Sonntag, 13. Dezember 2015

"Warum kennt man Sie nicht?"

Auch nach all den Jahren mit unzähligen Lesungen gibt es immer noch Fragen, die ich zum ersten Mal höre. Letzte Woche zum Beispiel diese da: "Warum kennt man Sie nicht?" Die Schülerin hat die Frage etwas provokanter formuliert - wahrscheinlich wollte sie meine Toleranzgrenze testen. Ich hätte das Mädchen mit einer einzigen gezielten Gegenfrage blossstellen können ("Kannst du mir drei Autoren nennen, die du kennst?"), aber ich wollte nicht. Weil die Frage nämlich einen Nerv trifft, der immer mal wieder zu glühen beginnt. Nicht nur bei mir.

Meine Antwort war zu wenig treffsicher - aber treffsicher genug, denn die Jugendlichen haben gelacht (und verstanden, was ich sagen wollte). Mittlerweile kenne ich die etwas ausgefeiltere Antwort, die ich nächstes Mal geben werde:

Weil ich nie bei "Bachelor"/"Big Brother"/"Frauentausch" mitgemacht habe. Weil ich zu alt, zu dick und zu wenig schön bin, um Miss Schweiz zu werden. Weil ich nicht als Wetterfee auf dem Dach des Fernsehstudios die Welt mit Füllwörtern zumülle. Weil ich mich nicht nackt ausziehe, um dann Eier aus meiner Vagina zu quetschen (damit wäre ich ganz offiziell "Nacktkünstlerin" und hätte Dauerpräsenz in den Medien). Und weil ich es nicht einmal geschafft habe, einen Millionär/Fussballstar zu heiraten, um mich danach halbnackt auf einem Bett räkelnd der Welt zu präsentieren.

Ich bin bloss eine olle Schriftstellerin. Und dann erst noch im Jugendbuchbereich. Damit kann man bei uns in der Schweiz kein Blumensträusschen gewinnen - nicht einmal, wenn man einen Preis für ein Buch gewinnt. Aber lesen sollen sie dann, unsere Jugendlichen, gell? Wenn sie es nicht tun, macht die Presse ein Riesentrara darum. Und fragt nach den Gründen. Schuld sind dann das Smartphone, die Social Media, die Schule, allenfalls noch das "bildungsferne Elternhaus".

Es ist so, liebe Medien: Wenn das Kinder- und Jugendbuch nicht dort stattfindet, wo gemäss Jugendlichen die coolen Leute sind - also bei euch - dann ist es auch nichts wert. In diesem Sinne empfehle ich euch den Promiartikel des Tages (samt Ex-Miss Schweiz, Ex-Bachelor, Millionärsgattin - leider, leider fehlt die Nacktkünstlerin).

Samstag, 12. Dezember 2015

Experimente

Der vertragslose Zustand tut mir unendlich gut. Ich bin motivierter und kreativer denn je. Beim Formatieren und Setzen von "Abhauen ist was für Feiglinge" hatte ich plötzlich die Idee, ich könnte doch eine meiner Kurzgeschichten als eBook herausgeben. So als Testlauf. Um herauszufinden, wie's geht. Dazu brauche ich ein Cover.

Mir ist eingefallen, wie Frau Tochter und ich kürzlich ihre alten Fotodatein durchgegangen sind und dabei ziemlich lange an einem bestimmten Bild hängen geblieben sind. Ein Bild mit einer ungeheuren Sogwirkung. Das perfekte Bild für das Cover von "Regenbogenwolken". Weil es inhaltlich und von der Stimmung her total passt. Ich habe ein wenig damit experimentiert - und finde das Resultat total schön. Nun muss ich nur noch gucken, ob ich das Cover in einer besseren Auflösung hinbekomme. Sollte eigentlich möglich sein.

Beim Spazieren heute Morgen ist mir dann noch eingefallen, dass ich den Text - der ursprünglich in "Mord in Switzerland" erschienen ist - für den deutschen Markt anpassen muss. Will heissen: Ich muss die Doppel-S durch dieses Schnörkel-S ersetzen. Dann fehlt mir nur noch der Klappentext und die Geschichte kann online gehen.

Freitag, 11. Dezember 2015

Seitenwechsel

Ich habe die Seiten gewechselt. Als Verlegerin arbeite ich zum ersten Mal als Lektorin. Ganz neu ist diese Art der Textarbeit für mich nicht. Ich habe jahrelang in verschiedenen Schreibforen Texte anderer Autoren kommentiert. Dieses Analysieren und Kommentieren habe ich immer sehr gemocht und daraus auch eine Menge übers Schreiben gelernt. Lektorieren ist eine intensive Auseinandersetzung mit einem Text - man darf darin nicht seinen eigenen Stil suchen, schon gar nicht seine eigenen Ideen verwirklichen oder durchdrücken wollen, sondern den Stil des Autors verinnerlichen und dann den Finger auf die Stellen legen, die noch nicht ganz rund oder schlüssig sind.

Petra Ivanov hat mir den Einstieg in die Lektoratsarbeit leicht gemacht. Mit einem Text, der hautnah an den Jugendlichen dran ist. Der schon auf den ersten Zeilen packt und den Leser buchstäblich auf einen Höllentripp mitnimmt. Ohne Chance auf ein Abbremsen oder Anhalten. Ein Adrenalinschub pur. Atemlos, nervenzerreibend und in seiner Konsequenz extrem beklemmend. Ein Text, der unter die Haut und mitten ins Herz geht. Mehr kann man sich nicht wünschen.

Erscheinungstermin ist der Herbst 2016. Bis dahin müsst ihr euch gedulden. Oder in der Zwischenzeit das eine oder andere Buch von Petra Ivanov lesen. Zum Beispiel das da.