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Montag, 7. September 2020

Wenn der Endspurt am Montag stattfindet

Letzte Woche ist es ruhig geworden im  Blog. Das hat seinen Grund: Ich kämpfte gegen einen Arbeitsberg im Büro und gegen Wildwuchs im Haus in den Bergen. Und dazwischen hängte sich - zum völlig falschen Zeitpunkt - mein Computer auf, schon zum zweiten Mal in kurzer Zeit. Ich fürchte, da hilft nur eine Neuanschaffung, denn ich will nicht tagtäglich auf einem Schleudersitz Platz nehmen, von dem ich jeden Augenblick in den leeren Raum katapultiert werden könnte.

Heute Montag sieht mein Bullet Journal Eintrag so aus. ENDSPURT.

(Anmerkung in Klammer: Ich habe eine neue Spalte eingefügt, in die ich jeden Morgen mein Tagesmotto schreibe.)

Gleich daneben sind mehr Arbeiten aufgelistet als es Platz hat, viele davon administrativer Kleinkram. Dazu gehören zum Beispiel jede Menge Mails: Abklärungen mit da bux Autor*innen, Organisatorisches, Beantworten von Anfragen, Infos usw. Aber auch grössere Arbeiten wie die YA!-Kolumne von Mittwoch. Da hatte ich zum  Glück schon vorgearbeitet. Und die Unterrichtsmaterialen zu zwei da bux Büchern sind auch gestern fertig geworden

Gespurtet bin ich, weil ich mir ab morgen ein paar Tage Auszeit gönne. Richtige Auszeit. Bevor es dann mit voller Geschwindigkeit an Vernissagen und Lesungen geht.

So sah es heute bei mir ziemlich chaotisch aus. Und wie das so ist, an Tagen, an denen sowieso genügend Arbeit auf der Liste steht, kamen noch jede Menge Fragen rein, die ich grad auch noch beantwortete. Jetzt bin ich parat. Also, beinahe. Ich muss nur noch ... ähm, nein, ich muss jetzt nichts mehr.

Samstag, 29. August 2020

Heute in der Bibliothek - oder - vom Suchen und Finden

Heute ging ich mit einer Mission in die Bibliothek. Ich suchte ein ganz bestimmtes Fotosujet für meine nächste YA!-Kolumne. Es war wie so oft im Leben: Was ich suchte, fand ich nicht. Dafür fand ich, was ich nicht gesucht hatte. Und das war so viel mehr.

Gemeindebibliothek Buchs/SG

Donnerstag, 13. August 2020

Schnee im Sommer

Gestern fragten mich gleich zwei mir liebe junge Menschen, wie es mir gehe. Die Antwort an meine Tochter fiel ziemlich direkt aus:

Ich bin eine dicke, fette, langsame, träge, überhitzte Kröte, die jetzt gerne einen kühlen Teich hätte. Ansonsten ist alles bestens.

Ihre Antwort :

Aber eine seeeehr liebenswerte kröte 🧡

Ich liebe sie. Die Antwort und meine Tochter. 

Meine Antwort an Josia Jouran fiel ähnlich aus. Und ich schloss sie mit den Worten: 

Ich träume von Schnee im Sommer - oder wenigstens Schottlandwetter.

Heute morgen legte der Postbote einen Brief in meinen Briefkasten. Den richtigen, den vor dem Haus, wo die reale Post reingehört. Ich freute mich schon, als ich den Absender erkannte, denn die Schrift dieser Person ist unverwechselbar. Der Umschlag war ziemlich dick, und ich rätselte, was wohl drin sein könnte. Guckt mal:

Liebe Hausfrau Hanna. Du hast mein Herz berührt. Mit deinen Worten, mit der wunderschönen kleinen Beigabe und vor allem mit dem Bild auf der Karte. Vielleicht kannst du ja Gedanken lesen. Vielleicht musste das mit dem späten Absenden einfach sein. Der Zeitpunkt ist perfekt. Vielen, lieben Dank.

Und weil ich mich so sehr über diese reale Post gefreut habe, habe ich mir einen Vorsatz genommen: Ich will wieder mehr Post verschicken. So richtige.

Montag, 10. August 2020

Mein Social Media Leben

Ich war in den letzten Wochen häufig in den Bergen. Zum Schreiben, zum Wandern, zum Gärtnern, zum Handwerken - halt einfach zum Leben. Es ist ein genügsames Leben dort oben, eins, in dem Social Media eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Facebook kommt in diesem Leben gar nicht vor. Ich poste ab und zu ein Foto mit wenig Text auf Insta, werfe gelegentlich einen Blick in Twitter und ertappe mich manchmal bei dem Gedanken, dass ich wohl gar keine Social Media hätte, wenn ich nicht Autorin wäre.

Gar kein Social Media Leben geht in meinem Beruf natürlich nicht. Aber ich kann es - noch mehr - entschlacken. Weshalb ich mich entschieden habe, mein eh schon sehr bescheidenes Facebook-Leben nochmals einen Zacken herunterzufahren. Ich mache meinen FB-Autorinnenaccount dicht, zusammen mit zwei Seiten, die ich für Bücher von mir geöffnet habe, und bündle alles in meiner Privatchronik. 

Insta mag ich wesentlich besser als FB. Dort bleibe ich aktiv, werde aber weiterhin nach Lust und Laune und ohne wirkliches Konzept und eine klare Strategie posten. Das mag zwar nicht sehr förderlich sein, aber ich schaffe das einfach nicht und will es auch gar nicht wirklich schaffen. Um auf Insta erfolgreich zu sein, müsste ich viel mehr interagieren, viel mehr Zeit investieren, aber ich lebe nun mal einfach viel lieber in der realen Welt als mich täglich stundenlang in den Social Media aufzuhalten.

YouTube mag ich eigentlich, es macht mir sogar Spass, aber ich erreiche dort viel zu wenig Menschen als dass es sinnvoll wäre, mich mit Vollgas in die (aufwändige) Produktion von Clips zu stürzen. Da bleibe ich beim Spass und mache Videos, wenn ich grad Zeit und Lust habe.

