... was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu schmieden.
Auf meiner Januar Lesetour im Kanton Zürich waren zwei Lesungen in Grüningen geplant. Ich hatte mich in Uster einquartiert, eine knappe Viertelstunde Autofahrt von Grüningen entfernt - aber die Lesungen mussten wegen terminlicher Probleme einer Schulklasse verschoben werden. Ich guckte auf den SBB-Fahrplan, schüttelte den Kopf und entschied: Wir schieben in den Frühling, damit ich mit dem Auto anreisen kann. Ist auch dann noch Anreise genug.
Morgen habe ich Lesungen in Grüningen. Und heute hat Petrus entschieden, den ganzen nicht stattgefundenen Winter an einem Tag über uns niedergehen zu lassen. Riesige Schneeflocken, Schneegestöber, das ganze Programm. Die Blumen im Garten tragen Weiss, das Auto hat Sommerpneus drauf - und ich habe ein Logistikproblem.
Wenn morgen früh Schnee auf den Strassen liegt, kann ich die Anfahrt mit dem Auto vergessen. Also Bahn. Zwanzig Minuten Fussmarsch zum Bahnhof, dann 105 Minuten Fahrt, verteilt auf vier Streckenabschnitte, mit jeweils drei Minuten Umsteigezeit. Mögen alle Bahnen pünktlich fahren. Oder wenigstens aufeinander warten. Zum Glück hängt in meinem Büro zu jeder Situation der passende Spruch (na ja, der von John Lennon, der fehlt mir noch, aber den kann ich eh auswendig).
Dienstag, 18. April 2017
Montag, 17. April 2017
Was das Wandern mit dem Schreiben zu tun hat - oder: Vom Verschieben von Grenzen
Wandern und das Schreiben von Büchern haben eine Menge gemeinsam. Für beides braucht man Kondition und Ausdauer. Beides ist zuweilen anstrengend, manchmal hart und mühsam.
Ich gestehe: Ich bin keine Gipfelstürmerin, wenn es zum Wandern kommt. Mir reicht es, irgendwann nach anstrengenden Aufstiegsminuten in den Höhenweg einzubiegen, ihm zu folgen und dann den Abstieg unter die Füsse zu nehmen. Ich sammle keine Gipfel, muss nicht ganz oben gewesen sein. Es gibt wunderschöne Orte und Plätze entlang der Höhenwege, und die Aussicht ist auch von etwas weiter unten schön.
Beim Schreiben ist es ein wenig anders: Da brauche ich die Ausdauer, um ans Ende der Geschichte und des Manuskripts zu kommen. Und ich brauche den Willen, Gipfel zu erklimmen, denn der Text muss felsenfest sitzen. Ja, vielleicht wäre er nach den ersten paar Überarbeitungsrunden gut. Aber ich will ihn so perfekt, wie ich es nur hinbekommen kann. Und deshalb ist mir für einen Text eigentlich kein Gipfel zu steil.
Ab und zu kraxle ich auch beim richtigen Wandern bis ganz nach oben. Manchmal gehe ich dabei an meine Grenzen und sehr selten auch darüber hinaus. Einmal, da war ich derart in Form, dass wir nicht einfach eine Passüberquerung gemacht haben, sondern gleich noch auf den nächsten Gipfel sind. Ich erinnere mich, wie ich die letzten paar Meter auf Knien bis zum Gipfelkreuz kroch, weil es auf drei Seiten einfach endlos ins Bodenlose ging - und ich nicht schwindelfrei bin. Mir war schlecht, mir war schwindlig, und ich war auch nur kurz ganz oben, aber ich war da. An das Gefühl kann ich mich heute noch erinnern. Alles war möglich, einfach alles. Ich hatte eine Grenze verschoben.
Vor ein paar Tagen hatte ich ein ähnliches Erlebnis. Herr Ehemann und ich hatten uns eine Wanderung herausgesucht. Die Karte war schlecht, in der Beschreibung stand, man umrunde die Felsnase auf der linken Seite, es gäbe aber auch einen Weg, der die Besteigung des Gipfels erlaube. Kein Problem, dachte ich, ich nehme die Umrundung und schenke mir den Gipfel. Bestens gelaunt nahmen wir den Weg unter die Füsse. Erst einmal hoch zur Felswand. Im obersten Drittel wurde es steil wie die Hölle und dann standen wir vor der Felswand.
