Wenn ich jedoch gewisse Kommentare in den Online-Zeitungen lese, wird mir anders. Dann denke ich, ich lebe in einem Betonkopfland, in dem jeder Mensch mit der Vision einer anderen, besseren Welt zu einem linken, arbeitsscheuen, naiven, auf Pump und Kosten anderer Menschen lebenden Subjekt gestempelt wird, das dem Staat mit seinem Demonstrieren nur Unkosten beschert und ihm dann gleich noch auf der Tasche hockt. Der Ton dieser Betonköpfe ist gehässig, aggressiv, herablassend, beleidigend, zum Teil menschenverachtend. Das Menschenbild, das diese Kommentierenden haben ist so furchtbar negativ, dass ich mich frage, ob in all der Bitterkeit überhaupt Platz für auch nur einen Funken Freude ist. Ganz besonders schlimm finde ich, wie in diesen Kommentaren von und über Jugendliche geschrieben wird.
Als Beispiel das Zitat von Niklaus Senn, Ehrenpräsident der UBS, im Online-TagesAnzeiger:
Das sind Leute, die wenig oder nichts zu tun haben, zum Teil Fanatiker. Solche Aktionen bringen nichts.»Wobei dieses Zitat im Vergleich mit einigen Kommentaren schon fast als sehr höflich bezeichnet werden kann. Mir scheint manchmal, es gibt Leute, die sich nicht erinnern können, jung und voller Träume gewesen zu sein.
"So einen Schrott liest man aber auch nicht", meint Herr Ehemann. Das Problem: Auch wenn man ihn nicht liest, ist er da, dieser Schrott. Er zeigt die ganze Hässlichkeit, die auch zu diesem Land gehört. Er zeigt aber auch, wie Medien mit Verantwortung (nicht) umgehen. Der Hass lebt in den Kommentarspalten. Er trieft aus den Zeilen und verbreitet sich. Von Redaktionen unwidersprochen. Ich habe gestern einem Kommentator, der es geschafft hat, in einem einzigen Eintrag einen ganzen Kübel Verachtung, Hass und Aggression über die Demonstrierenden zu leeren, geantwortet. Wahrscheinlich ein sinnloses Unterfangen. Ich habe immer gerne in der Schweiz gelebt. Zur Zeit finde ich es jedoch sehr, sehr beengend.