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Freitag, 3. August 2018

Zeit, ein paar Dinge zu ändern

Ende Juni blickte ich auf mein erstes Halbjahr 2018 zurück: Ziemlich genau hundert Lesungen habe ich in dieser Zeit gemacht und zusammen mit meinen Verlagskollegen von da bux vier wunderbare Bücher auf den Weg gebracht. Beides ist toll, aber es war zu viel. Ende Mai wurde es kurzfristig sogar kritisch. Wenn es zu viel wird, ist es Zeit, ein paar Dinge zu ändern. Wenn man merkt, dass es kritisch wird, sowieso.

Ich habe also eine Auslegeordnung gemacht (für die Deutschen unter euch, die dieses Wort nicht kennen: Ich habe meine Situation analysiert). Hier ein kleiner Einblick:
  • Die Einnahmen aus den Buchverkäufen werden immer weniger. Ich habe zu keinem Moment meines Autorenlebens von den Bucheinnahmen leben können; mittlerweile sind sie ein mehrbesseres Taschengeld. Mein Einkommen als Autorin verdiene ich mit den Lesungen.
  • Unser Verlag da bux ist über Erwartungen gut gestartet, aber der Lohn besteht zu einem grossen Teil aus tiefer Zufriedenheit, Glück und dem Gefühl, genau das Richtige gefunden zu haben. Ja, wir Verleger verdienen ein klein bisschen was, weit kommen wir damit nicht.
  • Meine Arbeit als Co-Präsidentin von Autillus, dem Verein der Schweizer Kinder- und Jugendbuchschaffenden, ist ehrenamtlich. Sie bringt mich mit wunderbaren Leuten zusammen, sie macht Freude, aber auch sie ist keine Einnahmequelle.
  • Aus meinen Radioprojekten fliesst gelegentlich unerwartet etwas aufs Konto, aber das Projekt, an dem ich als Letztes gearbeitet habe, liegt seit mehr als einem Jahr auf Eis. Das stört mich überhaupt nicht, aber es bringt halt auch kein Einkommen.
Zwischenbilanz: Eigentlich habe ich einen tollen Job, aber das mit den Einnahmen ist so eine Sache. Damit habe ich drei Alternativen. 
  • Ich suche mir einen Brotjob, einen, in dem man für seine Arbeit angemessen entschädigt wird. => Interessiert mich nicht, könnte ich auch nicht mehr (ich bin zu alt und zu eigensinnig, um mich in ein berufliches Hamsterrad zu begeben).
  • Ich kann noch mehr Lesungen annehmen, auf Kosten von Schreibzeit, Verlagszeit, Lebenszeit und mein Einkommen damit wenigstens einigermassen stabil halten => Will ich nicht.
  • Ich backe finanziell noch kleinere Brötchen und lebe das Leben so, wie es zu mir passt. Mit spannender Arbeit, die mich zufrieden und glücklich macht. => Will ich.
Nachdem klar war, was ich will, war auch klar, was ich tun werde:
  • Ich werde in Zukunft (viel) weniger Lesungen machen.
  • Ich werde mich noch mehr auf den Verlag konzentrieren.
  • Ich werde wieder schreiben, sehr viel schreiben (nicht weil ich mir damit mehr Einnahmen erhoffe - das wäre eine Illusion - sondern weil es das ist, was ich gerne mache).
  • Ich lebe meine Kreativität und meine Gartenlust aus.
Weil man Vorsätze auch umsetzen sollte, habe ich gleich Anfang Juli damit begonnen:
  • Die ersten Lesungsanfragen für 2019 sind eingetroffen; ich habe zugesagt und mir die Termine eingetragen. Zwischen diesen Terminen lasse ich bewusst Raum für die Verlags- und Schreibarbeit. Das habe ich mir selber versprochen. Als Folge davon ist die erste Jahreshälfte 2019 für Lesungen schon fast ausgebucht.
  • Ich schreibe begeistert an drei Projekten, wobei eins ganz klar den Vorrang hat.
  • Ich lasse mich nicht stressen. Weder von der Aussicht auf noch weniger Einnahmen, noch von der Frage, wo meine Texte denn unterkommen sollen.