Ich war tief beeindruckt und dachte, nun würde die linksseitige Umgehung kommen.
Kam sie auch. Aber irgendwie ging es auch immer weiter nach oben. Immer noch steil wie die Hölle. Ich wartete auf die Abzweigung. Sie kam nicht. Stattdessen ging der Weg in Fels über, von oben baumelten Seile, an denen man sich festhalten konnte. "Willst du umkehren?", fragte Herr Ehemann. Tja, wollen schon, aber ich konnte nicht. Der Gedanke an einen höllensteilen Abstieg war noch weniger verlockend als der Gedanke an das Kraxeln nach oben.
Also kletterten wir hoch. Nein, es war nicht so dramatisch, wie es klingt. Es gefiel mir sogar, weil damals, als ich noch schwindelfrei war, machten mir solche Touren Spass (ist allerdings mehr als 40 Jahre her). Irgendwann waren wir oben. Und wieder hatte ich das Gefühl, eine Grenze verschoben zu haben. Es fühlte sich an wie eine Bestätigung dafür, in den letzten paar Wochen die richtigen Entscheidungen in Sachen Schreiben getroffen zu haben. Aber auch wie ein: Ich kann das, ich packe das.
Ich gestehe: Ich bin keine Gipfelstürmerin, wenn es zum Wandern kommt. Mir reicht es, irgendwann nach anstrengenden Aufstiegsminuten in den Höhenweg einzubiegen, ihm zu folgen und dann den Abstieg unter die Füsse zu nehmen. Ich sammle keine Gipfel, muss nicht ganz oben gewesen sein. Es gibt wunderschöne Orte und Plätze entlang der Höhenwege, und die Aussicht ist auch von etwas weiter unten schön.
Beim Schreiben ist es ein wenig anders: Da brauche ich die Ausdauer, um ans Ende der Geschichte und des Manuskripts zu kommen. Und ich brauche den Willen, Gipfel zu erklimmen, denn der Text muss felsenfest sitzen. Ja, vielleicht wäre er nach den ersten paar Überarbeitungsrunden gut. Aber ich will ihn so perfekt, wie ich es nur hinbekommen kann. Und deshalb ist mir für einen Text eigentlich kein Gipfel zu steil.
Ab und zu kraxle ich auch beim richtigen Wandern bis ganz nach oben. Manchmal gehe ich dabei an meine Grenzen und sehr selten auch darüber hinaus. Einmal, da war ich derart in Form, dass wir nicht einfach eine Passüberquerung gemacht haben, sondern gleich noch auf den nächsten Gipfel sind. Ich erinnere mich, wie ich die letzten paar Meter auf Knien bis zum Gipfelkreuz kroch, weil es auf drei Seiten einfach endlos ins Bodenlose ging - und ich nicht schwindelfrei bin. Mir war schlecht, mir war schwindlig, und ich war auch nur kurz ganz oben, aber ich war da. An das Gefühl kann ich mich heute noch erinnern. Alles war möglich, einfach alles. Ich hatte eine Grenze verschoben.
Vor ein paar Tagen hatte ich ein ähnliches Erlebnis. Herr Ehemann und ich hatten uns eine Wanderung herausgesucht. Die Karte war schlecht, in der Beschreibung stand, man umrunde die Felsnase auf der linken Seite, es gäbe aber auch einen Weg, der die Besteigung des Gipfels erlaube. Kein Problem, dachte ich, ich nehme die Umrundung und schenke mir den Gipfel. Bestens gelaunt nahmen wir den Weg unter die Füsse. Erst einmal hoch zur Felswand. Im obersten Drittel wurde es steil wie die Hölle und dann standen wir vor der Felswand.
Ich war tief beeindruckt und dachte, nun würde die linksseitige Umgehung kommen.
