Mittwoch, 19. August 2020

Leben in Zeiten von Corona - Welche Folgen eine stornierte Reise für die Menschen vor Ort haben kann. Teil 2.

EIN GASTBEITRAG VON DONATELLA RASI GANTENBEIN VON GANRAS TRAVEL

Wer Teil 1 nachlesen möchte: Hier ist der LINK.

Tag 3   Unterwegs in Namibia

Im Gebiet der Lodge waren diverse Aktivitäten geplant. Die Stornierung bringt wiederum einen Rattenschwanz an Folgen mit sich, die das Überleben ganzer Familien und die Fortführung der diversen Projekte für nachhaltigen Tourismus und Naturschutz gefährden.

Ein wichtiges, von der Lodge unterstütztes Projekt ist der Schutz der Geparde. Schon seit längerer Zeit werden diese von den Farmern als Problemtiere wahrgenommen und deshalb oft abgeschossen, falls sie sich den Farmtieren nähern.

Die Cheetah Conservation Fund hat sich dieser Probleme angenommen.

Dazu gehören Projekte zum Herdenschutz und Aufnahme von verletzten Tieren oder sogenannten „Problem-Tieren“. 


Da die Bevölkerung unbedingt miteinbezogen werden soll, arbeiten gut geschulte Lehrkräfte mit Schulkindern und es werden Fachkräfte losgeschickt, die die Bauern rund um das Schutzgebiet aufklärt und ihnen gratis Herdenschutzhunde zur Verfügung stellt und ihnen den Umgang mit diesen Hunden beibringt.

Die Familie wollte sich das Projekt anschauen und hatte eine Info-Veranstaltung dazu gebucht. Diese Veranstaltungen für Lodge Gäste sind sehr wichtig, um das Projekt zu finanzieren.

Im Moment wurden viele der Projekte Corona bedingt auf „Minimum-Betrieb“ zurückgestuft, da einfach das Geld fehlt, um die Fachleute in die Dörfer zu schicken. Die Volontäre, die mithelfen das Projekt zu finanzieren, fehlen. Da auch die Schulen geschlossen sind, werden auch die ausgebildeten Helfer zur Aufklärung der Bevölkerung arbeitslos. Dass dies wiederum eine ganze Reihe von negativen Auswirkungen hat, muss ich wohl nicht näher erläutern. 

Tag 4   Unterwegs in Namibia

Beim nächsten Aufenthalt unterstützen wir ein privates Projekt, welches sich u.a. dem Schutz der Nashörner widmet. Ebenso bezieht die Organisation (mit mehreren Lodges) ihr sämtliches Gemüse von den umliegenden Farmern und beschäftigt diese auch wo immer möglich in den verschiedenen Lodges. 

Leider ist auch diese Zusammenarbeit durch das Ausbleiben der Gäste gefährdet, denn das angebaute Gemüse kann nicht verwertet werden. Ausserdem grenzt das private Wildschutz-Gebiet an den Etosha National Park und dient so als Pufferzone, welche besonders im Kampf gegen die Wilderei eine grosse Rolle spielt. Die privaten Ranger spielen hierbei eine äusserst wichtige Rolle. 

Tag 5   Unterwegs in Namibia

Die nächste Unterkunft dient vor allem der Entspannung der Gäste. Im Spa sollen diese die natürlichen Einheimischen Produkte kennen und schätzen lernen.

Die Wüste Namibias hat da so einiges zu bieten. Die Lodge bezieht ihre Produkte von einheimischen Farmern und lässt sie von einheimischen Fachleuten weiter verarbeiten. Die Mitarbeitenden des Spas verwenden diese dann für die Behandlung der Gäste.

Nach einem anstrengenden Tag auf den holprigen Pisten des Etoscha Nationalparks hatte sich die Familie eine Massage gönnen wollen.

Die Mitarbeiterin des Spas – ebenso wie die restlichen Mitarbeiter der Lodge gehen wieder einmal leer aus. Die Betreiber der Lodge werden wohl dieses Jahr einige der Mitarbeiter nicht beschäftigen können.

Tag 6   Unterwegs in Namibia

Die 6. Unterkunft wird von einer Community geführt und ist auch in deren Besitz.

