Samstag, 14. November 2009

Eine Million Dinge - Teil II

In Stuttgart fühlte ich mich dann erstmal wie das typische Landei. Gross kam er mir vor, der Bahnhof, kalt und abweisend. Ich suchte die Schliessfächer und als ich endlich vor ihnen stand, hatte ich zuwenig Kleingeld. Also wieder hoch zu den Ticketmaschinen, einen Fünfeuroschein reingeschoben und mit dem Ticket und dem Wechselgeld zurück zu den Schliessfächern, wo ich mein Köfferchen deponierte.

Das Köfferchen ist ja wirklich nur ein Köfferchen. So ein kleines Dingelchen mit Rädern. Die Kleider und die Toilettensachen haben praktisch kein Gewicht, die Bücher und alles, was ich sonst noch für meine Lesungen mitschleppe, umso mehr. So was zieht kein Mensch freiwillig hinter sich her, wenn er in die Stadt geht!

Das Köfferchen war also versorgt. Nun musste ich die U-Bahn suchen. Ich ging zurück an den Ausgangspunkt und was entdeckte ich: Da hatte es auch Schliessfächer (ich bin manchmal blind wie eine Fledermaus). Na ja. Nächstes Mal ....

Ich guckte nach rechts, ich guckte nach links, und weil ich nirgendwo ein U-Bahn-Zeichen sah, guckte ich nach oben. Auf der Schrifttafel fand ich schliesslich ein grünes S. und folgte dem Pfeil, nur um dann herauszufinden, dass es in Stuttgart eine S- und eine U-Bahn gibt (ich war tief beeindruckt!) Also rüber zur U-Bahn, mit der ausgedruckten Mail meiner Lektorin mit den genauen Instruktionen, wie ich zum Verlag komme.

Also. Die U-Bahn in Stuttgart ist nicht blau, sondern gelb (Die S-Bahn ist auch nicht grün, sondern irgendwie so rot-orange). Und ziemlich alt. Und wenn sie nicht gerade U-Bahn-mässig unterwegs ist, eher ein Tram (Tram = sächlich in CH). Das fand ich noch ganz witzig. Weniger witzig war das Wetter. Nass, grau und grässlich.

Und ganz öd war dann die Blumenstrasse ohne Blumen. Zur Ehrenrettung der Blumenstrasse muss ich sagen, dass sie bei schönem Wetter vielleicht blumiger und freundlicher aussehen würde. An meinem Stuttgart-Tag guckte sie mich aber sehr unfreundlich an. Zum Glück lachten mir der Räuber Hotzenplotz und Jim Knopf entgegen. Für so schusselige fledermausblinde Menschen wie mich, die etwas direkt vor der Nase haben und es trotzdem nicht sehen können, ist eine Fassade wie die meines Verlags sehr hilfreich.

Ich klingelte. Aus der Gegensprechanlage güsste mich eine nette, leicht scherbelnde Stimme (ich grüsste zurück) und verkündigte gleich danach entschuldigend: "Der Aufzug geht nicht, Sie finden uns im dritten Stock." (Ich war froh, mein schweres Köfferchen nicht bei mir zu haben.) Es summte und ich trat in ein leicht düsteres Treppenhaus, dem ein roter Teppich das Leben einhauchte, das es sonst nicht hätte.

Ich erklomm die Treppen in den dritten Stock, wo man mir sagte, dass meine Lektorin im Untergeschoss ist. Weil sie mir das schon an der Buchmesse verraten hatte, haute mich diese Nachricht nicht wirklich um und ich fragte ganz gelassen: "Soll ich runter oder kommt sie hoch?" Sie kam hoch und wir gingen gemeinsam wieder runter. Ganz runter. Ins Lektorat. Dort schnappten wir uns einen Regenschirm und stürzten uns in den regnerischen Novembertag.

Nach einem köstlichen Essen (Danke!) und einem angeregten Gespräch (ha, wenn ich da auch noch drauf eingehe, sprenge ich den Blog) gings zurück in den Verlag. Meine Lektorin führte mich durch alle Abteilungen. Es gab Wiedersehen und neue Begegnungen. Es gab sehr viel Interessantes (zum Beispiel die Abteilung, in der man sich mit dem E-Book befasst), Spannendes (zum Beispiel die Abteilung, die sich mit den Covers beschäftigt), Beeindruckendes (zum Beispiel das Thienemann Archiv mit allen Büchern, die der Verlag je herausgegeben hat), Witziges (die koreanischen Übersetzungen), Berührendes (die Originalzeichnungen zu Büchern, die zu einer Zeit herauskamen, als man noch nicht alles am Computer gemacht hat). Den Gratissport in Form von Treppensteigen gabs gleich mit. Und wer sich für das Innenleben von Gebäuden interessiert: Die neuen Lektoratsbüros im Untergeschoss sind wunderschön und im obersten Stock des Gebäudes könnte man schon fast neidisch werden (und wird dann damit getröstet, dass es im Sommer unterm Dach sehr heiss werden kann).

Vielleicht ahnt ihr es: Der Besuch dauerte sehr lange :-). Bis ich zurück im Bahnhof war (wo ich mich in der Zwischenzeit auskannte), mein Köfferchen geholt und mich gemeinsam mit ihm zur S-Bahn verschoben hatte, wurde es ziemlich spät. Ich nahm die Bahn um 16.54 Uhr und rief meine Kontaktperson in Marbach an.

In Teil III erzähle ich euch, wer meine Kontaktperson war, was ich in Marbach zu suchen hatte und wie es mir dabei erging.

Bis dann.

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