Bleibt mein Blog. Auch hier bin ich zu wenig regelmässig unterwegs, um mir wirklich eine Leserschaft aufzubauen. Andererseits liest eh kaum mehr jemand Blogposts, weshalb das keine Rolle spielt.

Dazu kommt das Wissen um stets neue Plattformen, um das Funktionieren und die Mechanismen der Social Media. Beides zeigt mir klar auf, wo meine Grenzen liegen und dass ich - egal, was ich tun würde - immer allem nur hinterherhecheln würde.

Ich fürchte, das liest sich verbittert. Ist es jedoch nicht. Ich schreibe diese Zeilen ruhig und gelassen, im Wissen darum, dass es beruflich unklug wäre, in den Social Media überhaupt kein Lebenszeichen von sich zu geben, aber auch im klaren Bewusstsein darüber, was machbar und möglich ist und was nicht. 

Das Gute daran: Wenn ich mich durch die Social Media nicht stressen lasse, wenn ich auf diesen Plattformen genau das tue, wozu ich Lust habe und wann ich Lust darauf habe, dann macht es sogar Freude und Spass. Professionell ginge anders. Ich weiss. Aber für mich passt das so.


  

Montag, 15. Juni 2020

In the Shadows


Ich bin keine Sommerperson. Hitze macht mir zu schaffen. Andere Menschen haben den Novemberblues, ich den Juliblues. Das kann so weit gehen, dass sich bei mir in den heissen Sommermonaten meine gute Laune Hand in Hand mit meiner Kreativität von mir verabschiedet. Jeden Sommer nehme ich mir deshalb vor, mich NICHT von der Hitze überrollen zu lassen, ich versuche, Strategien zu entwickeln, die mir das Hitzeleben erträglicher machen. Ein Resultat davon sind die Schattenplätze ums Haus. Die sahen früher so richtig öd aus. Pflanzen- und seelenlos, keine Orte zum Verweilen. Das hat sich im Laufe der Jahre geändert.

Im Augenblick geniesse ich den kühlen Juni. Ich werde mich gleich motiviert an meine Arbeit machen und an meiner To-Do-Liste arbeiten. Mehr dazu in einem der nächsten Posts.





Mittwoch, 10. Juni 2020

Eintauchen in die Welt der Lost Souls

Eine Klasse der Kanti Chur hat mir Fragen zum Buch Blue Blue Eyes gestellt: Zur Entstehungsgeschichte, zu den Figuren, zum Inhalt. Mir ist beim Beantworten so richtig bewusst geworden, wie tief die Lost Souls in meinem Leben wurzeln, wie lange ich sie schon kenne und wie sehr sie mein Schreiben beeinflusst haben. Eine wunderschöne Erfahrung.

Was mich auch freut: So langsam bin ich in Sachen YouTube Clips dort, wo ich hinwollte :-)


Dienstag, 5. Mai 2020

E-Mail für dich - Wenn die Worte und der Fokus fehlen

Liebe Jutta

Vielen lieben Dank für deine Antwort auf meine E-Mail an dich.

Wie gut ich das mit den fehlenden Worten verstehe. Ich habe zwar Worte für und in Mails und Social Media gefunden, auch Worte ganz privat mit meinen Liebsten. Ja, sogar für virtuelle Kurzlesungen haben sie gereicht (mehr dazu weiter unten). Mir fehlten die Worte in anderen Bereichen des Lebens.

Beim Schreiben meiner Geschichten: Ich schreibe immer noch nicht. Weil ich immer noch nicht weiss, wie. Meine Geschichten spielen im realen Leben, das seit Wochen surreal ist. Nichts, was ich schreiben würde, wäre von Bestand. Was heute gilt, gilt morgen nicht mehr. Wir Autoren nennen das "Setting" - und zurzeit wandelt sich das Setting täglich. Es ist mir ein Rätsel, wie ich dieses Problem angehen oder gar lösen könnte, mal abgesehen davon, dass ich meine Geschichten einfach zurückdatieren könnte. Vielleicht werde ich das irgendwann machen müssen, aber im Augenblick liegen meine Projekte erst einmal auf Eis.

Beim Lesen: Ich habe letzten Monat ein halbes Buch gelesen. Mehr nicht. Ich verstehe nicht, warum das so ist. Keine Ahnung. Gut, die ersten zwei Drittel des April hatte ich keine Zeit. Die hätte ich aber mittlerweile. Doch es hakt.

Was mich am meisten erstaunt: Ich vermisse weder das Schreiben noch das Lesen. Beides will ich nicht hinterfragen, sondern einfach mal so hinnehmen. Spätestens Mitte Mai werde ich wieder schreiben müssen, weil es dann mit dem Radioprojekt weitergehen soll. Und ich bin sicher, dass ich früher oder später wieder begeistert in Bücher eintauchen werde.

Meine freie Zeit nutze ich im Moment für den Garten, den Hausputz, das Entrümpeln. Du siehst, da haben wir vieles gemeinsam. Das Entrümpeln geht nur langsam vor sich, weil ich im Estrich begonnen habe und da ziemlich schnell auf die Zeichnungen der Kinder gestossen bin. Da ich sie nicht einfach wegwerfen wollte, habe ich beide Kinder gefragt, ob sie sich die Zeichnungen noch anschauen wollen. Beide haben geantwortet, ich solle ihnen doch einfach ein paar fotografieren.

Und so blieb ich an den Zeichnungen hängen. Frau Tochter hatte noch Witze darüber gemacht, dass ich mir jetzt jede Menge Bauchnäbel anschauen könne. Was sie meinte, wurde mir ziemlich schnell klar. Beim ersten Bauchnabel hatte ich einen Lachflash. Bei den weiteren kam ich ins Staunen. Ich habe Frau Tochter ein paar Bauchnabelzeichnungen geschickt, sie hat mir eine Bauchnabelerklärung gegeben, und danach haben wir stundenlang gemeinsam Bilder angeschaut. Am Ende habe ich ganz viele Zeichnungen weggeworfen, aber auch viele behalten. Ich brachte es nicht übers Herz, alle wegzuwerfen. Das müssen unsere Kinder dann mal tun, wenn ich nicht mehr da bin.

