Montag, 22. April 2019

Kürzlich, im Frühlingsgarten

Vor Ostern habe ich Fotos im Garten gemacht. Und dann sah ich ihn, den kleinen Kerl. Ich hielt den Atem an und drückte auf den Auslöser. Er badete fröhlich weiter, also traute ich mich näher ran. Vorsichtig, mit klopfendem Herzen. Nach ein paar Bildern hielt ich inne und sah ihm einfach zu.

Kürzlich redete im Radio einer davon, was Glück ist. Wie wir es zuweilen verzweifelt suchen, wie viel Aufwand wir dafür betreiben. Dabei ist es so einfach. Glück ist in vielen kleinen Momenten zu finden. Manchmal haben wir per Zufall eine Kamera dabei. Meistens nicht. Und vielleicht ist das gut so. Denn das kleine Glück ist auch ein sehr intimes, persönliches.

Ich wünsche euch viele schöne Glücksmomente.




Donnerstag, 18. April 2019

Jugendbuch ade

Zugegeben, der Titel ist etwas drastisch, dramatisch und provozierend. Er eignet sich aber gut, um die Gedanken aus diesem Post von Anfang März aufzunehmen.

Kürzlich brachte es ein Lehrer mitten in der Fragerunde einer Lesung auf den Punkt: "Dann ist Bücherschreiben also eher ein Hobby?" Er meinte es nicht böse, sondern brachte das, was ich über Autoreneinkommen erzählt hatte, treffsicher auf den Punkt, zumindest, was die Einnahmen anbelangt; die Arbeit geht nämlich weit über ein Hobby hinaus und ist tatsächlich - ARBEIT.

Hier die nackte, ungeschminkte Wahrheit: Ich habe in meinem Autorenleben zu keinem Zeitpunkt, also absolut gar nie, von den Bucheinnahmen leben können. Und das, obwohl Blackout ein Renner bei den Klassenlektüren ist, andere Bücher von mir ebenfalls als Klassenlektüre gelesen werden, zwei meiner Bücher Preise gewonnen haben, ich an renomierten Literaturfestivals und an Buchmessen gelesen habe und die Rezensionen sehr gut sind. Damit stehe ich nicht alleine da; das geht vielen anderen AutorInnen ähnlich (oder noch weniger gut).

Da sich Jugendbücher - bis auf wenige Ausnahmen, auf die ich weiter unten komme -  in den letzten Jahren immer schlechter verkaufen und auch sehr viel weniger gelesen werden (wurde mir von unzähligen Bibliothekarinnen und Lehrpersonen bestätigt), sinken die sowieso schon geringen Einnahmen aus den Büchern mit jedem Buch. Das löst einen Teufelskreis aus: Bücher, die sich nicht verkaufen, werden immer schneller wieder vom Markt genommen, entweder, indem sie verramscht werden oder indem man sie nicht mehr nachdruckt. In der Folge schreiben Autoren immer schneller, denn mehr Bücher bedeuten vermeintlich mehr Geld (dass diese Rechnung langfristig nicht aufgehen kann, ist klar).

Von den Bucheinnahmen kann ich also nicht leben - und trotzdem lebe ich vom Schreiben, denn ich verdiene mein Geld mit Lesungen. Und zwar mit einer Unmenge von Lesungen, denn bei organisierten Lesetouren an Schulen betragen die Autorenhonorare für eine Lesung rund einen Drittel von dem, was eigentlich vom AdS (Autoren der Schweiz) empfohlen wird; sie sind zudem seit Jahren gleich tief. Obwohl ich extrem gerne Lesungen mache, bin ich nach gut zehn Jahren kein frischer Hüpfer mehr, ich mag nicht mehr so viele Lesungen machen, kann das nicht mehr so locker durchziehen wie auch schon, zudem bin ich seit einer Weile Verlegerin und habe weniger Zeit für Lesungen. Deshalb habe ich ab Sommer 2018 begonnen, meine Lesungen anders zu organisieren, mehr private Anfragen zu berücksichtigen, weil ich dort auf ein angemessenes Honorar komme und einen Teil des Ausfalls damit auffangen kann. Dieses Jahr beginnt diese Strategie langsam zu greifen, nächstes Jahr möchte ich definitiv nicht mehr als 100 Lesungen (2018 waren es 150).

