Donnerstag, 16. Februar 2012

Mein Schreiben

Ich hatte Glück. Gleich mein erstes Buch Blackout verkaufte sich an einen guten deutschen Kinder- und Jugendbuchverlag. Danach lief alles wie von selbst; das Buch wurde zur Schullektüre verkauft sich auch heute noch gut, der Verlag fragte nach mehr. Bis vor zwei Jahren. Da geriet dieser vermeintliche Selbstläufer ins Stocken und ich ins Grübeln - mit zeitweiligen Stürzen in den emotionalen Abgrund. Dass ich schreiben wollte, stand ausser Zweifel, aber ob ich weiterhin veröffentlichen konnte oder gar wollte, war mehr als fraglich.

Was ich im letzten Satz kurz und knapp zusammengefasst habe, war in Wirklichkeit ein monatelanges Hadern mit der Branche, ein Ringen mit mir und sehr, sehr viel Unsicherheit in Bezug auf meine berufliche Zukunft, aber auch auf mich selbst. Es gab Zeiten in dieser Phase, in denen ich mich kleiner und unbedeutender fühlte als ein kleines Würstchen. Nun bin ich so gestrickt, dass ich zwar grässlich fallen kann, aber irgendwann kommt bei mir immer der Punkt, an dem ich mir sage: "Spinnst du eigentlich? Warum tust du dir das an?" Wenn ich diesen Punkt erreiche, kommt die Energie zurück. Und wie. Dann reinige ich meine verklebten Flügel, breite sie aus und fliege.

Konkret hiess das für mich: Ich entschied mich - nach einem agenturlosen Jahr -  erneut eine Agentur zu suchen, denn damit konnte ich mich aufs Schreiben konzentrieren und den ganzen geschäftlichen Rest jemandem abgeben. Zu meiner grossen Freude kam ich bei meiner Wunschagentur unter. Meine Agentin, Frau Hanauer, war begeistert von meiner Serienidee und zog damit los. Ich schreib mein Buch, das diesen Sommer erscheinen wird, und da ich mir nicht die Illusion machte, für meine Serie sofort einen  Verlag zu finden, plottete ich und fabrizierte Leseproben.

Eigentlich könnte damit alles gut sein. Aber irgendwo klemmte es immer noch. Ende 2011 gestand ich mir ein, was ich eigentlich immer gewusst hatte: Ich bin keine Plotterin. Ich bin keine Leseprobeschreiberin. Ich will meine Geschichten während des Schreibens entwickeln. An den ersten paar Kapiteln eines Buches schreibe ich endlos lange, bis sie für mich stimmen. Und weil eine Leseprobe meistens die ersten paar Kapitel eines Buches sind, dauert das entsprechend lange - ich kann sie nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln. Als der erste Verlag fragte, ob ich nicht noch 25 Seiten Leseprobe mehr schreiben könne, schrieb ich die zwar, schickte die auch an die Agentin, war aber überhaupt nicht zufrieden damit. Das Glück wollte es, dass diese Seiten nie den Weg zum nachfragenden Verlag fanden.

Es war Zeit für einen weiteren Entscheid. Diesmal dauerte meine Nachdenk- und Entscheidungsphase viel weniger lange. Ich stürzte auch nicht ab. Ich betrachtete die ganze Sache sehr nüchtern und entschied mich für mich. Für meine Art zu schreiben. Das bedeutet: Ich bat meine Agentin, die Verlagssuche einzustellen, mich einfach schreiben zu lassen, und zwar so lange, bis ich einen Text habe, zu dem ich wirklich stehen kann - oder mir ein Verlag ganz alleine auf der Basis einer Grundidee eine Geschichte abkauft (was ein ziemliches Risiko für den Verlag ist). Sie wies mich darauf hin, dass ich unter Umständen sehr viel Zeit in etwas investiere, das dann kein Verlag veröffentlichen will. Das war mir bewusst. "Dann machen wir es so", meinte meine Agentin und ich wusste einmal mehr, bei der genau richtigen Agentur gelandet zu sein.

Damit sind wir beim Februar 2012. Ich schreibe. An zwei Projekten, für die ich keinen Verlag habe. Für mich. Genau das, was ich schreiben will. Ob es gefragt ist oder nicht. Und ich fühle mich so frei und unbeschwert dabei wie damals, als ich mein erstes Buch geschrieben habe, ohne zu wissen, ob ich es je schaffen würde, bis ans Ende der Geschichte zu kommen, ganz zu schweigen davon, ob ich einen Verlag dafür finden würde (damals dachte ich lange nicht einmal an einen Verlag; ich wollte einfach die Geschichte schreiben).

