Tasten fliessen lassen und in Form von Morgenmails an meine Freundin Jutta Wilke verschickt. Für sie muss ich keinen Social Media Filter über mein Herz legen. Da kann und darf alles raus. Bei ihr und bei mir. Gestern haben wir unsere Mails auf die Sekunde zeitgleich abgeschickt, ohne es geplant zu haben. 

Es waren harte Wochen, in denen ich meine Grenzen erreichte. Es waren Wochen, in denen ich mein Vertrauen in dieses Land und seine Gesellschaft verloren habe. Es waren Wochen, in denen ich mich fragte, ob ich je auf irgendeinem Boden meiner Gefühlswelt ankomme, oder ob ich mich in einem endlosen Wurmloch befinde. Es gab und gibt Momente, in denen ich Angst habe, dass mein Herz bricht.

Und trotzdem.

Ich bin angekommen. Ob ganz unten oder im Auge des Sturms, das weiss ich nicht. Es ist eine grosse Ruhe in mir, am frühen Morgen glaube ich zuweilen sogar, sie in meinem Körper summen zu hören. Ich nehme diese Ruhe dankbar an. Und bette mein Herz darin.

Werdenbergersee, auch ohne Filter

Donnerstag, 19. November 2020

Eine Bratpfanne, ein kotzender Fisch, ein Video und Corona

Keine Bange, ich habe nicht den Verstand verloren. Mir geht es gut. Auch wenn der Titel dieses Posts wohl zu einem anderen Schluss führen könnte. 

Ich beginne mit der Bratpfanne und dem kotzenden Fisch. Beides gehört zum Inventar und Personal einer ganz speziellen Anthologie. Augenblicke heisst sie. Geschrieben haben die Texte Kinder und Jugendliche von der 4. bis zur 9. Klasse. Thema: Das Leben mit Corona. Ich hatte die grosse Freude und Ehre, Teil der Jury zu sein, welche die Texte ausgewählt und bewertet hat.

Entstanden sind die Geschichten während der ersten Coronawelle. Am nächsten Samstag hätte das Buch Premiere in einem Luzerner Kino. Ja, hätte. Konjunktiv. Denn die zweite Coronawelle hat den Anlass weggespült. Er findet aber trotzdem statt. Live auf YouTube. Am 21. November ab 14.00 Uhr.

Und damit komme ich - einen Tag zu spät - zur versprochenen Info über das Video, das mich 99 Trillionen Nerven gekostet hat: Ich habe einen kurzen Glückwunschclip für die Buchpremiere aufgenommen. Und dann tapfer gegen die Tücken meines neuen Filmbearbeitungsprogramms angekämpft. Das Resultat - samt Bratpfanne und Fisch - hänge ich euch ans Ende des Posts.

Vertiefte Einblicke in die Anthologie, meine Juryarbeit und ein Interview mit Carlo Meier, dem Herausgeber, findet ihr in meiner neusten YA-Kolumne auf Qultur. Hier der Link.

Wer die Buchpremiere am Samstag live verfolgen möchte und / oder den Jugendlichen beim Vorlesen ihrer Geschichten zuschauen und zuhören möchte, der folge bitte diesem Link.

Wenn ihr noch eine Lektüre für euch oder ein Weihnachtsgeschenk für eure Lieben sucht: Augenblicke, erschienen beim STORYPark Verlag, ist in allen online- und realen Buchläden erhältlich. Ich schlage euren lokalen Buchladen vor, ganz im Sinne von "Buy local". 


