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Freitag, 26. August 2022

Grounding


Da wollte ich Schreibnomadin sein. Viel schreiben und viel wandern an verschiedenen Orten. Und dann hat mich mein Knie gegroundet. Es weigerte sich, gesund zu werden. Am Mittwoch musste es dann in die Röhre für ein MRI. Jetzt habe ich eine Diagnose. Fazit: Ich bleibe gegroundet. Als nächstes steht ein Termin beim Kniespezialisten an und dann gucken wir weiter. Weil für mich zu neuen Orten auch das Erkunden zu Fuss gehört, muss ich mein Nomadenleben erst einmal auf Eis legen. Ein bisschen Pendeln zwischen den Orten bleibt mir dennoch. Ich kann hier in Werdenberg schreiben und im Haus in den Bergen. Einfach ohne das Wandern und ohne zu heftiges Herumwuseln im Garten. Wobei: Einfach ist das falsche Wort, bin ich doch ein Bewegungsmensch. 

Ich bin trotzdem guter Dinge. Es ist kühler geworden, am Morgen sogar wunderbar frisch. Ich arbeite an tollen Projekten, in einem knappen Monat erscheint unsere Edition 7 und damit auch mein Marla rockt. Ab September habe ich wieder Termine, wenige nur, aber das passt perfekt zum Grounding. Ich muss mir keine Gedanken machen über Sprints zum Bahnhof, lange Tage mit Anreisen, dicht gedrängte Programme. Und ich habe Zeit für meine Geschichten. Ich wage ja gerade das absolut verrückte Experiment, drei Texte gleichzeitig voranzutreiben. Bis jetzt bin ich gut unterwegs und der Plan ist, so gut wie möglich auf Kurs zu bleiben. Eine grosse Hilfe ist mir dabei mein Work-Tracker im Bullet Journal. 

So gerne würde ich euch über meine Projekte erzählen, aber zwei davon sind für Verlage, und da darf man nie zu viel verraten, vor allem nicht zu früh. Das dritte sind die Lost Souls. Das gebe ich selber heraus und kann und darf euch Einblicke gewähren; ich werde euch auch schon bald um den einen oder anderen Rat bitten. Vorerst habe ich diesen Monat den Showdown eingeleitet und in einem Anfall von Übermut einen ersten Entwurf des Klappentexts geschrieben. Den stelle ich euch dann im nächsten Blogpost vor. Will ja nicht, dass der ausgerechnet unter dem Titel Grounding erscheint ... Von wegen Nomen est Omen und so. 

Deshalb: Der nächste Post wird einen glänzend, schillernden, leuchtenden Titel haben. Und da kommen dann alle gute Nachrichten rein. Versprochen.

Sonntag, 7. August 2022

Schreibnomadin

 
Im Juli bin ich zur Schreibnomadin geworden. Ich habe an verschiedenen Orten recherchiert, geplottet und geschrieben. Das ist für mich nicht selbstverständlich, weil ich in den letzten Jahren regelmässig im Sommer in einen lähmenden Blues gefallen bin und dann ganze Tage und Wochen völlig unpoduktiv und zum Teil frustfressend tief in schlechter Laune und Selbstmitleid versumpft bin. Dass es dieses Jahr trotz grosser Hitze anders ist, verdanke ich Herrn Ehemann, meiner Schreibfreundin Jutta Wilke und meinem Bullet Journal.

Aber der Reihe nach. Im Wissen darum, was in den Sommermonaten auf mich zukommen würde, habe ich mir im Bullet Journal einen Tracker angelegt, in dem ich mir für alle meine laufenden Projekte (drei Buchprojekte, die Neuauflage meines Buches Hundert Lügen und das Unterrichtsmaterial zu Edition 7, deren vier Bücher im September in unserem da bux Verlag erscheinen werden) Monatsziele gesetzt. Zwei habe ich voll erreicht, eines fast und bei zweien gibt es  noch Luft nach oben. ABER: Ich habe auch sie im Blick und arbeite an ihnen.

