Freitag, 7. Mai 2021

Schreibcoaching für Jugendliche

Das mit dem Loslassen und den neuen Türen hat tatsächlich was. Während ich mich auf die Ostschweizer Schul-Lesetour vorbereitet habe, der letzten dieser Art für mich (mehr dazu im nächsten Blogpost), flatterte eine Mail in meinen virtuellen Briefkasten. Eine Anfrage für ein Krimi-Schreibcoaching für zwei Schulklassen am anderen Ende der Schweiz. Von jetzt auf sofort. Für den ganzen Monat Mai. Meine Antwort war Minuten später formuliert: Ja, sehr gerne. Und ich versprach ein Konzept bis zum nächsten Tag.

In einer idealen Welt und mit mehr Vorlauf hätte ich vorgeschlagen, dass ich die bereits bestehenden Texte und die Fragen der Schüler*innen lese, das Coaching mit einem Schreibworkshop vor Ort beginne und danach die Klassen virtuell durch den Schreibprozess begleite.

Aus zeitlichen Gründen musste ich mir etwas anderes einfallen lassen, denn ich bin die ersten 1 1/2 Wochen im Mai auf Lesetour, und danach haben die Klassen eine Projektwoche abseits vom Krimischreiben. Also habe ich dem verantwortlichen Lehrer verschiedene Möglichkeiten vorgeschlagen, die wir am Samstagnachmittag telefonisch besprochen haben. Zwei Stunden später schickte er mir eine Zusammenfassung des definitiven Konzepts, und dann ging alles sehr schnell. Schon am Sonntagnachmittag drehte ich den Begrüssungsclip für die Schüler*innen und schickte ihn auf die virtuelle Reise ans andere Ende der Schweiz. 

Für mich ist das der Aufbruch, den Stephan Sigg und ich schon Anfang letztes Jahr gemeinsam eingefädelt haben mit unserem Schreibworkshopangebot. Corona hat uns dazwischengefunkt, aber ich denke ab nun geht es voran.

Was mir an diesem Krimi-Schreibcoaching gefällt: Ich darf Jugendliche über längere Zeit bei ihrem Schreibprozess begleiten. Wir arbeiten dabei mit Videoclips, mit Zoom-Meetings, mit Dateien in Teams und wir wollen uns auch vor Ort begegnen, wenn nicht am Anfang des Projekts, dann am Ende zum Feiern.

Für mich ist das gerade ein riesiges Testfeld, in dem ich mich austoben kann und darf. Und genau das gedenke ich zu tun. Bis jetzt macht es jede Menge Spass - und auch Arbeit. Aber es ist genau die Art Arbeit, die ich in Zukunft vermehrt ausüben möchte. Weitere Infos dazu auf der Webseite Schreibworkshops.ch  

Samstag, 1. Mai 2021

Warum mein Garten besser gekleidet ist als ich

Das Öffnen meines Kleiderschranks ist für mich zu einem kleinen Albtraum geworden. "Ich habe nichts anzuziehen" ist in meinem Fall keine Koketterie, sondern eine schmerzhafte Tatsache, vor allem nach meiner letzten Aus-dem-Leim-gehen-Runde. Nun passen auch die verbleibenden paar Kleidungsttücke nicht mehr. Kürzlich bin ich in einem Anfall von Verzweiflung in einen Kleiderladen marschiert, habe mir drei paar Jeans in (sehr) grossen Grössen, dafür in Kurzlänge, geschnappt und bin damit direkt zur Kasse. Ohne die Dinger anzuprobieren.

"Sie haben schon gesehen, dass eine Jeans eine Nummer grösser ist als die anderen?", hat die nette Verkäuferin gefragt.

Ja, hatte ich. Ich hätte auch gerne alle drei Paar in dieser Monstergrösse gehabt, aber alle anderen Kurzgrössen gab es nur in der Nicht-ganz-Monstergrösse. Ich wusste, dass sie zwar eng sitzen, aber passen würden. Ausserdem will ich ja wieder etwas schrumpfen (HA!)

Fazit: Die Monstergrösse eignet sich perfekt für meine langen Spaziergänge, die anderen lassen mich einigermassen gesellschaftstauglich aussehen. Hosenproblem gelöst. Vier funktionierende Paar Hosen sind für mich schon zwei mehr als vorher. Meistens trage ich sie, bis sie mir am Körper zerfallen. Zum Glück gibt es diesen Kaputte-Hose-Trend noch immer.

Oberteile habe ich noch drei oder vier passende, dazu kommen ein paar Verzweiflungskauf T-Shirts, die ich nur im Garten trage, weil ich sie so hässlich finde. Von Schuhen reden wir gar nicht. Ich trage seit nunmehr mindestens drei Jahren nur noch Turnschuhe derselben Marke und Farbe, plus Wanderschuhe, plus im Winter warme (abgelaufene) Winterschuhe.

Nein, es liegt nicht am fehlenden Geld. Mein Problem ist, dass ich Kleidershoppen hasse. Nur schon beim Gedanken daran bekomme ich schlechte Laune. Und wenn ich mich mal in einem Anfall von Jetzt-Aber in einen Kleiderladen stürze, bin ich meistens so schnell draussen wie ich vorher drin war.

