Mittwoch, 23. Februar 2022

Wie aus Frau Chaotin eine Frau Planerin wurde

Planung ist das halbe Leben - und mehr. Sagt ausgerechnet und genau Frau Chaotin (ich). Im Ernst: Mir hilft nun schon seit ein paar Jahren mein Bullet Journal, Ordnung in mein Berufsleben zu bringen. So alle paar Monate ändere ich mein Design. Für den Frühling suchte ich etwas Leichtes, Fluffiges - und gleichzeitig wollte ich es wieder einmal mit Trackern versuchen.

Da sind einmal meine Habit Tracker (Gewohnheitstracker), die mir helfen, meinem Körper Sorge zu tragen. Und dann ist im März ganz prominent auch ein Schreibtracker dabei. Die ersten beiden Monate des Jahres gehörten fast ausschliesslich dem da bux Verlag, auch im März steht in Sachen da bux noch viel Arbeit an, aber ich werde zudem wieder etwas mehr Zeit zum Schreiben haben.

Gleich nach den Wochenblättern folgt dann das, was ich Schwerpunktblätter nenne, also spezielle Seiten für die Arbeiten, denen im jeweiligen Monat mein Fokus gilt. Da bleibe ich bei meinen bewährten Strukturen.

Mir hilft mein Bullet Journal, jederzeit die Übersicht über meine Projekte zu haben. So verliere ich nichts aus den Augen, habe die Deadlines im Blick und kann die täglichen To-Do-Listen immer auf die aktuell wichtigen und drängenden Arbeiten ausrichten.

Zusätzlich zum Bullet Journal hängt an der Pinwand neben dem Computerbildschirm der Produktionsplan für die Edition 7 des da bux Verlags. Ich kann also mit gutem Recht behaupten, dass ich noch nie im Leben so organisiert war wie jetzt. Und weil mir dabei trotz dieser oder gerade wegen dieser Planung genug Freiräume für den Garten, das DIY, das Einrichten, das Wände anstreichen und das Träumen bleiben, fühle ich mich in meinem Leben gerade so richtig wohl.

Mittwoch, 16. Februar 2022

Von Kieswerken, vom Plattmachen und von Normen


Die Rückmeldungen zu meinen Lesungen in Bad Ragaz haben eine ganze Gedankenkette bei mir ausgelöst. Sie führte zu den Kieswerken, von dort zur Frage, warum ich sie so mag. Was es für mich bedeutet, dass sie ab- und rückgebaut und durch oberlangweilige, charakterlose, normierte Türme ersetzt werden, die einfach hoch sind und sonst nichts. Von dort schleuderte es mich direkt in die Buchser Schrebergärten, die ja auch nicht mehr in die heutigen Normen passen. Irgendwo auf dieser wilden Gedankenreise ging mir auf, dass es mit Büchern ähnlich ist. Ich sag's mal so: Für etwas sperrige, ungenormte Gebäude und Bücher und Menschen wie mich sind die Zeiten nicht ganz einfach. Anders gesagt: Ich bleibe Kieswerk. Mehr dazu in meiner heutigen YA!-Kolumne auf Qultur.

Mittwoch, 2. Februar 2022

Ingeborg Rotach - wiederentdeckt

2022 wird auch ein wenig zu meinem ganz persönlichen Frauenliteraturjahr. Auslöser ist das Buch FRAUEN LITERATUR von Nicole Seifert mit dem - leider passenden - Untertitel "abgewertet, vergessen, wiederentdeckt", ein Buch, das ich aus vollem Herzen empfehle, auch wenn das Lesen zuweilen richtig heftig wehtut und frau vor Wut schon mal in den Tisch beissen könnte.

Es zeigt, wie schreibende Frauen oft abgewertet wurden (und zum Teil immer noch werden), wie man sie ins Vergessen geschwiegen hat - aber auch, wie man sie nun wiederentdeckt. Wer mehr dazu wissen möchte, lese meine YA!-Kolume vom 5. Januar 22.

Eine Autorin, die eine Wiederentdeckung und die damit verbundene Anerkennung und Wertschätzung mehr als nur verdient, ist Ingeborg Rotach. Sie gehört zu den Pionierinnen des neuen Kinder- und Jugendbuchs, überzeugt durch eine unaufdringlich nüchterne Erzähltsimme und eine Themenwahl, mit der sie ihrer Zeit öfters voraus war. 1988 wurde sie mit dem Schweizer Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. Jetzt, 2022, steht sie auf der Nominationsliste zum Astrid Lindgren Memorial Award. Mich freut das wahnsinnig. Zeit also, sie in einer YA-Kolumne zu würdigen. 


