Mittwoch, 22. Februar 2012

Buchpreisbindung und Online-Handel

Meine Blogeinträge zur Buchpreisbindung sind nicht ungehört und ungelesen verhallt. Ich habe Post erhalten. Angehängt war jeweils ein Schreiben, das zeigen sollte, dass Online-Anbieter im Ausland in die Schweizer Buchpreisbindung eingebunden sind. Ich habe beide Schreiben gelesen - und beide schaffen es nicht, meine Zweifel auszuräumen.

Schreiben Nummer 1 ist eine rechtliche Beurteilung
 "Währenddem der Begriff der gewerbsmässigen Einfuhr noch als Spielball für eine Umgehung des parlamentarischen Willens noch missbraucht werden könnte (die Befürworter der Preisbindung stellen sich auf den sachlich richtigen Standpunkt, dass der Import von Büchern durch einen Online-Buchhändler eine gewerbsmässige Aktion ist), ist die Sachlage bei Punkt c unbestritten: Der Akt des Kaufes findet auch bei einem Onlinegeschäft in der Schweiz statt, weshalb auch der Kauf eines
Privaten aus der Schweiz der Schweizerischen Gesetzgebung über die Preisbindung unterstellt wäre.
"

Fakt ist:
Punkt b) ist in dem Gesetzestext enthalten, über den wir abstimmen. Und dieser Punkt ist glasklar - er erlaubt den privaten Buchkauf beim ausländischen Online-Händler (privat ist nicht gleich gewerbsmässig)
Punkt c) der Gesetzestext spricht nicht von "Kauf", sondern von Handel. Der Händler sitzt jedoch im Ausland und nicht in der Schweiz. (Gesetzestext: c) in der Schweiz gehandelt werden)

Schreiben Nummer zwei ist eine Richtigstellung des SBVV zu den oben aufgeführten Schlüssen der rechtlichen Beurteilung:
"Falls es jedoch trotz dieser klaren Gesetzeslage zu einem Auslegungsstreit bezüglich des Internetbuchhandels kommen sollte, gilt die juristische Regel, dass bei einem jungen Gesetz der Wille des Gesetzgebers (juristisch gesprochen die «historische Auslegung») massgebend
ist. Mit der ausdrücklichen Streichung von Abs. 2 über den grenzüberschreitenden Internethandel (siehe oben) wäre die Sache dann endgültig klar. Dies bestätigen sämtliche Experten,
u.a. der Berner Staatsrechtsprofessor Andreas Lienhard
."

Fakt ist:
Gemäss Befürwortern stimmen wir nicht über den Gesetzestext ab, der uns offiziell vorliegt, sondern über dessen Bereinigung nach einer allfälligen Annahme. Nun, wenn es wirklich so ablaufen würde, wie die Richtigstellung des SBVV es vorsieht, dann muss ich gar nicht erst abstimmen gehen, weil das, worüber ich abstimme, nicht das sein wird, worüber ich eigentlich abstimme. Alles klar? So was nennt man die totale Irreführung von Stimmbürgern (und leider passiert das nicht zum ersten Mal in einer wichtigen Abstimmung). Verlierer wären alle.

Aber gehen wir einen Schritt zurück und nehmen wir an, es ist so, wie die Befürworter schreiben und Punkt b) würde nach der Annahme der Initiative gestrichen und c) grosszügig ausgelegt. Dann hätte ich ein paar Fragen:

1. Wieso ist der begleitende Informationstext im Abstimmungsbüchlein so unklar wie ein nebelverhangener Tag? (Er erwähnt keinen der oben genannten Schlüsse.)
2. Warum hat der Bundesrat die Aussage seines Vertreters Johann Schneider-Ammann (Bundesrat), wonach der ausländische Online-Handel von der Buchpreisbindung ausgeschlossen sein wird, nicht sofort und heftig richtiggestellt und korrigiert?
3. Wo bleibt eine glasklare Aussage des ausländischen Online-Handels? Ich habe von keinem Anbieter eine Zusicherung gelesen, dass er sich an die Buchpreisbindung halten wird.

Fazit: Wir stimmen über etwas ab, das absolut unklar ist und über das bis jetzt auch niemand wirklich Klarheit geschaffen hat - am allerwenigsten unsere Landesregierung. Alleine das sollte Grund genug sein, ein Nein in die Urne zu legen.

PS: Eine Erklärung für ausländische Leser dieses Blogeintrags: Schweizer Preise liegen generell (zum Teil massiv) höher als im Ausland. Deshalb ist die Frage, ob der ausländische Online-Handel unter die Buchpreisbindung fällt, so wichtig. Denn: Fällt er nicht darunter, werden viele Schweizer auf einen - allenfalls wesentlich billigeren - Online-Kauf bei einem ausländischen Anbieter ausweichen (deshalb werden wir auch vergeblich auf eine klare Stellungnahme der ausländischen Anbieter warten - die können bei einem Ja zur Buchpreisbindung allenfalls viele neue Schweizer Kunden begrüssen).

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