Kam sie auch. Aber irgendwie ging es auch immer weiter nach oben. Immer noch steil wie die Hölle. Ich wartete auf die Abzweigung. Sie kam nicht. Stattdessen ging der Weg in Fels über, von oben baumelten Seile, an denen man sich festhalten konnte. "Willst du umkehren?", fragte Herr Ehemann. Tja, wollen schon, aber ich konnte nicht. Der Gedanke an einen höllensteilen Abstieg war noch weniger verlockend als der Gedanke an das Kraxeln nach oben.
Also kletterten wir hoch. Nein, es war nicht so dramatisch, wie es klingt. Es gefiel mir sogar, weil damals, als ich noch schwindelfrei war, machten mir solche Touren Spass (ist allerdings mehr als 40 Jahre her). Irgendwann waren wir oben. Und wieder hatte ich das Gefühl, eine Grenze verschoben zu haben. Es fühlte sich an wie eine Bestätigung dafür, in den letzten paar Wochen die richtigen Entscheidungen in Sachen Schreiben getroffen zu haben. Aber auch wie ein: Ich kann das, ich packe das.
Samstag, 15. April 2017
Dem Gras beim Wachsen zusehen
Wir schraubten uns über Haarnadelkuven in die Höhe. Das überforderte GPS fand weder die eingetippte Hausnummer, noch kam es mit der Strassenführung zurecht. Zum Glück hatten wir vorher auf einer Karte nachgeschaut und wussten, dass sich unsere Ferienwohnung ganz in der Nähe einer Trattoria befindet. Also folgten wir den Hinweisschildern zur Trattoria. Dort jedoch schien die Strasse zu enden. Ende. Fertig. Basta.
Ich stieg aus und ging zu Fuss nachgucken. Und siehe da: Neben der Trattoria führte ein holpriger Weg ein paar Meter nasengerade runter, dann noch ein paar Meter geradeaus. Am Ende des Weges wartete ein weisshaariger Mann auf uns. Er stand in der herrlichen Gartenlandschaft, die uns schon im Internet so gut gefallen hatte (Grund genug, die Ferienwohnung zu buchen).
Carlo, so heisst er, der weisshaarige Mann, lud uns erst einmal auf einen Kaffee ein, stellte uns seine Esel vor und zeigte uns voller Stolz seinen Garten. Zu unserer Wohnung gehört der Garten vor dem Haus. Und da fehlt ... das Gras in der Mitte. Carlo hat es gesät und wartet jetzt darauf, dass es spriesst. Wenn es dann da ist, gibt es einen Grill und eine Schaukel.
Wir haben mit Carlo zusammen gewartet. Ein erster Blick am Morgen, einer nach der Rückkehr von der Wanderung, dann ganze Nachmittage lang und am Schluss der Blick vor der Fahrt hinunter in den Borgo, wo sich ein tolles Lokal ans andere reiht.
Ende Woche konnten wir sagen: Momoll, ein bisschen was ist schon gegangen. Nicht viel, aber so ganz zaghaft gucken ein paar vorwitzige Hälmchen aus der sandigen Erde.
Was wir sonst noch getan haben - ausser dem Gras beim Wachsen zuzusehen: Wir sind viel gewandert, haben viel gelesen, gut gegessen, und ich habe Ideen in Notizbücher geschrieben, bevor sie sich am Horizont verflüchtigen konnten. Und: Wir haben einen Berg bestiegen. Das haben wir schon öfter, aber diesmal war es ein Kletterberg. Wir sind zwar nicht die Felswände hochgeklettert, aber doch geklettert. So richtig. Dazu gibt es dann einen separaten Blogeintrag.
Es war eine langsame Woche. Eine gute Woche. Nächsten Monat schreibe ich Carlo und frage ihn, ob das Gras gewachsen ist.
Ich stieg aus und ging zu Fuss nachgucken. Und siehe da: Neben der Trattoria führte ein holpriger Weg ein paar Meter nasengerade runter, dann noch ein paar Meter geradeaus. Am Ende des Weges wartete ein weisshaariger Mann auf uns. Er stand in der herrlichen Gartenlandschaft, die uns schon im Internet so gut gefallen hatte (Grund genug, die Ferienwohnung zu buchen).