Von den Zeichnungen ging es zu den Fotos. All jenen, die es nicht in ein Fotoalbum geschafft haben. Ich sass vor den Schachteln und dachte: So, Frau, jetzt machst du für beide Kinder ein Album über ihre Kindheit. Tja ... und dann habe ich damit begonnen. Du ahnst es, Jutta, diese Estrichentrümpelung wird JAHRE dauern.

Auch beim Hausputz wurde ich ausgebremst. Weil ich eine alte Leiter gefunden habe.  Die doch perfekt in ein Zimmer passte. Noch perfekter mit Zimmerpflanzen drauf ... Und dann habe ich mich entschieden, endlich dieses Möbel anzustreichen, das schon lange ... Ich habe mit Farben experimentiert und gerade vorhin die passende Farbe im Fachgeschäft bestellt.


Dabei hatte ich mir noch vor Kurzem vorgenommen, das mit dem FOKUSSIEREN endlich hinzubekommen. Aber ganz ehrlich: Ich liebe meine Art, das Leben chaotisch zu leben. Es gibt Zeiten und Tätigkeiten, wo der Fokus wichtig ist (für mich ist das vor allem die Arbeit), und dann gibt es Zeiten und Tätigkeiten, wo ich es fliessen lassen will.

Gestern war ich sehr lange zu Fuss unterwegs. Unter anderem im Wald. Ich wanderte vor mich hin, liess die Gedanken schweifen. In mir war die totale Ruhe und Gelassenheit und ich war zutiefst glücklich. Ich bin bei und mir dir im Gedanken, dass es nicht so weitergehen kann. Immer höher, immer schneller, immer mehr, Wachstum über alles blablabla. Am Anfang der Krise hatte ich die Hoffnung, dass sie uns als Gesellschaft verändern würde. Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Bei uns tagt seit gestern das Parlament, und alles deutet darauf hin, dass sich gar nichts ändern wird. Nicht im grossen. Aber das soll mich und uns nicht davon abhalten, die Dinge im kleinen zu verändern. Wenn das genug Menschen tun, ändert sich vielleicht ja doch noch was.

Ganz viele Menschen suchen die Antworten im Moment in Zahlen und Daten: Wann dürfen wir das wieder? Und wann das? Und wann das andere? Und fangen an zu motzen, wenn die Antwort nicht klar ist. Aber wie soll sie denn klar sein in diesen Zeiten, wo nichts sicher ist? Warum können wir nicht einfach damit leben, dass es keine Antworten gibt. Dass sie sich dann ergeben, wenn die Zeit da ist? Ein Grund ist sicher die Sorge um das Abgesichertsein. Zu wissen, wann man wieder arbeiten kann, damit man planen oder zumindest hoffen kann. Das verstehe ich. Und dennoch mussten und müssen wir lernen, auf Antworten zu warten.

Wir arbeiten beide in einem Beruf, in dem das besonders schwierig ist. Uns fallen Lesungen und Workshops aus, die Zahl der Buchverkäufe ist aufgrund der geschlossenen Buchhandlungen gefallen. Zum Glück wurde bei uns in der Schweiz früh klar gemacht, dass die Kulturschaffenden nicht leer ausgehen sollen. Die Rede war von einer Honorarausfallentschädigung, im Augenblick erhalte ich jedoch eine Erwerbsausfallentschädigung, obwohl ich mein ausgefallenes Honorar gemeldet hatte. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, und im Augenblick ist nicht ganz klar, wie das weitergehen soll, aber ich habe Geld überwiesen bekommen, etwas, woran ich nicht wirklich geglaubt habe. Es macht im Augenblick noch lange nicht alle ausgefallenen Einnahmen wett, aber es ist ein guter Anfang. Ich wünschte mir, es wäre in Deutschland ähnlich. Anerkennung ist wichtig. In Form von Wahrgenommen werden, von Geschätztwerden, aber halt auch in finanzieller Form (weil wir die Miete nur vom Geschätztwerden nicht bezahlen können).

Womit ich bei den AutorInnen und ihren Aktivitäten im Netz angekommen bin. Auch ich habe anfangs etwas befremdet eine Hyperaktivität festgestellt. Aber ich habe sie verstanden. Wenn dir plötzlich so ziemlich alles wegbricht, suchst du nach Wegen, beachtet zu werden, nicht vergessen zu gehen, IRGENDWAS zu tun. Vieles hatte etwas Verzweifeltes. Mittlerweile denke ich: Jeder so, wie es für ihn / sie passt.

Bei uns in der Schweiz wird grad sehr viel online gelesen. Das hängt unter anderem mit dem Vorlesetag zusammen, der dieses Jahr eher privat und in Kleinstgruppen stattfinden wird. Nicht wenige AutorInnen stellen dafür Kurzlesungen ins Netz. Ich stelle Kurzlesungen ins Netz, weil ich weiss, dass sich viele Schulen auf meine Lesungen vorbereitet haben; so bekommen sie wenigstens eine kleine "Entschädigung" dafür, besonders jene Klassen, die ein Buch von mir als Klassenlektüre gelesen haben.

Nicht zuletzt macht das auch Spass. Ich werde diesen oder nächsten Monat voraussichtlich meine erste Skype-Lesung machen. Das war nicht meine Idee, sondern der Wunsch einer Schule. Und für eine andere Schule, die sich intensiv mit meinen Büchern auseinandergesetzt hat, werde ich Fragen virtuell beantworten und den Clip dann auch online stellen.

Natürlich ersetzt beides keine Lesung. Nie und nimmer. Weil Lesungen interaktiv sind, weil wir direkt auf unsere ZuhörerInnen reagieren und eingehen können. Weil wir sie miteinbeziehen können. Das ist von unschätzbarem Wert und kann nur in der direkten Begegnung geschehen.

Ich könnte noch endlos lang weiterschreiben, aber ich mache hier jetzt mal einen Punk und fasse die Zeit bis jetzt für mich so zusammen: Ich bin unfassbar glücklich und zufrieden (das mag irr klingen, ist aber so), ich bekomme grad unendlich viel von all dem, was wichtig ist und das man NICHT kaufen kann, allem voran Liebe. Wie dich macht mich das sehr dankbar.