Montag, 16. November 2020

Corona, die Technik und ich

Die letzte Woche hat mich gleich mehrfach verschlungen:

Mich hat die Coronapolitik von Bund und Kanton in ein sehr tiefes Loch geworfen. Eins, das nur noch mit Zynismus und Sarkasmus auszuhalten gewesen ist. Aber es ist so: Wenn du zynisch und sarkastisch wirst, machst du dich und dein Seelenleben kaputt. Das wollte ich nicht. Deshalb habe ich heftig an meiner inneren Einstellung gearbeitet. Ich verhalte mich so, wie es für mich stimmt und vernünftig ist. Was andere entscheiden und tun, kann ich nicht beeinflussen, also lebe ich damit. Man könnte es gesunden Fatalismus nennen. Oder Gelassenheit. Ich ziehe die Gelassenheit vor, auch wenn ich mich nicht an die Meldungen der Todesfälle gewöhnen kann und mich das Verhalten der Menschen öfters grob irritiert (das ist jetzt sehr nett formuliert, aber ich will ja nicht mehr zynisch sein).

Dann hat mich die Technik bis in meine letzte Nervenzelle herausgefordert. Und das gleich an zwei Fronten. 

Mein altes Filmschneideprogramm ist gleichzeitig mit meinem alten PC gestorben. Ich fand das nicht tragisch, weil ich mir Photoshop sowieso neu kaufen musste und es gleich in der erweiterten Version tat, nämlich zusammen mit dem Filmbearbeitungsprogramm. Dass ich mich in dieses erst einmal einarbeiten muss, war mir klar. Dass ich dabei das eine oder andere Hindernis überwinden muss, war mir auch klar. Aber dass Film- und Tonspur meiner Videos NICHT übereinstimmten, das hätte ich nicht erwartet, weil sich die Filme auf allen anderen Portalen, auf denen ich sie geöffnet habe, völlig normal abspielen liessen. Ich brauchte rund acht Stunden und gefühlte 99 Trillionen Nerven, bis ich eine Lösung fand. Danach fühlte ich mich wie die Königin der Welt, weil ich a) durchgehalten und b) selber auf die Lösung gekommen war. Und dann schnitt ich das Video, das ich bis gestern Abend einsenden musste (mehr dazu am Mittwoch).

Das zweite Technikproblem hat mit meinen Online-Lesungen zu tun. Je nach Schule werden andere Programme verwendet, je nach Programm verläuft nicht alles reibungslos beim ersten Mal. Deswegen machen die Schulen und ich einen Testtermin aus. Dieses Mal findet die Lesung über Microsoft Teams statt. Ich hatte eine Einladung, konnte auch chatten, aber eine Videokonferenz? No way. Bis ich herausfand, dass Firefox und Microsoft sich wohl so spinnefeind sind, dass das mit Firefox gar nicht geht. Also wechselte ich auf Microsoft Edge, aber auch hier gab es Hürden zu nehmen. Als die Lehrerin und ich uns endlich sehen konnten, haben wir beide so was wie ein kleines Hallejuja gerufen. Nun sind wir parat. Die Lesung wird morgen stattfinden.

Was mir in dieser Zeit sehr geholfen hat: Die Spaziergänge in der Natur, zusammen mit mir sehr lieben Menschen.

Extrem gut läuft es an einer anderen Baustelle. Ich habe mir Ende Oktober vorgenommen, jeden Wochentag 60 bis 90 Minuten mit dem Buchsatz von deadendcom zu verbringen. Was soll ich sagen? Es funktioniert prima. Ich komme voran. Heute bin ich bei Seite 220 von 288 angelangt. Während ich also fast täglich ein Stück weiterkam, hat die Agentur bürosüd das Buchcover fürs Self Publishing parat gemacht. Ich verwende auch in diesem Fall - wie bei den Lost Souls - das Originalcover. Für die Self Publishing Ausgabe muss es überarbeitet werden (altes Verlagslogo und alte ISBN raus, CARGO44 Logo und neue ISBN Nummer rein). Einmal mehr war die Zusammenarbeit mit bürosüd eine Freude: schnell, freundlich, unkompliziert.