Es ist der Community ein Anliegen, den meist ausländischen Gästen ihren Lebensstil und ihre Kultur näher zu bringen.

Die Familie wollte sich voll auf dieses Erlebnis einlassen und buchte deshalb eine private Tour mit den Gastgebern. Diese  Tour bietet einen guten Einblick in die Arbeit der Mitglieder der

Conservancy –Community. Diese hat mit den Farmern im Gebiet ein Konzept für naturnahes Farmen erarbeitet und stellt dieses nun den Besuchern vor. Ebenso unterstützt die Community die umliegenden Schulen und unterhält Einrichtungen zur Erhaltung der eigenen Kultur.

Die Gäste können an kleinen Workshops teilnehmen und Schulen besuchen.

Einmal mehr wirkt sich die Stornierung auf ganze Gemeinden aus. Ihnen fehlen wichtige Einnahmen um ihre Ideen für nachhaltige Landwirtschaft und den Erhalt ihrer Traditionen zu verwirklichen.

Denn auch hier geht es vor allem ums Überleben. 

(Fortsetzung folgt)

Montag, 17. August 2020

Leben in Zeiten von Corona - Welche Folgen eine stornierte Reise für die Menschen vor Ort haben kann. Teil 1.

EIN GASTBEITRAG VON DONATELLA RASI-GANTENBEIN VON GANRAS TRAVEL

Meine Freundin Donatella Rasi hat sich 2002 ihren Traum vom eigenen kleinen Reiseunternehmen erfüllt. Ihr GANRAS Travel ist darauf spezialisiert, das unmöglich Scheinende möglich zu machen. Für Privatpersonen und Gruppen stellt Donatella Reisen zusammen, die sie häufig auch selber begleitet. Dabei arbeitet sie stark mit lokalen Anbietern im jeweiligen Land zusammen, vor allem in Afrika, dieser Kontinent mit 55 Ländern und sehr vielen Facetten, der Donatella fasziniert und in dem sie mehrfach mehrere Wochen und Monate in verschiedenen Insitutionen gearbeitet hat.

Gestern hat sie mir erzählt, dass sie in einer kleinen Serie auf Facebook und Instagram anhand einer sornierten Reise nach Afrika aufzeigt, welch weitreichende Folgen ein coronabedingt abgesagter Urlaub für ihre lokalen Partner in Afrika hat. Ich habe sie gefragt, ob ich diese Serie auch hier in meinem Blog veröffentlichen darf. 

Ich darf. Hier ist Teil 1:

Aus dem Reisebüro Alltag während der Corona Zeit:

Oder… nur ein Bespiel für

eine Buchungs-Stornierung mit weitreichenden Konsequenzen - Teil 1

Private geführte Namibia Reise – geplant für Oktober 2020  für eine Familie mit 6 Teilnehmern

Nachricht an die Kunden:
Die Fluggesellschaft hat soeben die Flüge nach Namibia storniert.

Nachricht von den Kunden:
Eine Umbuchung ist nicht möglich für die Familie.
Die Reise kann somit nicht stattfinden. Leider müssen wir diese Reise stornieren.Wir hoffen auf baldige Rückgabe der bereits bezahlten Tickets und Gebühren.

Das tönt kurz und bündig und ist eigentlich kein Problem, die Partner vor Ort in Namibia sind sehr kulant. Aber d.h. auch, dass alle Landleistungen gestrichen werden müssen: Und das betrifft mehr Menschen und Unternehmen, als man auf den ersten Blick meint.

Hier eine kurze Beschreibung.

Die Angestellten der Agentur in Windhoek  sind schon seit Monaten auf Kurzarbeit. Trotzdem müssen alle Stornierungen und Umbuchungen in kürzester Zeit bearbeitet werden.

Eine Jobsicherheit gibt es nicht!

ÜBRIGENS
Wir bemühen uns, um nachhaltigen Tourismus vor Ort zu fördern, deshalb fällt die Auswahl der meisten Unterkünfte  auf eben solche, welche an diversen Projekten beteiligt sind, die sich dem Naturschutz und der Einbindung der Bevölkerung verschrieben haben.

Tag 1    Ankunft am Flughafen                 

Das Personal am Flughafen vom Lotsen bis zum Kiosk-Verkäufer und die Flughafen-Gesellschaft haben keine Arbeit.

