Mittwoch, 8. August 2018

Lesungen - eine Info in eigener Sache

Gerade eben sind die Lesungstermine für die Züricher Schullesungen 2019 in meinem virtuellen Briefkasten gelandet. Ich nehme dies zum Anlass für eine Information in eigener Sache:

Bis jetzt konnte man mich oft auch (sehr) kurzfristig für Lesungen buchen. Ich habe einfach Termin um Termin eingeschoben, mehr als einmal wider alle Vernunft, da ich niemanden enttäuschen wollte. Das ging vor allem auf Kosten der Schreibzeit, aber auch auf Kosten des da bux Verlags. Für beides - und für mich - muss und möchte ich mehr Zeit haben. Ab sofort werde ich Monate, in denen ich mein gesetztes Limit an Lesungen erreicht habe, auf meiner Webseite mit einem "ausgebucht" kennzeichnen.

Es gilt also:
  • Wer plant und frühzeitig anfragt, ist im Vorteil.
  • Falls es mit dem Wunschtermin nicht klappt, finden wir bestimmt einen späteren Termin.
  • In lesungsschwachen Monaten sind nach wie vor kurzfristig angesetzte Termine möglich.



Freitag, 3. August 2018

Zeit, ein paar Dinge zu ändern

Ende Juni blickte ich auf mein erstes Halbjahr 2018 zurück: Ziemlich genau hundert Lesungen habe ich in dieser Zeit gemacht und zusammen mit meinen Verlagskollegen von da bux vier wunderbare Bücher auf den Weg gebracht. Beides ist toll, aber es war zu viel. Ende Mai wurde es kurzfristig sogar kritisch. Wenn es zu viel wird, ist es Zeit, ein paar Dinge zu ändern. Wenn man merkt, dass es kritisch wird, sowieso.

Ich habe also eine Auslegeordnung gemacht (für die Deutschen unter euch, die dieses Wort nicht kennen: Ich habe meine Situation analysiert). Hier ein kleiner Einblick:
  • Die Einnahmen aus den Buchverkäufen werden immer weniger. Ich habe zu keinem Moment meines Autorenlebens von den Bucheinnahmen leben können; mittlerweile sind sie ein mehrbesseres Taschengeld. Mein Einkommen als Autorin verdiene ich mit den Lesungen.
  • Unser Verlag da bux ist über Erwartungen gut gestartet, aber der Lohn besteht zu einem grossen Teil aus tiefer Zufriedenheit, Glück und dem Gefühl, genau das Richtige gefunden zu haben. Ja, wir Verleger verdienen ein klein bisschen was, weit kommen wir damit nicht.
  • Meine Arbeit als Co-Präsidentin von Autillus, dem Verein der Schweizer Kinder- und Jugendbuchschaffenden, ist ehrenamtlich. Sie bringt mich mit wunderbaren Leuten zusammen, sie macht Freude, aber auch sie ist keine Einnahmequelle.
  • Aus meinen Radioprojekten fliesst gelegentlich unerwartet etwas aufs Konto, aber das Projekt, an dem ich als Letztes gearbeitet habe, liegt seit mehr als einem Jahr auf Eis. Das stört mich überhaupt nicht, aber es bringt halt auch kein Einkommen.
Zwischenbilanz: Eigentlich habe ich einen tollen Job, aber das mit den Einnahmen ist so eine Sache. Damit habe ich drei Alternativen. 
  • Ich suche mir einen Brotjob, einen, in dem man für seine Arbeit angemessen entschädigt wird. => Interessiert mich nicht, könnte ich auch nicht mehr (ich bin zu alt und zu eigensinnig, um mich in ein berufliches Hamsterrad zu begeben).
  • Ich kann noch mehr Lesungen annehmen, auf Kosten von Schreibzeit, Verlagszeit, Lebenszeit und mein Einkommen damit wenigstens einigermassen stabil halten => Will ich nicht.
  • Ich backe finanziell noch kleinere Brötchen und lebe das Leben so, wie es zu mir passt. Mit spannender Arbeit, die mich zufrieden und glücklich macht. => Will ich.
Nachdem klar war, was ich will, war auch klar, was ich tun werde:
  • Ich werde in Zukunft (viel) weniger Lesungen machen.
  • Ich werde mich noch mehr auf den Verlag konzentrieren.
  • Ich werde wieder schreiben, sehr viel schreiben (nicht weil ich mir damit mehr Einnahmen erhoffe - das wäre eine Illusion - sondern weil es das ist, was ich gerne mache).
  • Ich lebe meine Kreativität und meine Gartenlust aus.
Weil man Vorsätze auch umsetzen sollte, habe ich gleich Anfang Juli damit begonnen:
  • Die ersten Lesungsanfragen für 2019 sind eingetroffen; ich habe zugesagt und mir die Termine eingetragen. Zwischen diesen Terminen lasse ich bewusst Raum für die Verlags- und Schreibarbeit. Das habe ich mir selber versprochen. Als Folge davon ist die erste Jahreshälfte 2019 für Lesungen schon fast ausgebucht.
  • Ich schreibe begeistert an drei Projekten, wobei eins ganz klar den Vorrang hat.
  • Ich lasse mich nicht stressen. Weder von der Aussicht auf noch weniger Einnahmen, noch von der Frage, wo meine Texte denn unterkommen sollen.