Mittwoch, 22. April 2020

Ich bin nicht nett

Auf jeden Fall nicht zu meinem Körper. Mit diesem Gedanken bin ich heute Morgen sehr früh erwacht und habe mir die Zeit genommen, etwas länger darüber nachzudenken.

Ich war immer ein "Ruech" (so sagt man bei uns zu Leuten, die ohne Rücksicht auf ihren Körper rackern), habe meinen robusten Körper für garantiert genommen, habe ihm viel zugemutet. Habe ihn Garten- und Handwerksarbeit erbarmungslos ausgesetzt, oft in Körperhaltungen bei denen Warnsignale heftig geblinkt haben. Früher habe ich das mit Sport kombiniert, seit ein paar Jahren bin ich leidenschaftliche Wanderin. Feinheiten wie Stretching und Beweglichkeitsübungen fand - und finde - ich steinlangweilig, weshalb ich sie mir zwar regelmässig vornehme, das dann aber nie wirklich durchziehe.

Essen tue ich eigentlich sehr gesund. Das Gemüse kommt per Schachtel vom Biohof, Eier und Hühnerfleisch auch. Herr Ehemann und ich kochen selber, Fertigprodukte gibt es so gut wie nie. Und trotzdem esse ich falsch. Weil zu viel. Das macht die ganze Sache dann eben trotz eigentlich gesunder Ernährung ungesund.

In letzter Zeit klemmts und zirpts an zwei Stellen schmerzhaft, an einer chronisch, ich bin mittlerweile so unbeweglich wie eine Zaunlatte. Ich mache Witze darüber, schiebe es auf mein Alter, ärgere mich zwischendurch, unternehme halbherzige Anläufe in Sachen Beweglichkeit und Essen - und lasse beides wieder sausen.

Und heute Morgen, im Bett, als ich nachdachte, da wurde mir klar, wie sehr NICHT nett ich zu meinem Körper bin. Ich pflege den Garten, verschönere die Räume im Haus, schaue mir stundenlang Videos und Magazine über Gestaltungsideen an, aber den Raum, den ich wirklich bewohne, meinen Körper, den behandle ich schon fast sträflich fahrlässig. Kein Wunder, rebelliert er.

Mein Vorsatz nicht nur für heute und morgen: Ich will netter zu meinem Körper sein. Ich muss netter zu meinem Körper sein. Denn ich gedenke, noch eine ganze Weile in ihm zu leben. Da sollte ich es  - gopf noch mal - doch schaffen, ihn mit der gleichen Sorgfalt zu behandeln wie den Garten und das Haus.

Dienstag, 21. April 2020

Was ich beruflich grad so mache in Zeiten wie diesen

Was ich beruflich so mache in Zeiten wie diesen, wo grad alle Lesungen abgesagt werden:
  • da bux Geschichten lektorieren
  • und dann satzparat machen (den Satz macht dann Tom Zai)
  • ein Briefing für die Grafikerin schreiben 
  • Autorenbios und Klappentexte verfassen
  • diverse Verträge anpassen und neu aufsetzen
  • erstes Herantasten an Lizenzverträge
  • Finanzierungsgesuche schreiben
  • mich mit den AutorInnen der Edition 6 (2021) über Setting und Themen in Corona-Zeiten austauschen
  • zusammen mit Stephan Sigg und Tom Zai an weiteren Verlagskonzepten feilen
  • Blue Blue Eyes Hörbuchvertrag unterschreiben
  • an der Veröffentlichung der nächsten Self Publishing Publikationen arbeiten
  • mir vornehmen, weitere Kurzlesungen für YouTube zu machen (und die Zeit dafür nicht finden)
  • auf die nächste Überarbeitungsrunde der Radiohörgeschichte warten
Nichtberuflich hätte ich gefühlte 1000 Ideen, was ich in Haus und Garten alles machen möchte - wenn ich denn die Zeit dazu finden würde.

Und dann auf Facebook bei Kollege Frank Maria Reifenberg einen Post lesen, in dem er berichtet, wie ihm nun als Autor empfohlen wird, sich "neu zu erfinden". ähm .... wann? und warum?

Mittwoch, 4. März 2020

Fiese Leute

Kürzlich sass ich vor dem Fernseher und schaute mir den ersten Teil der Miniserie "Bad Banks" an. Nach zehn Minuten war ich leicht genervt, nach 15 sagte ich zu meinem Mann, er müsse alleine weiterschauen. Ich hielt all diese fiesen Leute mit ihren Machtspielen nicht mehr aus. Da war null Menschlichkeit. Nirgends. Nur Gier, Profitstreben, Rachegedanken, Fiesheit um Fiesheit. Und ich merkte: So was will ich mir nicht antun. Das reale Leben ist hart genug. Da muss ich mir nicht auch noch Filme mit menschlichen Monstern angucken. Als gestern Herr Ehemann fragte, ob ich den Michael Moore Film über die amerikanischen Wahlen sehen möchte, winkte ich ab. Gleicher Grund. Ich hatte das Gefühl, ich würde den Film wohl keine zwei Minuten lang aushalten.

Ich werde mir deswegen jetzt keine Weichspülerfilme anschauen. Im Gegenteil. Ich finde kritische Filme immer noch sehr wichtig und nötig. Just Mercy zum Beispiel, den ich letzte Woche im Kino gesehen habe, war grandios. Wegen seiner Menschlichkeit in all der grausamen Unmenschlichkeit.

Genau das ist es, was wir in Zeiten wie unseren brauchen: Menschlichkeit. Empathie. Den Mut und den Willen, die Dinge nicht hinzunehmen, wie sie sind. Im Kleinen wie im Grossen. Halten wir dagegen. Gegen das Fiese, Ungerechte und Unmenschliche. Jeder und jede Einzelne von uns.

Samstag, 22. Februar 2020

Frühling

Spaziergang- und Gartenwetter. Die Sonne als Zapfsäule für Kraft und Energie. Runterkommen. In sich gehen. Die Gedanken fliessen lassen. Das Schöne im Kleinen erkennen und schätzen. Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden lernen. Lieben und geliebt werden. Dankbar sein.


