Manchmal fragen die Jugendlichen bei Lesungen, woher ich die Namen meiner Figuren nehme. Ich zeige ihnen dann jeweils mein aktuelles Notizbuch. Wer möchte, kann hinten im Buch seinen Namen hineinschreiben. So habe ich im Laufe der Jahre eine Menge Namen gesammelt, und wenn ich mit einem neuen Projekt beginne, setze ich mich mit einer Tasse Kaffee und sämtlichen Notizbüchern auf mein Sofa und suche nach den passenden Namen für meine Figuren.
Manchmal passiert es mir, dass ich noch während einer Lesung mit Sicherheit weiss, dass ich einen Namen für eine Hauptfigur im nächsten Buch verwenden werde. Mo und Greti aus dead.end.com, zum Beispiel, sassen beide in einer Lesung in Mellingen. In Zeiningen traf ich einen Jungen, der mir nach der Lesung sagte, er habe einen coolen Spitznamen, ob er den aufschreiben dürfe. Ich fragte, wie man ihn denn nenne. "Raixs", antwortete er - und mir war klar, dass ich soeben den Namen für meinen liebenswürdigen Schweizer in der Serie gefunden hatte. Er passte einfach perfekt. Das "s" am Ende liess ich ziemlich früh beim Schreiben weg. Wegen des Genitivs. Ein X, ein S und ein Apostroph waren einfach zu viel.
Wo ich Tara Sturm kennengelernt habe, weiss ich nicht mehr. Ich brauchte einen Namen für die junge Frau, die Ayden zu sich nach Hause nimmt, als er völlig von der Rolle durch die Gegend rennt, ohne zu wissen, wo er ist. Sie lebt in einer ziemlich verrückten Familie, hat wallendes rotes Haar und einen starken Willen. Da braucht man einen ganz besonderen Namen. Und da war dieses Mädchen in dieser Klasse. Sie hiess Tara Sturm. Genau das, was ich brauchte. Ich fragte, ob ich ausnahmsweise den Vor- und den Nachnamen brauchen dürfe (das mache ich sonst nicht, weil ich damit der realen Person zu nahe komme). Ich durfte. Und so hiess diese rothaarige junge Frau Tara. Den ganzen ersten Band durch. Im zweiten Band traf sie Kata. Und ich merkte, dass das nicht geht. Kata und Tara sind einander phonetisch zu nahe.
Band 1 sollte in den Druck. Ich musste mich entscheiden. Tara ging nicht. Obwohl es perfekt gewesen wäre. Ich habe tagelang nach einer Alternative gesucht. Nichts hat richtig gepasst. Bis ich Gemma fand. Für einmal nicht in einem Notizbuch, sondern im Internet, das ich tagelang nach englischen, irischen und schottischen Mädchennamen durchforstete. Gemma passt auch. Gemma passt sogar extrem gut. Und so ersetzte ich (schweren Herzens) alle Tara in Band 1 durch Gemma. Der Nachname ist geblieben. Allerdings habe ich mir erlaubt, aus Sturm Storm zu machen.