Carlo, so heisst er, der weisshaarige Mann, lud uns erst einmal auf einen Kaffee ein, stellte uns seine Esel vor und zeigte uns voller Stolz seinen Garten. Zu unserer Wohnung gehört der Garten vor dem Haus. Und da fehlt ... das Gras in der Mitte. Carlo hat es gesät und wartet jetzt darauf, dass es spriesst. Wenn es dann da ist, gibt es einen Grill und eine Schaukel.
Wir haben mit Carlo zusammen gewartet. Ein erster Blick am Morgen, einer nach der Rückkehr von der Wanderung, dann ganze Nachmittage lang und am Schluss der Blick vor der Fahrt hinunter in den Borgo, wo sich ein tolles Lokal ans andere reiht.
Ende Woche konnten wir sagen: Momoll, ein bisschen was ist schon gegangen. Nicht viel, aber so ganz zaghaft gucken ein paar vorwitzige Hälmchen aus der sandigen Erde.
Was wir sonst noch getan haben - ausser dem Gras beim Wachsen zuzusehen: Wir sind viel gewandert, haben viel gelesen, gut gegessen, und ich habe Ideen in Notizbücher geschrieben, bevor sie sich am Horizont verflüchtigen konnten. Und: Wir haben einen Berg bestiegen. Das haben wir schon öfter, aber diesmal war es ein Kletterberg. Wir sind zwar nicht die Felswände hochgeklettert, aber doch geklettert. So richtig. Dazu gibt es dann einen separaten Blogeintrag.
Es war eine langsame Woche. Eine gute Woche. Nächsten Monat schreibe ich Carlo und frage ihn, ob das Gras gewachsen ist.
Donnerstag, 6. April 2017
u-turn back to the roots
Ich hatte einen grässlichen Traum. Der ist schuld daran, dass es heute trotz Donnerstag kein Fundstück gibt, sondern einen Blogeintrag.
Es ist der Eintrag, den ich schon eine Weile vor mich herschiebe, jenen, der mit dem Surfen und dem Wind im Gesicht zu tun hat. Das ist gar nicht so einfach, denn es geht um all die Dinge, über die ich hier nie schreibe. Um das, was mich an meinem Beruf verzweifeln lassen könnte und gelegentlich auch tut. Um die Dinge, über die man nicht spricht. Ich habe bis heute keinen Weg gefunden, über das, was mich in schlechten Momenten umtreibt, offen und ehrlich zu schreiben, und ich werde diesen Weg wohl auch in diesem Blogeintrag nicht finden, denn es gibt Dinge, die nun mal nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind (so, wie in ziemlich jedem anderen Beruf auch). Was ich kann und auch tue: Diese Dinge meinen Geschäftspartnern gegenüber offen formulieren. Ich mache damit gute Erfahrungen und hatte auch gute Gespräche.
Was ich zudem in all den Jahren gefunden habe: Gelassenheit und Galgenhumor. Ich kann mittlerweile über fast alles lachen, das in meinem Beruf eigentlich zum Weinen ist. Und ich habe gelernt, für mich zu entscheiden, was ich einstecken kann und was ich nicht einstecken will (meinem Gitarrenlehrer sei an dieser Stelle herzlich gedankt - er hat mich mit wenigen Worten vor ein paar Jahren auf die richtige Spur gebracht).
Ende 2016 / Anfang 2017 sind aber ein paar Dinge passiert, die mich vollends aus dem Takt gebracht haben. Ich weiss mittlerweile sehr genau, warum es mich im Februar - bildlich gesprochen - gnadenlos in den Sand gesteckt hat. Es waren, nebst den im "Wind im Gesicht" angesprochenen Begebenheiten, unter anderem zu viel Gelassenheit und zu viel Galgenhumor. Aus der Gelassenheit wurde ein gefährliches "mir egal", aus dem Galgenhumor Zynismus. Wenn ich aber eins weiss, dann das: Ich will kein "mir egal" Leben führen, und ich will nicht im Zynismus landen. Dazu liebe ich das Leben zu sehr, dazu ist es mir zu wertvoll.
Es gibt Berufskollegen von mir, die sich zusammengeschlossen haben und gemeinsam für bessere Bedingungen in der Branche kämpfen. Ich war sogar zum Kämpfen zu müde. (Was ich selten bin.)