Das Wunderbare an der Sache: Nachdem ich mich dafür entschieden hatte, als Autorin genau so zu arbeiten, wie es zu mir passt, bot mir der Thienemann Verlag an, einen Thriller zu schreiben. Ohne eine Leseprobe zu sehen. Ich sagte zu und wenn alles klappt, gefällt dem Verlag die Grundidee zu meiner Geschichte. Das weiss ich noch nicht. Genauso wenig wie ich weiss, was konkret aus dieser Grundidee werden wird. Das entwickelt sich dann beim Schreiben :-)

Aber nicht nur das: Ich bekomme Leseanfragen und Anfragen für Workshops. Seit vorgestern Abend bin ich zudem Teil eines irren Wahnsinnsprojekts, an dem ich zwar nichts verdienen werde, das aber genau das ist, was ich machen möchte.

Ich habe das Gefühl, endlich angekommen zu sein.

Mittwoch, 15. Februar 2012

Wieder einmal die SBB

Mein verspäteter Zug gestern war noch gar nichts im Vergleich zu der Geschichte, mit der Frau Tochter nach Hause kam. Eine Geschichte, die leider real ist:

Unsere Tochter fährt jeden Morgen mit dem Bus zum Bahnhof. Diesen Winter sind Busse aus verständlichen Gründen häufig etwas zu spät unterwegs. Die SBB lässt die Züge an unserem C-Bahnhof genau drei (oder vier, bin nicht ganz sicher) Minuten warten und fährt dann ab - egal unter welchen Umständen. Bevor ich konkret zu den Umständen komme: Als C-Bahnhof bietet Buchs genau einmal pro Stunde eine Verbindung in unsere Kantonshauptstadt. Wer die verpasst, kommt eine Stunde zu spät zur Arbeit. Wenn der Bus also fünf Minuten zu spät am Bahnhof einfährt, wartet man eine geschlagene Stunde auf die nächste Verbindung. In Richtung Chur sieht es etwas besser aus, da fährt ein paar Minuten später noch die S-Bahn.

Jetzt aber zu den Umständen. Mehr als einmal ist es passiert, dass der Zug in Richtung Chur genau dann abgefahren ist, als die Leute die Treppe heraufrannten und zum Teil für den Lokführer gut sichtbar auf der Plattform zu den Türen spurteten. Trotzdem fuhr der Zug ab. Gestern fuhr er mit offenen Türen ab. Die zwei jungen Frauen vor meiner Tochter hechteten also (bei Schnee und Eiswetter) in einen fahrenden Zug. Das hätte furchtbar, furchtbar schief gehen können.

Nun könnte man die ganze Schuld auf diese zwei jungen Frauen schieben. Aber: Wahrscheinlich waren sie derart im Stress, dass sie nicht klar nachdachten. Das Aufspringen war ein Reflex. Ein Reflex, der tödlich sein könnte.

Ich habe mehrere Fragen in diesem Zusammenhang: Wird zwischen Busfahrern und SBB nicht kommuniziert? Wird nicht abgesprochen, ob es noch reicht für die Buspassagiere oder nicht? Warum wird nicht schon bei der Ankunft des Busses den Passagieren per Lautsprecherdurchsage gesagt, ob sie ihre Anschlüsse noch erwischen? Wie kann ein Lokführer abfahren, wenn Leute auf der Plattform hinter dem Zug herhecheln? Wie kann ein Zug in einer solchen Situation mit offenen Türen abfahren?

Dienstag, 14. Februar 2012

Austausch unter Autoren

Die (fast) monatlichen Treffen mit Stephan Sigg sind spannende, interessante und bereichernde Fixpunkte in meinem Autorinnenleben, die ich nicht missen möchte. Heute Morgen ging es um:

... den Autorenalltag - diese ewige Achterbahnfahrt.
... das Marketing und die Selbstvermarktung - immer und immer und immer wieder ein Thema; auch das eine Achterbahnfahrt (bei der man öfters das Gefühl hat, mit dem Kopf voll gegen die Wand zu prallen).
... unsere Buchtrailer, die uns Andreas Fritz so toll macht.
... Weiterbildung - Stephan besucht im Moment eine, ich liebäugle mit einer auf Ende Jahr; gemeinsam ist uns der Horror vor und die Ungeduld mit schlechten Kursleitern (weshalb ich erst liebäugle).
... unser gemeinsamer Social Media Workshop für Autillus (bei der dann hoffentlich niemand den Horror vor einer schlechten Kursleitung hat).
... unsere gemeinsamen Lesungen - und Lesungen generell.