 

Sonntag, 30. Januar 2022

Getrampelt, vertrampelt und auch mal verirrt - der Monatsrückblick

Ich habe das neue Jahr - was mein persönliches und berufliches Leben betrifft - voller Zuversicht begonnen. Mit Vorsätzen, denen ich einen guten Nährboden fürs Überleben geben wollte. Ich wollte mehr lesen, mehr schreiben, mich mehr bewegen, meinem Körper Gutes tun und vor allem mit der da bux Verlagsarbeit perfekt im Zeitplan bleiben. Visuell geholfen hat mir das Bild der Gewohnheiten, die Trampelpfade sind. Mein Kurzfazit könnt ihr dem Blogtitel entnehmen. Hier ein etwas längeres:

Lesen:
Ich habe zwar gelesen, aber wie schon letztes Jahr eher News-Artikel und dort vor allem Analysen und Hintergrundbereichte. Bei den Büchern hat es nur für ein einziges ganz gelesenes Buch gereicht: "Die beste Zeit ist am anderen Ende der Welt" von Sara Barnard. Das Buch hat mich im Sturm genommen, mich mitgerissen und begeistert, weil ich diese Ausgangslage (als sehr junge Frau ganz allein auf Reisen und wie sich da anfühlt) sehr gut kenne, auch das Gefühl, anders zu sein und nicht wirklich dazuzugehören, aber Peyton, die Protagonistin im Buch, hat im Gegensatz zu mir sehr schlimme Dinge erlebt, vor denen sie geflohen ist und die sie auf ihrer Reise aufarbeitet. Als Leserin erfährt man nach und nach, was dieser sehr überstürzten Reise von England nach Kanada vorausgegangen ist. Leider hat mich das Buch ab der Hälfte je länger je weniger packen können und am Ende fand ich es doch eher zäh, eine Aneinanderreihung von kanadischen Touristenattraktionen, von denen man zwar erfährt, dass sie überwältigend schön sein müssen, sie aber nicht "sieht". Ebenfalls gelesen habe ich die neuen Buchmanuskripte für unsere Edition 7, was mich direkt zum nächsten Punkt bringt.

da bux Verlagsarbeit:
Wir arbeiten mit einem sehr dicht getakteten Produktionsplan, den unser Verleger Tom Zai in einem Gnatt-Diagramm schriftlich festgehalten hat. Dieses Diagramm hängt bei mir in der Pinwand; sämtliche kleinen Zwischendeadlines sind in der Agenda und zusätzlich im jeweilig aktuellen Monatsplan im Bullet Journal festgehalten. Hochaktuell sind in den ersten zweieinhalb Monaten das Lektorat der Texte und die Suche nach Unterstützern/Sponsoren. Für beide Punkte bin ich verantwortlich, weshalb ich Anfang Jahr immer sehr gefordert bin. Ich lektoriere extrem gerne und setze mir dort zusammen mit den Autor*innen für jede Lektorats- und Überarbeitungsrunde Zwischendeadlines. So kann ich sehr glücklich berichten, dass wir mehr als nur gut im Zeitplan liegen mit dem Lektorat. Die Sponsorensuche empfinde ich als harte und auch sehr frustrierende Knochenarbeit. Sie ist sehr zeit- und arbeitsintensiv, die zu erstellenden Dossiers erfordern viel Aufwand, die Erfolgschancen für ein Gesuch um Projektbeiträge bei kantonalen Kulturämtern sind sehr wacklig. Es kommt vor, dass ich stundenlang an einem solchen Gesuch arbeite, nur um Wochen später eine kurze, lieblose Antwort zu bekommen, die sich wie eine Ohrfeige anfühlt. Ja, man gewöhnt sich daran, aber es dämpft den Arbeitseifer. Und so erstaunt es euch wahrscheinlich nicht, dass wir auch für 2022 zwar ein Konzept für die Sponsorensuche haben, ich aber dem Zeitplan etwas hinterherhinke. Zum Glück hat sich letztes Jahr - zum ersten Mal überhaupt - eine private Organisation gemeldet und uns Unterstützung für dieses Jahr angeboten, wofür wir sehr dankbar sind. Mehr dazu später im Jahr.

Schreiben:
Eins meiner beiden Bücher, die dieses Jahr erscheinen sollen, ist aus dem Lektorat zurück; meine Überarbeitungsdeadline ist der 4. Februar. Das schaffe ich. Am anderen - dem fünften Band der Lost Souls - arbeite ich, aber ich bin im Rückstand.

Mein Körper / mehr Bewegung / #walkingmyway
Ich komme im Januar auf rund 130 Kilometer, je nachdem, wie weit ich heute und morgen laufen werde. Damit liege ich 36 Kilometer unter dem benötigten Monatsschnitt für meine angestrebten 2000 Kilometer, die ich diese Jahr gehen möchte. Das ist nicht wirklich schlimm, denn sobald der Frühling einsetzt, wird es wieder mehr werden. Meine Gymnastik für den Rücken und generell die Körperhaltung mache ich nur schon aus Eigennutz (ich will keine Schmerzen). ABER: Ich esse immer noch zu viel. Diese vierspurige Autobahn zum Kühlschrank hat schon eine sehr starke Sogwirkung. 