Den Buchsatz zu Hundert Lügen und das Unterrichtsmaterial gestalte ich am Rechner in meinem Büro in Werdenberg. Schreiben kann ich überall, tue auch das im Werdenberg, aber noch lieber in meinem Schreibretreat im Val Lumnezia, wo mich kein Internet und keine administrativen Arbeiten ausbremsen. Es ist so friedlich dort oben in den Bergen. Ganz vieles, was hier unten im Tal drängt, wird oben nebensächlich oder unwichtig, und vor allem kann es warten.

Am Montag, 3. Juli, kamen wir von den Bergen zurück nach Hause und Herr Ehemann fragte: "Du wolltest doch diesen Sommer in Strassburg für die Lost Souls recherchieren. Fahren wir am 5. Juli?" Ich war erst einmal überrumpelt und sagte spontan Nein, korrigierte jedoch meine Antwort schon nach fünf Minuten zu einem Ja. Und so verbrachten wir zwei Tage an Schauplätzen, die ich schon von Google Maps kannte. Es war überwältigend ... und weil wir alles zu Fuss abklapperten leider auch tödlich für mein Knie, das wahrscheinlich schon von einer Anfang Juli diagnostizierten Borreliose angeschlagen war. Strassburg hat mich tief beeindruckt und ich will da unbedingt wieder hin. Am schönsten war es, dort meinen Lost Souls Buchfiguren so nahe zu sein. An dieser Stelle eine Anmerkung für Hausfrau Hanna: Ich habe dich und die schwedische Zeitung nicht vergessen, musste diese Recherche nur eine Weile auf Eis legen. Und wir müssen uns unbedingt auch über die Aussprache des Namens Tjorven unterhalten :-)

Nach Strassburg ging es noch einmal für ein paar Tage in die Berge und dann fuhr ich nach Hanau zu Jutta Wilke. Wir haben im Frühsommer zusammen einen Vertrag für ein Buchprojekt unterschrieben und wollten plotten und schreiben, was das Zeug hält. Die ersten zwei Tage blieben wir in Hanau, wo ich eine wunderbare, tolle, überwältigende Aufführung der Operette Frau Luna gucken durfte, bei der Jutta und ihr Sohn mitsangen. Klickt unbedingt auf diesen Link und guckt euch den Trailer dazu an. Da singen und performen Schülerinnen und Schüler jener Schule, die Juttas Kinder besuchen.

Am Mittwoch fuhren wir weiter nach Weimar, Juttas Sehnsuchts- und Schreibort. Und zum zweiten Mal in diesem Monat hat mich die Schönheit einer Stadt überwältigt. Juttas Herzensstadt wurde auch zu meiner. Wir haben geplottet: am Schreibtisch in der Wohnung, im Garten des Philosophen Herder, im grossen Park, in Restaurants und Cafés und wir haben geschrieben und geschrieben und geschrieben. Leider ging dann im Laufe der Tage mein Knie dort noch ganz kaputt, so sehr, dass ich zeitweise nicht wusste, ob ich damit überhaupt nach Hause reisen konnte. Aber ein Knie ist nicht das Leben. Ein Knie ist nicht das Herz und ein Knie ist auch nicht für die Inspiration verantwortlich, und so wurden diese Tage in Weimar zu etwas Einzigartigem. Ich will unbedingt wieder hin. Und weil ich jetzt Schreibnomadin bin, sollte diesem Wunsch nichts im Wege stehen.

Den Rest des Monats verbrachte ich abwechselnd im Werdenberg und in den Bergen. Sommerblues? Ach ja, den hatte ich hin und wieder schon auch. Aber all die guten und schönen Dinge lassen ihn verblassen und vergessen.

Als nächstes wollen Herr Ehemann und ich ins Salzkammergut. Mein Knie ist auf dem Weg zur Besserung. Ich mache Testspaziergänge, mische meinem Tee grässlich-grusiges, aber hilfreiches Hagebuttenpulver bei, ernähre mich gesund und (meistens) vernünftig, mache stärkende Gymnastik für die Muskeln ums Knie.

Selten war mein Autorinnenleben so schön und so produktiv und so erfüllt wie im Juli. Ich hoffe, ich kann im August daran anknüpfen.

In Hauau, vor Juttas blauer Haustür