Freitag, 1. November 2019

November oder Das pralle Leben

Ich bin parat für den November. Er ist geprägt von Lesungen, dem dritten Modul der Internationalen Bodenseekonferenz, dem Schreiben und dem Vorantreiben des Self Publishing. Ja, genau. Das ist eine Menge. Ich werde nicht alles schaffen, was ich mir vorgenommen habe, aber ich freue mich darauf, es anzupacken. Dass im November meine Lieblingsband und meine Lieblings-Coverband Konzerte ganz in der Nähe geben, trägt auch zur Vorfreude bei.

Das Zitat auf der rechten Seite ist sehr bewusst gewählt. Es erinnert mich daran, warum ich mit dem Schreiben begonnen habe und wie ich immer schreiben wollte. Es passt perfekt zu der Geschiche, an der ich schreibe, und sollte ich vom Weg abkommen was die Erzählsprache betrifft, so brauche ich nur diese Seite im Bullet Journal aufzuschlagen, um wieder auf die richtige Spur zu kommen.

Montag, 30. September 2019

Rückblick September

Am 4. September durfte ich die erste Hälfte des Workshops "EASY" halten. Acht engagierte Lehrpersonen und ich haben Klassenlektüren angeschaut und darüber gesprochen, warum wir sie ausgewählt haben, wie wir mit den Texten gearbeitet haben und wie man auch noch arbeiten könnte damit.

Am 11. September ist Edition 4 von da Buchs offiziell erschienen. Dazu gehören auch meine beiden "Krawallnacht"-Bücher. Wir haben in der Bibliothek Gossau/SG gefeiert. Danach fuhr ich mit Herrn Ehemann in eine Auszeit.

Am 19. September war es mir eine Ehre, die Vernissagen-Rede für die Ausstellung der jungen Generation G in Grabs zu halten. Es war meine erste Rede, und ich war entsprechend nervös.

In der gleichen Woche, am 21. September durfte ich den Anlass "Rock the Lok" der Musikschule Werdenberg moderieren. Auch das eine Premiere für mich.

Bei beiden Anlässen, dem vom 19. und dem vom 21. September, haben mich die Kreativität und die Qualität der Arbeiten / Darbietungen der jungen Leute tief beeindruckt und berührt.

Am 23. September traf sich der Vorstand von Autillus zu einer Sitzung in Zürich. Wir haben weitreichende Entscheide getroffen und Weichen gestellt.

Am 25. September war ich an der Jahrestagung des SIKJM zum Thema "Easy Reader." Dort habe ich mir eine tiefe Traurigkeit eingefangen, die ich zum Glück wieder losgeworden bin. Meine persönlichen Konsequenzen habe ich noch am gleichen Tag getroffen und schon umgesetzt.

Am 26. September traf ich mich mit Bettina Kugler vom St. Galler Tagblatt zu einem Interview. Es wurde dann weit mehr als ein Interview, weil wir beide innerhalb weniger Wochen ähnliche persönliche Erlebnisse zu verarbeiten hatten. Das und die Traurigkeit, die auch am Donnerstag in mir nistete, hat zu Antworten geführt, von denen ich noch nicht weiss, ob sie auch wirklich die klügsten und treffendsten waren.

Der 27. September war ein voller Tag: Am Morgen und Nachmittag die ersten Lesungen nach der Sommerpause. Ich habe sie sehr genossen! Danach fuhr ich nach Zürich, weil ich zur Werkbeitragsfeier von Pro Helvetia eingeladen war. Bevor ich mich jedoch mit allen spannenden Menschen traf, stolperte ich mitten in eine Klimademo und lief ein Stück weit mit.

Über das Wochenende habe ich mich in die Berge zurückgezogen. Das hat gut getan. Ich bin geerdet zurückgekehrt. Leider erreichte mich dann heute Morgen eine Mail, die mich bestürzt hat, mir aber auch klar gemacht hat, wie sehr man jemanden verletzen kann, ohne es zu wollen.

In diesem Sinne: Fragt euch in einer ruhigen Minute, welche Auswirkungen eurer Tun oder eure Worte haben und tragt euch und euren Mitmenschen Sorge.

Sonntag, 29. September 2019

Der Platz, an dem die Welt mich nicht kriegt

Die Rezi zu Sunil Manns "Totsch" kommt zum passendsten Augenblick. Ich habe nämlich das ganze Wochenende an das Buch gedacht. Vor allem an eine meiner Lieblingsszenen: Die Stelle, wo Olaf seinen geheimen Ort beschreibt, an den er sich zurückzieht, wenn ihm alles zu viel wird und er sich von den Demütigen erholt. Er beschreibt es so: "Der einzige Platz, an dem die Welt mich nicht kriegt."

Ich habe auch so einen Ort. Den habe ich dieses Wochenende gebraucht wie schon lange nicht mehr, denn ich bekam diese Traurigkeit, die mich seit letztem Mittwoch begleitete, einfach nicht aus mir raus. Ich konnte sie kurzfristig verdrängen bei einem Interview am Donnerstag über unseren da bux Verlag und am Freitag bei meinen ersten Lesungen nach der Sommerpause, bei der Klimademo in Zürich, in die ich zufällig geriet und gleich ein Stück weit mitlief, und bei der Werkbeitragfeier von Pro Helvetia. Aber trotz all dieser wunderbaren Anlässe schlich sich die vermaledeite Traurigkeit am Abend wieder an mich ran und breitete sich wie Novembernebel in mir aus.

Erst an meinem Platz, an dem die Welt mich nicht kriegt, hat sie sich verzogen.
Hier ist er.

Donnerstag, 26. September 2019

Kevin and me

Ich war an einer Jahrestagung, die mich zutiefst traurig gemacht hat und aus der ich persönlich heftige Konsequenzen gezogen habe und immer noch ziehe (bin trotzdem immer noch traurig).

ABER der Tag hatte auch zwei wunderbare Lichtblicke:

1. Meinen Kollegen Stephan Sigg, der unseren da bux Verlag hochprofessionell und vor allem SEHR sympathisch (re)präsentiert hat.

