Donnerstag, 28. Februar 2013

Like mich, wähl mich, klick mich, bezahl mich - oder die Folgen der Urheberrechtsdebatte

Hysterische Debatten haben heutzutage kurze Halbwertszeiten. Denn wer - ausser den konsternierten Kulturschaffenden - erinnert sich noch wirklich an die bis zur Schmerzgrenze schrillen, hässlichen und bösartigen Kommentare zur Urheberrechtsdebatte?

Wir haben uns darüber gefetzt. Schön. Bitte, wo ist die nächste Hysteriewelle auf der wir reiten können? Denn: Wirkliche Lösungen suchen? Oh, das ist ein bisschen mühsam, das überlassen wir jetzt anderen, gell, im Internet über ein neues Thema zu geifern ist viel lustiger. Zum Beispiel über Sexismus. Aber das ist auch schon nicht mehr wirklich interessant ... und darum geht es in diesem Beitrag auch nicht.

Es geht um die Urheberrechtsdebatte. Die ist nämlich nicht folgenlos geblieben. Den Piraten hat sie kurzfristig einen Schwarm Ich-will-alles-gratis-Anhänger zugeschwemmt, die aber zur nächsten Sommerinsel weitergeschwommen sind, als das Ganze ernsthaft in Arbeit auszuarten drohte. Kleben geblieben ist die Sache an den Kulturschaffenden, allen voran den Musikern und Autoren. Die haben sich tatsächlich eine ganze Menge zu Herzen genommen von diesem "Künstler, die guten alten Zeiten sind vorbei, jetzt musst du selber gucken, wie du zu einem Einkommen kommst".

Genau so, wie es ihnen jene geraten haben, die alles verstanden haben wollen, sind sie jetzt auf allen Social Media Kanälen. Sie linken, sie netzwerken, sie teilen mit, sie crowdfunden. Und weil man dazu Leute braucht, die einem unterstützen, wenden sie sich an diejenigen, die sie kennen und sich für ihre Sache interessieren. Zum Beispiel andere Musiker und Autoren. So nehmen in meiner Mailbox die like mich, klick mich, wähl mich, bezahl mich Mails zu. Ich könnte nonstop irgendwelche Seiten liken, irgendwelche Aktionen durch Klicks vorantreiben, irgendein Projekt zum Projekt des Tages, der Woche, des Monats, des Jahres wählen ... und ich könnte crowdfunden ohne Ende.

"Crowdfunding! Das ist es!" Hat man uns eingeredet. Lass dir dein Projekt finanzieren! Mittlerweile könnte ich ein Vermögen ausgeben. Alleine in den letzten zwei Tagen habe ich vier Einladungen zum Mitfinanzieren von Projekten bekommen. Tolle Projekte. Nur, würde ich alle unterstützen, ginge mir sehr schnell das eigene Geld aus und ich müsste doch glatt selber ein Crowdfunding-Projekt starten.

Ja, ich habe auch mitgemacht. Aber ich mag nicht mehr. Weil sich die Sache bei den allermeisten todläuft (und jene, bei denen es sich nicht todläuft, hätten es zum grossen Teil nicht einmal nötig). Manchmal like ich noch etwas, aber nur noch das, was ich wirklich mag. Manchmal wähle ich noch etwas, aber nur noch das, was ich wirklich mag. Manchmal bezahle ich etwas ein, aber lange nicht bei allen Projekten, die es auch verdient hätten. Es geht einfach nicht.

Für die Herde, die weitergezogen ist, ist das alles nicht mehr wirklich interessant. Das Problem ist geblieben.

UPDATE: Gerade bei Kollegin Jutta Wilke gefunden. Passt genau.

Mittwoch, 27. Februar 2013

Was mein Geburtsort mit meinen Büchern zu tun hat

Das mit den Zufällen ist so eine Sache ...

Manchmal werden sie mir unheimlich. Heute zum Beispiel. Ich fand es wieder einmal an der Zeit, ein paar meiner 81 Fragen zu beantworten. Also schaute ich nach, bei welcher ich stehen geblieben war (48) und öffnete die nächste Frage auf der Liste.


Im Spital in Walenstadt (Kanton SG / CH).