Kommen wir nun zu Büchern wie #no_way_out und Hundert Lügen. Ich mag beide sehr. Beide sind immer noch brandaktuell, an beiden habe ich mehr als ein Jahr gearbeitet, beide verkaufen sich schlecht. Stelle ich Aufwand und Ertrag gegenüber, komme ich zum Schluss, dass nur Verrückte oder Herzbluttäterinnen sich so was antun. Um auch hier Klartext zu reden: Ich habe mit beiden Büchern aus den Verkäufen je rund 5000 Franken verdient.

Herr Ehemann sieht das pragmatisch und - zurecht - völlig unromantisch: Bücher sind für ihn das Vehikel für Lesungen. Wer Bücher schreibt, wird für Lesungen gebucht und mit denen verdient der Autor dann sein Geld. Das ist einer der grossen Vorteile, wenn man Kinder- oder Jugendbücher schreibt: Man wird zu Schullesungen eingeladen. Das funktioniert, solange man selber gut funktioniert und belastbar ist. Aber eben ... siehe Absatz weiter oben. Kommt dazu: Wer viele Lesungen macht, dem fehlt diese Zeit zum Schreiben, manchmal ist es auch die Energie, die fehlt, und immer mal wieder kommt einem die Sinnfrage in die Quere. Und selbst wenn einem die Sinnfrage nicht in die Quere kommt und man der energiegeladene Hüpfer von einst geblieben ist: Ich kenne AutorInnen, die würden noch so gerne Lesungen machen, können aber nicht, weil ihre Bücher vergriffen sind und / oder weil sie nicht zu Lesungen eingeladen werden.

Natürlich gibt es immer noch Jugendbücher, die sich gut verkaufen (Fantasy, Romantasy), es gibt auch AutorInnen, die gut vom Schreiben leben können. Aber ich stelle nüchtern fest: Auf jeder Lesetour, wo ich auf BerufskollegInnen treffe, werden die Fragen "Soll ich mir einen Job suchen? Soll ich überhaupt noch Jugendbücher schreiben?" drängender und häufiger gestellt.

Einige meiner KollegInnen weichen auf das Kinderbuch aus. Denn: Kinderbücher verkaufen sich besser und vor allem schreiben sie sich generell etwas schneller, was an der geringeren Seitenzahl liegt. Die Vorschüsse sind zwar etwas tiefer, aber hey, wenn man zwei oder drei statt ein Buch in einem Jahr schafft, schenkt das immer noch mehr ein als ein Jugendbuch, denn zumindest die Vorschüsse hat man auf Nummer sicher.

Im Augenblick stecke ich in der Schlussphase eines tollen da bux Jugendbuchprojekts. Seiten pro Buch: 60. Themen: genau die, die ich mag. Inhalt: genau mein Ding. Das macht unendlich Freude, und obwohl es ebenfalls viel Arbeit ist, ist doch ein Ende eher abzusehen als bei einem komplex strukturierten 300-seitigen Jugendbuch. Einer meiner Schlüsse ist also: Ich schreibe Jugendbücher für den da bux Verlag, auch, weil ich da sehr gut aufgehoben bin, mein Buch die Werbung und die Plattform bekommt, die es verdient, das Persönliche stimmt. Anders gesagt: Die Rahmenbedingungen sind mehr als gut.

Und jetzt: Werde ich im Sommer erst einmal etwas fürs Radio schreiben. Und an meinem Krimi für Erwachsene weiterarbeiten. Und nachdenken. Neue Bücher für Lesetouren habe ich. Es eilt nicht.

