Dienstag, 13. Dezember 2022

Ich habe es satt


Nein, nicht meinen Beruf. Der hat mir heute einmal mehr ein Highlight beschert.

Ich habe mein Land satt, resp. die offizielle Schweiz. Drüben auf Instagram hat unsere Regierung einen Account, der eine Unmenge Geld kostet. Und was sehe ich? Schöne Fötteli von glücklichen Bundesräten und Bundesrätinnen. Noch mehr Fötteli von stolzen Bundesräten und Bundesrätinnen. Schöne, heile Bundesratssschweiz.

Liebe Bundesräte und Bundesrätinnen, die Welt brennt. Im Iran sterben Menschen, werden junge Menschen hingerichtet, die das getan haben, was bei uns ein Grundrecht ist: demonstrieren. Und wir so: Gute Dienste, Diplomatie, blablabla. Als ob die iranischen Herrscher sich auch nur mit einem Quadratmillimeter ihres Hintern für unsere guten Dienste interessieren würden. Die lachen und aus.

Ich habe es satt. So satt. Ich wünsche mir klare Stellungnahmen in  Bezug auf den Iran. Ich wünsche mir generell klare Standpunkte. Ich wünsche mir, dass wir uns nicht jedesmal hinter unserer Neutralität verstecken, die uns genau dann egal wird, wenn wir was rausholen können für ... ja für wen eigentlich.

Wo ist unsere Humanität hin? Hatten wir sie jemals? Ich meine, so als Nation. Im Einzelnen und Kleinen: Ja. Und wenn es im Einzelnen und Kleinen geht, warum nicht im Grossen Ganzen? 

Ein wenig Hoffnung habe ich doch noch. Es scheint nämlich langsam auch einem Teil unseres Parlaments zu "gschämig", was der Bundesrat (nicht) leistet. Mehr dazu hier im Artikel von Watson.ch 

Freitag, 25. November 2022

Good News, no News, sad News


Der Dienstag war ein irrer und auch ein wenig ein irrwitziger Tag. Kollegin Jutta Wilke und ich steckten in unserer Story fest und suchten einen Ausweg. Das ist zwar harzig, aber immer auch gut, weil mit Jutta zu arbeiten Freude macht.

Am Nachmittag habe ich dann mein neustes Video aufgenommen, in dem es um Lesungen für Jugendliche geht. Ich hatte mir eine Liste gemacht, worüber ich reden wollte, habe wie immer eine Weile lang den Text "trocken" geübt, will heissen, ich habe beim Kaffee machen, beim Haushalten usw. laut geredet und dabei hat sich das, was ich sagen will und wie ich es sagen will herauskristallisiert. 

Zwischen zwei Arbeitsschritten hat der Postbote geklingelt und mir die Belegsexemplare der Neuauflage von Hundert Lügen gebracht. Ich hatte ja ziemlich heftig gefiebert und gebibbert, weil ich diesmal nicht sicher war, ob die Druckqualtität genügen würde. Zu meiner Erleichterung ist der Druck gut, bei den Rückblenden könnte er jedoch noch ein wenig besser sein (ich hatte eine sehr feine Schrift gewählt und hatte damit gerechnet).

Ich tanzte also glücklich zwischen Filmauslegeordnung und sonstigem Chaos eine Runde Rock'n'Roll und freute mich. --- Bis ich in die Mailbox guckte.

Da war nämlich die Antwort vom Thienemann-Verlag eingetrudelt. Ich hatte - wieder einmal - festgestellt, dass ein Buch von mir von der Liste in meinem Autorenportal verschwunden ist. Päng. Weg. Das bedeutet nie etwas Gutes. Also hatte ich nachgefragt. Die Antwort: "Ja, das Lager ist tatsächlich leer." Es ist nicht das erste Mal, dass Bücher von mir vergriffen sind oder geramscht werden, ohne mich vorher zu informieren. Meistens finde ich das selber irgendwann heraus und muss dann nachfragen, was los ist. Früher hat mich so was genervt. Heute zucke ich mit den Schultern und erlaube mir einen Lacher.

no way out hatte ein gutes, langes Leben. Acht Jahre war der Titel auf der Backlist, sehr viel länger als viele andere Bücher. Ich hätte dem Buch und mir ein würdevolleres Ende gewünscht, will heissen, ich hätte mir gewünscht, man hätte mich vorgängig informiert, wie das eigentlich üblich sein sollte.