Dort liegt auch Jay aus Schlechte Karten, nachdem er von zwei Typen angegriffen und verletzt wurde. Womit wir schon beinahe beim Zufall sind, denn an und für sich ist es nichts Aussergewöhnliches für eine Autorin, ihre Figur ins Krankenhaus zu schreiben, in dem sie geboren wurde. Der Zufall liegt im Zeitpunkt. Mein Verlag teilte mir kürzlich mit, dass die erste Auflage zur Neige geht und dass das Buch nicht neu aufgelegt wird. Ich habe gewusst, dass dieser Zeitpunkt kommen würde, denn das Buch verkaufte sich zwar bis zum Schluss regelmässig, aber halt nicht in den Mengen, die es für eine zweite Auflage wohl brauchen würde.

Ich erinnere mich, wie ich genau wusste, wie die Landschaft aussehen muss, in der die Geschichte spielt. Für den Anfang von "Schlechte Karten" brauchte ich einen Bahnhof, der ausserhalb des Ortes liegt, einen Kanal zwischen Bahnhof und Ort, und der Ort musste ein Dorf sein, keine Stadt. Wochenlang habe ich nach so etwas gesucht, bis ich auf Weesen kam, den Ort am einen Ende des Walensees. Am anderen Ende liegt Walenstadt. Dorthin, wo der verletzte Jay gebracht wird.

"Schlechte Karten" sollte eine Liebesgeschichte werden zwischen zwei Menschen, die sich normalerweise nicht einmal über den Weg laufen. Den Kanal brauchte ich, damit sich die beiden kennenlernen können. Das hat auch bestens (und sehr dramatisch) geklappt. Nur ist die Geschichte dann halt ein Krimi geworden - weil ich nicht zur Liebesgeschichtenautorin geboren bin. Die Liebe ist trotzdem im Buch. Und wie. Aber halt einfach nicht romantisch, sondern so verknorzt und kompliziert, wie sie im richtigen Leben ist.

Im richtigen Leben haben Bücher eine Lebenszeit. Die von "Schlechte Karten" läuft ab*. Zum Abschied eine Szene aus dem Krankenhaus in Walenstadt:

"Hab dir was zum Anziehen mitgebracht." Sarah stellte eine Tasche neben sein Bett. "Darf ich mich setzen?" Ohne eine Antwort abzuwarten, zog sie einen Stuhl heran. "Wie geht es dir?"
Jay hustete den Kloß in seinem Hals weg. "Ich lebe noch."
"Freut mich. Gestern hat es weniger gut ausgesehen." Nun war sie es, die den Blick senkte und nach Worten rang. "Ich hatte keine Wahl, ich musste den Arzt rufen."
"Du ... Du warst da?" Jay dachte an sein schäbiges Zimmer, an die Zeichnungen auf dem Tisch, an seine dauerbetrunkene Mutter. Es war beinahe unerträglich, Sarah anzusehen und sich vorzustellen, was sie fühlte. Mitleid? Verachtung? Er wollte keins von beidem. "Es ist besser, wenn du gehst", sagte er.
Sie schwieg. Schaute aus dem Fenster, als ob es draußen etwas Interessantes zu sehen gab. Dabei war da nur Nebel. Zum ersten Mal bemerkte er, wie lang ihre Wimpern waren. Er brauchte nur seine Hand auszustrecken und er könnte sie berühren. Ihr Gesicht, das rot angelaufen war, ihre dunklen Haare, die aussahen, als würden sie sich ganz weich anfühlen. Er tat es nicht.
"Warum?", fragte sie schließlich. "Hast du Angst, ich könnte dich fragen, wie du dich verletzt hast?"
Ja, das hatte er. Aber das brauchte sie nicht zu wissen. "Ist sowieso egal", sagte er harsch.
"Nein, ist es nicht. Ich will es verstehen.
"Ach ja? Was gibt es da zu verstehen?", schleuderte er ihr entgegen. "Du warst in unserem Haus. In meinem Zimmer. Du hast dir das volle Programm angeschaut, die ganze Scheiße. Und ich vermute mal, dass du deine Schlüsse daraus gezogen hast." Auch aus den Zeichnungen und dem Namen, den er ihrer Figur gegeben hatte. Supergirl. Wie in dem Song, den er so mochte. Bestimmt hatte sie das genauso lachhaft gefunden wie Luca. Jay hätte sich am liebsten unter die Decke verkrochen.
"Hör auf", bat sie ihn leise.
Er wollte nicht aufhören. Es gab da ein paar Dinge, die er auch verstand. "Warum besuchst du mich? Steht diese Woche Sozialarbeit auf deiner Agenda? Oder macht es einfach Spaß, sich um einen abgedrehten Freak zu kümmern?"
Sarah sah ihn fassungslos an. Dann stand sie auf, stieß den Stuhl heftig beiseite und rannte aus dem Zimmer. Ungefähr dreißig Sekunden lang war Jay überzeugt, richtig gehandelt zu haben. Dann stürzte die Wahrheit heftig und schmerzhaft auf ihn herab. Das Zimmer war leer ohne sie. Viel zu leer. Sein Herz schlug zu schnell. Viel zu schnell. Ja, sie hatte das ganze Elend gesehen. Und sie war gekommen. Trotz allem. Er war ein Idiot. Ein totaler Riesenidiot.
Jay klettere aus dem Bett, schaffte es irgendwie bis zur Tür und riss sie auf. Der Flur war leer.
"Sarah!", rief er verzweifelt. "Sarah!"


