Ich tauche aus dem Sommerblues auf. Er hat mich auch dieses Jahr erwischt, allerdings nicht so stark wie auch schon. Nicht zuletzt, weil ich diesen Sommer riesiges Glück erfahren und erleben durfte, für das ich endlos dankbar bin und das mich endlos glücklich macht. Körperlich und beruflich falle ich jedoch immer noch in riesige Blues-Löcher im Sommer.
Körperlich, weil ich die Hitze nicht ertrage, das Wandern praktisch auf Eis legen muss, meine Kraft und Energie schwindet und ich an ganz heissen Tagen nicht mal nach draussen an die Luft will, an der nichts Frisches mehr ist. Beruflich, weil mir die Hitze nicht nur den Körper, sondern auch das Hirn lähmt, meine Kreativität dahinschmelzen lässt, meinen Arbeitswillen eindampft und mich in gähnend unproduktive Lustlosigkeit einhüllt. So dümple ich durch den Sommer, werde von Woche zu Woche langsamer und unkreativer und unzufriedener (und auch eine Zumutung für meinen Herrn Ehemann).
Kürzlich ist der erste Schnee gefallen, hat die Bergspitzen weiss gepudert und klare, kühle Luft gebracht. Ich konnte in sämtlichen Poren fühlen, wie das Leben in mich zurückkehrt. Plötzlich war die Arbeitslust wieder da. Ideen für Projekte poppten von überall her auf, die Lustlosigkeit ist glasklaren Vorstellungen gewichen. Ich weiss wieder, was ich will und was ich nicht will, ich sitze wieder am Rechner und arbeite an tollen Aufgaben.
Gestern stiegen Herr Ehemann und ich spontan ins Auto, fuhren an einen Ort, an dem wir beide seit unserer Kindheit/Jugend nicht mehr gewesen waren und wanderten los. Es war das pure Glück. Wenn Herz uns Seele laut singen könnten, wären wir mit Musik auf voller Lautstärke durch diese Landschaften gelaufen, die mehr als einmal wechselten. Das letzte berufliche Hadern löste sich im Morgennebel auf, der über einem Bergbach aufstieg. Ich fühlte mich stark und gewiss in den Dingen, die ich ändern will.
Heute Morgen, auf dem Weg zur Physiotherapie kam ich am Werdenbergersee vorbei. Und da überfiel mich eine Erkenntnis fast schon blitzschlagartig: Herbst ist Jahresanfang!
Ich dachte immer, mein persönlicher Jahresanfang müsse der Frühling sein, weil ich mich zu keiner Jahreszeit so wach, so lebendig, so in Aufbruchstimmung befinde wie im Frühling. Trotzdem ist Frühling nicht der Anfang. Weil danach der Sommer kommt und mich in ein Loch reisst. Wenn ich nun das innere Jahr im Herbst anfange, kann ich mit der starken Gewissheit ins Jahr gehen, dass ich den Sommer emotional und körperlich überlebt habe. Ich kann aus dieser Gewissheit Kraft schöpfen und mit viel Frische an die Arbeit. Im Winter kann ich die Ideen und Projekte umsetzen, die in mir gewachsen sind. Der Frühling ist der Totalbooster, mit dem ich noch einmal durchstarten kann. Und der Sommer? Tja: Den Sommer mache ich in Zukunft zur meiner persönlichen Faultierjahreszeit, in der ich nicht einmal mehr versuchen will so zu tun, als könnte ich auch nur ansatzweise etwas auf die Reihe bekommen.
In diesem Sinne: Happy New Year from me und die neugierige Frage, wann euer inneres Jahr anfängt.
7 Kommentare:
Da geht es mir anders. Wie jedes Jahr, überlege ich mir erneut, ob ich nicht doch einen Winterschlaf machen soll. Lg Mariann
Wollte ich früher auch immer. Wäre gerne ein Bär oder ein Murmeltier gewesen, dann hätte ich mich im Winter zum Schlafen in eine Kuschelhöhle zurückziehen können. Mit den immer heisseren Sommern hat sich das gewendet. Wahrscheinlich haben wir alle Jahreszeiten, die uns weniger behagen oder sogar zusetzen. Wenn ich mir jeweils im Winter den Allerwertesten abfriere, frage ich mich allerdings auch, warum ich mittlerweile den Winter besser mag als den Sommer (Die Antwort finde ich spätestens am ersten heissen Sommertag, der mich fertig macht, und wo ich mir wünsche, dass der Himmel sich öffnen und mir Schneeflocken schicken möge.). Ich nehme dann mal an, dass dein inneres Jahr im Frühling anfängt :-)
Der Frühling ist der endlose Abschied vom Winter und kann also unmöglich ein Anfang sein. Mein Jahr beginnt im Sommer, wenn so viele sonnige Tagen aufeinanderfolgen, dass ich gar nicht mehr ans Wetter denke und am Abend mit der Gewissheit ins Bett gehe, dass auch morgen die Sonne scheint. Könnte ich mein Jahr zusammenstellen, gäbe es den August zweimal, dafür den Dezember nicht und den Mai zweimal und dafür den Februar nicht. Zum Glück gibt es Kachelofen und Holzherd. Die Infrarotwärme des Feuers vertreibt den Winterblues zuverlässig. Ich habe „Mittelstreifenblues“ bei mir auf dem Küchentisch liegen und werde mich nun mit dieser Lektüre in kuschlige Gefilde zurückziehen.
Liebe Grüsse von Regula
Dein,
liebe Alice,
Beitrag hat viel ausgelöst in mir, hat erhellt und bestätigt:
Der Herbst ist auch m e i n Jahresanfang!
Und ab sofort begrüsse ich ihn ebenfalls mit einem fröhlichen "Willkommen neues Jahr!"
Herzliche, frohe Grüsse vom Rheinknie ins Rheintal
Hausfrau Hanna
Liebe Regula
Vielen lieben Dank für diesen spannenden Einblick in dein Jahr, das sich so anders anfühlt als meins. Er zeigt, wie verschieden Menschen durchs Leben gehen, wie verschieden wir die Jahreszeiten fühlen und empfinden. So einen doppelten Mai nähme ich auch und ich würde entweder den September oder Oktober verdoppeln, wahrscheinlich eher den Oktober.
Herzlich
Alice
Oh, ich Dödel. Nachtrag: Es freut mich riesig, dass du den Mittelstreifenblues liest. In dem kommen alle Jahreszeiten vor :-)
Happy New Year, Hausfrau Hanna! Möge es ein gutes werden.
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