Der Dienstag war also der Tag, an dem ein Buch offiziell zurück in das Licht der Welt trat und ein anderes inoffiziell und leise von der Backlist verschwand. So ist es, das Autorinnenleben. Ich bin froh und dankbar, dass ich den Weg ins Self Publishing gefunden habe, das es mir erlaubt, vergriffene Titel wieder neu herauszugeben und damit auch wieder lieferbar zu machen.

PS: Zu vergriffenen Titeln und deren Neuauflagen habe ich vor ungefähr einem Jahr ein Video gemacht: Vergriffen - und jetzt? Darin erzähle ich, was aus all meinen Jugendbüchern geworden ist. Funfact am Rande: Ich habe in dem Video die Prognose gewagt, dass no way out das nächste Buch sein wird, das aus dem Verlagsprogramm fallen wird ...

Mittwoch, 9. November 2022

Leidenschaft

 

Ich habe vieles im Leben mit Leidenschaft gemacht und tue das heute noch. Ich folge lieber dem Herzen als der Vernunft oder dem "was man machen sollte". Gerade bei den Berufen hatte und habe ich die Gabe, genau solche spannend zu finden, mit denen ich kaum Geld verdienen konnte und kann. Je mehr sie mir Freude bereiteten, desto weniger verdiente ich. Das wurde irgendwann zum Running Gag bei uns in der Familie, und an Tagen, an denen ich weniger gut drauf war, auch zu einem wunden Punkt. Ich reagiere je nach Tagesform sehr empfindlich auf Witze über mein (zuweilen unwürdiges) Einkommen, kann jedoch selber wunderbar Witze darüber reissen, an guten Tagen ausgelassene, an schlechten Tage solche mit sehr viel schwarzem Humor.

Ich erinnere mich, wie ich einmal im Kino, mitten in der Vorführung in einen Lachanfall ausgebrochen bin, weil ich ausgerechnet hatte, wie viel resp. sauwenig Sundenlohn meine Arbeit als Radiofrau hergab (den Namen des Films habe ich vergessen, doch ich denke, so gut kann der nicht gewesen sein, wenn ich mich zum Berechnen eines hundelausigen Stundenlohns ausgeklickt habe). ABER: Ich habe kaum etwas so gerne getan wie Radio machen. 

Das gilt auch fürs Schreiben, das gilt auch für meine Arbeit als Verlegerin. Auch hier das ABER: Beides ist unschlagbar befriedigend und schön. Für die Verlagsarbeit gilt das für fast alle Bereiche, beim Autorenleben trifft das für mich eigentlich ausschliesslich auf das Schreiben und richtig gute Lesungen zu. Den Rest kann ich mittlerweile meistens ziemlich gut ausblenden.

Seit elf Jahren habe ich einen Youtube-Kanal. Gestartet habe ich ihn für meine Buchtrailer, später habe ich Fragen von Jugendlichen beantwortet und seit einer Weile gebe ich Einblicke in meinen Beruf. Auch das ist reine Leidenschaft. Bringen tut es mir - ausser Spass und Freude und jeder Menge Dinge, die ich neu dazulerne - nicht wirklich etwas. Es halt ist das, worauf ich Lust habe, sozusagen so was wie Stricken und Wände streichen und im Garten rumkriechen. Im neusten Video beantworte ich übrigens die Frage, ob Autorin ein Traumberuf ist.

Ab Mitte Dezember wird sich mein beruflicher Schwerpunkt vom Schreiben wieder zurück auf den als Verlegerin schieben. Am 15. Dezember ist für unsere Autorinnen und Autoren Abgabetermin und meine Arbeit als Lektorin startet. Bis ungefähr Ende Mai/Juni 2023 bin ich hauptsächlich Verlegerin und Autorin nur im Nebenberuf. In der zweiten Jahreshälfte kehrt es dann wieder: Dann bin ich hauptsächlich Autorin und Verlegerin im Nebenberuf. Sprich, bis Mitte Dezember, also einen guten Monat noch, kann ich mein Autorinnenleben voll auskosten und leben.

