Sonntag, 17. August 2014

Warum ich zusammen mit weit über 1000 Autoren den Brief an Amazon unterschrieben habe

Ich beginne mit den positiven Seiten von Amazon: Amazon hat uns Autoren neue Freiheiten gegeben. Dank Amazon können wir unsere Bücher selber machen, seien es jene aus der Backlist, die der Verlag nicht nachdruckt, seien es neue Texte. Für mich als Kundin führt Amazon nicht nur unendlich viele Bücher (ein Service, den ich nicht beanspruche, da ich meine Bücher in lokalen Buchläden kaufe), sondern vor allem auch Alben von Musikern, die ich in Schweizer Geschäften vergeblich suche (und da habe ich überhaupt keine Hemmungen, bei Amazon zu bestellen!). Amazon liefert frei Haus (in der Schweiz so was wie ein Lottosechser). Oder ein Buch in zwei Sekunden auf meinen Kindle (diesen Service nutze ich sehr gerne). Amazon hat gute Ideen und setzt die oft auch gut um. Sprich: Amazon ist nicht einfach "böse". Im Gegenteil.

Warum habe ich dann als Autorin den offenen Brief Autorinnen und Autoren für einen fairen Buchhandel an Amazon unterschrieben? Weil Amazon den Bogen überspannt und seine Vormachtstellung gnadenlos ausnutzt. "Freiheit" wird zum Schlagwort, das für andere gilt, Amazon selber aber  nicht mehr gewährleisten will. Einmal abgesehen von den Arbeitsbedingungen für Amazon-Mitarbeiter und das Drücken vor dem Steuernzahlen, hat Amazon in letzter Zeit die Schraube angezogen. Verlage werden massiv unter Druck gesetzt, Autoren als Pfand in diesem Kampf eingesetzt und zu schlechter Letzt will Amazon nicht mehr lieferbare Bücher von Autoren SELBER nachdrucken (wo ich als Autor da noch bleibe, habe ich noch nicht herausgefunden). Es scheint, als gälte die freie Marktwirtschaft genau bis zu dem Augenblick, in dem es nur noch einen grossen Monopolisten gibt, der dann bestimmt, was auf welche Weise läuft.

Ja, ich weiss. Der Markt funktioniert so. Und ja, ich weiss, viele Menschen wollen einfach "BILLIG" (noch lieber gratis). Aber es ist so, wie Holger Ehrlich in seinem Blogartikel Amazon als Angstbeisser schreibt: "Amazon kennt den Preis von allem, aber den Wert von nichts". Wer sich in die Materie vertiefen will, sollte diesen Blogeintrag unbedingt lesen, in dem Ehrlich den Brief analysiert, den Amazon amerikanischen Autoren geschickt hat. Er ist entlarvend bis zur Schmerzgrenze.

Und noch ein Ja: Die Verlage haben Fehler gemacht, der Buchhandel hat Fehler gemacht (welche nicht zuletzt die Autoren ausbaden müssen). Aber das darf kein Grund sein, Amazon ungebremst weiter sein Ding durchziehen zu lassen. Deshalb habe ich unterschrieben.

EDIT: Presseecho auf die Aktion auch in den USA, wo 909 Autoren kürzlich ebenfalls einen offenen Brief an Amazon veröffentlichten. Hier geht's zum Artikel in der New York Times.

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