Montag, 17. August 2020

Leben in Zeiten von Corona - Welche Folgen eine stornierte Reise für die Menschen vor Ort haben kann. Teil 1.

EIN GASTBEITRAG VON DONATELLA RASI-GANTENBEIN VON GANRAS TRAVEL

Meine Freundin Donatella Rasi hat sich 2002 ihren Traum vom eigenen kleinen Reiseunternehmen erfüllt. Ihr GANRAS Travel ist darauf spezialisiert, das unmöglich Scheinende möglich zu machen. Für Privatpersonen und Gruppen stellt Donatella Reisen zusammen, die sie häufig auch selber begleitet. Dabei arbeitet sie stark mit lokalen Anbietern im jeweiligen Land zusammen, vor allem in Afrika, dieser Kontinent mit 55 Ländern und sehr vielen Facetten, der Donatella fasziniert und in dem sie mehrfach mehrere Wochen und Monate in verschiedenen Insitutionen gearbeitet hat.

Gestern hat sie mir erzählt, dass sie in einer kleinen Serie auf Facebook und Instagram anhand einer sornierten Reise nach Afrika aufzeigt, welch weitreichende Folgen ein coronabedingt abgesagter Urlaub für ihre lokalen Partner in Afrika hat. Ich habe sie gefragt, ob ich diese Serie auch hier in meinem Blog veröffentlichen darf. 

Ich darf. Hier ist Teil 1:

Aus dem Reisebüro Alltag während der Corona Zeit:

Oder… nur ein Bespiel für

eine Buchungs-Stornierung mit weitreichenden Konsequenzen - Teil 1

Private geführte Namibia Reise – geplant für Oktober 2020  für eine Familie mit 6 Teilnehmern

Nachricht an die Kunden:
Die Fluggesellschaft hat soeben die Flüge nach Namibia storniert.

Nachricht von den Kunden:
Eine Umbuchung ist nicht möglich für die Familie.
Die Reise kann somit nicht stattfinden. Leider müssen wir diese Reise stornieren.Wir hoffen auf baldige Rückgabe der bereits bezahlten Tickets und Gebühren.

Das tönt kurz und bündig und ist eigentlich kein Problem, die Partner vor Ort in Namibia sind sehr kulant. Aber d.h. auch, dass alle Landleistungen gestrichen werden müssen: Und das betrifft mehr Menschen und Unternehmen, als man auf den ersten Blick meint.

Hier eine kurze Beschreibung.

Die Angestellten der Agentur in Windhoek  sind schon seit Monaten auf Kurzarbeit. Trotzdem müssen alle Stornierungen und Umbuchungen in kürzester Zeit bearbeitet werden.

Eine Jobsicherheit gibt es nicht!

ÜBRIGENS
Wir bemühen uns, um nachhaltigen Tourismus vor Ort zu fördern, deshalb fällt die Auswahl der meisten Unterkünfte  auf eben solche, welche an diversen Projekten beteiligt sind, die sich dem Naturschutz und der Einbindung der Bevölkerung verschrieben haben.

Tag 1    Ankunft am Flughafen                 

Das Personal am Flughafen vom Lotsen bis zum Kiosk-Verkäufer und die Flughafen-Gesellschaft haben keine Arbeit.

Das Transport-Unternehmen hat schon wieder einen Auftrag weniger und der Fahrer ist schon seit Monaten nur noch auf Abruf an der Arbeit, wenn überhaupt. Er weiss oft nicht mehr, woher er das Geld für die nächste Mahlzeit für seine Familie bekommen soll. Das Transport Unternehmen musste schon einige seiner Kleinbusse billig verkaufen, da die Fahrzeuge nicht mehr ausgelastet sind und der Betrieb sonst nicht aufrechterhalten werden kann. 

Die erste Unterkunft in Windhoek- ein gutes Hotel mit Restaurant und einer Bar auf einer schöner Aussichtsterrasse in einem gepflegtem Garten mit Pool.

Drei Zimmer weniger verkauft! Die Zimmermädchen und der Gepäckträger arbeiten nicht mehr Vollzeit. Ebenso wenig die Bedienung des Restaurants und der Bar. Dabei ist das Geld so wichtig, um die Verwandten im Ovamboland zu unterstützen. Man zählt auf die jungen Leute, die endlich in der Hauptstadt eine Arbeit gefunden haben.