2. Das Treffen mit meinem Lieblingsautor Kevin Brooks (danke, Stephan, für das schöne Bild).

Sonntag, 22. September 2019

#systemchange

Ich weiss, dass es nicht wenige Menschen gibt, die bei diesem Wort sofort in Abwehrstellung gehen. Für die ist schon die Forderung nach #climatechange eine Zumutung. Aber gleich das System!!! Man kann doch nicht ändern, was man hat. Könnte ja schaden. Sogar gefährlich werden. Denkt nur an die Wirtschaft, die Arbeitsplätze. Und sowieso: Immer diese linken Gutmenschen mit ihren Ideen. Als ob es uns in diesem neoliberalen Turbokapitalismus allen gut ginge.

Ich habe es aufgegeben, an eine von der Politik und Wirtschaft eingeleitete Änderung zu hoffen. Wir müssen unten anfangen. Mit uns. Sozusagen mit einem #humanchange. Bewusster Leben. Rücksicht nehmen auf andere und die Natur. Nicht alles haben wollen, dafür mehr bei uns selber sein. Einstehen für das, woran wir glauben, wovon wir träumen.

Als die Menschen letzten Freitag weltweit für das Klima auf die Strasse gingen, war ich im Haus in den Bergen. Aber in Gedanken war ich den ganzen Tag bei den Menschen, die die Strassen der Städte und Dörfer dieser Welt füllten. Und ich füllte für mich meine ganz persönliche Charta aus: Eine Liste voller Möglichkeiten, mehr für die Umwelt und ein besseres Klima zu tun.

Dass wir etwas tun müssen, steht für mich ausser Frage. Uns fallen die Berge auf den Kopf, weil der Permafrost schmilzt und das Gestein nicht mehr zusammenhält. Ganz konkret ist diesen Sommer eine SAC-Hütte ganz in der Nähe unseres Hauses in den Bergen nicht zugänglich, weil ein Steinschlag sie zerstört hat. Meine beiden Brüder, beides begeisterte Alpinisten, erzählen mir von weggerutschten Bergflanken, unterbrochenen und nicht mehr begehbaren Routen; auf den höheren Bergen bilden sich Gletscherseen, wo es noch nie welche gab. Bergbäche werden zu reissenden Flüssen, Schlammlawinen wälzen sich talabwärts. Flüsse treten über die Ufer.

Wir könnten auch über die vielen Vogel- und Insektenarten reden, die still und leise verschwinden. Über schrumpfende Lebensräume von Tieren. Über die neue Art von Naturabenteurern, denen es nicht wirklich um die Natur geht, sondern nur darum, der Erste oder die Erste zu sein, die Spuren in den Schnee ziehen. Egal, ob das in Lawinenhängen ist oder in Schutzräumen für Tiere. Oder jene neue Art von Berggängern, die sackteuer ausgerüstet ins Gebirge zieht und dann den Abfall dort oben liegen lässt.

Bevor ich mich hier in Rage schreibe, zurück zum #sytemchange. Er muss kommen. Wir dürfen nicht darauf warten, bis ihn uns jemand befiehlt oder das Klima ihn uns in aller Härte aufdrückt. Also fangen wir an. Bei uns. Im Privaten. Ein #humanchange eben. Und weil ich doch immer noch auf die Politik hoffen will, werde ich nächsten Monat zum ersten Mal nicht die SP wählen (sorry), sondern die Grünen.

Sonntag, 28. Juli 2019

Multifunktionales Bahnfahren

Kürzlich hat Sunil Mann auf Facebook etwas über Wanderer im Zug gepostet - und da ist mir eine Geschichte eingefallen, die ich letztes Jahr erlebt habe. Ich habe Sunil gefragt, ob ich für meinen Blogpost sein Foto benutzen darf, weil es so gut passt. Ich darf. Danke, Sunil.

Ich stieg in Chur in die Rhätische Bahn nach Ilanz um, setzte mich in ein leeres Abteil und freute mich auf die Fahrt durch die Rheinschlucht, dieses grossartige Wunder der Natur. Kurz bevor der Zug losfuhr, suchten sich sechs voll ausgerüstete Wandervögel den Weg durch den Waggon und wurden genau auf meiner Höhe fündig. Vier setzten dich auf die andere Seite des Mittelgangs, einer mir gegenüber und eine Frau neben mich. Kaum aus dem Bahnhof Chur raus, ging das grosse Auspacken los: Schreiend bunte Funktionsjacken, Funktionsleibchen und im Falle der Frau neben mir Funktionssocken wurden ausgezogen. Nur der Wandervogel mir gegenüber sass stoisch da und packte einen Panettone aus, den er auf den Sitz neben sich legte, um danach mit seinem Sackmesser immer wieder eine Scheibe davon abzuschneiden und genüsslich zu verspeisen. Es störte ihn nicht, dass der nackte Fuss der Frau nur Zentimeter von seinem Kuchen schwebte. Es störte ihn auch nicht, dass die Frau diesen Fuss minutenlang eincremte und dabei jeden Zehen ausführlich massierte.

Ich schaute gebannt zu, überlegte mir, das Abteil zu wechseln, blieb aber sitzen, weil die Show einfach zu skurril war. Der Mann mampfte, die Frau cremte irgendwann ihren zweiten Fuss, auf der anderen Seite des Ganges wurden neue Funktionsleibchen und Funktionsjacken aus den Rucksäcken gezaubert und die ausgezogenen darin verstaut. Dann musste dieses ganze bunte Funktionszeug natürlich wieder über Oberkörper gestreift werden. Der Panettone schwand, die Brösel bröselten herum, die Füsse und Zehen wurden geschmeidig, die Rucksäcke mehrmals umständlich aus- und umgepackt. Ich sass in meiner Ecke und fühlte mich wie in einem schrägen Film.

Irgendwann waren Füsse und Zehen geschmeidig genug und verschwanden in bunten Funktionssocken. Dann ging das grosse Schuhewechslen los, während der Panettonemampfer nun nicht mehr nur mampfte, sondern eine Karte aus dem Rucksack zog und so eine Art Tagesplan verkündete. Ich schloss aus den Orten, die er erwähnte, dass die lustigen Wandervögel in Ilanz aufs Postauto umsteigen mussten und fragte mich, ob der Panettone und ich bis dorthin überleben würden.