Und dann kam diese Fahrt nach Zug, wo ich mir im Zug genau das überlegte, was ich damals mit meinem Gitarrenlehrer besprochen hatte. Ich habe mir aufgeschrieben, was ich einstecken kann und will - und was eben nicht.
Die Folge davon: Ich habe zwei geplante Projekte aus Verlagen zurückgezogen. Weil ich eine Kehrtwende mache, einen u-turn, wie das im Englischen so schön heisst. Ich kehre zu meinen Wurzeln zurück. Zurück an den Anfang. Ich schreibe für mich. Denn: Es ist nicht das Schreiben, das mir an meinem Beruf schwer fällt. Es sind nicht die Lesungen, nicht die Begegnungen mit all den Menschen, die ich treffe, es ist nicht mein Beruf (den mag ich sehr), es ist schlicht der Zustand der Kinder- und Jugendbuchbranche - und der Stellenwert, den die Kinder- und Jugendliteratur in der Schweiz hat (so ziemlich keinen). Ich habe nach meinem Entscheid gute Gespräche geführt (siehe oben), natürlich mit meiner Familie, aber auch mit meiner Agentin und meinem Verlag.
Was heisst das nun: Ich schreibe für mich?
Das heisst, ich schreibe ohne Vertrag für ein Projekt, ohne Vorschuss, ohne Sicherheitsnetz (das man in meinem Beruf ohnehin nicht unbedingt hat), ich schreibe genau das, was ich schreiben will, ob das nun massentauglich ist oder nicht (eher nicht). Wenn die Geschichten fertig sind, werde ich versuchen, sie bei einem Verlag unterzubringen, aber nicht zu jedem Preis und zu jeder Kondition. Sollte niemand daran Interesse haben, mache ich die Bücher selber.
Seit ich diesen Entscheid getroffen und auch klar formuliert habe, geht es mir wieder richtig gut. Ich habe so viele Ideen für Geschichten, dass ich kaum weiss, wo ich anfangen soll. Zum Glück ist da da bux, der Verlag, den ich mit zwei Kollegen führe: Der gibt grad sehr heftig den Takt an, weil das zweite Verlagsprogramm im September 2017 erscheint. Es ist eine Freude, daran zu arbeiten.
Leichter wird das Leben als Autorin durch diesen Entscheid nicht werden, dafür freier. Auch das totale Scheitern ist möglich. Ich kann damit leben. Weil es keine Alternative gibt zu diesem Entscheid, zumindest keine, bei der ich mich nicht selber verlieren würde.
PS: Das mit dem Stellenwert von Schweizer Kinder- und Jugendbuchschaffenden treibt mich weiter um. Da habe ich noch kein Rezept gefunden, nicht ab und zu zornig zu werden, oder in der totalen Frustration zu ersaufen. Ich arbeite daran. Hier wäre ich sogar tatsächlich froh um ein totales "mir egal".
Es ist der Eintrag, den ich schon eine Weile vor mich herschiebe, jenen, der mit dem Surfen und dem Wind im Gesicht zu tun hat. Das ist gar nicht so einfach, denn es geht um all die Dinge, über die ich hier nie schreibe. Um das, was mich an meinem Beruf verzweifeln lassen könnte und gelegentlich auch tut. Um die Dinge, über die man nicht spricht. Ich habe bis heute keinen Weg gefunden, über das, was mich in schlechten Momenten umtreibt, offen und ehrlich zu schreiben, und ich werde diesen Weg wohl auch in diesem Blogeintrag nicht finden, denn es gibt Dinge, die nun mal nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind (so, wie in ziemlich jedem anderen Beruf auch). Was ich kann und auch tue: Diese Dinge meinen Geschäftspartnern gegenüber offen formulieren. Ich mache damit gute Erfahrungen und hatte auch gute Gespräche.
Was ich zudem in all den Jahren gefunden habe: Gelassenheit und Galgenhumor. Ich kann mittlerweile über fast alles lachen, das in meinem Beruf eigentlich zum Weinen ist. Und ich habe gelernt, für mich zu entscheiden, was ich einstecken kann und was ich nicht einstecken will (meinem Gitarrenlehrer sei an dieser Stelle herzlich gedankt - er hat mich mit wenigen Worten vor ein paar Jahren auf die richtige Spur gebracht).
