Ich stricke. Eine Weihnachtsmütze. Oder - wie wir in der Schweiz sagen - eine Weihnachtskappe. Tannengrün mit einem aufgestickten gelben Stern und einem rotem Bambel dran. "Nicht gerade cool", werdet ihr denken und dabei vielleicht das Stricken meinen, ganz sicher aber die Farbwahl für die Kappe.
"Uncool" ist noch das Netteste, was die 9-jährige Lorena zu dieser Kappe meint. "Eine Geschmacksverirrung", ist ihr Urteil. Blöderweise ist die Kappe ein Geschenk ihrer Nonna, selber gestrickt, und Geschenke von der Nonna, vor allem selber gemachte, trägt man, auch wenn sie eine Geschmacksverirrung sind. Sagt die Mama. Als Lorena zu widersprechen versucht, sagt sie auch noch "Basta". Damit ist alles klar. Ein "Basta" von der Mama ist endgültig.
So kommt es, dass Lorena mit einer tannengrünen Geschmacksverirrung auf dem Kopf zur Schule muss - und schon auf dem Schulweg zum Gespött wird. "Oh Tannenbaum", singen die anderen Kinder, und von der obercoolen Ada wird Lorena grad auch noch zur Schnecke gemacht. Damit aber noch nicht genug. Blöderweise nimmt Lorena, von den Verhänselungen durcheinander, die Kappe in den Unterricht mit, wo sie ihr zu Boden fällt. Bevor Lorena dazu kommt, das Unding verschwinden zu lassen, findet es Lehrer Schnyder und weil der wieder mal ein wenig schräg drauf ist - "etwas pazzo", wie die Mama sagen würde - sieht er in der Kappe ein Symbol von Weihnachten. Schlimmer noch: Er findet in der Kappe sogar die Weihnachtserleuchtung: Ein Weihnachtsspiel soll es geben. Ada ist Feuer und Flamme. Sie will ein Casting. Weil das mega ist. Und sie es sowieso gewinnen wird, denkt sie. Das Elend nimmt seinen Lauf. Mit chaotischer Castingshow, Pannen und Pleiten, einer zickigen Maria, einem rappenden König aus dem Morgenland, einem Rentier Rudolph, das sich in die Geschichte verirrt, einem furchtbar unfreundlichen Wirt und einem gelockten Jesuskind, das alle mit seinem Geschrei nervt. Mitten drin sind Lorena als Verantwortliche fürs Bühnenbild (und vieles mehr) - und die Kappe, die an allem Schuld ist.
Während ich diese Geschichte als zehnteilige Hörgeschichte für das Radio schrieb, bekam ich die Kappe so richtig lieb. So sehr, dass ich fand, ich müsse sie unbedingt stricken. Ich habe sie Elena versprochen, der Regisseurin (und für mich viel mehr als das!) des Hörspiels. Nein, keine Angst, sie muss sie nicht anziehen :-) Sie darf sie verschenken und verlosen. Vielleicht gibt's irgendwo da draussen ja einen Teddybär, dem die Kappe gefällt.
Stand der Dinge gestern Nachmittag:
PS: Ich bin heute schon weiter. Es fehlen nur noch der Stern und der Bambel. Fortsetzung folgt ....
PPS: Irgendwie bin ich im Lauf der letzten zwei Jahre auch Kindergeschichtenautorin geworden. Was soll ich sagen? Es macht unendlich Spass, diese Geschichten zu erfinden und aufzuschreiben.
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