Der strenge Lockdown in Namibia hat das Hotel hart getroffen. So wie viele andere Hotels in Windhoek. Dank seinem guten Management und den sehr treuen und loyalen Mitarbeitenden kann das Hotel sich aber bis auf weiteres über Wasser halten. Das Hotel versucht seine Arbeiter weiterhin zu beschäftigen, hat aber Mühe seine Leute zu bezahlen- die Anlage mit Garten und Pool muss trotzdem gepflegt werden.

Und trotz alledem unterstützt das Hotel finanziell und mehrmals jährlich auch mit seinem Team weiterhin Projekte wie das „Family of Hope Service Centre“ eine- Suppenküche, wo gratis Mahlzeiten an mehr als 450 bedürftige Kinder verteilt werden. Dabei gestaltet das Team auch immer Tanz- und Spielanlässe für die Kinder. 

 

Tag 2        Start der Tour mit dem lokalen Tourguide

Der lokale Freelance-Tourguide
ist schon wieder einen seiner Jobs los.

Mit Mühe und Not hat er noch seine letzten Ersparnisse zusammengekratzt um die Lizenzen (Fahrzeug/Guiding usw.)für das laufende Jahr zu bezahlen. Eine Versicherung oder eine andere Absicherung hat er nicht, da diese auch in normalen Zeiten einfach nicht bezahlbar sind. Wie er die Zeit bis zum nächsten Guiding Job überstehen soll, weiss er noch nicht.

Vom Staat ist keine Unterstützung zu erwarten.  

Die erste Lodge auf der Tour. Die Lodge steht auf einem privaten Wildschutzgebiet, welches sich dem Schutz der Natur und der Einbindung der Bevölkerung in ihre Projekte verschrieben hat.

Dazu wurde die AfriCat Foundation gegründet, welche sich zum grossen Teil dem Schutz von Grosskatzen widmet. 

  

Das Projekt finanziert sich ausschliesslich aus Spenden und den Einnahmen der Lodge. Die Lodge Besitzer bieten viele Aktivitäten an, welche den Gästen die Tierwelt und die Projekte genauer vorstellen.

Die Familie hatte eine private Leoparden-Tracking Tour gebucht. Diese ist gestrichen: Der Guide wird an diesem Tag also nicht gebraucht, er wird auch auf sein so wichtiges Trinkgeld verzichten müssen.

Die Kosten für den Aufwand, den dieses Tracking mit sich bringt (z.B. Tracking-Halsband, Tierarzt usw.), sind nicht gedeckt. Das Tracking dient übrigens nicht vorrangig den Touristen, es ist vor allem zur Überwachung des Tieres und für die Forschung nötig.

Die Lodge – das private Unternehmen mit Wildschutz-Gebiet – hat Mühe die Projekte aufrecht zu erhalten und die Ranger, die für Sicherheit von Mensch und Tier im Wildschutzgebiet sorgen, zu bezahlen. Niemand weiss, wie lange man noch „durchhält“.

(Fortsetzung folgt.)

Samstag, 15. August 2020

Einblicke in meine Arbeit als Verlegerin – Unterrichtsmaterialien zu den da bux Büchern

Immer wieder werde ich gebeten, doch über meine Arbeit als da bux Verlegerin zu schreiben. Nun, da ich es endlich tue, trifft es ausgerechnet einen der letzten Schritte im Ablauf des Entstehungsprozesses einer Edition. Denn: Wir sind beinahe parat für den grossen Tag, an dem wir unsere vier Autor*innen und ihre neuen Bücher vorstellen. Der Druckauftrag ist erteilt, die Daten für die Vernissagen stehen, die Werbung dafür läuft, erste Vorbestellungen sind auch schon da. Die Vorfreude ist gross, und ab und zu schleicht sich auch nervöse Anspannung ein. 

Nun fehlen eigentlich nur noch die Unterrichtsmaterialien, die wir zu jedem Buch als kostenlose Downloads anbieten. Wie alle Arbeiten im Verlag teilen wir auch diese unter uns Verlegern auf. Dieses Jahr werden Stephan Sigg und ich zu je zwei Büchern Arbeitsblätter erstellen. Und über diese Arbeit werde ich heute etwas erzählen.

(Anmerkung in Klammer: Wir drei Verleger erledigen die allermeisten Arbeiten selber. Das ist möglich, weil jeder von uns seine Spezialgebiete hat, auf denen er/sie sehr stark ist und sich voll einbringen kann. Mehr dazu in einem anderen Post.)