*vorläufig. Ich denke ernsthaft darüber nach, das Buch zu überarbeiten und als eBook und allenfalls auch gedruckt herauszugeben.


Dienstag, 26. Februar 2013

Was hilft, wenn es klemmt

Wenn es - wie gestern - so richtig klemmt, dann habe ich eine Methode, die ziemlich gut funktioniert: Ich stelle mir das sogenannte Worst Case Szenario vor, also, den schlimmsten Fall, der eintreffen kann. Dann lebe ich diesen Zustand in Gedanken, bis ich mich mit ihm so richtig vertraut gemacht habe. Ich lasse die Angst zu, die Ungewissheit, den Ärger, die Wut, die Resignation und stelle mir einfach vor, was ich machen würde, wenn ...

Nach einer Weile gewöhne ich mich an diesen "schlimmsten aller Fälle" und beginne, den Ausweg daraus zu suchen, denn in diesem Zustand feststecken bleiben will ich ja nicht. Ich spiele die Möglichkeiten in Gedanken durch. Das öffnet Türen. Das zeigt mir ganz neue Perspektiven. Vor allem zeigt es mir, dass auch dieser schlimmste Fall durchlebt, durchstanden und überwunden werden kann.

Manchmal brauche ich dazu länger (im schlimmsten Fall waren es Monate), manchmal weniger lang. Ich verlasse diese Durchspielphase erst, wenn ich weiss, dass ich nicht einfach in Zweckoptimismus verfallen bin, sondern erst, wenn ich sicher bin, dass ich mich damit nicht selber überlisten will, dass ich die gedanklich durchgespielten Lösungen auch ganz real umsetzen könnte und wollte. (Selbstüberlistung hilft NIE!)

Gestern habe ich das schreibenderweise getan. Ich habe ziemlich heftig mit einer guten Schreibkollegin gemailt und gleichzeitig die Möglichkeiten im Schreibforum für Kinder- und Jugendbuchautoren durchgespielt. Dabei suchte ich keinen Trost (der hilft nicht immer, zumindest mir nicht), sondern einfach nur gute Argumente und Gegenargumente. Am frühen Nachmittag ging es mir blendend. Ich setzte mich an den Laptop, obwohl ich gestern gar nicht schreiben wollte und ...

... schrieb eines der besten Kapitel des neuen Buches :-)

Ich danke allen Beteiligten von gestern recht herzlich!

Montag, 25. Februar 2013

Es klemmt

Nein, ich habe keine Schreibblockade. Weil ich nicht glaube, dass es Schreibblockaden gibt. Aber es klemmt. Das hat nichts mit der Reise ins Wallis zu tun, die war nämlich klasse. Ich habe sogar geschrieben, auf der Hin- und auf der Rückfahrt, im Hotel, in der Schulbibliothek (eine Stunde lang und danach hatte ich drei oder vier unbrauchbare Zeilen - was nicht an der Bibliothek lag, sondern an mir).

