Montag, 31. Mai 2021

Monatsrückblick Mai

24 Lesungen sind es im Mai geworden, und alle haben wir live vor Ort durchgeführt, alle mit Maske, alle in gut gelüfteten Räumen. Schön war's, toll war's, gut war's (mit Ausnahme von zwei völlig sinnleeren Lesungen in einer Turnhalle auf Festbänken und Matten).

Dazu kam ein Krimi-Schreibcoaching für zwei Oberstufenklassen aus dem Kanton Fribourg, völlig aus dem Blauen heraus, kurzfristig, spontan, intensiv. Ich habe die Chance gepackt und verschiedene Formen von Online-Coaching ausprobiert. Und ich weiss jetzt: Das ist etwas, das ich öfters machen möchte.

In Sachen da bux habe ich meine Lektoratsarbeit abgeschlossen. Unsere Edition ist auf guten Wegen: Der Text ist gesetzt, die Klappentexte stehen, die Autorenbios sind im Kasten, die Autorenfotos ausgesucht, die definitive Coverentscheidung findet in diesen Tagen statt. In den ersten fünf Monaten lag mein Arbeitsfokus auf der Verlagsarbeit, ab jetzt auf dem Schreiben. In diesem Fall erst einmal dem Recherchieren des Themas meines neuen Buches. Das dazugehörige Notizbuch habe ich gekauft, Recherchematerial unter Favoriten abgespeichert, es kann losgehen!

Im Monat Mai habe ich ziemlich punktgenau 180 Kilometer spazierend und wandernd zurückgelegt, bei jeder Art von Wetter, meistens am frühen Morgen, während der Lesungen in der Mittagspause. Wenn sich die Wolken verzogen, waren Himmel und Landschaft von einer wunderbaren Klarheit, wie frisch gewaschen.

Nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen mit meinem #walkingmyway habe ich meinem beruflichen und persönlichen Aufbruch noch ein weiteres Kapitel hinzugefügt und fühle mich sehr wohl damit. Seit dem 22. Mai begleitet mich neben dem Bullet Journal und dem Tagebuch ein spezielles Notizbuch, in dem ich meinem Körper Raum gebe. Ziel ist es, ihm mehr Sorge zu tragen, ihm Gutes zu tun und dabei auch Gewicht zu verlieren. Nicht schnell, sondern genauso wie bei meinem #walkingmyway. Langsam, bewusst und mit dem Weg als Entdeckungsreise. Eine meiner Lieblingsyoutuberinnen hat das so formuliert: slow and steady wins the race. Das steht als Motto vorne in meinem neuen Begleitbuch durchs Leben.

Die Pfingstrosen sind vom Haus in den Bergen, das Notizbuch ist von Flow, das Gemüse stammt
aus der Saisonbox vom Böschnihof in Sevelen (es wurde übrigens zur leckeren Gemüsewähe heute Mittag).

Montag, 24. Mai 2021

Autor*in werden - ja oder nein? (Kleingedrucktes inklusive)

Bei Lesungen wird man allerhand gefragt. Zum Beispiel, was die Schattenseiten des Autorenlebens sind. Nun, da gibt es eine lange Liste. Um nur ein paar zu nennen: Für die meisten ist es ein brotloser Job oder zumindest ein Tiefstverdienerjob, ein Balanceakt auf dem Hochseil ohne Sicherheitsnetz. Kommt dazu, dass die Buchbranche ein sehr hartes Pflaster ist, auf dem man unsanft aufschlagen kann, weshalb man mit Vorteil über ein sehr dickes Fell, viel Durchhaltewillen sowie eine gehörige Portion Gelassenheit und Galgenhumor verfügt. 

Kürzlich wagte bei einer Lesung jemand eine Anschlussfrage. Ob ich den Beruf Autor*in dennoch empfehlen könne. Ich musste keine Sekunde nachdenken. "Ja, klar", antwortete ich.

Weil Schreiben etwas Tolles ist. Ein Eintauchen in andere Leben und andere Welten. Als Autor*in hat man keine fixen Arbeitszeiten (ausser man gibt sie sich selber), keine immer gleich strukturierten Arbeitsabläufe, man lernt spannende Menschen kennen, man kann - wenn man will - Mitglied der riesigen Autorencommunity in den Social Media werden. Wer sich für den Beruf Autor*in entscheidet, öffnet eine Tür zu einer aufregenden Welt.

Achtung, jetzt kommt das Kleingedruckte: 
Mit ziemlicher Sicherheit braucht man zumindest am Anfang einen Brotberuf, sprich, einen zweiten zusätzlichen Beruf, der ein einigermassen geregeltes Einkommen generiert. Am besten fährt man, wenn man genau weiss, worauf man sich einlässt und auch sicher ist, dass man damit umgehen kann. Und dennoch wird es mindestens einmal im Monat einen Moment geben, in dem man sich fragt, warum man nicht ................. (an dieser Stelle einen vernünftigen, bodenständigen Beruf einfügen) geworden ist.

