Konsumwut. Die Konzentration auf immer weniger Weltkonzerne. Der Glaube an ein besseres Leben nur dank Wirtschaftswachstum. Eine Welt, die auf Geld, Geld, Geld und nochmals Geld baut. Das Einfordern von Leistungsbereitschaft und Flexibilität bis zum letzten gehechelten Atemzug. Der Schein, der das Sein schon längst verdrängt hat. Eine Welt, in der der stromlinienförmig Angepasste überlebt und jener, der von der Norm abweicht verdrängt wird. All dem möchte ich den Rücken kehren. Und ich weiss, dass ich damit nicht alleine bin. Es gibt Dinge, die jeder von uns tun kann, getreu dem Motto, dass man im Kleinen beginnen kann. Die Welt muss nicht so sein, wie sie ist. Wir können sie ändern. Nicht von heute auf morgen, nicht in einem grossen Knall, aber wir können Gegenpunkte setzen. Und viele Gegenpunkte erzeugen einen gesunden Gegenwind. Daran glaube ich.
Es gibt Bücher, die sich mit genau dieser Thematik auseinandersetzen und nachdem ich in einer Fernsehsendung auf den Autor von The Age of Less, David Bosshard, aufmerksam geworden war, ging ich hin und bestellte mir das Buch. Im Blindflug, ohne hineingelesen zu haben. Schon auf der zweiten Seite hatte ich genug. Nachfolgend ein Originalzitat mit Originalklammern, Originalkursivtext usw.
"Das mag für eine Welt noch durchgehen, in der es klare (Befehls-)Hierarchien und einige happy few - die wenigen Glücklichen - gibt. Aber nicht für eine Welt des (demokratischen oder autorität herbeibefohlenen) Massenwohlstandes, in der die Erwartungen der grossen Masse nach immer mehr Premiumisierung geweckt werden. "Even if you're not rich, you can fake it" war vielleicht das wichtigste Motto der letzten Jahrzehnte, wunderbar und repräsentativ dargestellt in den Untersuchungen von Michael Silverstein und Neil Fiske: Trading up: "The new American Luxury (2003). Denn das "Trading up" war auch - in der zeitgemässen Sprache der Finanzmärkte - ein sogenanntes "Leveraging" (wörtlich "aushebeln") von Erwartungen, und wer nun endlich einen BMW fuhr, Starbucks-Kaffee trank oder ein Boss T-Shirt trug, war fake rich - gefälscht reich.
Ich habe dann ziemlich lustlos noch eine Weile weitergelesen, mich gefragt, warum der gute Mann das Buch nicht gleich in Englisch geschrieben hat, viele Seiten überhüpft und dann bei den "Sieben Typen, die das Age of Less prägen" nur noch müde gelächelt. Kurz: Much less (better nothing) wäre "mehr" gewesen. Gelernt habe ich: Nie wieder kaufe ich ein Buch, ohne eine Leseprobe gelesen zu haben!
In die gleiche Thematik passt das Jugendbuch Überleben, in dem ein Mulitmillardär seine Famile vor dem Atombombenangriff in den endlos grossen, endlos luxuriösen Bunker verfrachtet, den er über Jahre gebaut hat, in der Gewissheit, dass der Atomkrieg eines Tages Realität werden würde. Dabei bleiben ein Zwillingsbruder und die Grossmutter schon am Anfang auf der Strecke. Das Buch setzt im Jahr sechs ein. So lange lebt die Familie schon im Bunker. Es zeichnet sich ab, dass die Vorräte nicht die ganzen fünfzehn Jahre halten werden. Der Vater arbeitet auf Hochtouren an Ersatzlösungen, die der Ich-Erzähler nach und nach enthüllt und damit ziemlich viel Grauen freilegt. Immer deutlicher und grösser werden die Risse, die durch die Familie gehen und schlussendlich geht es ums nackte Überleben.
Ich habe das Buch verschlungen, obwohl es ein paar kleine (nicht sehr störende) Haken hat und mir das Finale fast zu viel ist. Was für ein Kontrast zu The Age of Less, das an seinen Ansprüchen scheitert. Wenn es darum geht, welches Buch in Bezug auf Klarheit und Aussagekraft weit vorne liegt und dem Leser mehr bietet, ist die Antwort für einmal glasklar.
