Alter schützt vor Träumen nicht. Einer meiner Träume war eine Kolumne. Ja, WAR. Denn ab heute ist es ein erfüllter Traum. Und das kam so:
Damals, als ich mit dem Schreiben begann, begann ich auch zu bloggen. Für mich war das eine Fingerübung in Sachen Kurztext und gleichzeitig ein Ventil. Ich war Frau Zappadong und schrieb über das, was mich beschäftigte. Mir zur Seite stand Mr. Doorman, ein Russe mit Hang zum Pragmatismus. Wir wohnten in einem riesigen Blockgebilde ohne Lift, dafür mit einer Reception und einer Drehtür, das man bei Bedarf im Boden versenken konnte. Über die Jahre entstand eine eigene Zappadongwelt, in der ich mich gerne bewegte. Die Themen, über die ich schrieb, wären auch Kolumnen wert gewesen, aber es ergab sich keine Gelegenheit, sprich, es kam keine Anfrage von einem Magazin oder einer Zeitung und ich bewarb mich auch nicht.
Dann passierten zwei Dinge, beide nicht über Nacht. Ich war als Autorin erfolgreich genug, um mein Schreiben zu meinem Beruf zu machen, und ich begann einen zweiten Blog - diesen hier - in dem es um das Schreiben gehen sollte. Parallel dazu wurde es in der Schweiz mit dem Aufstieg der SVP politisch im Umgangston gehässiger und kälter. Geld spielte eine immer grössere Rolle. Der Neoliberalismus nahm volle Fahrt auf, vor der Tagesschau konnte man nun jeden Tag die Börsenkurse verfolgen. Im Leben von Frau Zappadong wurde es sehr düster, so düster, dass es ihr an Negativem zu viel wurde und sie erst vorübergehend, dann für immer ihren Wohnblock in den Boden versenkte und abtauchte. Der Blog Zappadong blieb online bis zur DSGVO, nicht aktiv gepflegt, aber sozusagen als Archiv. Als im Rahmen der DSGVO die Online-Regeln stark geändert wurden, entschied ich mich, den Blog offline zu nehmen.
Mir blieb mein Kreuz und Quer Blog, in dem es hauptsächlich ums Schreiben ging. Aber mir fehlte etwas. Also öffnete ich diesen Blog wieder für alle Themen, die mich interessieren. Der Traum von einer Kolumne blieb.
Vor einer guten Woche fuhr ich nach Chur zu einem Interview mit Christian Imhof vom Online-Magazin Qultur. Beim Vorgespräch fragte er mehr beiläufig, ob ich nicht per Zufall Lust hätte, eine Kolumne für das Magazin zu schreiben. Ich antwortete überhaupt nicht beiläufig, dass ich das sehr gerne tun würde, am liebsten eine Kolumne, in der es um das Jugendbuch geht.
Ich fuhr nach Hause und beschloss noch am gleichen Tag, dass ich aus dem beiläufig Besprochenen Nägel mit Köpfen machen wollte. Ich fragte bei Christian nach, wie oft, wie viele Zeichen, mit oder ohne Bild usw., sprich, alles, was ich an Informationen brauchte, um loszulassen. Letzten Samstag legte ich los. Eigentlich mit einem ganz anderen Thema als dem, das es jetzt geworden ist. Das andere Thema hat Zeit. Der passende Titel zur Kolumne fiel mir mehr oder weniger vom Himmel auf die Schreibtischplatte (ich bin nämlich sonst ganz schlecht im Titel finden). Am Sonntag schliff und feilte ich. Schoss ein passendes Foto. Dann schickte ich das Ganze an Christian.
Et voilà: Heute könnt ihr meinen ersten Text lesen. Für euch ist es eine Kolumne, für mich ein Traum, der sich erfüllt hat. Hier ist der Link.