Das hat verschiedene Gründe: Das meiste Zeug gefällt mir schlicht und einfach nicht. Und das, was mir gefallen würde, gibt es in meiner Grösse nicht. Ja, ich hab's online versucht, aber nach jeweils zwei bis drei Stunden Schmökern gebe ich entkräftet auf und wechsle zu den Shops, in denen ich stundenlang schwelgen kann: Deko- und Einrichtungsshops.

Es ist nicht so, dass ich generell nicht gerne einkaufe. Kein Einrichtungsladen ist vor mir sicher, keine Gärtnerei, in die ich nicht zumindest reinlinse. Am Allerliebsten sind mir die gemütlichen Läden, in denen alte, gebrauchte Möbel und Dekostände verkauft werden. Kürzlich kam ich bei meinem Spaziergang an so einem vorbei. Die Besitzerin war gerade damit beschäftigt, die Ausstellungsstücke vor ihr Geschäft zu tragen. Mein Auge fiel auf zwei Fensterläden. Zwei Augenweiden. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich hatte weder das nötige Geld noch das für den Transport nötige Auto dabei, aber ich reservierte die Läden und ging sie am Abend abholen (und bezahlen).

Während ich also für mich nichts Passendes finde - nicht zuletzt weil mir die Lust zum Suchen fehlt - werden unser Garten und unser Heim von Tag zu Tag schöner und gemütlicher.

Meinem Garten ist es egal, wie ich aussehe. Mir meistens auch. Aber jetzt stehen Lesungen vor der Tür. Meine beiden übergrossen Winterpullover, die ich während der letzten Wochen und Monate abwechselnd getragen habe, haben ausgedient. Der Kleiderschrank gibt ausser Hosen nicht wirklich was her. Ich habe eine kleine Panikattacke. Es ist Samstag, das Wetter ziemlich garstig. Der perfekte Tag, Kleidershoppen zu gehen. Theoretisch.

PS: Wenn ihr einen Online-Shop kennt, der tolle Kleider in grossen Grössen verkauft, in denen man nicht wie ein Zirkuszelt oder seine eigene Oma aussieht, vorzugsweise Kleider in Schwarz und in Cool, bitte schreibt mir den Namen des Shops unten in die Kommentare. Danke.

Mittwoch, 28. April 2021

Und wieder eins weniger - Wenn Bücher aus der Backlist fallen

Ich habe es kommen sehen. Im Gegensatz zu früher tut es nicht mehr weh. Dennoch ist da ein weh in meinen Gefühlen, nämlich in der leisen Wehmut, die sich beim Lesen des Briefes vom Verlag in mir ausgebreitet hat. Hundert Lügen wird aus dem Programm genommen, verramscht, fristet noch eine Weile ein Leben als Buch in den Wühltischen und ist dann weg. Wieder Buch weniger auf der Backlist. 15 habe ich für den Thienemann-Verlag geschrieben, jetzt sind noch drei beim Verlag gelistet (Blackout, no_way_out, Matchbox Boy), und ich denke, bald wird es nur noch das Buch Blackout sein. Zum Glück habe ich die meisten meiner Bücher im Self Publishing neu aufgelegt, zum Glück schreibe ich für den da bux Verlag, der seine Backlist hegt und alle Titel verfügbar hält. 

Autor*innen, die am Markt bleiben wollen, die zu Lesungen eingladen werden möchten, die ganz generell von ihrem Beruf leben möchten können, schreiben unbeirrt weiter, ein Buch nach dem anderen. Was hinten aus der Backlist fällt, wird vorne mit neuen Büchern aufgefüllt. Es ist ein Karussell, das sich frustrierend schnell dreht und schon mal zur rasanten Achterbahn werden kann. 

Ich habe schon vor längerer Zeit beschlossen, mich aus diesem Karussell zu verabschieden. Für mein Berufsleben als Autorin ist das schon fast tödlich, mir persönlich tut es unendlich gut. 

Im Gegensatz zu den letzten paar Malen, wurde ich sogar vom Verlag informiert, dass mein Buch ausgemustert wird. Ich hätte damit die Möglichkeit, ein paar (oder sogar viele) Exemplare zu kaufen, bei mir zu lagern und selber zu verkaufen. Vor ein oder zwei Jahren hätte ich das noch getan, um die Zeit zu überbrücken, bis ich das Buch selber wieder herausgegeben habe. Diesmal ist es anders. Ich kaufe gerade mal zehn Stück, und ich lasse das mit dem selber Herausgeben auf mich zukommen. Vielleicht mache ich es, vielleicht auch nicht.

Das liegt nicht am Buch. Hundert Lügen ist eins meiner absoluten Herzblutbücher. Ich liebe es. Sehr sogar. Ich finde - ganz unbescheiden - es hätte ein (sehr viel) besseres Leben verdient gehabt. Die Rezensionen warent toll, das Buch hat einen Preis gewonnen und tauchte erst kürzlich wieder auf einer Empfehlungsliste auf. Das schmeichelt zwar dem Ego, aber es hilft nicht, wenn die Verkaufszahlen nicht stimmen. Und die stimmen leider nur, wenn eine ganze Menge anderer Dinge auch stimmen. 