Unsere Unterrichtsmaterialen zu den da bux Geschichten haben nicht den Anspruch, höchsten professionellen Kriterien standzuhalten. Unser Ziel ist es, Lehrpersonen eine bunte Vielfalt an Ideen in die Hand zu geben, eine breite Palette an verschiedensten Übungen, Aktivitäten und Begleitprojekten zur Verfügung zu stellen. Wir wollen dabei unsere Texte nicht für trockene Grammatikübungen oder belehrende Satzarbeit missbrauchen, sondern aufzeigen, wie man sich kreativ, lustvoll und intensiv mit Klassenlektüren auseinandersetzen kann.

Unsere Autor*innen machen es uns einfach. In ihren Geschichten steckt so vieles, das es zu entdecken gibt und in das man auf unterschiedlichste Arten eintauchen kann. Ich entwerfe im Augenblick die Arbeitsblätter zum Buch Die Torte von Romana Ganzoni – und die Ideen sprudeln von selbst. Ich weiss jetzt schon, dass es mir mit Hochdruck von Maxima Hampel genauso gehen wird. Würde man Stephan Sigg fragen, der die Arbeitsblätter zu Aktion Klimaschock und Null Empfang gestaltet, bekäme man bestimmt dieselbe Rückmeldung.

Was den Aufbau der Unterrichtsmaterialien angeht, suche ich immer wieder andere Wege, auch dieses Mal. Inspiriert haben mich dazu die Arbeitsblätter, die Tom Zai für meine „Krawallnacht“-Geschichten gemacht hat. Er ist weg von den „Schritt für Schritt durch das Buch“ Übungen, hin zu verschiedensten spannenden Projekten, die man zu den beiden Büchern durchführen kann.

Mein Plan für meine Arbeitsblätter zur Edition 5: Ich möchte dreigleisig fahren.
  1. Schritt für Schritt Übungen, die die jugendlichen Leser*innen durch die einzelnen Kapitel (beg)leiten.
  2. Kleine Projektarbeiten am Ende der Kapitel, die die wesentlichen inhaltlichen Punkte des Kapitels aufnehmen und eine Reflexion dazu ermöglichen.
  3. Projektarbeiten zum Buch, die einzelne Aspekte der Geschichte vertiefen und / oder in spannendes Neuland führen.

Ziel ist es, die Arbeitsblätter bis zum Erscheinungstermin parat zu haben. Sie können kostenlos von unserer Verlagswebseite heruntergeladen werden und dank einer Common Licence von den Lehrpersonen ihren Bedürfnissen angepasst werden. 

Als nächstes werde ich über die einzelnen Vernissagen berichten - und danach ganz von vorne anfangen mit unseren Arbeitsschritten, denn nach dem Buch ist immer auch gleich vor dem Buch. 

Wenn ihr Fragen habt, dürft ihr die gerne in den Kommentaren unten stellen. 

Donnerstag, 13. August 2020

Schnee im Sommer

Gestern fragten mich gleich zwei mir liebe junge Menschen, wie es mir gehe. Die Antwort an meine Tochter fiel ziemlich direkt aus:

Ich bin eine dicke, fette, langsame, träge, überhitzte Kröte, die jetzt gerne einen kühlen Teich hätte. Ansonsten ist alles bestens.

Ihre Antwort :

Aber eine seeeehr liebenswerte kröte 🧡

Ich liebe sie. Die Antwort und meine Tochter. 

Meine Antwort an Josia Jouran fiel ähnlich aus. Und ich schloss sie mit den Worten: 

Ich träume von Schnee im Sommer - oder wenigstens Schottlandwetter.

Heute morgen legte der Postbote einen Brief in meinen Briefkasten. Den richtigen, den vor dem Haus, wo die reale Post reingehört. Ich freute mich schon, als ich den Absender erkannte, denn die Schrift dieser Person ist unverwechselbar. Der Umschlag war ziemlich dick, und ich rätselte, was wohl drin sein könnte. Guckt mal:

Liebe Hausfrau Hanna. Du hast mein Herz berührt. Mit deinen Worten, mit der wunderschönen kleinen Beigabe und vor allem mit dem Bild auf der Karte. Vielleicht kannst du ja Gedanken lesen. Vielleicht musste das mit dem späten Absenden einfach sein. Der Zeitpunkt ist perfekt. Vielen, lieben Dank.

Und weil ich mich so sehr über diese reale Post gefreut habe, habe ich mir einen Vorsatz genommen: Ich will wieder mehr Post verschicken. So richtige.