Meine Prognose: Ich werde vom Jugendbuch nicht loskommen :-) Weil ich Jugendbücher extrem spannend finde. Weil ich sie gerne schreibe. Weil sich gerade im Jugendbuchbereich interessante und auch gewagte Experimente durchziehen lassen. Weil man völlig quer denken kann. All das ist der perfekte Tummelplatz für Verrückte und Herzblutschreiber. Aber leider nicht für solche, die vom Schreiben leben müssen. Und genau die guten von ihnen werden wir verlieren. Weil sie sich für das entscheiden werden, was ihnen ein (sicheres) Einkommen bringt. Ich bin in der glücklichen Lage, mir meine Verrücktheit und mein Herzblut leisten zu können; bei mir ist es mehr die Sinnfrage, die sich stellt, und auch die der Anerkennung - und gerade die fehlt im Jugendbuchbereich eben häufig.

Gestern hat mich jemand gefragt, was ich denn mit einem fertigen Text tun würde, also einem umfangreichen, komplexen, tollen Jugendbuchmanuskript. Die Antwort ist einfach: Ich gäbe meiner Agentin vier Monate Zeit, einen Verlag zu finden, der mir einen sehr guten Vorschuss bezahlt, mir schriftlich garantiert, das Buch im Minimum sieben Jahre auf der Backlist zu führen und mir - ebenfalls schriftlich - Werbemassnahmen für das Buch verspricht. Weil das in etwa so unwahrscheinlich sein wird wie ein Lottosechser, würde ich das Buch im Self Publishing machen. So getreu nach meinem Motto: Kein Geld verdienen mit einem Buch kann ich auch selber :-)

PS: Dann ist da noch dieses Exposé von 2012, das ich kürzlich beim Aufräumen der Dateien gefunden habe. Mein damaliger Verlag wollte das Buch nicht machen. Ich las es mit total frischen Augen und dachte: WHAT? WHY the hell NOT? Und wollte sofort loslegen.

PPS: Wenn das alles etwas durcheinander und irr rüberkommt: Ich habe nie behauptet, nicht verrückt zu sein.

Montag, 15. April 2019

Langsam durchs Leben

Die ersten drei Monate dieses Jahres bin ich buchstäblich durchs Leben gehechelt, meistens sogar hinter ihm hergehechelt. Jetzt wird es ruhiger. Der Arbeitsberg schrumpft täglich, ich kann wieder frei atmen und vor allem wieder (fast) so langsam leben, wie ich es eigentlich will.

Heute musste ich "uf'd Gmai", also zum Rathaus. Das liegt in meinem Fall in Grabs, weil Werdenberg zur Gemeinde Grabs gehört. Zu Fuss ist man in einer guten halben Stunde dort, und weil ich jetzt ja wieder Zeit habe, bin ich zum Rathaus spaziert, den Hinweg dem Berghang entlang, zurück über die Felder. Dabei habe ich in Gärten gelinst, Häuser angeguckt, fleissig fotografiert und ein tolles Schwätzchen gehalten.

Gefunden habe ich: Traumhäuser, Traumgärten, eine Traumlandschaft und jede Menge Inspiration für mein Schreiben und den eigenen Garten.










Freitag, 12. April 2019

Lesungsplanung

Mein erstes Bullet Journal ist fast voll. Bullet Journal Nummer 2 beginnt im Mai, es wird mich wahrscheinlich bis Ende Jahr begleiten. Diesmal bündle ich die ganze Lesungsplanung und stelle sie vorne ins Journal; ich habe dafür mehrere Seiten reserviert. Die Form behalte ich bei- sie ermöglicht mir den perfekten Überblick über die Planung.


2018 hatte ich 150 Lesungen. Das war zu viel. Für 2019 wollte ich auf 100 Lesungen reduzieren, lande aber bis Ende Jahr auf ca. 120. Das ist zwar wesentlich weniger, aber immer noch viel.