Dienstag, 31. Juli 2018

Anthologien, Teil 3 - Vom Schreiben der Geschichte

Gestern bin ich mit der Geschichte für eine Anthologie fertig geworden. Kaum hatte ich die Ankündigung für diesen Blogeintrag auf Instagram gepostet, fragte jemand: „Was für eine Anthologie?“

Vorneweg: Im folgenden Text findet ihr sehr viele Infos – aber nicht, worum es in der Geschichte geht und wo sie veröffentlicht werden soll. Das liegt nicht an mir, sondern daran, dass Verlage es nicht so gerne haben, wenn man zu viel zu weit im Voraus verrät.

Was ihr erfahren werdet:
  • wie ich dazu gekommen bin, diese Anthologiegeschichte zu schreiben
  • wie ich an das Thema herangegangen bin
  • was sich dabei auf den Kopf gestellt hat
  • wie der Text entstanden ist
  • warum das Schreiben so lange gedauert hat (und das Überarbeiten noch länger)
  • Erleichterung (und ein Fragezeichen) 

Wie ich dazu gekommen bin

Meine Agentin rief mich an und sagte: "Ich weiss, du willst keine Anthologiegeschichten mehr schreiben, aber hör mir bitte einfach zu, ich denke, das Thema könnte dich interessieren." Ich hörte zu und wusste längst, bevor meine Agentin all ihre Argumente vorgebracht hatte, dass ich diese Geschichte schreiben wollte. Unbedingt. Deshalb sagte ich einfach „Ja.“ Ein paar Tage später kam eine Mail mit den Eckdaten und Vorgaben vom Verlag: Pitch (Zusammenfassung der Geschichte in ganz wenigen Sätzen) bis Mitte Mai, Geschichte bis Ende Juli. Zeitlich passte das für mich perfekt.

Wie ich an das Thema herangegangen bin

Das Thema ist eins, das mich seit Jahren umtreibt und über das ich unzählige Diskussionen geführt habe, sprich, ich wusste, dass ich diese Geschichte aus dem Bauch und aus dem Herz schreiben würde. Ansatzpunkte hatte ich viele, aber dann fehlten mir die Ideen. Ich begriff nicht, weshalb. Grübelte … und grübelte … und grübelte. Bis mich die Erkenntnis wie ein Schlag auf den Kopf traf.

Was sich dabei auf den Kopf gestellt hat

Ich war von der falschen Seite her gekommen. Was ich vorhatte, konnte nicht funktionieren. Das Problem: Wenn ich von der anderen Seite herkam, schrammte ich nicht knapp neben dem Thema vorbei, sondern rammte und versenkte es. Ich erzählte es meinem Mann. Er meinte: „Nein, schmerzlicher Volltreffer mitten ins Thema.“ Ich redete mit Frau Tochter und Herrn Freund von Frau Tochter. Sie gaben meinem Mann recht. DAS ist es genau, Mam, sagten sie. Darum geht es. Thema voll erfüllt.