Eine Station vor Ilanz begann ich mir Sorgen um den Panettonemampfer zu machen, fing er doch tatsächlich an, sich umzuziehen - sprich, das ganze Funktionskleidungsprogramm in Angriff zu nehmen, für das seine Bergkollegen (um es nett zu formulieren) etwas lange gebraucht hatten. Und den Rest des Panettone musste er ja auch noch irgendwo versorgen, entweder in seinem Magen oder seinem Rucksack.

Meine Sorge war unberechtigt. Der gemächliche Mampfer konnte auch schnell sein. Ob er den Rest des Kuchens noch ass oder im Rucksack verpackte, weiss ich nicht mehr. Aber ich erinnere mich, glücklich im fast leeren Postauto in Richtung Vrin gesessen und die Aussicht genossen zu haben - ohne nackte Füsse, bröselnden Kuchen und diese schreiend bunte Funktionskleidung.

PS: Falls sich jemand fragt, wo wir Autoren Charakterstudien betreiben und Ideen finden ... die Bahn ist immer ein guter Ort dafür.

Donnerstag, 25. Juli 2019

Sommerblues

Sommerhitze ist für mich wie für andere Leute Novembernebel oder anhaltende Winterstürme. Meine gute Laune macht sich von dannen und nimmt dabei gleich auch Motivation und Kreativität mit. Sie verwandelt mich in ein träges, frustessendes, unerträgliches Monster. Es gibt Tage, da empfehle ich meinen Lieben, einen weiten Bogen um mich zu machen, weil ich mich selber nicht aushalte und andere mich schon gar nicht aushalten würden.

Dabei wäre der Sommer genau die Zeit, in der ich Zeit zum Schreiben hätte. Mit Betonung auf hätte. Es gab Sommer, in denen ich wochenlang in den Seilen hing und einfach nur versuchte, nicht durchzudrehen. Jeden Sommer nehme ich mir vor, mich NICHT von der Hitze unterkriegen zu lassen, jeden Sommer scheitere ich schon bei der ersten Hitzewelle daran.

Dieses Jahr habe ich die erste Welle zum Glück verpasst: Ich war im herrlich kühlen England, als bei uns die Temperaturen zum ersten Mal über 30 Grad stiegen. Die ausklingende Hitzewelle traf mich nur kurz, und während andere anschliessend über die viel zu kühlen Temperaturen klagten, fühlte ich mich rundum wohl und sprühte vor Arbeitseifer und Kreativität.

Nun rollen sie wieder, die Hitzewellen. Am Dienstag ass ich mich durch den Nachmittag, haderte mit mir, mit dem Schicksal, mit dem Leben und mit dieser vermaledeiten Hitze. Ich schrieb keine Zeile, hasste mich dafür, ass weiter und tat mir furchtbar leid.

Wenn ich eins mehr hasse als die Sommerhitze, dann ist das Selbstmitleid. Oh nein, dachte ich. Nicht schon wieder. Fertig Sommerblues! Ich erinnerte mich an das Kinderschwimmbecken auf dem Dachboden. Und dass die Luftpumpe seit Jahren defekt ist. Also ging ich am Mittwochmorgen als erstes eine Pumpe kaufen. Nach dem Mittag pumpte ich damit jede Menge Luft in das Becken, füllte es ganz langam mit Wasser (damit es schon während des Einlaufens aufwärmen konnte), zügelte mein Büro nach draussen unter den Baum, wobei ich den Bürostuhl durch einen Liegestuhl ersetzte, und ging mein Badekleid ausgraben.

Ich arbeite jetzt so: Im kühlen Wasser lesen, auf dem Liegestuhl schreiben / Mails beantworten, im kühlen Wasser lesen, auf dem Liegestuhl schreiben ... So geht es. So hielt ich sogar die Nacht aus, weil ich nicht schon tagsüber schlapp und matt herumhing. Der erste Tag verlief also vielversprechend. Mal gucken, wie es heute so geht.

Frau Katze, die sonst auf dem Schreibtisch neben mir schläft, ist übrigens mit mir umgezogen. Die Arbeitsteilung bleibt dieselbe: Sie schläft, ich arbeite. Das Foto stammt von heute Morgen. Noch liegt alles im Schatten, noch ist es kühl, noch halte ich es im Büro unterm Dach aus. Ab Mittag, wenn unterm Dach die Temperaturen auf über 30 Grad klettern, wechsle ich ins Aussenbüro.


PS: Jetzt brauche ich nur noch einen neuen Laptop. Meiner braucht nämlich rund drei Minuten zum Hochfahren und noch einmal rund drei Minuten, bis er das Wordprogramm geöffnet hat.

Dienstag, 23. Juli 2019

E-Mail für dich (2)

Wir kennen (und lieben) uns seit Jahren. Wir ticken ähnlich und doch wieder nicht. Jede von uns weiß, was die andere gerade umtreibt, weil wir uns oft in Mails und leider zu selten auch im realen Leben austauschen. Jutta Wilke und ich haben spontan entschieden, euch einen Blick in unsere Mails werfen zu lassen. 

