Dienstag, 31. März 2015

Im Dschungel der Rezensionen (eine Antwort)

Heute vor einer Woche ging es hier im Blog um Rezensionen und meinen Umgang damit. Ich schrieb den Beitrag und vertiefte mich dann ins Feinschleifen von "Red Rage", Band 4 meiner Lost Souls Reihe. Dadurch entging mir doch glatt die Antwort von Wenke Bönisch vom Kinderbuchblog. Ich fand sie erst gestern, als ich kurz aus meinem Text auftauchte und mich ein wenig umguckte.

Rezensieren ist (freudige) Arbeit schreibt sie im Titel. In ihrem - sehr lesenswerten - Blogeintrag beschreibt sie, wie sie ans Rezensieren herangeht und was ihr dabei wichtig ist. Ich kenne andere Buchrezensentinnen, die ähnlich an ihre Arbeit herangehen wie Wenke Böning. Das Resultat sind Rezensionen, die wir Autoren schätzen, denn es ist immer eine gründliche Auseinandesetzung mit dem Buch. Wenn sie dann auch noch gut ausfallen, lassen sie selbst an schlechten Tagen die Sonne scheinen, geben uns ein gutes Gefühl, manchmal auch ein dringend benötigtes Stück Selbstwertgefühl und eine Portion Weitermach-Mut und Motivation.

Ich mag auch die direkten, ungefilterten Rückmeldung meiner jugendlichen Leser. Sogar das frustiert hingeknallte Wort "Scheissbuch" auf der Extra-Seite zum "Blackout". (Das ist meistens irgendein armer Kerl, der das Buch mit der Klasse lesen muss und es überhaupt nicht mag.)

Wo, so mag sich nun der Blogleser fragen, liegt denn das Problem?

Wenke Böning beschreibt das so: "Seit dem Aufkommen der Blogs und übrigen Social Media Gedöns ist die Buchbewertung nicht mehr dem Feuilleton vorbehalten, sondern ein Jedermanns Privileg. In diesem Dschungel die guten, fähigen Rezensenten ausfindig zu machen, ist eine große Schwierigkeit der Autoren und Verlage"

Ich füge noch hinzu, dass es manchmal nicht nur eine Schwierigkeit ist, sondern ein Ärgernis. Wenn ein Kinder- oder Jugendbuch zum Beispiel in der Luft zerfetzt wird, weil das Buch klingt, als wäre es für Kinder / Jugendliche geschrieben (Hallo???). Oder - und jetzt begebe ich mich mal total aufs Glatteis - wenn sich Leute auf diversen Buchplattformen um die von den Verlagen angebotenen Gratisexemplare reissen, auch solche, die in keiner Art und Weise ihren Lesevorlieben entsprechen (Hauptsache gratis!) und dann überhaupt nicht zufrieden sind, wenn das Buch nicht ihrem Geschmack entspricht. ("Was soll dieses Liebesgegurke? Ich wollte eine Kettensäge! Langweiles Geschmonz, das!" - Bevor ihr googelt: Das ist frei erfunden.)

Abschliessend der für mich absolute Killersatz in einer Rezension: "Da hätte man mehr daraus machen können." NEIN! Ich mache aus jedem Buch genau das, was ich daraus machen will. Nicht mehr. Nicht weniger. Sondern genau das, was mir wichtig und richtig ist. Wenn es nicht reicht, findet von mir aus das Buch schlecht oder grottenschlecht. Aber sagt mir nicht, ich hätte mehr daraus machen können. Schreibt, dass ihr euch mehr oder etwas anderes gewünscht hättet.

Nun aber zurück zur Schwierigkeit, von der Wenke Böning schreibt. Wer sich in diesem Dschungel als Autor auch schon verirrt hat und an Orten gelandet ist, die er lieber nicht besucht hätte, kommt irgendwann zum Schluss, sich nicht mehr überall hin zu wagen oder sich gewisse Wege zu ersparen. Bis er dann auf dem Weg zur nächsten Lichtung über eine wunderschöne Rezi stolpert, die den Kern des Buches genau trifft, und sich daran freut wie an einem bunten Schmetterling.