Ende 2016 / Anfang 2017 sind aber ein paar Dinge passiert, die mich vollends aus dem Takt gebracht haben. Ich weiss mittlerweile sehr genau, warum es mich im Februar - bildlich gesprochen - gnadenlos in den Sand gesteckt hat. Es waren, nebst den im "Wind im Gesicht" angesprochenen Begebenheiten, unter anderem zu viel Gelassenheit und zu viel Galgenhumor. Aus der Gelassenheit wurde ein gefährliches "mir egal", aus dem Galgenhumor Zynismus. Wenn ich aber eins weiss, dann das: Ich will kein "mir egal" Leben führen, und ich will nicht im Zynismus landen. Dazu liebe ich das Leben zu sehr, dazu ist es mir zu wertvoll.
Es gibt Berufskollegen von mir, die sich zusammengeschlossen haben und gemeinsam für bessere Bedingungen in der Branche kämpfen. Ich war sogar zum Kämpfen zu müde. (Was ich selten bin.)
Und dann kam diese Fahrt nach Zug, wo ich mir im Zug genau das überlegte, was ich damals mit meinem Gitarrenlehrer besprochen hatte. Ich habe mir aufgeschrieben, was ich einstecken kann und will - und was eben nicht.
Die Folge davon: Ich habe zwei geplante Projekte aus Verlagen zurückgezogen. Weil ich eine Kehrtwende mache, einen u-turn, wie das im Englischen so schön heisst. Ich kehre zu meinen Wurzeln zurück. Zurück an den Anfang. Ich schreibe für mich. Denn: Es ist nicht das Schreiben, das mir an meinem Beruf schwer fällt. Es sind nicht die Lesungen, nicht die Begegnungen mit all den Menschen, die ich treffe, es ist nicht mein Beruf (den mag ich sehr), es ist schlicht der Zustand der Kinder- und Jugendbuchbranche - und der Stellenwert, den die Kinder- und Jugendliteratur in der Schweiz hat (so ziemlich keinen). Ich habe nach meinem Entscheid gute Gespräche geführt (siehe oben), natürlich mit meiner Familie, aber auch mit meiner Agentin und meinem Verlag.
Was heisst das nun: Ich schreibe für mich?
Das heisst, ich schreibe ohne Vertrag für ein Projekt, ohne Vorschuss, ohne Sicherheitsnetz (das man in meinem Beruf ohnehin nicht unbedingt hat), ich schreibe genau das, was ich schreiben will, ob das nun massentauglich ist oder nicht (eher nicht). Wenn die Geschichten fertig sind, werde ich versuchen, sie bei einem Verlag unterzubringen, aber nicht zu jedem Preis und zu jeder Kondition. Sollte niemand daran Interesse haben, mache ich die Bücher selber.
Seit ich diesen Entscheid getroffen und auch klar formuliert habe, geht es mir wieder richtig gut. Ich habe so viele Ideen für Geschichten, dass ich kaum weiss, wo ich anfangen soll. Zum Glück ist da da bux, der Verlag, den ich mit zwei Kollegen führe: Der gibt grad sehr heftig den Takt an, weil das zweite Verlagsprogramm im September 2017 erscheint. Es ist eine Freude, daran zu arbeiten.
Leichter wird das Leben als Autorin durch diesen Entscheid nicht werden, dafür freier. Auch das totale Scheitern ist möglich. Ich kann damit leben. Weil es keine Alternative gibt zu diesem Entscheid, zumindest keine, bei der ich mich nicht selber verlieren würde.
PS: Das mit dem Stellenwert von Schweizer Kinder- und Jugendbuchschaffenden treibt mich weiter um. Da habe ich noch kein Rezept gefunden, nicht ab und zu zornig zu werden, oder in der totalen Frustration zu ersaufen. Ich arbeite daran. Hier wäre ich sogar tatsächlich froh um ein totales "mir egal".
Mittwoch, 5. April 2017
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