Eigentlich (hahaha) wollte ich mit 60 kürzertreten. Ende Monat werde ich 61 und merke, mit wie viel Leidenschaft ich Autorin und Verlegerin bin. Über mein Einkommen reden wir an dieser Stelle lieber nicht. Nur so viel: Ich habe ein Leben lang gearbeitet und werde, wie so viele andere Wenigverdienerinnen, nicht auf eine volle AHV (für die Mitleser*innen aus Deutschland: Rente) kommen. Das, liebe Leute, ist etwas, das mich wütend macht und wo ich auch keine Witze darüber reissen kann. Other than that, I'm perfectly fine, wie es die Engländer so treffend formulieren. 

Was immer ihr tut, verliert die Leidenschaft nicht aus den Augen. Werdet nicht wie die mir unbekannte Mitreisende kürzlich im Zug nach St. Gallen, deren Kinder ausgeflogen sind und die ihrer Bekannten erklärte, jetzt sei das Leben vorbei, jetzt gehe es nur noch abwärts, da komme nichts mehr. Oh, doch! Da kommt noch eine ganze Menge! Man muss es nur sehen (wollen).

Freitag, 4. November 2022

Übers Schreiben und Schubladen

Sandkasten-Alice, irgendwann in den Sechzigern        

Mein Leben lang habe ich aus mir hinausgeschrieben, was mich beschäftigte, was mir gefiel, was ich selber gerne lesen würde. Ich war ein obdachloser Aussenseiter (in no way out), ich war eine ziemlich zickige junge Frau (in Matchbox Boy), ich war ein zwölfjähriger Junge, der gerne mutig, wild und frei wäre (in Ich, Onkel Mike und Plan A), ich war eine junge Frau, die auf der Suche nach sich selbst ihre Seele verlor (Kata in Lost Souls), ich war ein verzweifelter Jugendlicher, der sich hinter viel Rebellentum versteckte (in Blackout) ...

Diese Auflistung könnte ich endlos weiterführen. Die Kurzfassung: Ich war sehr viele, die ich nicht bin. Ich tat in meinen Büchern sehr vieles, das ich nie im Leben tun würde. Ich war mutiger, wilder, frecher, freier und oft sehr viel brutaler und düsterer als mein wahres Ich. Und trotzdem war in all diesen Figuren doch etwas von mir drin. 

Nie, nicht eine Sekunde, habe ich darüber nachgedacht, ob es mir zusteht, in meinen Büchern sehr viel jünger und oft auch noch männlich zu sein und Leben zu schreiben, die ich nicht führe. Schreiben bedeutet nämlich andere Leben leben. Ich schreibe deshalb Fiktion, weil ich nicht über eine ältere Frau mit Kniebeschwerden, gelegentlich heftiger Schlaflosigkeit, einer komischen Frisur und wunderbar normalen Hobbys (also mich) schreiben will.

Ich war noch keine zwanzig Jahre alt, als ich meiner Psychologielehrerin erklärte, ich hasse Schubladendenken. Und heute? Hüpfen die Menschen freiwillig in Schubladen, schreiben sie gross an und tippen dann aus ihren Schubladen hinaus vornehmlich virtuell und leider auch oft laut und schrill und anklagend, wie beschissen es sich anfühlt, in dieser Schublade zu leben. Sie zeigen mit dem Finger auf andere, die nicht in Schubladen wollen, ja, denen sie vorwerfen, sich in ihren Schubladen zu bedienen und dann in freier Bahn zu grasen. Der Vorwurf der Aneignung ist nur einen Grashalm entfernt. Keine OWN-Voice, heisst es. Schreib über das, was du selber erfahren hast, über das was du bist und lebst.

Denken wir doch den Gedanken der Own-Voice mal zu Ende. Ich schreibe Krimis und Thriller. Muss ich jetzt erst mal ein paar Menschen einschüchtern, überfallen, umbringen? So von wegen OWN-Voice? Oder dürfen nur noch Kriminelle Krimis schreiben? Und selbst wenn wir nicht so weit denken: Muss ich jetzt für den Rest des Lebens Bücher über alte, schlaflose Frauen mit Kniebeschwerden und langweiligen Hobbys schreiben? Ja, und dürfte sich denn diese Prota überhaupt verlieben, oder wäre das schon Betrug an meinem Ehemann? Und selbst wenn ich all das richtig machen und in meiner VERY-OWN-VOICE schreiben würde - dann wäre es auch wieder nicht recht, denn dann wäre ich eine dieser typisch egoistischen alten, weissen Frauen, die man getrost auch noch Boomer nennen und pauschal für sämtliches Elend der Welt verantwortlich machen darf. (Ja, ihr lest richtig zwischen den Zeilen: Mich gurkt das völlig Übertriebene einer ursprünglich guten Bewegung mittlerweile nur noch an).