Was ich ganz sicher und aus tiefstem Herzen empfehlen kann: Schreibt. Privat oder beruflich. Denn das Schreiben ist ein Weg in die Welt und darüber hinaus - und ein Weg zu sich selbst.

Mein Lesetipp: Andreas Eschbachs fadengerad ehrliche Gedanken und Tipps zum Schreiben. Die findet ihr auf seiner Webseite. Wer sich durch alles durchgelesen hat und trotzdem immer noch Autor*in werden will, für den ist der Beruf gemacht.

Mittwoch, 19. Mai 2021

Girls und Boys und lackierte Fingernägel

Über das Thema für die heutige YA!-Kolumne bin ich während meiner Lesetour durch die Ostschweiz gleich mehrfach gestolpert. Zum Beispiel, als ich vor dem Bücherregal einer Schulbibliothek stand und mir das Wort BOYS entgegenleuchtete. Jungsbücher also. Weil mein Lieblingsbuchblogger Josia Jourdan genau zu diesem Thema kürzlich in einem seiner Spill your Tea Clips auf YouTube (ab Minute 5.40) eine Menge loswerden wollte, musste ich natürlich zuerst an ihn denken. Und dann auch an mich. Weil mich in meiner Jugend sogenannte Mädchenbücher nicht die Bohne interessiert haben und ich deshalb nach den Jungsbüchern gegriffen habe.

Ich versuchte der Bibliothekarin zu erklären, weshalb diese Kategorien keinen Sinn ergeben, aber ich fürchte, wir sprachen nicht dieselbe Sprache, resp. denken in völlig anderen Welten. Sie verstand nicht, was ich ihr sagen wollte. 

Auf derselben Tour lief unterwegs im Auto eine Sendung über Männer, die sich ihre Fingernägel lackieren, ich signierte ein Buch für einen wunderbaren Menschen mit einem selbst gewählten Jungennamen (und dachte wehmütig daran, dass ich das damals wahrscheinlich auch gerne getan hätte; nicht für immer, aber doch für eine gewisse Zeit) und ich dachte generell viel über Geschlechterfragen nach. 

Das hat auch die Bibliothek Uster getan. Ein Experiment bestätigte ihnen, dass sie mit ihren Gedanken richtig lagen. Es gibt in der Bibliothek Uster keine Jungs/Mädels Kategorie mehr. Mehr dazu erfahrt ihr in diesem spannenden Interview mit Melina Eberhard von der Bibliothek Uster.

Die Kolumne schrieb sich mehr oder weniger selber. Nachzulesen ist sie hier auf Qultur. 

Sonntag, 16. Mai 2021

Wie man als Jugendbuchverlag mit einem Kinderbuch fremdgeht und sich dabei treu bleibt

Gerne hätte ich während der letzten Wochen und Monate öfters laut und begeistert herausgerufen, was ich denn da genau in meiner da bux Lektoratsstube mache, aber wir haben in unserem Verlag einen klaren Zeitplan, was ab wann verraten wird. Und so blieb ich in den Social Media vage. Schrieb, wie sehr mir die neuen vier Geschichten der Edition 6 gefallen, und wie toll die Zusammenarbeit mit unseren Autor*innen ist. Beides ist keine Übertreibung. Es war eine Freude, gemeinsam an den vier völlig verschiedenen, allesamt sehr starken Texten zu arbeiten.

Einmal mehr ist die Bandbreite der Geschichten und Texte und ihren Erzählsprachen sehr weit. Genau das gefällt mir so an unserem Verlag. Wir haben zwar ein glasklares Konzept, aber innerhalb dieses Konzeptes gibt es unzählige Möglichkeiten, eine Geschichte zu erzählen. Auf der diesjährigen Ostschweizer Lesetour durch Oberstufenschulen in verschiedenen Kantonen durfte ich dafür massenweise Komplimente einheimsen (die ich hiermit direkt an unsere Autor*innen weitergebe). Gelobt werden die Vielfalt an Themen und Genres, die individuellen Erzählsprachen unserer Autor*innen, die leichte Lesbarkeit und die vielfältige Möglichkeit, wie unsere Bücher im und neben dem Unterricht eingesetzt werden können. Vor allem aber, dass wir die Jugendlichen mit unseren Büchern begeistern. Schönere Komplimente kann man nicht bekommen!

Was mir an da bux ebenfalls gefällt: Dass wir innerhalb unseres Konzeptes Experimente wagen. In Edition 2 war das mit Voll Risiko ein Buch, das sich auch im heilpädagogischen Bereich und im DaZ einsetzen lässt. In Edition 5 haben wir mit Hochdruck das Buch einer sehr jungen Autorin veröffentlicht (Maxima Hampel war siebzehn, als sie das Buch geschrieben hat). Und in Edition 6 wagen wir noch einmal etwas Neues. Wir gehen sozusagen fremd. Nämlich in den Kinderbuchbereich. Nicht mit der gesamten Edition; da bux ist und bleibt ein Jugendbuchverlag. Aber auf vielfachen Wunsch veröffentlichen wir im Herbst 2021 ein Kinderbuch, eins, in dem wir unserem Konzept der einfachen Erzählsprache treu bleiben.

