Vielleicht habe ich zu viel erwartet, vielleicht das Falsche. Vielleicht lag es zum Teil am erbärmlich schlechten Wetter, doch alles auf das Wetter zu schieben, funktioniert nicht, denn wenn ich etwas von Irland nicht erwartet habe, dann das gute Wetter. Es liegt auch nicht an den Geschichten, die mir nicht über den Weg gelaufen sind - denn davon gab es genügend. Aber eben: Vielleicht die falschen. Zum Beispiel die:
Ein verbautes, zersiedeltes, entstelltes Donegal mit pseudoamerikanischen Riesenvillen, billig gebaut, aber riesig, mit Auffahrten, die jedes billige Klisché erfüllen. Die Dinger stehen einfach überall. Als hätte ein ganzes Volk den Hals nicht vollbekommen können. An schönsten, wildesten Küstenstreifen hatte ich das Gefühl, durch eine einzige, riesige amerikanische Vorstadt zu fahren. Kurz: Nach drei Tagen Donegal war ich so schlecht drauf, dass ich nach Hause fliegen wollte. Stattdessen sind wir weiter südwärts gefahren und von Sligo abwärts nahm zumindest die Anzahl dieser absolut würdelosen Häuser ab. Zersiedelt bleibt es aber (nur: das war schon immer so; vielleicht fällt es einfach mehr auf, jetzt, wo ein gefühlt zigfaches an Häusern in der Landschaft steht).
Oder die hier, gefunden in der Lokalzeitung: In Mayo hat die Selbstmordrate innerhalb eines Jahres um 300 Prozent zugenommen. Dazu passt, dass ich beim ersten Halt auf der gewaltig schönen Achill Island als erstes einen Gedenkstein für einen 23-jährigen jungen Mann gesehen habe. Eingemeisselt waren der Anfang von "Knocking on Heaven's Door."
Natürlich gab es auch die guten Geschichten. Und vor allem viel überwältigende Natur. Vielleicht muss ich alles erst verdauen.
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Diesen Eintrag habe ich gleich nach der Rückkehr geschrieben, aber nicht veröffentlicht. In der Zwischenzeit war ich in den Bergen. Dabei habe ich ein anderes, grosses "Vielleicht" gefunden. Vielleicht hätte ich den Sommer einfach viel lieber in den Bergen verbracht. Weil es nicht wirklich eine Antwort zu geben scheint, drücke ich jetzt den "Veröffentlichen" Knopf.