Abseits vom Schreiben befindet sich Harry Styles in einem Shitstorm, weil er es wagt, sich anzuziehen, wie er sich anzieht (ich habe in diesem Zusammenhang ein neues Wort in einer langen Reihe neuer Wörter gelernt: Queerbaiting). Und ein achtzehnjähriger Schauspieler fühlte sich nach monatelangen Hassangriffen gezwungen, sich auf Twitter zu outen, obwohl er das eigentlich gar nicht wollte, gejagt von super-woken Menschen, die für sich die Toleranz zentnerweise beanspruchen und selber ungefähr so viel haben, wie sie in einen halben Fingerhut passt. Ich glaube, das ist es, was mich am meisten stört an der Sache. Wenn jemand in eine Schublade gedrängt wird, tut mir das unendlich leid. Wenn jemand Dinge nicht tun kann, weil er oder sie in eine Schublade gesteckt wird, dann ist das ungerecht und schmerzt. Wenn jemand freiwillig in eine Schublade hüpfen will, von mir aus. Wenn jemand dafür toleriert und akzeptiert werden will. Auch sehr gerne. Wenn jemand nur diesen Weg sieht, auf sein Anliegen, sein Wesen und sein Leben aufmerksam zu machen: Ich verstehe es, und es tut mir weh. Aber es ist so: Toleranz und Respekt sind keine Einbahnstrasse.

Ich möchte im Leben und Schreiben das, was ich ein Leben lang gewollt habe: Als Mensch gesehen werden, mit allen Unzulänglichkeiten, Fehlern und guten Seiten. Ich bin weit mehr als eine alte, weisse, abgehalfterte Boomerin, ich bin ein Mensch mit unzähligen Facetten. In meinen sechzig Lebensjahren habe ich einiges falsch gemacht, aber auch für vieles gekämpft, das heute eine Selbstverständlichkeit ist. Ich weigere mich nach wie vor, mich in einer Schublade einsperren zu lassen. Für meine Herkunft, die mich geprägt hat, kann ich nichts; ich bin dankbar dafür, aber sie ist weder meine Schuld noch mein Verdienst. Meine Eltern haben mir Toleranz, Liebe und Wertschätzung mit auf den Weg gegeben. Und die Zuversicht, dass ich alles sein kann. Deshalb  schreibe ich weiterhin aus genau den Perspektiven, die mich interessieren. Und zwar wie seit eh und je: Mit sehr viel Respekt vor dieser Perspektive.

Freitag, 28. Oktober 2022

Just for Fun

Just for Fun. Diese drei Wörter haben bei mir im September ordentlich was ausgelöst. Nicht so, wie der Mensch, der sie ausgesprochen hat, sie wohl beabsichtigt hatte. Was bei mir sehr negativ ankam, hat zu einer meiner Häutungen geführt. So nenne ich das jeweils, wenn ich mich und damit meistens auch meinen Beruf in Frage stelle. Die Häutung hat für einmal gar nicht so lange gedauert, es war auch nicht wirklich eine vollständige Häutung, sondern eher ein Wiederentdecken und Bestätigen meiner Werte.

Was war passiert? Ich war für eine Lesung angefragt worden, sagte zu und erfuhr Wochen später, wie hoch resp. tief das Honorar sein sollte. Ob das so in Ordnung gehe, stand da am Ende der Mail. Ganz ehrlich: Ich war geplättet. Ungläubig schaute ich auf den Betrag, rief Herrn Ehemann dazu, der genauso ungläubig schaute und schrieb dann erst einmal ... nichts. Ich wusste, wenn ich jetzt antworten würde, würde das eine dermassen gepfefferte Antwort, dass ich damit den Menschen, der sie lesen würde, tief verletzen würde, und das wollte ich nicht. Vor allem aber ärgerte ich mich, nicht wie üblich gleich nach dem Honorar gefragt zu haben - ich war davon ausgegangen, dass es in diesem Fall schon stimmen würde.