Das Hadern habe ich mir abgewöhnt. Bei mir ist eine tiefe, ruhige Gelassenheit eingekehrt. Es gab Momente, in denen ich gedacht habe, dass zwanzig Bücher reichen. Das nun gut ist. Aber das Schreiben macht mir immer noch Freude. Es ist jedoch in den Hintergrund getreten, weil ich extrem gerne Verlegerin bin. Und weil ich so viele Dinge gerne tue, die nichts mit dem Schreiben zu tun haben. Ich schreibe eigentlich wieder wie früher: aus Leidenschaft, aus Spass an der Freude. Aber nicht mehr vollberuflich, sondern in einem (kleinen) Teilzeitpensum.

Stand derzeit: Aller Voraussicht nach erscheint nächstes Jahr etwas Neues von mir. Zudem ist meine Agentin mit zwei Kinderbuchprojekten von mir auf Verlagssuche. Hätte ich auch nicht gedacht, dass ich das jemals wieder tun würde. Ich tue es wie damals bei meinem ersten Buch: Ohne Erwartungen. Entweder es wird oder es wird nicht. Und so (fast) still und leise arbeite ich an Büchern, die ich unter Pseudonym veröffentlichen möchte. 

Dienstag, 27. April 2021

Ich, Onkel Mike und PLAN A ist Vorlesebuch

Ich, Onkel Mike und PLAN A ist Vorlesebuch beim Vorlesewettbewerb im Kanton Freiburg. Ich habe heute Nachmittag einen ganzen Stapel Bücher für die jungen Vorleser und Vorleserinnen signiert - und während ich diesen Blogpost schreibe, höre ich ihnen beim Vorlesen zu. Könnt ihr auch, wenn ihr diesem Link folgt und dann ganz nach unten scrollt. Wer es mit dem Scrollen gemütlich nimmt, erfährt gleich auch noch ein paar Dinge über den Vorlesewettbewerb.

Ich LIEBE es, meine Geschichte vorgelesen zu bekommen. Gleichzeitig schleicht sich ein wenig Wehmut in mein Herz. Eigentlich ... also eigentlich ... hätte ich dort sein sollen, schon letztes Jahr, und jetzt dieses. Aber ihr wisst schon: Corona ist ein Fiesling. Und deshalb kann ich nicht live dabei sein. Zum Glück gibt es Radio!

Sonntag, 25. April 2021

Si hei der Wilhälm Täll ufgfüert

In Chur (bewilligt), in Liestal (bewilligt), in Schaffhausen (unbewilligt, von der Polizei freundlich behandelt und mit netten Grüssen nach Hause geschickt) und nun in Rapperswil (unbewilligt, mehr dazu weiter unten). Der Tourneeplan führt noch weitere Stationen auf, zum Beispiel Appenzell und Solothurn. Und es macht keinen Unterschied, ob die Aufführungen, resp. die Demos, bewilligt sind oder nicht. Stattfinden werden sie allemal und die Polizei wird zusehen.

Es ist ein buntes Häufchen, das da Wochenende um Wochenende gegen die Coronamassnahmen demonstriert. Einige treten in Schutzanzügen und Masken auf und machen damit eher auf progressives Theater, andere kommen mit Armbrust oder Gesslerhut und betonen das Historisch-Patriotische. Witzigerweise ruft dann der als Tell verkleidete Bärtige "Liberté" und huldigt damit eher der Französischen Revolution als unserem Nationalheiligen, während die Treichler mit ihren Doppelglocken schon ein wenig unterjocht wirken. Aber dagegen hilft das Singen der Nationalhymne oder wahlweise auch das Umarmen eines Polizisten.

Fazit: Coole Show. Findet auch die Polizei in Rapperswil, die nicht eingreift, obwohl sie im Vorfeld sehr alarmistisch mitgeteilt hat, dass jeder, der an dieser Demo teilnimmt, sich strafbar macht. Aber gell, die sind ja sooo friedlich mit ihren kleinen Kindern, ihren Hündelis und ihren netten Kostümen. Oder, um es mit den Worten des Polizeisprechers der Kantonspolizei SG zu formulieren: 

Wenn uns niemand mit Gewalt droht, greifen wir nicht zum Schlagstock.
(Quelle: St. Galler Tagblatt).

Ich weiss jetzt grad nicht, ob das gut zu wissen ist. Könnte ja sein, dass sich wieder mal ein paar Hundert Neonazis ganz friedlich im Toggenburg treffen wollen. Auf ein Konzert und ein Bierchen. Ohne mit Gewalt zu drohen. Und dann ... tja.

Auf jeden Fall freue ich mich auf die nächsten Demonstrationen der Klimajugend. Ich hoffe, auch in diesem Fall gilt gleiches (Un)Recht für alle.

PS: Damals, als ein paar Jugendliche in Rapperswil gegen das Neonazitreffen demonstrieren wollten, wurden sie von der Polizei schon am Bahnhof eingekesselt und über allem röhrte ein Polizeihubschrauber.