Vielleicht klemmt es, weil ich beim Nachhausekommen eine Mail im Briefkasten hatte, in der mir mitgeteilt wurde, welche meiner Titel bald einmal vergriffen sind. Dazu gehört auch einer, aus dem ich immer noch regelmässig vorlese und von dem mir eigentlich gesagt wurde, er werde nachgedruckt. Ich werde in Kürze mit einer fast um die Hälfte verringerten Buchliste dastehen. Das ist normal und gehört zum Geschäft, aber motivierend ist es trotzdem nicht.

Vielleicht klemmt es auch ein wenig, weil ich zwar extrem gerne Lesungen mache, aber ich je länger je mehr Mühe mit den Anfahrten habe. Ich habe stundenlang über SBB-Fahrplänen gebrütet und dann entschieden, mit auf der Aargauer Lesung Hotels zu nehmen. Das macht die Sache zwar einfacher, aber immer noch nicht gut.

Vielleicht klemmt es auch deshalb ein wenig. Ja, so ist sie, die Verlagswelt, und ja, ich habe mich daran gewöhnt. Was nicht heisst, dass mich ab und zu die totale Unlust überfällt und ich mir immer öfter überlege, ob ich meine Bücher nicht einfach selber machen soll.

Vielleicht ebbt aber auch einfach eine Welle ab und ich bin im Zwischental. Obwohl ich mit dem Schreiben Vollgas geben sollte. So sehr, dass ich gestern eine Anfrage für eine neuntägige Lesereise (schweren Herzens) absagen musste.

Und vielleicht ist einfach zu lange Winter, dieses Jahr.

Mittwoch, 20. Februar 2013

Wo ich gerade bin

Ich sitze an meinem Schreibtisch. Draussen schneit's. Ich glaube, dieser Winter geht nie vorbei. Wenn ich dann nachher in mein Manuskript eintauche, bin ich auf der Isle of Skye in Schottland. Nach dem Mittag setze ich mich in den Zug und fahre ein Mal durch die ganze Schweiz ins Wallis, nach Naters, wo ich die nächsten drei Nächte und zwei Tage verbringen werde - mit Lesungen und Workshops. Die Fahrt dauert vier Stunden. Das ist viel Zeit zum Schreiben. Während draussen eine kalte Winterschweiz an mir vorbeizieht, flüchte ich in Gedanken zusammen mit meinen Figuren hierher:





Dienstag, 19. Februar 2013

Schreiborte

Ich schreibe an vielen Orten. Letztes Jahr in Irland an zwei besonders schönen. An die denke ich gerade mit Wehmut ...


Samstag, 16. Februar 2013

Mord in Switzerland

"Die Idee zu diesem Buch entstand während einer Zugfahrt. Wir hatten eine Ausstellung über das Verbrechen in der Schweiz besucht ..." (aus dem Vorwort von Mitra Devi und Petra Ivanov)

... Dann kamen die Gedanken ins Rollen. Was steckt hinter dem Vordergründigen? Geht es im idyllischen Einfamilienhaus am Waldrand immer nur idyllisch zu und her? Hat die Alte mit dem Tulpenstrauss in der Hand wirklich nur Gutes im Sinn? Die beiden Autorinnen beschlossen, jene zu fragen, die die Schweiz von ihrer dunklen Seite kennen - einheimische Krimiautorinnen und Krimiautoren.

Sie haben unter anderem auch mich gefragt und mir war sofort klar, wo meine Geschichte spielen würde. Im Wartau, meiner Heimatgemeinde, wo man seinen sturen Grind hat und den Föhn. Und manchmal auch ein dunkles Geheimnis. Ich schrieb den ersten Satz und es war ein wenig, als würde mich das Föhnfieber packen, denn irgendetwas trieb mich fast gehetzt von Satz zu Satz - bis hin zum bitteren Ende.

Die Zusammenarbeit mit den beiden Herausgeberinnen und dem Appenzeller Verlag war etwas vom Besten, das ich je erlebt habe. Sehr persönlich und sehr professionell, mit klar gesteckten Zwischen- und Enddaten, immer ruhig, nie hektisch. Herausgekommen ist ein tolles Buch, eine - schlichte - optische Augenweide (innen und aussen) mit 18 total verschiedenen Geschichten aus den verschiedensten Gegenden der Schweiz.