Montag, 10. August 2020

Mein Social Media Leben

Ich war in den letzten Wochen häufig in den Bergen. Zum Schreiben, zum Wandern, zum Gärtnern, zum Handwerken - halt einfach zum Leben. Es ist ein genügsames Leben dort oben, eins, in dem Social Media eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Facebook kommt in diesem Leben gar nicht vor. Ich poste ab und zu ein Foto mit wenig Text auf Insta, werfe gelegentlich einen Blick in Twitter und ertappe mich manchmal bei dem Gedanken, dass ich wohl gar keine Social Media hätte, wenn ich nicht Autorin wäre.

Gar kein Social Media Leben geht in meinem Beruf natürlich nicht. Aber ich kann es - noch mehr - entschlacken. Weshalb ich mich entschieden habe, mein eh schon sehr bescheidenes Facebook-Leben nochmals einen Zacken herunterzufahren. Ich mache meinen FB-Autorinnenaccount dicht, zusammen mit zwei Seiten, die ich für Bücher von mir geöffnet habe, und bündle alles in meiner Privatchronik. 

Insta mag ich wesentlich besser als FB. Dort bleibe ich aktiv, werde aber weiterhin nach Lust und Laune und ohne wirkliches Konzept und eine klare Strategie posten. Das mag zwar nicht sehr förderlich sein, aber ich schaffe das einfach nicht und will es auch gar nicht wirklich schaffen. Um auf Insta erfolgreich zu sein, müsste ich viel mehr interagieren, viel mehr Zeit investieren, aber ich lebe nun mal einfach viel lieber in der realen Welt als mich täglich stundenlang in den Social Media aufzuhalten.

YouTube mag ich eigentlich, es macht mir sogar Spass, aber ich erreiche dort viel zu wenig Menschen als dass es sinnvoll wäre, mich mit Vollgas in die (aufwändige) Produktion von Clips zu stürzen. Da bleibe ich beim Spass und mache Videos, wenn ich grad Zeit und Lust habe.

Bleibt mein Blog. Auch hier bin ich zu wenig regelmässig unterwegs, um mir wirklich eine Leserschaft aufzubauen. Andererseits liest eh kaum mehr jemand Blogposts, weshalb das keine Rolle spielt.

Dazu kommt das Wissen um stets neue Plattformen, um das Funktionieren und die Mechanismen der Social Media. Beides zeigt mir klar auf, wo meine Grenzen liegen und dass ich - egal, was ich tun würde - immer allem nur hinterherhecheln würde.

Ich fürchte, das liest sich verbittert. Ist es jedoch nicht. Ich schreibe diese Zeilen ruhig und gelassen, im Wissen darum, dass es beruflich unklug wäre, in den Social Media überhaupt kein Lebenszeichen von sich zu geben, aber auch im klaren Bewusstsein darüber, was machbar und möglich ist und was nicht. 

Das Gute daran: Wenn ich mich durch die Social Media nicht stressen lasse, wenn ich auf diesen Plattformen genau das tue, wozu ich Lust habe und wann ich Lust darauf habe, dann macht es sogar Freude und Spass. Professionell ginge anders. Ich weiss. Aber für mich passt das so.


  

Sonntag, 21. Juni 2020

Vom Küchentisch, Blicken ins Grüne und Aufbrüchen

Meine Freundin Jutta Wilke hat ihren Blog umgestellt. Weg vom reinen Autorenblog hin zu dem, worum es eigentlich immer ging und immer geht: zum Leben mit allem, was dazu gehört. Jetzt sitzt und bloggt sie von dort, wo sie (fast) immer sitzt, wenn sie schreibt: ihrem Küchentisch. Mit Blick ins Grüne. Und mit Blick ins Bunte. Hier der Link zu ihrem neuen Küchentischblog. Mir gefällt das total gut. Gerade wenn sich das Weltgeschehen sehr düster zeigt, ist es wichtig, dass wir unserer kleinen privaten Welt Farbe geben. Viele winzig kleine Farbkleckse können nämlich zu grossen Farbteppichen zusammenwachsen.

Ich schreibe zwar nicht am Küchentisch, aber ich sitze sehr oft dort. Seit ich die Küchenmöbel gestrichen habe noch viel öfters. Es ist erstaunlich, was selbst kleine Veränderungen vermögen. Ein bisschen Farbe, ein neuer Anstrich, die Deko aufgefrischt – und schon hast du das Gefühl, ganz neu zu wohnen. Ich auf jeden Fall kann mich nicht sattsehen; ich weiss gar nicht, wie oft ich seit dem kleinen Upcycling in der Küche gestanden oder gesessen bin, voller Glück, und mir dachte: Boah hast du es schön.