Ich habe also in Sachen Trampelpfade die guten gepflegt und bin zuversichtlich auf ihnen weitergetrampelt. Ich habe ganz kleine neue Pfade angetrampelt. Ich habe mich auch vertrampelt und verirrt, aber das gehört dazu, vor allem habe ich den Weg zu den guten Pfaden immer wieder gefunden, nicht immer direkt, aber doch früher oder später indirekt. Am schwersten fällt mir das Wegbleiben von der Kühlschrank-Autobahn. Würde ich diese Autobahn aus der Luft betrachten, sähe ich unzählige Fusspuren von der Autobahn weg und leider auch wieder zu ihr hin. Weil ich aber gewusst habe, dass dies der schwierigste Teil in meinem Leben als Trampelpfadgängerin werden würde, übe ich mich in Geduld mir gegenüber und versuche weiterhin, mir neue Pfade zu erlaufen.

Bild: Einer meiner Lieblingspfade, wenn ich in Sachen #walkingmyway unterwegs bin: Die Rundwanderung: Cumbel, Morissen, Vella, Cumbel. 


Freitag, 28. Januar 2022

Von Gummistiefeln und Erfolg, der Neider schafft

Gestern habe ich mir die ersten Gummistiefel seit meiner Kindheit gekauft. Für mich so was wie ein Grossereignis. Und ich habe mich tatsächlich gefreut wie ein Kind. Habe ein Fotoshooting mit den Stiefeln gemacht. Den Kauf auf Insta verkündet. Die Stiefel so hingestellt, dass Herr Ehemann sie beim Nachhausekommen einfach sehen MUSSTE.

"Pink?", rief er fassungslos vom Eingangsflur ins zweite Stockwerk unterm Dach, wo ich mein Büro habe.
"Yap!", rief ich zurück.
"Mit BLUMEN???", kam es kurz danach noch lauter und fassungsloser.
"YAP", rief ich fröhlich zurück.

Dazu muss man wissen, dass ich seit mehr als 40 Jahren nicht nur keine Gummistiefel mehr besessen habe, sondern auch nichts Pinkes getragen habe. Und dass ich mir NIE Kleidung mit Blumenmuster kaufe. Ich verstand also das Unverständnis von Herrn Ehemann.

Aber es ist so: Ich habe die Stiefel spätabends online gesehen, mich Hals über Kopf in sie verliebt und beschlossen, am nächsten Tag in der Filiale im Ort nachzugucken, ob sie genau diese Stiefel haben. Hatten sie. Und ich wurde stolze und glückliche Gummistiefelfrau. Von Gummistiefeln, in der tatsächlich Platz für meine ansonsten für Gummistiefel viel zu stämmigen Bauernwaden ist (was übrigens der Grund war, warum ich nie welche für mich gekauft hatte).

Mein persönliches Grossereignis ist nicht einmal eine Fussnote im Vergleich zum Grossereignis, das dieser Tage in der Schweiz stattfindet. Da steht ein Banker vor Gericht, zusammen mit ein paar anderen finanziellen Mittel- und Schwergewichten des Schweizer Who's who der Finanzwelt. Wegen Spesenritterei, Mauschelei, Betrug. Jeder einzelne von ihnen ist empört, dass man ihn vor Gericht gezerrt hat, wo er doch nichts falsch gemacht hat. In den Augen dieser Menschen funktioniert die Welt nun mal so. Da sind moralische und ethische Kompasse längst ausser Kraft gesetzt. Da wird zur Selbstverständlichkeit, was für andere unfassbar ist. Da ist man sogar stolz darauf, auf diese Art Kohle zu machen. Und kann partout nicht nachvollziehen, warum man für so was bestraft werden sollte.

Ich bin weder entsetzt noch empört - für beides davon fehlt mir der Überraschungseffekt. Mich widern solche Menschen einfach nur an und ich mache einen grossen Bogen um sie. Heute Morgen hat der Anwalt des Hauptangeklagten dazu gesagt: "Erfolg schafft Neider." In diesem Moment ist mir tatsächlich der Begriff vom alten, weissen Mann ins Hirn geblitzt. Gleich danach der Gedanke, dass dieser Satz ziemlich kontraproduktiv gewesen sein könnte. Aber vielleicht ja auch nicht. Nicht in diesem Land, in dem ich lebe, und in dem Geld und finanzieller Erfolg so hohe Priorität haben. Hier gilt für zu viele immer noch: Du bist, was du hast (und eigentlich ist es unterm Strich egal, wie du dazu gekommen bist).

Was ich - als Gummistiefelfrau - dazu aus ganzem Herzen sagen kann: Nein, auf solche Menschen bin ich nicht neidisch. Zum Glück.

PS: Ich rechne mit einem Freispruch für die Angeklagten.