"Die idyllische Schweiz von ihrer düsteren Seite: kriminell, brutal, mörderisch. Mörderisch gut.". St. Galler Tagblatt

Seit gestern ist das Buch in den Läden. Mein Tipp: Hingehen, in die Hand nehmen, kurz darin schmökern und wenn euch gefällt, was ihr seht und liest - kaufen :-)

Buchvernissage:
Freitag, 22. Februar, alte Stuhlfabrik Herisau, 19.30 Uhr (Türöffnung 18.30 Uhr)

Donnerstag, 14. Februar 2013

Und es rockt doch, das Leben. Und wie!

Anfang Februar habe ich die letzten Feinschliffkorrekturen an meinem neuen Buch gemacht. Es ist ein absolutes Herzblutbuch, eins, das geschrieben werden musste. Und wie immer, wenn es ums Herzblut geht, sind auch Songs und Songzitate nicht weit. In einem der Zitate geht es ums Bluten; es ist so stark, dass mir auch nach dem x-ten Mal lesen jedesmal die Tränen in die Augen schiessen (nicht zuletzt deshalb, weil auch das Kapitel eines der bewegendsten ist, die ich je geschrieben habe). Ich habe dieses Buch für mich geschrieben. Und die Menschen, denen es gewidmet ist. Nun bleibt mir nur der Wunsch, dass ich damit Herzen erreichen und bewegen kann.

Ein Buch, an dem ebenfalls mein ganzes Herz hängt, und das mehr mit Musik verwoben ist als jedes andere meiner Bücher, ist mein Starkstrom. Ich habe es nicht einfach nur geschrieben, sondern gelebt (im übertragenen Sinn :-) ). Am Starkstrom hängen wunderbare Erinnerungen an wunderbare Begegnungen und wunderbare Menschen. Das Buch hat mir ein paar der besten Stunden meines Lebens geschenkt. Ich möchte keine Minute missen, die ich mit ihm verbracht habe.

Vor ein paar Wochen hat mir mein Verlag geschrieben, dass er das Buch aus dem Programm nehmen wird. Ich verstehe den Entscheid und habe begonnen, mich auf den Abschied eines meiner liebsten Bücher einzustellen. Witzigerweise scheint das Leben (oder das Schicksal) mir dabei helfen zu wollen:

Frau Tochter ist vor ein paar Tagen nach Hause gekommen und hat mir erzählt, dass sie jetzt bei einer ihrer Arbeiten mit dem Chef der lokalen TV-Station zusammenarbeitet - jener Station, bei der ich einen meiner spannendsten und irrsten Recherchetage überhaupt verbracht habe - für den Starkstrom. Ich habe sie gebeten, Cheffe einen herzlichen Gruss auszurichten. Was sie umgehend getan hat.

Und heute hat mir Tom Zai seine Rezension zum Buch geschickt. Die berührendste und schönste Rezension, die ich je über eines meiner Bücher gelesen habe. Ich werde sie mir ausdrucken und über den Schreibtisch hängen, auf dass sie mich immer daran erinnern möge, weshalb ich schreibe.

Einen besseren Abschied von einem Buch gibt es nicht. Ich sage es dann mal mit den Worten von AC/DC: "For those about to rock, we salute you!"

Und dir, Tom: Danke. Danke, danke, danke. 

Montag, 11. Februar 2013

Wie viel Internet muss, kann, soll, darf es sein?

Was hat man uns Autoren nicht alles einreden wollen!

Dass man weg ist vom Fenster, wenn man nicht online ist. Dass man präsent sein muss. Greifbar für den Leser und die Leserin. Zum eigenen Aushängeschild werden. Interaktiv sein. Kommunizieren. Alles andere habe keine Zukunft. Denn das neue Leben ist online. Vernetzt. Verknüpft. Verklinkt. Mag sein. Aber in meinem Umfeld häufen sich die Menschen, die genug haben. "Mir wird das alles zu viel", hat mir kürzlich ein Kollege verraten. "Ganz ehrlich, manchmal langweilt mich das", sagte ein anderer. Ich selber ziehe mich ab und zu total zurück. Lebe internetlos in den Bergen und merke, dass ich überhaupt nichts vermisse. Nur wenn ich wieder im Tal unten bin, eingeloggt in die virtuelle Welt, angehängt an den überwältigenden Datenstrom, meldet sich die innere Stimme, die sagt, dass ich da dabei sein muss. Denn: Entweder ist man dabei, oder man geht unter.

