Dienstag, 24. Juli 2018

Geschichten für Anthologien, Teil 1 - Ein Nein, aber ...

Vorneweg: Ich lese keine Anthologien, weil Kurzgeschichten einfach nicht mein Ding sind. Viel lieber tauche ich in das Leben von Buchfiguren ein und gehe einen Stück ihres fiktiven Weges mit ihnen. Ähnlich geht es mir beim Schreiben. Ich schreibe mich lieber tief in die Seelen meiner Figuren, als sie auf ein paar wenigen Seiten abzuhaken. Deshalb habe ich mir vor Jahren vorgenommen, keine Geschichten für Anthologien zu schreiben.

Warum ich es trotzdem ab und zu (sehr selten) mache? Um es direkt und unverblümt zu sagen: Finanzielle Gründe sind es nicht. Da ich Langsamschreiberin bin und mir Geschichten nicht einfach mal in ein paar Stunden aus dem Ärmel schüttle, lohnt sich der Aufwand eigentlich nicht. Sprich: Ich brauche eine andere, sehr starke Motivation, mich auf einen Anthologiebeitrag einzulassen. Gibt es die, bin ich dann begeistert dabei und freue mich auf das Schreiben. Was also motiviert mich?

1. Ich mag die Leute, die mich anfragen
Das ist der wichtigste Grund überhaupt. Als vor ein paar Jahren Petra Ivanov und Mitra Devi auf mich zukamen, sagte ich einfach Ja. Ohne das Honorar zu kennen, ohne die Seitenzahl zu kennen. Wahrscheinlich hätte ich für die beiden tollen Frauen zu jedem Thema was geschrieben. Ich wurde doppelt und dreifach belohnt: Das Thema war toll, die Betreuung durch die beiden so professionell wie fantastisch und das Buch Mord in Switzerland eine der wenigen Anthologien, in der ich sämtliche Geschichten gelesen habe. Sollten Petra und Mitra jemals wieder an meine Autorinnentür klopfen, würde ich sofort und ohne zu zögern zusagen.

2. Ich mag das Thema
Vor Jahren habe ich eine Geschichte für eine Weihnachtsanthologie geschrieben, weil es eine herrliche Anti-Weihnachtsgeschichte sein durfte, in der ein Song die wichtigste Rolle spielte. Hey, genau mein Ding. Ich habe blitzschnell zugesagt und beim Schreiben jede Menge Spass gehabt. Gerade jetzt schreibe ich an einer Geschichte mit einem Thema, das mich auch privat sehr umtreibt (dazu mehr in Teil 3).

3. Ich erhoffe mir etwas davon
Bei einer Anthologie ging es um eine Zielgruppe, für die ich noch nie geschrieben hatte. Ich wollte für mich herausfinden, ob ich das kann ;-) (Ja, auch solche Beweggründe gibt es). Es kann aber auch sein, dass die Anfrage von einem Verlag kommt, mit dem ich gerne Kontakt hätte - und so eine Anthologie ist eine gute Gelegenheit, sich von seiner besten Seite zu zeigen. Das gilt sowohl für die Schreibenden als auch den Verlag.

Meine Erfahrungen sind gemischt, von schlicht wunderbar bis total daneben und frustrierend (mehr dazu in Teil 2).

Was mich interessieren würde:
- LeserInnen: Lest ihr Anthologien und wenn ja, weshalb?
- AutorInnen: Macht ihr gerne bei Antholgien mit und wenn ja, weshalb?

Die Kommentarfunktion ist offen. Es würde mich freuen, eure Gedanken dazu zu lesen.

7 Kommentare:

Andrea hat gesagt…

Liebe Alice,
als Leserin: Ich lese gerne Kurzgeschichten, bevorzugt aber Bände mit Geschichten eines Autors oder einer Autorin. Ich mag die kurze Form für abends - eine Geschichte lesen, schlafen, fertig ;-) Anthologien mit Geschichten unterschiedlicher Autoren und Autorinnen lese ich meist nur, wenn ich eine/n der Mitwirkenden persönlich kenne.
Als Autorin schreibe ich ab und zu für Anthologien. Da geht es mir ähnlich wie dir: dann, wenn ich den Verlag mag oder wenn ich das Projekt toll finde. Ich schreibe gerne kurze Sachen, das liegt mir.
Liebe Grüße von Andrea

Regula Aeppli hat gesagt…

Danke für deine interessanten Gedanken. Ich persönlich wähle mir keine Anthologien zum Lesen aus. Wenn ich welche lese, dann ist es, weil ich ein Buch ausgeliehen oder geschenkt bekomme. Der Grund? Meist gefallen mir nur ein paar wenige Geschichten im Buch - nie alle.

