Montag, 7. Oktober 2013

Unterschätzt

Ich hatte meine Arbeit total unterschätzt. Band 1 meiner Serie war Ende April fertig und zwei Mal grob überarbeitet. Ich schickte den Text meiner Agentin, etwas, das ich sonst nicht tue, aber diesmal brauchte ich eine erste, unabhängige Rückmeldung, weil ich mit dieser Serie neue Wege gehe, was die Erzählsprache und auch den Inhalt anbelangt.

(Zwischenanmerkung 1: Ja, gute Agenten und Agentinnen figurieren auch mal als Testleser und Erstlektoren und nein, dafür muss ich nicht extra bezahlen.)

Während also der Text bei der Agentin lag, machte ich mich sofort an Band zwei. Ich kam sehr gut voran, was vor allem daran lag, dass ich alle meine Figuren schon kannte. Genau deshalb wollte ich schon lange eine Serie schreiben: Weil ich mich dann nicht von meinen Figuren trennen muss, sondern sie durch mehrere Bücher begleiten kann.

(Zwischenbemerkung 2: Das ist tatsächlich so toll und befriedigend, wie ich es mir vorgestellt habe. Einfach die erste Seite eines neuen Buches auftun und dort weitermachen, wo ich mit dem letzten aufgehört habe, mit Figuren, die ich in- und auswendig kenne und an die ich mich nicht erst herantasten muss.)

Das Feedback der Agentin kam irgendwann im Sommer. Ich machte mir Notizen, wusste genau, was ich ändern wollte und plante dafür zwei, höchstens drei Wochen Überarbeitungszeit ein. Sicher, alles im Griff zu haben, schrieb ich an Band zwei weiter. Eigentlich wollte ich ihn in der Rohfassung fertig haben, bevor ich Band 1 noch einmal heftig überarbeitete, aber die Zeit wurde zu knapp. Ich legte also Band 2 mitten im Showdown weg und verzog mich mit Band 1 in die Berge.

Tja. Und da begann dann der Salat! Was ich aufgrund der Anmerkungen meiner Agentin ändern wollte, wusste ich schon. Dazu kamen unzählige Wiederholungen, Plotlöcher in der Grösse von ausgewachsenen Vulkankratern, eine vertrickt komplizierte Geschichte, die genauso vertrickt kompliziert erzählt wurde, und eine Erzählsprache, bei der mir zum Teil elend wurde (was wohl zum grossen Teil an mir liegt; ich habe eine heillose Angst vor Kitsch). Kurz: Ich ging nicht mit dem Rechen durch den Text, sondern nahm einen Traktor, walzte eine ganze Menge nieder und pflügte (= schrieb) allerheftigst um. Jeden Tag von 7.30 Uhr morgens bis um Mitternacht. Eine Woche lang.

(Zwischenbemerkung 3: In den Schreibpausen las ich Wettbewerbstexte; dazu dann aber mehr in einem anderen Post.)

Danach musste ich zurück ins Tal. Zum Unterrichten und an Sitzungen. Zwei Wochen pendelte ich zwischen Wettbewerbstexten, Sitzungen, Arbeiten, die mit Sitzungen zusammenhingen, und dem Überarbeiten. Ich funktionierte im Hochtourenbereich. Denn eigentlich wollte ich den Text am 20. September abgeben, weil ich am 21. in die Ferien fuhr. Und ich wollte zum ersten Mal seit ich schreibe, ohne ein Manuskript verreisen, an dem ich arbeiten musste. Daraus wurde nichts. Die erste Ferienwoche arbeitete ich noch einmal am Text und dann schickte ich ihn los.

(Zwischenbemerkung 4: Das ist noch einmal eine ganz andere Geschichte - Texte verschicken mit meinem Handtaschenmaschinchen. Um es kurz zu machen: Ich stand kurz davor, das Maschinchen umzubringen.)

Selber schuld! Ich hatte mich völlig verschätzt, das heisst, die Arbeit unterschätzt. Bei Band 2 bin ich nun klüger. Ich rechne dann schon mal zwei Monate Überarbeitungszeit ein :-)

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