Sonntag, 29. März 2015

Auf den Spuren der Lost Souls - Track 2: Nathans Insel

Es war Liebe auf den ersten Blick. Sie hält bis heute an. Allein der Gedanke an die Isle of Skye löst in mir eine Flut von Gefühlen aus. Und so war es völlig klar, dass Nathans Insel diese Insel und keine andere sein muss. Selbst als Internetrecherchen mir sehr deutlich die Grenzen aufzeigten und jede Vernunft für einen Landstrich weiter südlich sprach, konnte ich nicht loslassen.

Die Fahrt mit dem Auto von der Inselhauptstadt Portree nach London beträgt gute elf Stunden. Von Nathans Bucht zur Hauptstadt ist es locker noch einmal eine Stunde. Die öffentlichen Verkehrsverbindungen muss man nicht knicken, aber doch beinahe vergessen. Wenn Kata aus Cornwall anreist, ist sie mehr als einen Tag unterwegs - mit Bus und Bahn. Das letzte Stück zu Nathan hinaus ist eine schlechte Naturstrasse ohne jegliche Verkehrsverbindung. Zu Fuss ist man endlos unterwegs. Umständlicher und unpraktischer geht beinahe nicht.

Zum Glück hat Nathan Geld. Wenn es eilt, kann er auf einen Helikopter zurückgreifen. Fliegen tut ihn Peter. Der Name ist eine Referenz an Felix Peter, wahrscheinlich einer der coolsten Helikopterpiloten auf diesem Planeten. Er wohnt ganz in der Nähe von mir und hat mir bereitwillig einen Abend lang über Helikopter, Privatjets, das Fliegen und jede Menge anderer interessanter Dinge Auskunft gegeben. Selten war Recherche so unterhaltsam, spannend und witzig.

Das Irrste: Nathans Bucht habe ich erfunden. Es gibt sie nicht. Dachte ich. Bis Herr Ehemann und ich letztes Jahr über eine Naturstrasse in Richtung Meer wanderten. Alles sah genauso aus, wie ich es mir vorgestellt und in Band 1 und 2 beschrieben hatte. Samt den Schafen, die uns entgegengetrottet kamen. Und dann bogen wir in die Bucht ein. Nathans Bucht. Es gibt sie doch.





Freitag, 27. März 2015

Wollen wir das wirklich?

"Aber die Leser/User wollen das."

Wirklich?

Wollen wir wirklich all die Bilder sehen, die man uns die letzten Tage gezeigt hat?
Wollen wir wirklich Texte von "Journalisten" lesen, die sich in die Köpfe von Angehörigen, Freunden und umgekommenen Menschen denken und schreiben? Zum Teil in einer Sprache, die einfach nur erbärmlich ist, mit Sätzen, die noch viel erbärmlicher sind. In einer Anmassung, die das Wort "erbärmlich" weit hinter sich zurücklässt.

Frau Meike bringt meine Gedanken in ihrem Blogeintrag "Die verlorene Ehre der schreibenden Zunft" auf den Punkt. Ein sehr lesenswerter Text. Doch er gilt nicht nur für die Zeitung, die Frau Meike in ihrem Text hauptsächlich anprangert. Er gilt für viele andere Medien leider auch. Sogar sogenannt seriöse, die sich dem Sog nicht entziehen zu können glauben. Aus Angst vor Klickverlust?

Mir scheint, der mediale Irrsinn wird bei jedem Unglück oder Verbrechen grösser. Ein Ende ist nicht in Sicht. Es gäbe da zwar einen Pressekodex. Gäbe. Leider im Konjunktiv. Weil dieser selbstauferlegte Ehrenkodex längst hinfällig geworden ist. Heute verkaufen der rasende Reporter und sein zuständiger Chefredaktor nicht nur ihre Grossmütter, sondern auch sich selber. Samt Seele. Für ein Bild, einen Text oder ein Interview, das noch einen Meter weiter hinter dem Tabu liegt, das irgendein anderer Medienmensch gerade gebrochen hat. Es ist also an uns. Dem - entschuldigt den Ausdruck - Klickvieh, das den einleitenden Satz dieses Beitrags bestätigen oder widerlegen kann.