Donnerstag, 2. Februar 2012
Mittwoch, 1. Februar 2012
Es gibt Momente ...
... da schickt einem das Leben genau die richtigen Leute über den Weg. Gestern zum Beispiel. Zwei Menschen am Bahnhof. Beide mit einem Rucksack, der auf eine längere Expedition schliessen liess. Meine war klar: Ich war auf Lesetour. Was die andere Person, die ich flüchtig kannte, mit ihrem Gepäck vorhatte, vergass ich zu fragen, weil unser Gespräch so interessant wurde, dass es schlicht völlig unwichtig war. Es ging um Greenpeace, um Freiwilligenarbeit, um Bezahlung bei solchen Organisationen, um die Frage, wo das Geschäftliche, konkret das Geld, zu sehr in die Philosophie der Organisation eingreift. Und um die Frage, ob es jemals eine gerechte Lösung für diese Probleme geben kann.
In Rorschach stieg die andere Person aus. Ich fuhr mit einer ungeheuren Zufriedenheit und Gelassenheit weiter. Dabei hatte ich mich am Vorabend ziemlich geärgert. Genau über so eine Gerechtigkeitsfrage im Freiwilligenbereich. Das Gespräch führte dazu, dass ich alles aus einer anderen Perspektive sehen konnte. Allein das reichte, um einen ganzen Knoten zu lösen.
In Rorschach stieg die andere Person aus. Ich fuhr mit einer ungeheuren Zufriedenheit und Gelassenheit weiter. Dabei hatte ich mich am Vorabend ziemlich geärgert. Genau über so eine Gerechtigkeitsfrage im Freiwilligenbereich. Das Gespräch führte dazu, dass ich alles aus einer anderen Perspektive sehen konnte. Allein das reichte, um einen ganzen Knoten zu lösen.
Sonntag, 22. Januar 2012
Intouchables - Ziemlich beste Freunde
Einer der besten Filme, die ich je gesehen habe. 10'000 Meilen weg vom üblichen Hollywood-Komödienschrott.
Samstag, 21. Januar 2012
MUS_E oder Ein neues Projekt, auf das ich mich freue
Ende letzten Jahres wurde ich angefragt, ob ich Interesse hätte, einmal die Woche mit Schulkindern an einem Schreibprojekt zu arbeiten. Ich hatte. Eigentlich und grundsätzlich. Aber da war mal wieder dieses ABER ...
Es gibt in der Schweiz das Projekt des Schulhausromans, in dem ein Autor / eine Autorin eine Schulklasse begleitet und bei dem als Resultat ein fertiger Roman entsteht, geschrieben von den Kindern / Jugendlichen. Ganz ehrlich: Ich traue mir das nicht zu und habe immer gehofft, dass mich niemand anfragen wird, ob ich da mitmachen möchte. Und dann hatte ich plötzlich diese sehr nette Dame am Telefon, die mich fragte, ob ich Interesse hätte, mit Schulkindern ein Schreibprojekt zu realisieren.
"Ja", sagte ich. "Wenn es am Ende kein Schulhausroman werden muss."
Ich hatte Glück: Es muss am Ende keinen Roman geben! Es steht mir sogar ziemlich (oder ganz) frei, was die Schüler und ich genau machen werden.
Letzten Montag habe ich mich mit Adriana Büchler, die das Projekt betreut, und der Lehrerin, mit deren Klasse ich arbeiten darf, getroffen. Wir haben gleich Nägel mit Köpfen gemacht und die Daten festgelegt. Ab 13. Februar werde ich bis zu den Sommerferien einmal pro Woche, am Montagmorgen, eine Doppellektion lang mit den Schülern arbeiten. Das Ziel des Projekts ist auf der Webseite von MUS_E folgendermassen beschrieben:
Es gibt in der Schweiz das Projekt des Schulhausromans, in dem ein Autor / eine Autorin eine Schulklasse begleitet und bei dem als Resultat ein fertiger Roman entsteht, geschrieben von den Kindern / Jugendlichen. Ganz ehrlich: Ich traue mir das nicht zu und habe immer gehofft, dass mich niemand anfragen wird, ob ich da mitmachen möchte. Und dann hatte ich plötzlich diese sehr nette Dame am Telefon, die mich fragte, ob ich Interesse hätte, mit Schulkindern ein Schreibprojekt zu realisieren.