Das Transport-Unternehmen hat schon wieder einen Auftrag weniger und der Fahrer ist schon seit Monaten nur noch auf Abruf an der Arbeit, wenn überhaupt. Er weiss oft nicht mehr, woher er das Geld für die nächste Mahlzeit für seine Familie bekommen soll. Das Transport Unternehmen musste schon einige seiner Kleinbusse billig verkaufen, da die Fahrzeuge nicht mehr ausgelastet sind und der Betrieb sonst nicht aufrechterhalten werden kann. 

Die erste Unterkunft in Windhoek- ein gutes Hotel mit Restaurant und einer Bar auf einer schöner Aussichtsterrasse in einem gepflegtem Garten mit Pool.

Drei Zimmer weniger verkauft! Die Zimmermädchen und der Gepäckträger arbeiten nicht mehr Vollzeit. Ebenso wenig die Bedienung des Restaurants und der Bar. Dabei ist das Geld so wichtig, um die Verwandten im Ovamboland zu unterstützen. Man zählt auf die jungen Leute, die endlich in der Hauptstadt eine Arbeit gefunden haben.

Der strenge Lockdown in Namibia hat das Hotel hart getroffen. So wie viele andere Hotels in Windhoek. Dank seinem guten Management und den sehr treuen und loyalen Mitarbeitenden kann das Hotel sich aber bis auf weiteres über Wasser halten. Das Hotel versucht seine Arbeiter weiterhin zu beschäftigen, hat aber Mühe seine Leute zu bezahlen- die Anlage mit Garten und Pool muss trotzdem gepflegt werden.

Und trotz alledem unterstützt das Hotel finanziell und mehrmals jährlich auch mit seinem Team weiterhin Projekte wie das „Family of Hope Service Centre“ eine- Suppenküche, wo gratis Mahlzeiten an mehr als 450 bedürftige Kinder verteilt werden. Dabei gestaltet das Team auch immer Tanz- und Spielanlässe für die Kinder. 

 

Tag 2        Start der Tour mit dem lokalen Tourguide

Der lokale Freelance-Tourguide
ist schon wieder einen seiner Jobs los.

Mit Mühe und Not hat er noch seine letzten Ersparnisse zusammengekratzt um die Lizenzen (Fahrzeug/Guiding usw.)für das laufende Jahr zu bezahlen. Eine Versicherung oder eine andere Absicherung hat er nicht, da diese auch in normalen Zeiten einfach nicht bezahlbar sind. Wie er die Zeit bis zum nächsten Guiding Job überstehen soll, weiss er noch nicht.

Vom Staat ist keine Unterstützung zu erwarten.  

Die erste Lodge auf der Tour. Die Lodge steht auf einem privaten Wildschutzgebiet, welches sich dem Schutz der Natur und der Einbindung der Bevölkerung in ihre Projekte verschrieben hat.

Dazu wurde die AfriCat Foundation gegründet, welche sich zum grossen Teil dem Schutz von Grosskatzen widmet. 

  

Das Projekt finanziert sich ausschliesslich aus Spenden und den Einnahmen der Lodge. Die Lodge Besitzer bieten viele Aktivitäten an, welche den Gästen die Tierwelt und die Projekte genauer vorstellen.

Die Familie hatte eine private Leoparden-Tracking Tour gebucht. Diese ist gestrichen: Der Guide wird an diesem Tag also nicht gebraucht, er wird auch auf sein so wichtiges Trinkgeld verzichten müssen.

Die Kosten für den Aufwand, den dieses Tracking mit sich bringt (z.B. Tracking-Halsband, Tierarzt usw.), sind nicht gedeckt. Das Tracking dient übrigens nicht vorrangig den Touristen, es ist vor allem zur Überwachung des Tieres und für die Forschung nötig.

Die Lodge – das private Unternehmen mit Wildschutz-Gebiet – hat Mühe die Projekte aufrecht zu erhalten und die Ranger, die für Sicherheit von Mensch und Tier im Wildschutzgebiet sorgen, zu bezahlen. Niemand weiss, wie lange man noch „durchhält“.

(Fortsetzung folgt.)