Privat würde ich diesen Irrsinn nie mitmachen. Dann würde ich genau das tun, was ich immer gerne getan habe: Bloggen. Ausschliesslich. Aber die Autorin, die ich auch bin, findet immer wieder Gründe, warum sie sich nicht einfach aus dem Strom verabschieden kann.

Gestern hat sich meine Autorenkollegin und Freundin ausgeklinkt. Mir fehlt der Mut. Noch.

Überwältigt

Ich habe gestern den Anfang des neuen Kapitels in die Maschine getippt, schnell, beinahe fiebrig. Meine Hauptfigur liegt im Krankenhaus und unter der Tür steht wie ein Geist aus einer anderen Zeit der Mann, den er nie wieder sehen wollte, weil damit schmerzhaft vernarbte Wunden aufbrechen und es so weh tut, dass es kaum auszuhalten ist.

Nun versuche ich seit einer Stunde, den Text weiterzuschreiben. Es geht nicht. Ich bin meine Figur, meine Vergangenheit bricht in all ihrer Schrecklichkeit über mich hinein, wie ein Lawine, die mich mitreisst und unter sich begräbt. Es ist zu viel. Ich finde keine Worte. Ich starre mit meiner Figur zusammen auf diesen Mann, der ein guter Mann ist, mit einem guten Herz, jemand, den ich einmal sehr gemocht habe, jemand der verzeihen kann. Aber ich kann nicht, weil ich mir nicht verzeihen kann.

Ich weiss, ich muss als Autorin für diese Figur und ihre Gefühle Worte finden. Dabei ist es ganz wichtig, dass die Szene nicht zum Kitsch wird. Ich will keine Rührseligkeit. Keinen Pathos. Keine Klischees. Ich will das Echte. Ich will, dass die Szene beim Lesen weh tut. So verdammt weh, wie es meiner Figur wehtut. Im Moment scheitere ich gerade grandios daran.

Sonntag, 10. Februar 2013

Schreiben in den Bergen

In der Wärme sitzen, den Sonnenaufgang über dem Bergkamm geniessen, über den Wasserfall hinter dem Haus staunen und schreiben ...

Mittwoch, 6. Februar 2013

Vom Schreiben, Überarbeiten und E-Gitarren - Fragen 44 bis 48 der Reihe "81 Fragen an"

Ich hinke mit meinen 81 Fragen der Zeit hinterher. Höchste Eisenbahn also für ein paar weitere Antworten!


Vor der Abgabe an den Verlag lese meistens nur ich es durch.

Habe ich doch schon :-) In "Starkstrom" spielen Hard Rock Bands eine wichtige Rolle und die Hauptfigur in "Mordsangst" ist E-Gitarrist in einer Band.

Unendlich viele Male. Ich bin eine besessene Überarbeiterin. Immer und immer und immer und immer und immer wieder.


Ich mache vor allem viele Lesungen. Im Moment sind es pro Jahr zwischen 130 und 150. Doch so sehr ich Lesungen mag: Ich möchte in Zukunft etwas weniger viele machen und mehr Zeit zum Schreiben haben.

Interviews gebe ich viel weniger. Nicht, weil ich nicht will, sondern weil ich da viel weniger Anfragen habe als für Lesungen.


Meine Notizen zu den Büchern schreibe ich von Hand in ein Notizbuch. Die Geschichten selber entstehen ausschliesslich am Computer (ich könnte das gar nicht von Hand).

Dienstag, 5. Februar 2013

Workshopmonat

Diesen Monat ist Workshopmonat. Der Zufall hat es so eingerichtet, dass ich gleich zwei Mal zu Schreibateliers/Workshops eingeladen wurde, beide Male an Oberstufen. Heute Abend in Tafers sind es ziemlich kurze Einheiten. Ich habe sie vorbereitet und bin gespannt, was wir in der relativ kurzen Zeit aus den Übungen herausholen und mitnehmen werden.