Wenn ich meinen Kopf nach links drehe, schaue auch ich direkt ins Grüne, hinaus in unseren Garten, der mit jedem Jahr schöner wird. Auch an diesem satten Grün mit seinen Farbtupfern kann ich mich kaum sattsehen. Es ist, als öffne sich in mir etwas, als nähmen Ruhe und Zufriedenheit in mir nebeneinander Platz.

Allen, die jetzt denken: Ja, ja, die hat gut reden, die mit ihrem Haus, möchte ich von der Wohnung meiner Tochter erzählen. Sie liegt im Industrieviertel von Winterthur, in einem dieser alten Wohnblocks, eher untere Preisklasse, von aussen dieses hässliche gelb-grau. Weil das Viertel schon älter ist, liegen die Blocks etwas weiter auseinander, dazwischen stehen hohe Bäume. Wenn meine Tochter aus der Küche schaut, sieht sie grün. Wenn sie auf den Balkon geht auch. Vor dem Balkon und auf dem Balkon, weil er voller Pflanzen ist und ihr Freund dort auch Gemüse züchtet. Betritt man die Wohnung, betritt man einen Kokon voller Geborgenheit. Früher waren alle Möbel alt in der Wohnung der beiden, heute stehen ein paar neue da, sorgfältig ausgesucht und mit viel Liebe und einem Auge für das Schöne. Dank kreativer Ideen, die sich sehr kostengünstig umsetzen liessen, ist diese Wohnung ein einzigartiger Ort geworden. Meine Mutter, die die Wohnung zum ersten Mal gesehen hat, war begeistert. Ich bin’s jedes Mal aufs Neue. Und jedes Mal, wenn ich diese Wohnung sehe, bedaure ich es unendlich, dass man bei uns in der Schweiz nur noch einen einzigen Wohnungstyp baut: den mit den grossen Räumen, den glänzenden Küchen, den riesigen Fenstern, den grausam kalten Badezimmern und den ewig gleichen Grundrissen– Wohnungen ohne Seele. Zum Glück kann man fast jeder Wohnung eine einhauchen.

Jutta ist mit ihrem Blog dorthin gezogen, wo sie schon immer geschrieben hat: an ihren Küchentisch. Ich finde Ruhe und Ausgleich im Garten und beim Neugestalten der Räume. Dabei arbeite ich wann immer möglich mit dem, was schon da ist. Mit etwas Fantasie kann man bestehendes Mobiliar in andere Formen und Farben bringen, Bestehendes aufbrechen, ohne es zu zerstören und dabei etwas ganz Neues schaffen, das im Kern dennoch vertraut ist.

Jutta, ich schick dir Grüsse an deinen Küchentisch, wo du wieder schreibst. Auch bei mir ist das Schreiben zurückgekommen, so heftig und intensiv, dass es mich an den unbezähmbaren Dschungel im Haus in den Bergen erinnert. Und genau deshalb macht mir dieses Unbezähmbare nichts aus, ich liebe es sogar, weil ich gelernt habe, wie befriedigend das Arbeiten in dieser Ungezähmtheit sein kann. Obwohl ich – egal wie oft und wie hart ich arbeite – nie fertig werde, wächst und wuchert immer wieder Neues. Ich schaue es staunend an, geniesse den Moment und weiss, wenn ich das nächste Mal komme, ist alles wieder anders. Aber auch schön (siehe Beweisfoto).

Und so geniesse ich das Gefühl, von Ideen geradezu überwuchert zu werden, ohne auch nur die leiseste Ahnung, wo ich anfangen soll, weil ich überall anfangen will. Ich habe für all die vielen Ideen ein separates Bulletjournal angefangen und damit auch einen Kreis geschlossen: Das Bullet Journal mit dem Titel «Meine Ideenschmiede» habe ich nämlich vor ziemlich langer Zeit von Jutta erhalten und nie angefangen, weil ich immer auf den passenden Moment gewartet habe. Jetzt ist er da. Das Irre an der ganzen Sache: Ich schrieb an einer Mail an Jutta, als ich mitten im Schreiben das sprichwörtliche Licht sah, das alles klar machte. Ich weiss nicht nur, was ich alles noch schreiben möchte, sondern auch als wer und wie. Nur noch nicht, in welcher Reihenfolge. Dazu aber mehr in einem anderen Post.