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Sonntag, 21. Juli 2019

E-Mail für dich

Wir kennen (und lieben) uns seit Jahren. Wir ticken ähnlich und doch wieder nicht. Jede von uns weiß, was die andere gerade umtreibt, weil wir uns oft in Mails und leider zu selten auch im realen Leben austauschen. Jutta Wilke hat mit ihrer letzten Mail an mich ein ganzes Gedankenkarussell in Gang gesetzt. An einer Stelle im Text schrieb Jutta, dass sie ihre Gedanken in einem Blogpost formulieren würde. Und da hatte ich die Idee, wir könnten mehr als nur Blogposts schreiben. Nämlich, euch einen Blick in unsere Mails werfen zu lassen und dabei Höhen und Tiefen des AutorInnenlebens hautnah nachlesen. Meine Mail an Jutta war keine zwei Stunden weg, als sie mir den Link zu ihrem neusten Blogpost schickte. Darin: Ihre Mail an mich. Bevor ihr meine Antwort lest, empfehle ich euch, ihre Mail zu lesen.

Juttas Mail an mich  (einfach auf den Link klicken).

Liebe Jutta
Das Bild mit der einen Leiter ist wirklich schön, aber leider gibt es im richtigen Leben nicht nur eine Wand, sondern tatsächlich ganz viele, und leider lässt uns das richtige Leben nicht die Zeit, eine Wand nach der anderen zu erklimmen, es ist dem Leben sogar egal, ob es richtige oder falsche Wände sind. Ich würde das Bild deshalb etwas abändern: Hab nicht nur eine Leiter, sondern mehrere. Lass sie an den jeweiligen Wänden angelehnt, aber klettere nicht einfach kopflos rauf und runter, sondern überlege dir immer: Bis zu welcher Sprosse klettere ich heute / jetzt? Dann kletterst du dort hin, hängst einen "geschafft"-Zettel ran und dann kannst du beim nächsten Mal schnell zum Zettel hochklettern und von dort weg zum nächsten Ziel. Was für mich entscheidend ist, ist der Fokus. Jetzt die Gartenleiter (eine Stunde Unkraut jäten, "geschafft"-Zettel hinhängen, runtersteigen, dich freuen). Dann die Geldleiter (aktiv ein Problem angehen, "geschafft"-Zettel hinhängen, runtersteigen, zufrieden sein). Dann die Haushaltsleiter (eine Stunde putzen, "geschafft"-Zettel hinhängen, egal, wie es im ungeputzten Teil des Hauses aussieht, runtersteigen, zufrieden sein). Beim nächsten Mal kannst du dann direkt auf der "geschafft"-Sprosse der Leiter anfangen. Ich mach das übrigens nicht mit Leitern, sondern als Eintrag im Bullet Journal :-) Wichtig ist, sich auf die Leiter zu konzentrieren, auf der man gerade ist. Was da jetzt vielleicht so abgeklärt daherkommt, schaffe ich höchstens 50 Prozent der Zeit. Aber ich arbeite daran …

Zur Zielsetzung: Ja, unbedingt. Ich habe das für mich für dieses Jahr auch gemacht. Ich habe für mich festgelegt, wie viele Lesungen ich höchstens machen will, wie viel Geld ich mit dem Self Publishing verdienen will, ja, ich habe sogar zwei fixe Schreibfahrpläne erstellt :-) Diese Ziele setze ich mir im Bullet Journal, und ich gedenke, mich daran zu halten. Na ja, mehr oder weniger. Lesungen werden es wieder zu viele, dafür habe ich für nächstes Jahr erst eine Woche in Zürich.

Das Ziel "Ich will - verdammt noch mal - von meiner Arbeit als Autorin gut leben können", finde ich genau das richtige! Vielleicht musst du es in Etappen angehen, sprich, für nächstes Jahr noch ein Zwischenziel festlegen (ohne das "gut" vor Autorin) und dich dann übernächstes Jahr auf das "gut leben" können konzentrieren. Was ich nicht tun würde: Als Ziel ein monatliches Einkommen festzulegen, es sei denn, dir reicht ein Jahresdurchschnitt, denn in unserem Beruf schwankt das unglaublich.

Der Berg ist die Summe aller Leitern. Da ich in den Bergen lebe, weiss ich, dass Berge nie alleine kommen. Hinter jedem Gipfel warten schon die nächsten. Aber wer einmal einen Berg bezwungen hat, weiss, dass er es kann. Das ist für mich das Entscheidende. Dazu gehört, wie du schreibst, das Losgehen. Ich weiss, dass du schon viele Berge bezwungen hast und einigen auch gescheitert bist. Dass du dabei viel Kraft verloren hast. Dass daher das Losgehen gar nicht so einfach ist. Aber ich weiss auch, dass du es kannst. Und ich möchte dich dabei begleiten.


PS: Meine Gartengeräte sehen ähnlich aus wie deine. Ich beackere sogar den Dschungel in Cumbel mit Gartenscheren. Fürs Gröbere ist Herr Ehemann zuständig, aber er hat in vielen Bereichen Arbeitsverbot, weil er mit dem Trimmer immer wieder Pflanzen erwischt, die ich liebevoll gepflegt habe und mich darüber gefreut hatte, dass sie nach vier Jahren endlich … und dann … brmmm und weg. Du siehst, auch alte Gartengeräte haben ihre Nützlichkeit :-)

Herzlich und mit einer riesigen Umarmung
Alice