"Ja", sagte ich. "Wenn es am Ende kein Schulhausroman werden muss."
Ich hatte Glück: Es muss am Ende keinen Roman geben! Es steht mir sogar ziemlich (oder ganz) frei, was die Schüler und ich genau machen werden.
Letzten Montag habe ich mich mit Adriana Büchler, die das Projekt betreut, und der Lehrerin, mit deren Klasse ich arbeiten darf, getroffen. Wir haben gleich Nägel mit Köpfen gemacht und die Daten festgelegt. Ab 13. Februar werde ich bis zu den Sommerferien einmal pro Woche, am Montagmorgen, eine Doppellektion lang mit den Schülern arbeiten. Das Ziel des Projekts ist auf der Webseite von MUS_E folgendermassen beschrieben:
Und nun purzeln sie, die Ideen! Einige verdichten sich, andere fransen noch aus. Da ich bis zum Projektbeginn genügend Zeit habe, lasse ich sie in meinem Kopf ihre Runden drehen und sortiere sie dann zu einem Rohkonzept. Wie ich anfangen will, weiss ich schon. Einige andere Ideen habe ich auch schon. Und dass wir am Ende auch etwas zum Vorzeigen / Vorlesen haben werden, das steht ebenfalls fest. Ein bisschen Bammel habe ich immer noch, aber die Vorfreude überwiegt deutlich.Im Mittelpunkt der MUS-E Projekte steht die soziale, emotionale und körperliche Sensibilisierung von Schulkindern einer Klasse im Rahmen einer ganzheitlichen Bildung. Künste unterschiedlichster Sparten wie Theater, Tanz, Musik, bildende Kunst oder Film werden über zwei Jahre wöchentlich während zwei Lektionen in den Schulalltag integriert. Schülerinnen und Schüler sollen mithilfe der Künste sich selbst und die Umwelt besser verstehen lernen und ihre Fähigkeiten und Stärken entdecken.
Donnerstag, 19. Januar 2012
Auf der virtuellen Interviewcouch bei den Bücherkindern
Ich würde diesen Blogeintrag gerne witzig, unterhaltsam und spannend anfangen, aber ich hänge total ausgeknockt in den Seilen. Die Zürcher Lesetour fährt mir heftig in die Knochen. Aufstehen um 5 Uhr morgens, jeden Tag stundenlang Bahn fahren und bis zu drei Lesungen an einem Tag. Irgendwie fällt mir das schwerer als letztes Jahr, was nicht an den Jugendlichen oder ihren Lehrkräften liegt - im Gegenteil. Es liegt an mir. Ich glaube, ich werde alt ... oder mir fehlt für dieses Jahr (noch) die Leseroutine.
UPDATE: Später ... So, erholt :-) Und jetzt ist mir auch eine bessere Einleitung eingefallen. Also. Da capo:
Ich hatte das grosse Vergnügen, für Stefanie Leo von den Bücherkindern 10 Fragen beantworten zu dürfen. Eine der Fragen lautet: Jede Menge Superhelden im Kinderbuch, welche "Superkraft" würden Sie gerne besitzen? Ratet mal! (Kleiner Tipp: Hat mit den langen Bahnfahrten in übervollen Zügen zu tun). Wer's nicht herausfindet, kann die Antwort hier nachlesen.
UPDATE: Später ... So, erholt :-) Und jetzt ist mir auch eine bessere Einleitung eingefallen. Also. Da capo:
Ich hatte das grosse Vergnügen, für Stefanie Leo von den Bücherkindern 10 Fragen beantworten zu dürfen. Eine der Fragen lautet: Jede Menge Superhelden im Kinderbuch, welche "Superkraft" würden Sie gerne besitzen? Ratet mal! (Kleiner Tipp: Hat mit den langen Bahnfahrten in übervollen Zügen zu tun). Wer's nicht herausfindet, kann die Antwort hier nachlesen.
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