Donnerstag, 10. März 2022

Wenn sich die Schneefräse in den Mistzettler verliebt ...


Heute fuhr ich für zwei Schreibworkshops nach Valendas, an die Oberstufe Safiental. Am Morgen nahm ich die gemütliche Route via Flims/Laax und Ilanz. Auf dem Weg nach Hause fuhr ich hoch über der Rheinschlucht nach Chur. Die Wildheit und Schönheit dieser Landschaft nimmt mir jedes Mal den Atem.

Die Arbeit mit den Jugendlichen war so richtig toll. Und witzig. Und bereichernd. Sie liessen sich völlig auf eine - verrückte - kreative Schreibreise ein. Würfelten irre Geschichten. Entwarfen mittels einer Spezialausgabe von Stadt-Land-Fluss kurlige und krude Charakter. Tauchten ein in den Kern des Creative Writing mit dem "Show, don't tell." Pimpten auf ihre ureigene Art langweilige Texte auf (die ich als Vorlage mitgebracht hatte - RICHTIG langweilige Texte) und schrieben herzerwärmende Liebesgeschichten, so ganz von Landwirtschaftsmaschine zu Landwirtschaftsmaschine ("Dein Anblick bringt meine Scheinwerfer zum leuchten." // "Als ich dich das erste mal gesehen habe, ist mir glatt eine Sicherung durchgebrannt." ...)
 
An Tagen wie diesen habe ich den perfekten Beruf. In jeder Hinsicht.

Mittwoch, 9. März 2022

BiblioWeekend - Nach den Sternen greifen


Am 27. März darf ich in der Bibliothek Buchs SG eine Schreibwerkstatt leiten. Dies im Rahmen des ersten BiblioWeekends (25. - 27. März), an dem in der ganzen Schweiz die Bibliotheken unter dem Motto "Nach den Sternen greifen" ihre Türen für alle Bevölkerungsgruppen zu allen möglichen (und unmöglichen) Zeiten öffnen. Die Bibliothek Buchs ist natürlich mit dabei. Sie hat an allen 3 Tagen von 9-21 Uhr offen und bietet zahlreiche Veranstaltungen an. Es freut mich riesig, das ich ein Teil davon sein darf. 

Tipp: Wo immer ihr wohnt - checkt eure Bibliotheken aus - bestimmt gibt es auch bei euch tolle Angebote.
 
PS: Für meine Schreibwerkstatt könnt ihr euch direkt bei der Bibliothek Buchs anmelden.

Mittwoch, 2. März 2022

Grenzgängerin

 
Mit einem vollen Kopf und einem bangen Herz begab ich mich am Montag auf meine - fast - tägliche Wanderung. Sie führte mich von Triesen nach Werdenberg, entlang der Grenze, zuerst auf der Liechtensteiner, dann der Schweizer Seite. In dem Moment, in dem ich auf den Auslöser für dieses Foto drückte, war das Thema für meine Qultur-Kolumne klar. Ich wollte über Grenzen schreiben, offene, geschlossene und gewaltsam überrollte. Darüber, was der Krieg in der Ukraine mit mir und meinem Schreiben macht. Es ist eine etwas zerfledderte Kolumne geworden, ohne klaren Fokus. Sie widerspiegelt, wie es mir geht, ist eine Momentaufnahme in einer Zeit, in der sich für mich, wie für wohl die meisten von uns, grad sehr viel ändert und sich Grenzen in und um uns verschieben.

Sonntag, 27. Februar 2022

Vom Mut und was er mit Blumen zu tun hat


Gestern habe ich von einer ukrainischen Frau gelesen, die eigentlich am Samstag (also gestern) Tulpen pflanzen wollte im Garten. Jetzt hängt um ihre Schulter ein schweres Gewehr, sie ist bereit zu kämpfen. Blumen pflanzen könne sie auch nächsten Samstag.

Ich kann gar nicht ausdrücken, wie sehr ich diese Frau bewundere. Oder jene Frau, die einem russischen Soldaten Sonnenblumenkerne in die Hand drückt. Er solle sie in seine Hosentaschen stecken, denn wenn er tot und begraben sei, sollen dort Blumen wachsen.

Ich würde diesen mutigen Menschen gerne Blumen schicken. Und mit den Blumen Zuversicht, aber ich ahne, dass sie eine ganze Weile keine Zeit für Blumen haben werden und das bricht mir das Herz.

Der Mut der Menschen in der Ukraine führt mich zu Gedanken, die ich so noch nie hatte. Ich frage mich, wie mutig ich wäre. Was ich tun würde. Bis vor kurzem hätte ich gesagt: Fliehen, einfach nur fliehen. Weg vom Krieg, raus aus dem Elend. Heute bin ich nicht mehr sicher. Ich glaube, denke und hoffe, dass ich bleiben würde. Dass ich den Mut hätte, mich diesem Feind zu stellen, im Wissen darum, dass es mein Leben kosten könnte und wahrscheinlich auch würde. Ich merke, wie sich etwas in mir verschiebt. Ich beginne mich zu fragen, wo die rote Linie liegt, bei der ich sagen würde: Ich bleibe. Zu jedem Preis.

Die meisten von uns haben das Glück, dass wir uns diese Frage nie stellen mussten, denn wir sind im Frieden und mit friedlichen Nachbarn aufgewachsen. In einer Demokratie, in der zwar ab und an etwas gewaltig nervt, aber nichts wirklich tödlich ist. Das ist ein wahnsinniges Privileg und ein noch viel wahnsinnigeres Glück. 

Die Frau in Kiew, die einfach nur ihre Tulpen pflanzen wollte, wurde jäh (aber nicht unerwartet) aus ihrem normalen Leben hinauskatapultiert. Von jetzt auf sofort. Sie stellt sich ihrem neuen Leben in einer für mich fast unvorstellbaren Konsequenz. Ich ging heute durch meinen Garten und fragte mich, ob ich das auch tun würde oder könnte. Ob ich diesen Mut hätte. Und was daraus wachsen würde.
 

Freitag, 25. Februar 2022

80 %


80% der russischen Rohstoffe werden über die Schweiz gehandelt. Gemäss meiner Tageszeitung ist die Schweiz die grösste Empfängerin von Geldtransfers russischer Personen. An der PK von gestern fand unser Herr Bundespräsident Cassis stellvertretend für seine Bundesratskolleg*innen nebst vielen schönen Worten (dunkle Stunde blablabla .. ) sogar ein paar strenge Worte in Richtung Russland, ich glaube, er hat sogar mit der Stirn gerunzelt. Damit hatte es sich dann aber auch schon. Ja richtig. Es hatte sich schon. Sanktionen? Dürfen andere ja gerne und wir sorgen auch gerne dafür, dass sie von anderen nicht umgangen werden, aber wir, na ja, es ist so ... neutral ... blablablablabla.

Es gibt so Tage im Leben, da schämst du dich abgrundtief für deine Nationalität, auch wenn du ja nichts dafür kannst, dass sie deine ist. Reiner Zufall. Ich könnte auch das Pech gehabt haben, in der Ukraine geboren zu sein. Dann könnte ich mir mit den Worten von Herrn Bundespräsident grad gar nichts kaufen - schon gar nicht würden sie mir und meinen Lieben und meinen Mitmenschen helfen.

Heute ist einer dieser Tage an denen ich an der Welt und der Schweiz verzweifle.