Donnerstag, 19. Januar 2023

Abschiedsmelancholie


Kürzlich musste ich mich von no way out verabschieden. Ohne Benachrichtigung des Verlags, der das Buch einfach aus dem Programm nahm. Ich fand selber heraus, dass es vergriffen ist. Gestern Morgen guckte ich ins Autorenportal des Verlags - und Blackout war weg. Ich wusste aus Erfahrung, dass das kein gutes Zeichen ist. Also hin zum Buchkatalog.de., der in Sachen vergriffene Bücher meine Informationsquelle geworden ist.


"Vergriffen", stand da hinter dem roten Punkt.
(Anmerkung am Rande: Man schafft es also, das Buch offiziell als vergriffen zu melden, aber man schafft es nicht, die Autorin zu benachrichtigen.)

Ich sass da und versuchte, das zu verdauen. Gerade hatte ich wieder eine Lesung abgemacht mit einer Schule, an der das Buch gelesen wird. Auf meinem YouTube Kanal guckten sich alleine in den letzten 48 Stunden rund 50 Leute den Blackout Buchtrailer und die Blackout Kurzlesung an. Und jetzt ist das Buch weg. Wieder ohne vorherige Information durch den Verlag. Mein Lager zuhause: fünf Stück. Wenn mich also Schulen anfragen, ob ich noch Exemplare habe, kann ich nicht wirklich helfen.

Zum Glück hatte ich keine Zeit, mich wirklich darüber aufzuregen, denn ich war auf dem Sprung zu einer tollen Veranstaltung (dazu mehr in einem anderen Post). Die Freude und die Begeisterung die ich daraus mitnehmen durfte, trug mich durch den Nachmittag. Am Abend schlich sich dann die Melancholie ein.

Ich muss in kurzer Zeit Abschied nehmen von zwei Büchern, die mein Autorinnenleben geprägt haben. Blackout war mein erstes Buch, es hat mich all die Jahre begleitet, ist an vielen Schweizer Oberstufen zu einer ziemlich verankerten Klassenlektüre geworden. Das Buch hat mich zur Autorin gemacht, ich verdanke ihm unzählige Lesungen, auch heute noch. Mit seinem Verschwinden verschwindet ein Stückweit auch etwas von mir. no way out war mein zehntes Buch, das Buch, nach dem ich dachte, ich könnte jetzt eigentlich aufhören zu schreiben, weil alles gesagt ist, was ich sagen wollte. Es war mir unendlich wichtig und es war mir eine tiefe Freude, als es den Preis als bester deutschsprachiger Jugendkrimi bekam.

Heute Morgen habe ich entschieden, dass ich diesen Abschied für mich würdig feiern möchte. Den Büchern noch einmal zuwinken. Ihnen sagen, wie viel sie mir bedeuten. Ihren wunderbaren Protas danken, dass sie mich gefunden haben. Mich vor den Leserinnen und Lesern verneigen, die die Geschichten gelesen haben. Für alle Feedbacks danken. Wissen, dass diese Bücher nicht nur mir etwas bedeuten. Mich an all die Jugendlichen erinnern, die mir gesagt haben, wie gerne sie das Buch gelesen haben. Ich wusste noch nicht, wie ich das anstellen sollte. Entstanden ist dieser Post (ein Glas Wein an einem Donnerstagmorgen fand ich dann doch etwas zu viel). Es bleibt die Melancholie.

Dienstag, 27. Dezember 2022

Autorinnenleben pur

 Ein Jahresrückblick der anderen Art. Momente aus meinem Autorinnenleben.
Unbedingt den Ton anmachen, bevor ihr reinguckt.
Mit Musik fegt es nämlich (noch) mehr.


Freitag, 23. Dezember 2022

Jahresrückblick


Ich bin mit Mut und Zuversicht ins neue Jahr gestartet. Und der Hoffnung, dass wir Corona loswerden und wieder in ein normales Leben zurückkehren können. Dann kam der Krieg. Die Tulpenfrau in der Ukraine, diese Frau, die ich hätte sein können. Die Sprachlosig- und die Hilflosigkeit. Diese Stärke der Menschen mitten im Krieg, die sagen: "Das Leben geht weiter." Und es ging weiter. Für uns normal, für viele andere Menschen nicht. 