Diese Woche war Kreativkollege Diego Balli bei uns zu Gast. Wir haben natürlich auch über unseren Beruf geredet und landeten dabei bei den Lesungen. Er hat mir verraten, wie er es macht: Er setzt sich eine Anzahl Lesungen pro Jahr und streicht dann bei jeder Buchung die gebuchten Lesungen ab - bis er bei Null ist. Ich finde diese Idee genial und habe sie gleich umgesetzt.


 Wie ihr seht, kann man mich jetzt noch locker-flockig für 2020 buchen; für 2019 geht nicht mehr. 120 Lesungen sind genug. Warum?

Ich mache extrem gerne Lesungen. Weil sich aber Bücher nicht über Nacht oder gar von selbst schreiben, brauche ich auch Zeit zum Schreiben. Dazu kommt meine Arbeit als Verlegerin, und nicht zuletzt bin ich meine eigene Sekretärin, Logistikbeauftragte, Social Media Verantwortliche und vieles mehr. Vom Haushalt, dem Einkaufen und dem restlichen alltäglichen Wahnsinn wollen wir an dieser Stelle gar nicht reden. Das bedeutet: Ich kann nur eine bestimmte Anzahl Termine pro Jahr wahrnehmen.

Freitag, 5. April 2019

Anerkennung und Wertschätzung

Gestern hatte ich für eine Weile meine letzten Lesungstermine. Drei wunderbare Lesungen in Tägerwilen, bestens organisiert, das Honorar stimmte perfekt, ich hatte das Gefühl, auf Händen getragen zu werden. Es war herzerwärmende Anerkennung und Wertschätzung pur. Beides tat unendlich gut, denn es gibt auch die Momente, in denen ich mir vorkomme, wie ein Fussabstreifer.

  • Lesungen auf organisierten Schullesetouren, wo du trotz zweifach versuchter Kontaktaufnahme KEINE Antwort bekommst und nicht weisst, ob du jetzt zur Lesung erwartet wirst oder nicht (und du dich fragst, warum diese Schulen überhaupt AutorInnen einladen).
  • Eine Anfrage eines Lehrers, ob du bereit wärst, einen Morgen lang aus deinen Büchern vorzulesen und Schreibtipps zu geben, selbstverständlich gäbe es dafür auch ein kleines Entgelt. (NEIN.)
  • Eine Person, die eine Masterarbeit schreibt und dich anfragt, ob du "Zeit und Lust" hast, 50 Seiten ihrer Geschichte zu lesen und Feedback zu geben. (NEIN, weder das eine noch das andere.)
  • Kulturelle Veranstaltungen in deinem Heimatkanton, zu denen du nie eingeladen wirst, und wenn sie dann stattfinden, weisst du genau, dass dir das einfach egal sein sollte, aber in dir drin bohrt es auf den Nerven rum. (IDIOTIN, ich!)
  • Und da der Kulturblues schon mal vor der Tür steht, wünschst du dir gleich auch, du hättest bei der Heirat den Heimatort deines Mannes übernommen, obwohl du nicht mal weisst, wo der liegt, einfach, damit dir das alles nicht so unter die Haut geht. (ICH OBERIDITON, ich).
  • Wenn du dann ganz am Ende und ganz unten in den Tiefen des Blues angekommen bist, kannst du gleich auch noch die Einnahmen aus deinen Buchverkäufen anschauen - falls du sie findest, denn die Zahlen sind so klein, dass du sie nur unter der Lupe erkennen kannst. (Selber schuld, wer guckt sich denn diese Zahlen schon an.)
Trotzdem: Ich möchte keinen anderen Beruf. Aus ganz vielen Gründen. Und wegen Tagen wie gestern, wo einfach alles gestimmt hat. Danke, Edith, für die Einladung!