Christine hat gesagt…

Liebe Alice, ich lese und schreibe gerne Anthologien, weil ich fasziniert bin wie die verschiedenen Autoren ein Thema angehen. Ich findes es recht anspruchsvoll in wenig Seiten, die Charaktere zu beschreiben und eine spannende Geschichte auf den Punkt zu bringen - den Punkt den niemand erwartet hat. Wenn ich wenig Zeit habe zum Lesen, z.B. beim Zugfahren oder einer Mittagspause, lese ich lieber Kurzgeschichten - eine abgeschlossene Story.

Alice Gabathuler hat gesagt…

Liebe Andrea
Liebe Regula
Liebe Christine

Vielen Dank für eure Kommentare.

@Andrea und @ Christine: Mir fällt das Schreiben von Kurzgeschichten recht schwer, genau aus dem Grund, den du beschreibst, Christine (darauf möchte ich in Teil 3 der Reihe näher eingehen). Ich finde es sehr anspruchsvoll, eine Geschichte auf das Wesentliche zu kondensieren, ohne bei den Figuren Abstriche zu machen, d.h., dass es nicht einfach nur eine Geschichte ist, sondern immer in die Tiefe geht. Das hängt damit zusammen, dass für mich die Geschichte eher zweitrangig ist und ich lieber die Leute in der Geschichte ganz stark spüre.

@Regula: Ich behaupte jetzt mal ein wenig provokativ, dass es mehr Anthologien gibt als interessierte LeserInnen dazu (das ist eine total subjektive Wahrnehmung). Ein Grund ist sicher der, den du vorbringst: Die Qualität der Geschichten ist öfters durchzogen, denn viele unterschätzen, dass kurz und auf den Punkt zu schreiben eben sehr schwierig ist.

Anonym hat gesagt…

Hallo Alice

Ich versuche es noch ein allerletztes Mal.

Also ich lese keine Anthologien. Es macht mir keine Freude, die Emotionen fehlen meist und ausserdem will ich bisschen mehr als bloss 12 Seiten Geschichte. Da habe ich ja keine Chance die Charaktere kennenzulernen.

Liebe Grüsse

Josia

Alice Gabathuler hat gesagt…

Lieber Josia

Danke fürs Nichtaufgeben. Beim Lesen geht es mir genau wie dir. Ich will auch viel tiefer eintauchen.

Herzlich und danke

Alice

Rosemarie hat gesagt…

Liebe Alice,

ich lese - abhängig von Autoren und Genre - phasenweise sehr gerne Kurzgeschichten. Zum Beispiel Kurzkrimis, gerne auch von verschiedenen Autoren ud sehr gerne greife ich dabei auf Anthologien zurück, in denen Autoren veröffentlicht sind, die ich kenne. Und ich mag es, wie Christine, kurze Wartezeiten mit kurzen Geschichten zu überbrücken.
Allerdings finde ich auch, dass es sehr viele mittelmäßige Anthologien gibt und wenn ich dann mal mehrere Kurzgeschichten gelesen habe bin auch irgendwann wieder übersättigt.

Ähnlihc verhält es sich mit Kurzgeschichten schreiben. Ich finde sie auch sehr anspruchsvoll und genau deshalb reizt es mich hin und wieder eine zu schreiben, vor allem, wenn mir das Thema zusagt bzw. die Person, die anfragt, so wie bei dir. Mir fallen aber gelegentlich auch einfach Kurzgeschichten ein, die unbedingt aufgeschrieben werden wollen. Und so habe ich immer noch einige unveröffentlichte Kurzgeschichten in der Schublade.

Zu meinen Schreib-Anfangszeiten habe ich Kurzgeschichten genutzt, um eine Veröffentlichung zu bekommen. Meine allererste Veröffentlichung überhaupt war ein Kurzkrimi in einer Publikumszeitschrift, die richtig gut bezahlt worden ist. Das war ein unglaublicher Ansporn für mich, weiterzuschreiben und es auch weiter mit Kurzgeschichten zu probieren. Das hat mir auch einige Türen in Verlage geöffnet, wenn auch "nur!" Kleinverlage, da die sehr gerne Wettbewerbe für Anthologien ausschreiben. Doch es hat Spaß gemacht und ich habe sehr viel dabei gelernt und zweimal sogar eine Auszeichnung bekommen.

Heute bin ich ein bisschen Anrthologie-müde geworden. Auch weil ich inzwischen viel kritischer bin, was das Autoren-Umfeld anbelangt. Da hatte ich ein einschneidendes Erlebnis mit einer entfernten Bekannten, die nach einer Lesung von mir gleich zwei Bücher gekauft hatte, eines wollte sie verschenken. Und das wollte sie dann ein paar Tage später zurückgeben, da sie inzwischen die anderen Geschichten gelesen und alle für schlecht für befunden hatte. Das war mir dann doch peinlich und seitdem bin ich zurückhaltender.

Man muss gerade bei Anthologien doch sehr auf die Qualität achten. Dann kann man Perlen finden