With each book you write you have to learn how to write that book - so every time, you have to start all over again.
Dani Shapiro
Von und über Austin Kleon habe ich in diesem Blog schon öfter geschrieben. Kürzlich entdeckte ich in einer Instagram-Fotostrecke einen Buchtipp von ihm: Still writing von Dani Shapiro. Der Titel machte mich neugierig, denn diesem Ich schreibe immer noch hängte mein Kopf sofort ein trotz allem an. Ich fühlte mich mitten ins Herz getroffen, denn ja ich schreibe. Immer noch. Trotz allem. Also googelte ich erst das Buch, las die Leseprobe und googelte dann die Autorin. Im Rahmen dieser Suche bin ich auf das obige Zitat gestossen: "Mit jedem Buch, das du schreibst, musst du lernen, wie du das Buch schreibst - du startest jedes Mal von vorne."
In diesem Zitat habe ich den Grund oder zumindest einen Grund gefunden, warum ich immer noch schreibe. Ich liebe diese Neuanfänge. Je länger ich schreibe, desto mehr suche ich sehr bewusst das Startfeld, das mich in eine neue Richtung führt. So, wie ich mir im Leben neue Trampelpfade suche, suche ich im Schreiben das Neue. Thema, Setting, Erzählform, Erzählperspektive. Alles braucht seine Zeit, manchmal muss ich auch damit experimentieren, bis ich wirklich eine Form oder die Perspektive gefunden habe, die zu den Figuren und der Geschichte passt. Beim Mittelstreifenblues hat es besonders lange gedauert. Dass ich zwei Erzählperspektiven wollte, wusste ich schnell, daran, wie sie klingen sollten, habe ich lange nachgehorcht und alles Mögliche ausprobiert, bis ich bei der Gedichtform für Jelscha landete und wusste: Das ist es.
Aber selbst wenn eigentlich alles vorgegeben ist, wie bei Band fünf der Lost Souls, benötige ich viel Zeit und auch mehrere Versuche und Anläufe, bis es für mich ganz klar ist, welche Perspektiven ich wähle und wie ich die Geschiche erzählen möchte.
Ich habe längst aufgehört, mir zu überlegen, ob ich mich ins Abseits schreibe, wenn ich immer wieder in neue Schreibgefilde aufbreche. STOPP. Hier muss ich den Rewind-Button drücken und etwas ausholen. Früher war mir nicht bewusst, dass man sich überhaupt ins Abseits schreiben kann. Diese Erkenntnis tauchte erst auf meinem Radar auf, als meine Lost Souls sich nicht so gut verkauften wie erhofft. Auf Nachfrage beim Verlag bekam ich die Antwort: "Die Buchhandlungen wollen einen richtigen Gabathuler." Will heissen, Jugendbücher, wie ich sie bis anhin geschrieben hatte. Ich habe dem Verlag gesagt, er solle den Buchhandlungen ausrichten, die Lost Souls seien richtige Gabathuler, denn immerhin hatte ich die Bücher geschrieben. Nach den Lost Souls folgte ein Kinderbuch. Wieder das "Falsche", weil wieder so anders. Aber da war es mir dann schon egal; da hatte ich nichts mehr zu verlieren. Heute bin ich sozusagen narrenfrei. Ich folge beim Schreiben immer noch und immer wieder meinem Gefühl und meiner Experimentierlust, ohne Scheren im Kopf. Einen Bestseller wird mir das wohl nicht mehr einbringen. Aber immerhin ein zufriedenes, erfülltes Autorinnenleben. Und das ist auch schon ganz schön viel.
4 Kommentare:
Danke für die Einblicke in dein Schreiben, in deine Gedanken dazu. Sich immer wieder neu erfinden, ich glaube, das ist der Motor der Kreativität. Alles andere ist ein Drehen im Immergleichen. Das kann auch schön und gut sein, es ist nur nicht für jeden.
Liebe Grüsse
Sandra
Wenn kein Raum ist für Neues, stimmt was nicht. Wer lässt sich schon gerne in Schubladen stecken.
Liebe Grüsse
Regula
Liebe Sandra
Herzlichen Dank für den Kommentar und den Gedankenanstoss.
Das Drehen im Immergleichen kann auch ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit geben, vor allem, wenn es funktioniert und man glücklich damit ist. Wichtig ist, keine Angst vor dem Verlassen dieses sicheren Raumes zu haben, wenn man merkt, dass es für einen nicht mehr stimmt oder man Lust bekommt, Neues zu versuchen und zu wagen. Für mich auch wichtig: Das eigene Hinterfragen der kreativen Arbeit: Leidet sie unter dem Drehen im Immergleichen? Laugt sie aus oder verblasst sie, verliert sie an Qualität, weil die Routine die Ecken und Kanten schleift? Bin ich zufrieden mit meinem Schaffen oder ist es nur noch eine unbefriedigende Kopie von dem, was mal war.
Herzlich
Alice
Liebe Regula
Ich glaube, dass sehr viele Menschen sehr glücklich sind in ihren Schubladen, vor allem, wenn sie kuschelig gepolstert und eingerichtet sind. Und wenn nicht, braucht es oft Mut sich aus der Schublade zu wagen, denn man sucht und zeigt eine neue Seite von sich, ohne zu wissen, ob man damit auf Ablehnung oder Unverständnis stösst. Umso schöner, wenn dann jemand den Schritt wagt.
Herzlich
Alice
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