Fazit: Mir geht es gut, ich habe eine Menge gelernt und ich komme voran. Ich finde, das sind gute Nachrichten :-)

Mittwoch, 28. Oktober 2020

dead.end.com reloaded - oder - choose happy

Ich weiss gar nicht mehr so genau, wann der Thienemann-Verlag dead.end.com aus dem Programm genommen hat. Was ich weiss: Es war zu einer Zeit, als ich paradoxerweise bei Lesungen vermehrt auf dead.end.com Klassensätze gestossen bin. Leider erfuhr ich einmal mehr erst vom Ende eines Buches, als der Verlag schon fast keine mehr hatte. Ich habe dann die wenigen Exemplare gekauft, die noch bei Thienemann lagerten und habe auf meiner Webseite auf meinen kleinen Notvorrat hingewiesen. Heute sind nun die letzten Exemplare an eine Schule weg.

Ich weiss auch gar nicht mehr so genau, wann ich die Arbeit am dead.end.com Buchsatz für das Self Publishing unterbrach. Wahrscheinlich im Sommer, als es heisser wurde. Auf jeden Fall vor dem Implodieren meines PCs. Als ich die Datei dann auf dem neuen System öffnete, verschnetzelte es sie, weil sämtliche lizenzfreien Schriften, die ich mir im Laufe der Jahre auf mein altes Maschinchen geladen hatte, weg waren. Schnell zeigte sich: Eine der Schriften war für immer weg. Blöderweise die Titelschrift im Buchinnern. Damit pulverisierte sich ein grosser Teil des Layouts. Die Zeilen am Ende der Buchseite spielten verrückt. Ich seufzte einmal tief, schloss die Datei wieder und verschob die Arbeit auf später.

Jetzt - wo die letzten Notfallexemplare weg sind - ist dieses Später da. Ich habe mich heute Morgen wieder an den Satz gemacht, habe Schriftgrössen und Abstände neu definiert und formatiert und den Fliesstext von Neuem perfekt sitzend gemacht. 25 Seiten habe ich in diesen ersten 60 Minuten geschafft. Viel länger will ich im Normalfall die täglichen Arbeitseinheiten für diesen Buchsatz nicht machen. Es kann also noch eine Weile dauern, bis das Buch wieder erhältlich ist, aber ich arbeite daran. 

Weil ich mir Schriften, Schriftgrössen, Abstände usw. immer IRGENDWO aufschreibe, habe ich eine Tendez, diese wichtigen Informationen entweder sehr lange suchen zu müssen oder gar nicht mehr zu finden. Das soll ab heute anders werden. Ich schreibe mir all diese Schriften und Zahlen in mein neues, wunderschönes choose happy Notizbuch. 

 Choose happy ist übrigens auch das Motto, an dem ich mich in diesen verrückten Zeiten orientieren will. Es gelingt mir nicht immer. An manchen Tagen rollt der neue Corona-Alltagswahnsinn über mich weg wie eine riesige Welle, ich verliere den Boden unter den Füssen und bin ausschliesslich damit beschäftigt, wieder auf die Beine zu kommen. Nicht, weil ich Angst vor Corona habe (ich habe Respekt vor dem Virus, aber keine Angst), sondern aus Frust darüber, wie unsere Landes- und Kantonsregierungen sehenden Auges in die Katastrophe gerannt sind. Und über all die Menschen, die die Situation auf die allzu leichte Schulter nehmen und das Gefühl haben, sich an keine Sicherheitsmassnahmen halten zu müssen.

Zum Glück bin ich umgeben von wunderbaren Menschen, die diesen neuen Alltag mit mir leben und sinnvoll füllen. Einer dieser Menschen ist Jutta Wilke. Ich tausche mich seit Wochen fast jeden Tag in Morgenmails aus. Das hilft, Gefühle und Geschehen zu reflektieren und einzuordnen und vor allem auch, beruflich motiviert zu bleiben. Mein Tipp: Versucht es mal. Vor allem, wenn ihr wie ich alleine zu Hause arbeitet und tagsüber weit und breit keine Menschenseele ist, die euch zuhört oder / und in den Arm nimmt.

Vor allem: Tragt euch und euren Lieben Sorge. Das ist wichtig in Zeiten wie diesen.