Ich gehe aus unseren Teffen immer gestärkt, gutgelaunt und motiviert nach Hause. Auch heute. Wobei ich sowieso gerade in einer dieser herrlichen Gelassenheitsphasen stecke. Eine, in denen ich genau weiss, was ich will. Und was ich nicht will.

Ach ja, die SBB fuhr 10 Minuten zu spät los. Ohne Erklärung, ohne Ankündigung. Ich war versucht, dem Schaffner mein Ticket nicht zu zeigen, nach dem Motto: Keine Info von euch, keine von mir. Aber das war mir dann irgendwie zu blöd. Natürlich fehlte in Buchs die Durchsage, ob der Bus den Anschluss abwartet. Das durfte ich selber herausfinden. Die Antwort ist: Ja, aber nur sehr knapp.

Montag, 13. Februar 2012

Kostbare Köstlichkeiten aus dem Schreiballtag der Milena Moser

Für einmal war ich froh, die Migros-Zeitung noch im Briefkasten zu haben (die Coop-Zeitung habe ich schon längst nicht mehr), denn auf dem Titelbild lachte mich Milena Moser an. Mit Milena Moser ist das so: Ich mag diese Frau total, ohne jemals ein persönliches Wort mit ihr gewechselt zu haben. Ich mag, was sie über das Schreiben sagt, ich mag ihre wunderbar positive Art, das (Schreib)leben zu sehen, ich mag, wie sie Leute zum Schreiben ermutigt, ohne auch nur annährend erzieherisch zu wirken. Ich mag ihre Lachfalten. Ach, eigentlich mag ich alles an ihr, was ich so von ihr kenne oder sie von sich preisgibt.

So war auch das Interview in der Migros-Zeitung erfrischend wie ein Sommerregen nach einem heissen Tag. Und vor allem erfuhr ich in diesem Interview, das sie bloggt. Ich habe ihr Blog sofort in meine Blogroll aufgenommen (rechte Bildschirmseite, etwas runterscrollen). Aber das reicht nicht. Weshalb ich mir gedacht habe, ich weise in einem Blogeintrag darauf hin. Also: Milena Moser hat einen Blog. Und darin finden sich wunder- und kostbare Köstlichkeiten aus ihrem Schreiballtag. Sehr, sehr lesens- und unterhaltenswert.

Sonntag, 12. Februar 2012

Apfel-Lobbying in der Schule

Die Computerfirma mit dem Apfel drängt schon länger an die Schweizer Schulen. Abgesehen davon, dass ich eine ausgewachsene Apfel-Aversion habe, nervt es mich, dass so etwas an unseren Schweizer Schulen erlaubt ist:
«Apple Distinguished Educators» heisst der kleine, feine Zirkel der Werbeträger. 28 Schweizer Lehrer dürfen den Titel bereits tragen. «Sie unterstützen den Einsatz von Apple-Produkten als Lernhilfen», heisst es auf der Homepage des Konzerns.
(Quelle: Der Sonntag)
70 Prozent Marktanteil hat Apple mittlerweile an unseren Schulen. In Pilotprojekten wird das iPad in den Unterricht integriert. Die Lehrer (Apple Distinguished Educators?) überschlagen sich vor Begeisterung.

Ich bin froh, sind meine Kinder aus dem Schulalter raus. Ich müsste sie in eine Privatschule schicken oder selber unterrichten, wenn ich diesen ganzen Hurra-Hype nicht mitmachen möchte - und nein, ich möchte NICHT! Denn, das Lebensgefühl, das die Apfel-Firma vermittelt, kann und wird mir gestohlen bleiben.

Mir ist egal, wer privat auf den elektronischen Schiefertafeln spielt, wer sich jedes neue Apfel-Produkt ehrfürchtig zu einem überteuerten Preis im Laden kauft, wer findet, es lebe nur richtig, wer einen Apfel mit sich rumschleppt. Jeder so, wie er will. Aber bitte kein Gruppenzwang. Und schon gar kein Lobbying an unseren Schulen.