Ich gestehe, als Lektorin bin ich mit sehr viel Respekt an diese Aufgabe herangegangen, bewege ich mich doch ansonsten eher im Bereich des Jugendbuchs. Was enorm geholfen hat: Als Autorin konnten wir die erfahrene Kinderbuchautorin Katja Alves gewinnen. Sie hat eine derart wunderschöne und packende Geschichte geschrieben, in einer Erzählsprache, die das Herz berührt und an den richtigen Stellen auch schneller schlagen lässt, dass das Lektorat zu einer riesigen Freude wurde.

Was wir bei diesem Buch als Verlag nebst dem Lektorat zusätzlich beachten mussten, erfahrt ihr in diesem Interview mit Tom Zai, das auf unserer Verlagsseite zu finden ist.

Mit den anderen drei Büchern bleiben wir auf der Oberstufe. Sie werden, genau wie das Kinderbuch, richtig toll. Mehr darf ich noch nicht verraten. Von wegen Zeitplan.

Sonntag, 9. Mai 2021

Lesungen - weniger ist mehr

Ich liebe Lesungen. Und ich werde weiterhin Lesungen machen. Aber meine Zeit der wochenlangen Schullesetouren ist vorbei. Das ist mir in diesen letzten Monaten und Wochen sehr klar geworden. Was ich beibehalten werde, sind Lesungen und Workshops an einzelnen Tagen, die auf direkte Anfrage zustande kommen.

Normalerweise war ich jeweils im Januar und/oder März eine, meistens zwei Wochen auf Lesetour im Kanton Zürich. Dort habe ich mich jedoch schon letztes Jahr abgemeldet – und ich stellte in den vergangenen Monaten fest, wie gut es mir tut, mich ganz auf die da bux Verlagsarbeit zu konzentrieren. Ich hatte alle Zeit der Erde für das Lektorat der vier Texte der Edition 7. Während meine Autorenkolleg*innen entweder unterwegs waren oder coronabedingt Verschiebungstermine gesucht haben, konnte ich meinen Fokus voll und ganz auf da bux legen. Und mir blieb dabei auch Zeit für mich. Ich glaube ich hatte dieses Jahr das stressfreiste erste Quartal seit endlos langer Zeit.

Da ich mittlerweile die ersten paar Monate im Jahr sehr viel mehr Verlegerin als Autorin bin, möchte ich in der zweiten Jahreshälfte hauptsächlich schreiben, weshalb ich mich nun auch bei den Zentralschweizer Lesungen abgemeldet habe, etwas schwereren Herzens als im Falle der Zürcher Lesungen, weil ich immer sehr gerne in der Zentralschweiz unterwegs gewesen bin. 

Der Verlag und das Schreiben sind jedoch nicht die einzigen Gründe für diesen Teilrückzug von den Lesungen. Vor allem in den letzten beiden Jahren haben die Touren an mir zu zehren begonnen, denn Schullesetouren sind fordernd und energieraubend: Drei Lesungen pro Tag, zum Teil Ortswechsel über den Mittag, ein Leben im Hotel, gewisse Schulen, bei denen ich mehr Bespassungshampel denn Autorin war … es wurde mir zu viel. Und dass solche Lesungen auf organisierten Touren leider immer noch nicht gerade prächtig gut bezahlt sind, hilft auch nicht wirklich; auf jeden Fall machte es den Entscheid einfacher.  

Im Augenblick befinde ich mich auf meiner letzten Schullesetour. Sie führt mich durch die Ostschweiz. Mal abgesehen vom grässlichen Fehlstart am Montagmorgen (ich sage nur Turnhalle, Festbänke und Turnmatten), fühlte ich mich an allen anderen Lesungen wohl wie ein Fisch in schönsten Gewässern. Wunderbare Lehrpersonen, wunderbare Jugendliche, gute Schutzkonzepte, tolle Lesungen. Was nichts daran änderte, dass ich an zwei Abenden bereits um halb neun in einen schon fast komatösen Schlaf fiel. Yap Leute, es ist soweit: Diese Frau hier (ich) wird alt. Als jemand, der ein Leben lang aus einem vollen Energiereservoir schöpfte, fällt mir diese Erkenntnis nicht gerade leicht.

Dieses Jahr werde ich sechzig. Eine gute Gelegenheit, bei den Lesungen etwas kürzer zu treten, den Fokus noch mehr auf den da bux Verlag zu legen und meine Ideen in Sachen Workshops/Coaching zu verwirklichen.

Schulen, die mich gerne für eine oder mehrere Lesungen engagieren möchten, können das weiterhin tun, allerdings nicht im Rahmen einer Schullesetour, sondern mittels direkter Anfrage bei mir. Dasselbe gilt für Workshops und Coachings. Ich höre nicht auf. Ich wechsle nur die Schrittart. Darauf freue ich mich.