Nun, gut möglich. Aber dem Verlag würde das nicht gefallen. Ich schrieb meiner Agentin, dass ich einen U-Turn gemacht hatte und das Thema von der Gegenseite angehen wollte. Dass ich die Geschichte so und nicht anders schreiben würde, und wenn der Verlag sie so nicht wolle, sei ich weder traurig, noch wütend, sondern würde es verstehen. Aber ich könne nicht anders.

Der Verlag hatte logischerweise Fragen. Wollte mehr wissen. Ich konnte ihm nicht mehr geben, denn ich wusste nur, wie ich das Thema angehen wollte, hatte aber keine konkrete Idee für eine Geschichte und im Mai auch keine Zeit, mir eine einfallen zu lassen. Der Pitch beschrieb die Absicht, mehr nicht. Auch hier hätte ich verstanden, wenn der Verlag dankend abgewunken hätte. Hat er aber nicht.

Wie der Text entstanden ist

Ich machte Notizen. Redete mit Josia Jourdan über das Befinden der heutigen Jugend. Schrieb in Stichworten auf, was in der Geschichte stehen sollte, nichts Konkretes, sondern eher ein roter Faden. Ich wusste nicht, wie sie enden würde. Dann schrieb ich die Geschichte so, wie ich immer schreibe: langsam, immer wieder zurück und ändern, umbauen, hinzufügen, wegnehmen, über mehrere Wochen verteilt. Der Entwurf hatte 23 Seiten. Kein Problem, dachte ich. Beim Überarbeiten würde ich locker auf 20 kommen.

Warum das Schreiben so lange gedauert hat (und das Überarbeiten noch länger)

Blöderweise merkte ich beim nochmaligen Durchlesen der Eckdaten und Vorgaben, dass es höchstens 12 sein dürfen und nicht 20, wie ich gemeint hatte. Also begann ich zu kürzen. Beim Kürzen überarbeitete ich auch (ich sehe euer Augenrollen!). Nach jeder Runde waren es weniger Seiten. Bis ich runter auf 14 war. Irgendwann gegen Ende Juli wachte ich mitten in der Nacht auf und wusste, dass das Ende nicht stark genug war. Was heisst da, nicht stark genug. Es war weder schlüssig, noch stark noch irgendwas. Einfach nur sentimental, inkonsequent und öd.

Also noch mal. Ich begann von neuem mit dem Überarbeiten. Runde um Runde um Runde. Letzten Samstag fuhr ich zu einem Autorentreffen nach München. In den sieben Stunden Hin- und Rückfahrt kam ich der Sache immer näher. Ich druckte mir den Text ein letztes Mal aus, nahm ihn mit in die Berge und … überarbeitete. Sonntagabend um 18.00 war er fertig. Dachte ich.

Erleichterung (und ein Fragezeichen) 

Beim Wandern heute sind mir noch ein paar Dinge eingefallen, die ich ändern wollte. Auf der Bahnfahrt nach Hause auch. Also ... ja, genau, überarbeiten. Text noch einmal ausdrucken. Mir laut vorlesen. Ändern. Text erneut ausdrucken und dann noch einmal lesen. Letzte Anpassungen. Kurz nach Mitternacht ist der Text raus.

Ich bin zufrieden und erleichtert, allerdings mit einem Fragezeichen. Ich weiss, dass es der Text geworden ist, den ich schreiben wollte. Ich weiss aber nicht, ob dieser Text in die Anthologie passt. Es ist immer noch möglich, dass der Verlag abwinkt. Die Anthologie wird gut, das weiss ich, ob mit oder ohne meinen Beitrag. Das Thema ist wichtig, das Konzept der Anthologie gefällt mir. Ich freue mich darauf. Und jetzt geh ich schlafen.