Montag, 4. Februar 2013

Utopie

"Ich bin fest überzeugt, dass ein Evolutionssprung angesagt ist. Das Ergebnis wird eine völlig neue Gesellschaftsordnung sein." (Tom Zai)

Begonnen hat es mit einer Diskussion auf Goggle+ zum NZZ Artikel über Autoren (Arm, aber glücklich) - angekommen sind wir bei einem Blogartikel von Tom Zai (weil ich ihn nach einer Alternative, seiner Utopie gefragt habe). Ich wünsche mir nichts mehr als eine neue Gesellschaftsordnung, denn die von heute hat versagt. Leider stecke ich gerade in der Phase der totalen Resignation und bin froh um Kommentare wie den von Hausfrau Hanna oder diesen Blogartikel von Tom Zai (aus dem als Fazit das eingangs aufgeführte Zitat stammt).

Samstag, 2. Februar 2013

Loslassen

Gestern und heute habe ich an den letzten Details zum neuen Buch gefeilt. Das Feinschlifflektorat meiner Lektorin war vom Feinsten. Ich lasse mit dieser letzten Detailarbeit aber nicht nur mein neues Buch los, sondern muss mich auch von meiner Lektorin verabschieden. Sie hat damals das Potenzial im "Blackout" erkannt; dank ihr hat die Geschichte von Nick Aufnahme in den Verlag gefunden. Neun Bücher haben wir seit damals zusammen gemacht. Neun Bücher, Carolin! Wahnsinn! DANKE!

Ich hätte diesen Feinschliff im Haus in den Bergen machen können. Es war nicht nur das grässliche Wetter, das mich davon abgehalten hat. Seit einigen Monaten habe ich Mühe mit meiner Wahlheimat. Das Dorf, in dem ich seit rund zweieinhalb Jahren zeitweilig wohne, ist mir fremd geworden. In der kurzen Zeit ist so viel gebaut und noch viel mehr geplant worden. Ich wollte von diesem ganzen Bauwahnsinn bei mir unten im Tal fliehen (wo im Moment gerade eine Kleinstadt total umgeackert und zugebaut wird) und bin in den Bergen in den genau gleichen Wahnsinn geraten. Das Dorf ist in Rekordzeit um eine Retortensiedlung und mehrere Wohnblocks erweitert worden. Und so bin ich weder hier noch dort wirklich mehr zu Hause. Ich ertappe mich dabei, wie ich nach neuen Ecken suche, in die ich mich zurückziehen könnte. Das Rätromanischlernen habe ich an den Nagel gehängt. Wozu auch? Ich komme mit Mittellanddeutsch viel weiter als mit Romantsch. Und ich bin - ehrlich gesagt - auch wütend auf die Leute, weil sie es zugelassen haben, was mit ihrem Dorf und ihrem Tal passiert ist und noch passieren wird.

Dabei bin ich ja selber eine "Zugezogene". Eine Zweitwohnerin. Nur habe ich dazu nicht irgendeine neue Allerweltsluxuswohnung im total langweiligen So-sieht-eine-Zweitwohnung-im-Moment-aus-Stil gekauft (die sehen alle gleich aus, alle ... und kosten alle gleich überrissen viel), sondern ein Haus, das kein Einheimischer wollte. Aber eigentlich ist auch das keine Entschuldigung. Ich gehöre zur Horde, die die Freiheit in den Bergen sucht und dabei diese Berge im Moment total kaputt macht.

Das Haus im  Tobel gefällt mir immer noch. Wenn ich dort unten bin und der Bach rauscht, bekomme ich nichts vom Wahnsinn um mich herum mit. Aber beim Wandern, entlang all der Bautafeln mit den ewig gleichen Gebäuden, den über zwanzig geplanten Häusern direkt beim Badesee und am Flachmoor, da vergeht mir immer mehr die Lust. Ich merke, wie ich für mich Argumente suche, warum es mir trotz allem gefällt. Das ist ein Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass ich dabei bin, loszulassen. Auf welche Art, weiss ich noch nicht. Vielleicht löse ich mich innerlich vom Gedanken, in einer weitgehend intakten Natur zu leben und arrangiere mich mit den neuen Gegebenheiten, vielleicht löse ich mich vom Ort, vielleicht von zwei Orten. Ich weiss es nicht. Es ist auch nicht so wichtig. Weil: Eigentlich habe ich diese Zwischenwelten immer gemocht. Dieses Nichtwissen, was als Nächstes ist und kommt. Das Leben bleibt auf jeden Fall in Bewegung.