Im Herbst begann der Iran, seine eigenen Kinder und Jugendlichen zu töten. Ich sah Bilder von jungen Frauen, die meine Töchter sein könnten. Ich traute mich nicht, mir den Schmerz ihrer Eltern vorzustellen. Ich zog meinen Schutzwall hoch, weil ich das Gefühl hatte, nichts ändern zu können. Rein gar nichts. Viele meiner deutschen Autorenkolleg*innen haben sich zusammengetan, Aktionen gestartet, haben auf den Social Media auf die Geschehnisse aufmerksam gemacht. Ich habe mich zurückgezogen. Weil es zu viel ist: Ukraine, Iran, Afghanistan, Pakistan, Afrika ... die Liste ist unendlich. An dem Tag, an dem die offizielle Schweiz einen finanziellen Unterstützungsbeitrag an die Ukraine nicht jetzt beschliessen wollte (sorry, genauer geht es nicht, weil ich die Zeitungsartikel dazu nicht verstanden habe), habe ich mich unendlich geschämt, privat gespendet und ganz fest gehofft, dass die Tulpenfrau noch lebt.

Seit Jahren sagen wir: "War das ein beschissenes Jahr, das nächste wird besser" - und dann wird es immer noch schlimmer. Denn es sind ja nicht nur die Kriege und die Gräueltaten. Wir verraten gerade auch die Zukunft unserer Kinder, indem wir zwar (fast) alle von Klimaschutz sprechen, aber halt bitte nicht bei uns und nicht gerade das, was uns wehtäte und dann ist da noch die Wirschaft und das Geld und der Konsum und das Wachstum und die Skipiste, die beschneit werden muss usw.

In all diesem Irrsinn ist der Rückzug in die eigene kleine Welt so unendlich wichtig. Es ist (oder wäre) auch wichtig, diese Welt so zu gestalten, dass wir an ihr wachsen können. Dass unsere kleine Welt mit vielen kleinen Welten verschmilzt und viele kleine gute Welten eine bessere grössere hervorbringen.  

In meiner eigenen kleinen Welt war das Jahr ein gutes. Meiner Familie geht es gut, sie ist der sichere Hafen, in dem ich mich geborgen fühle. Auch beruflich war es ein gutes Jahr. Ich habe mir sowohl den Mut als auch die Zuversicht erhalten können. Ich habe eine grosse innere Ruhe gewonnen, auch eine wunderbare Gelassenheit. Ich bin neue Wege resp. Trampelpfade gegangen. Mein Körper hat mir Grenzen gezeigt, ich habe aber auch gelernt, dass man diese Grenzen mit Geduld und - schon wieder dieses Wort - Zuversicht schieben kann.

Und jetzt, am Ende des Jahres, bin ich dankbar für das, was ich erleben und fühlen durfte. Ich behalte mein Motto bei: Mut und Zuversicht. Und Liebe. Das ist das, was ich habe und weitergeben kann.

Wer gerne mehr wissen möchte: 


Dienstag, 13. Dezember 2022

Ich habe es satt


Nein, nicht meinen Beruf. Der hat mir heute einmal mehr ein Highlight beschert.

Ich habe mein Land satt, resp. die offizielle Schweiz. Drüben auf Instagram hat unsere Regierung einen Account, der eine Unmenge Geld kostet. Und was sehe ich? Schöne Fötteli von glücklichen Bundesräten und Bundesrätinnen. Noch mehr Fötteli von stolzen Bundesräten und Bundesrätinnen. Schöne, heile Bundesratssschweiz.

Liebe Bundesräte und Bundesrätinnen, die Welt brennt. Im Iran sterben Menschen, werden junge Menschen hingerichtet, die das getan haben, was bei uns ein Grundrecht ist: demonstrieren. Und wir so: Gute Dienste, Diplomatie, blablabla. Als ob die iranischen Herrscher sich auch nur mit einem Quadratmillimeter ihres Hintern für unsere guten Dienste interessieren würden. Die lachen und aus.