Nach ein paar Tagen, an denen mir immer noch keine Antwort eingefallen war, gab ich auf und entschied, dass ich es darauf ankommen lassen wollte. Anders gesagt, ich spielte Roulette. Entweder wurde meine fehlende Antwort als ein Nein oder ein Ja interpretiert und ich würde die Lesung machen oder eben nicht.

Es stellte sich heraus, dass mein Schweigen als Zusage gewertet wurde und ich merkte, wie es in mir zu rumoren begann. Ich ärgerte mich darüber, nicht klar und deutlich (und höflich) Nein gesagt zu haben. Irgendwann fand ich dann, dass sich das Ärgern nicht lohnte und beschloss, mich einfach auf diese Lesung zu freuen. Ich beschloss aber auch, dass ich nie mehr so reagieren würde, wie ich reagiert hatte.

Die Lesung war dann wunderbar.

Nach der Lesung wollte ich eine Rechnung schreiben und nahm mir vor, in der Begleitmail zu erwähnen, dass alles ausser dem Honorar toll und wunderbar gewesen sei. Ein Telefonat kam mir zuvor und so kam es, dass ich meine Gefühle am Telefon direkt schildern konnte. Ich stellte mich auf den Punkt, dass Autorinnen und Autoren ein angemessenes Honorar für eine Lesung bekommen sollten. Dass wir uns selber das Wasser abgraben, wenn wir zu tiefen Honoraren lesen. Oder anders: Dass wir eine Abwärtsspirale in Gang setzen würden. Irgendwann im Laufe dieses Gesprächs fiel der Satz: "Für mich lesen die Leute auch just for fun." 

Dieser Satz hatte auf mich die Wirkung einer Dampfwalze. Er setzte ausser Kraft, wofür ich mich bisher immer eingesetzt hatte: angemessene Honorare. Denn: Autorin ist ein Beruf. Ich lebe davon resp. möchte gerne davon leben. Das geht nur, wenn ich für berufliche Leistungen angemessen bezahlt werde. Um den armen Bäcker zu bemühen, der immer wieder für Beispiele herhalten muss in meinem Beruf: Ich kann ja auch nicht in eine Bäckerei gehen und fragen, ob ich die Brötchen just for fun bekomme. Ich kann auch nicht ans Steueramt schreiben und erklären, ich fände, es sei jetzt mal Zeit für ein Just for Fun, weshalb ich dieses Jahr aus Spass an der Freude (und weil ich vor lauter Just for Fun Arbeitseinsätzen kein Geld mehr habe) keine Steuern bezahle.

Natürlich habe ich an diesem Anlass nicht Just for Fun gelesen, auch wenn ich viel Freude und Spass hatte. Natürlich habe ich ein Honorar erhalten; es war einfach eins, für das für mich nicht stimmte. Und ja, ich weiss, ich bin selber schuld. Meine gute Autorenkollegin Jutta Wilke hat mir dazu ein paar sehr gute und unangenehme Fragen nach meinen Beweggründen gestellt, die ich ehrlich beantwortet habe und dabei sehr viel über mich und die Art, wie ich ticke, gelernt habe. Danke, Jutta!

Mir ist bei all dem eine Menge klar geworden. Ich kann nur für mich sprechen und handeln. Ich muss das tun, was für mich stimmt. Andere Menschen entscheiden aus vielen (auch guten und sehr nachvollziehbaren) Gründen anders.

Was ich im obigen Abschnitt so kurz und knapp zusammengefasst habe, war ein zuweilen schmerzhafter Denk- und Lernprozess, an dessen Ende ich für mich die Konsequenzen zog:

Ich werde meinen eingeschlagenen Weg weitergehen und weiterhin meinen Beruf so leben, wie er für mich stimmt. Und ich werde tatsächlich ab und zu etwas Just for Fun machen. Nur: Was das ist, möchte ich entscheiden. Im Oktober war es das Ausschreiben einer Schreibrunde in der lokalen Bibliothek. Und es war das Eintauchen in YouTube,wo ich entschieden habe, meinen Autorinnenkanal aus- und aufzubauen. Beides bringt mir kein Geld. Aber dafür jede Menge Spass und Freude. Beides tue ich für mich. Oder in einem Satz zusammengefasst: Ich gehe meine Trampelpfade weiter, auf meine Weise.