Den bisherigen Mailverkehr könnt ihr hier, hier und hier nachlesen. In ihrer letzten Antwort hat mir Jutta erklärt, warum meine Antwort für sie nicht funktioniert - sie hat mich damit heftig ins Grübeln gebracht. Hier mein Versuch einer Antwort:

Liebe Jutta

Ich habe deine Mail gestern Abend gelesen und je länger ich über eine Antwort nachdachte, desto weiter rückte sie von mir weg. Auch heute Morgen kann ich sie nicht greifen. Du wirst also mit Gedankenfetzen, die sich vielleicht sogar widersprechen, und vor allem mehr Fragen als Antworten Vorlieb nehmen müssen. Hier also der (Denk)Stand der Dinge:

Das Bild der Wände und Leitern ist zwar schön, aber es wird dem Leben nicht gerecht. Denn: Wann ist etwas eine Wand (oder eine Baustelle, wie du an einer Stelle in deiner Mail schreibst), und brauchen wir immer und überall Leitern? Reicht ein Bild oder brauchen wir viele? Das Leben hat mir kürzlich etwas hingestellt, von dem ich nicht weiss, was es ist. Es ist gross, es ist überwältigend, es ist etwas, mit dem ich noch nie konfrontiert war. Und trotzdem bin ich nicht mal eine Leiter suchen gegangen. Weil das Ding umgekippt ist (oder ich es umgekippt habe?) und ich es nun als Weg gehe. Sind mein Garten und vor allem mein Dschungel im Haus in den Bergen wirklich Wände? Sie geben zwar ziemlich viel Arbeit und beanspruchen Zeit, vor allem der Dschungel, aber ich empfinde sie nicht als Wände, sondern als Bereicherung. Und der Hausputz? Das ist eine Wand, die ich seit Urzeiten ignoriere. Es gibt wesentlich geputztere Häuser als unseres - aber es ist noch keiner von uns in Staubflusen erstickt oder in der Unordnung verloren gegangen. Weil wir es gemeinsam auf einem Stand halten, der uns allen (meistens) behagt. Es gibt oder gab in den letzten Jahren bei mir berufliche Wände, an denen ich beinahe zerbrochen bin. Da hat keine Leiter der Welt geholfen. Ich habe irgendwann aufgehört, gegen diese Wände anzurennen. Ich bin sie - wie du wunderbar schreibst - einfach umgangen. Es war ein langer, zuweilen schmerzhafter Prozess, ich habe einen Preis dafür bezahlt, fühle mich jedoch seit einer Weile unendlich frei. Leider gibt es auch Wände, die man weder kippen noch umgehen noch als Nichtwände bezeichnen kann. Das sind dann die, die viel Kraft und Energie absaugen, die einen auslagen und zuweilen verzweifelt am Boden liegen lassen. Ich weiss, dass du diese Wände kennst und ich habe erlebt, was sie mit dir gemacht haben.

Deshalb bin ich froh, dass du losgegangen respektive losgefahren bist, um deinen Berg zu erklimmen. Ich wünsche dir, dass er nicht immer so steil bleibt, wie er im Moment ist. Das Festhalten der kleinen Schritte im Bullet Journal finde ich eine sehr gute Sache.

Womit ich bei dem bin, was mir seit ein paar Monaten eine unendliche Hilfe ist: Das Bullet Journal. Ich verdanke es dir. Du hast mir gezeigt, was ein Bullet Journal ist und was man damit machen kann. Seit ich es führe, ist es für mich Agenda, Planer und Tagebuch zugleich. Alles in einem. Ich breche die grossen Dinge des Lebens auf keine Etappen runter (ich glaube, deshalb bin ich auf die Leitersprossen gekommen) und behalte dabei erst noch den Überblick. Das geht von der Logistik einer Lesetour über die Einteilung meiner verschiedenen parallel laufenden Pendenzen (=CH-Deutsch für noch zu erledigende Arbeiten) bis hin zum Garten und zum Haushalt (hihi). Neu dazugekommen ist zum ersten Mal die ernsthafte zeitliche Planung von Schreibprojekten, schön aufgeteilt in erreichbare Zwischenziele. Ich arbeite dabei schon auch mit Kreuzchen und Häklein, aber am liebsten benutze ich Farben. Ich male aus, was ich geschafft habe. Da sieht man besser, was man schon geschafft hat :-)


Was bleibt, sind diese Fragen: Was sind für mich Wände, was sind für mich Hindernisse, wie liegen sie in der Landschaft, was sind die Spielwiesen, auf denen ich mich entspannen kann, wie schaffe ich es, mich nicht von Arbeiten, die ich sehr gerne tue (Wände anstreichen, im Dschungel rumkriechen, Möbel basteln) zu sehr ablenken zu lassen, wie behalte ich den Fokus, wie gehe ich mit Rückschlägen um, was stelle ich hintenan (mir geht es wie dir: ich habe immer viel mehr Ideen als ich Zeit habe), was lasse ich (allenfalls schweren Herzens) fallen?

Du bist zu einer Reise aufgebrochen, in der all das liegt, sowohl die Fragen als auch die Antworten. Das braucht enorme Kraft. Deshalb bitte ich dich, ab und zu abzusteigen und innezuhalten um zu neuer Kraft zu kommen.

Weil diese Mail sehr lang geworden ist, verschiebe ich die Gedanken um unseren Beruf und ob und, falls ja, wie wir davon (gut) leben können.

PS: Nur so ein Nachgedanke. Kann es sein, dass Zeit unsere einzige Wand ist?

Sei gedrückt und heftig umarmt
Alice


Sonntag, 9. Juni 2019

Work in Progress

Mein Garten und mein Heimwerken lehren mich Geduld. Vielleicht ist es ja auch umgekehrt, vielleicht hat mich das Schreiben Geduld gelehrt und mich so auf die Arbeit im Garten und am Heimwerken vorbereitet. Und vielleicht befruchten sich all diese Arbeiten, bei denen nichts schnell geht und nichts subito und sofort oder gar gestern fertig ist.

Work in Progress. Das ist es, was alle drei gemeinsam haben, der Garten, das Heimwerken und das Schreiben: Trial und Error. Zwei Schritte vor, einen oder zwei oder drei zurück, einen vor. Alles in seiner ureigenen Zeit. Herausfinden, was funktioniert und was nicht funktioniert. Scheitern. Neu anfangen. Sich unbändig freuen. Staunen. Sich auch mal grandios ärgern. Dranbleiben. Den Dingen beim Wachsen und Entstehen helfen, sich auch einmal einfach von ihnen leiten lassen. Sich hinsetzen und schauen, was da am Entstehen ist (Herr Ehemann fand mich heute im Schaukelstuhl und fragte mich, wie lange ich das Zimmer schon angucke ;-)

Das Gästezimmer im Haus in den Bergen kommt voran. Es fehlen noch die Zierlisten oben an den Wänden. Ein schönerer Teppich. Den Pult will ich auch noch streichen ... Nichts davon eilt.