Ich habe es satt. So satt. Ich wünsche mir klare Stellungnahmen in  Bezug auf den Iran. Ich wünsche mir generell klare Standpunkte. Ich wünsche mir, dass wir uns nicht jedesmal hinter unserer Neutralität verstecken, die uns genau dann egal wird, wenn wir was rausholen können für ... ja für wen eigentlich.

Wo ist unsere Humanität hin? Hatten wir sie jemals? Ich meine, so als Nation. Im Einzelnen und Kleinen: Ja. Und wenn es im Einzelnen und Kleinen geht, warum nicht im Grossen Ganzen? 

Ein wenig Hoffnung habe ich doch noch. Es scheint nämlich langsam auch einem Teil unseres Parlaments zu "gschämig", was der Bundesrat (nicht) leistet. Mehr dazu hier im Artikel von Watson.ch 

Freitag, 25. November 2022

Good News, no News, sad News


Der Dienstag war ein irrer und auch ein wenig ein irrwitziger Tag. Kollegin Jutta Wilke und ich steckten in unserer Story fest und suchten einen Ausweg. Das ist zwar harzig, aber immer auch gut, weil mit Jutta zu arbeiten Freude macht.

Am Nachmittag habe ich dann mein neustes Video aufgenommen, in dem es um Lesungen für Jugendliche geht. Ich hatte mir eine Liste gemacht, worüber ich reden wollte, habe wie immer eine Weile lang den Text "trocken" geübt, will heissen, ich habe beim Kaffee machen, beim Haushalten usw. laut geredet und dabei hat sich das, was ich sagen will und wie ich es sagen will herauskristallisiert. 

Zwischen zwei Arbeitsschritten hat der Postbote geklingelt und mir die Belegsexemplare der Neuauflage von Hundert Lügen gebracht. Ich hatte ja ziemlich heftig gefiebert und gebibbert, weil ich diesmal nicht sicher war, ob die Druckqualtität genügen würde. Zu meiner Erleichterung ist der Druck gut, bei den Rückblenden könnte er jedoch noch ein wenig besser sein (ich hatte eine sehr feine Schrift gewählt und hatte damit gerechnet).

Ich tanzte also glücklich zwischen Filmauslegeordnung und sonstigem Chaos eine Runde Rock'n'Roll und freute mich. --- Bis ich in die Mailbox guckte.

Da war nämlich die Antwort vom Thienemann-Verlag eingetrudelt. Ich hatte - wieder einmal - festgestellt, dass ein Buch von mir von der Liste in meinem Autorenportal verschwunden ist. Päng. Weg. Das bedeutet nie etwas Gutes. Also hatte ich nachgefragt. Die Antwort: "Ja, das Lager ist tatsächlich leer." Es ist nicht das erste Mal, dass Bücher von mir vergriffen sind oder geramscht werden, ohne mich vorher zu informieren. Meistens finde ich das selber irgendwann heraus und muss dann nachfragen, was los ist. Früher hat mich so was genervt. Heute zucke ich mit den Schultern und erlaube mir einen Lacher.

no way out hatte ein gutes, langes Leben. Acht Jahre war der Titel auf der Backlist, sehr viel länger als viele andere Bücher. Ich hätte dem Buch und mir ein würdevolleres Ende gewünscht, will heissen, ich hätte mir gewünscht, man hätte mich vorgängig informiert, wie das eigentlich üblich sein sollte.

Der Dienstag war also der Tag, an dem ein Buch offiziell zurück in das Licht der Welt trat und ein anderes inoffiziell und leise von der Backlist verschwand. So ist es, das Autorinnenleben. Ich bin froh und dankbar, dass ich den Weg ins Self Publishing gefunden habe, das es mir erlaubt, vergriffene Titel wieder neu herauszugeben und damit auch wieder lieferbar zu machen.

PS: Zu vergriffenen Titeln und deren Neuauflagen habe ich vor ungefähr einem Jahr ein Video gemacht: Vergriffen - und jetzt? Darin erzähle ich, was aus all meinen Jugendbüchern geworden ist. Funfact am Rande: Ich habe in dem Video die Prognose gewagt, dass no way out das nächste Buch sein wird, das aus dem Verlagsprogramm fallen wird ...