Donnerstag, 4. Juni 2020

Einblicke in mein Leben als Autorin

Diesen Mai hätte ich eine Lesung an einer Kantonsschule gehabt. Die Jugendlichen haben sich intensiv darauf vorbereitet - und dann musste die Lesung abgesagt werden. Ich habe ihre Fragen per Video beantwortet - in fünf Teilen. Hier der erste davon. Es geht um mein Leben als Autorin. Um die Fragen, was mir am Schreiben am meisten Spass macht, wo ich die Inspiration für die Geschichten herhole, ob meine Figuren von meinem persönlichen Leben beeinflusst sind/werden, ob ich Vorbilder habe, was das Schönste an meinem Beruf ist und wie zufrieden ich mit meinen Büchern bin.


Mittwoch, 27. Mai 2020

Schweizer Vorlesetag und meine erste virtuelle Lesung

Heute ist Schweizer Vorlesetag. In Zeiten von Corona nicht ganz so, wie er geplant war, aber trotzdem toll. Auf der Webseite vom Schweizer Vorlesetag finden sich ganz viele virtuelle Kurzlesungen, zum Teil von den AutorInnen selber, zum Teil werden die Texte von Schweizer Promis gelesen. Meine drei Kurzlesungen finden sich auf meinem YouTube-Kanal (nicht, weil ich nicht auf die Schweizer Vorlestag YouTube Webseite durfte, sondern weil ich nicht wollte, #ausgründen).

Mehr Zufall als geplant: Ich hatte heute, an diesem speziellen Tag, meine allererste virtuelle Lesung. Wobei Lesung das falsche Wort ist. Ich traf mich online mit Schulklassen der Oberstufe Bugalu und beantwortete Fragen zum Buch Hühnerställe schwimmen nicht. Die Klasse und ihre Lehrpersonen waren top vorbereitet, die Technik hatten wir zum Glück schon weit im Voraus getestet. Die Fragen waren spannend, die paar wenigen technischen Holperer haben wir bestens überstanden. Vor allem aber hat es Spass gemacht und die Rückmeldungen nach der Lesung waren herzerwärmend. DANKE.

Die Frage, die sich nun stellt: Virtuelle Lesungen ja oder nein? Ich bin definitiv für ein Ja, mit einem grossen ABER:
  • Nichts kann eine reale Autorenlesung ersetzen.
  • Deshalb soll eine virtuelle Lesung nicht eine Lesung im klassischen Sinn sein, sondern eher eine interaktive Fragerunde.
  • Daraus folgt für mich: Ich mache das nur mit Klassen, die gut vorbereitet sind und sich mit einem oder mehreren meiner Texte auseinandergesetzt haben (Wer sich jetzt erstaunt fragt: "Ja, sind denn das nicht alle => nein, leider nicht.). 
  • Die Lehrpersonen müssen die Technik im Griff haben und bereit sein, sie trotzdem im Voraus noch kurz zu testen.
  • Vorlesen - so finde ich - bringt virtuell nicht allzu viel und sollte allerhöchstens einen kleinen Teil der Lesung ausmachen. 
  • Wenn sich jetzt jemand freut, weil das bestimmt VIEL billiger ist als die Autorin ganz real einzuladen: Nein, ist es nicht :-) 
Meine Frage an mitlesende AutorInnen oder VeranstalterInnen: Was sind eure Erfahrungen mit dem virtuellen Vorlesetag? Was haltet ihr von virtuellen Lesungen?

Donnerstag, 14. Mai 2020

Wie das ganz konkret mit dem Honorarausfall aussieht

Für alle, die sich fragen, wie das denn bei Kulturschaffenden so mit den Ausfällen ist:

Hier meine Lesungen 2020. Alle abgehakten haben stattgefunden, die 42 durchgestrichenen sind ausgefallen oder werden noch ausfallen.

Etwas detaillierter (anhand eines Bildes aus meinem Bullet Journal):
  • 100 Lesungen wollte ich dieses Jahr machen, weniger als sonst (da waren es auch schon mal 150).  Deshalb habe ich mir im Bullet Journal ein Raster mit 100 leeren Kästchen angelegt.
  • Von oben links nach unten habe ich Lesungen von Lesetouren eingetragen.
  • Von unten rechts nach oben habe ich Lesungen eingetragen, die an einzelnen Tagen stattfinden.
  • Die leeren Felder in der Mitte sind zum grossen Teil schon reserviert für Lesungen im Herbst, aber weil ich die genaue Anzahl noch nicht kenne, lasse ich sie leer.
  • Es hat sich früh abgezeichnet, dass es doch mehr als 100 Lesungen werden würden. Deshalb habe ich auf der nächsten Seite provisorisch mit Bleistift noch 25 weitere Kästchen vorgezeichnet.
  • Nach 33 Lesungen Anfang Jahr war Mitte März fertig. Sämtliche Lesungen bis und mit Ende Juni wurden nach und nach abgesagt. Damit fallen mir von Mitte März bis Ende Juni 42 Lesungen aus. Das entspricht knapp einem Viertel meiner gesamten Jahreseinnahmen.
Für mich war klar: Das wird einkommensmässig ein garstiges Jahr, denn normalerweise fallen wir Kulturschaffenden entweder zwischen Stuhl und Bank oder ganz unter den Tisch. Aber dann kam es anders: Schon an seiner ersten Pressekonferenz verkündete der Bundesrat, dass die Kulturschaffenden ihren Honorarausfall geltend machen können. Gar alles wird diese Entschädigung des Bundes nicht wettmachen, aber doch einen schönen Teil.

Anfangs herrschte ein wenig Chaos. Man wusste nicht so recht, wo man seinen Ausfall melden sollte. Mittlerweile ist das jedoch zumindest bei uns im Kanton St. Gallen klar. Was ebenfalls etwas verunsicherte: Ich meldete meinen Honorarausfall und bekam ein Erwerbsausfalltaggeld. Wie hoch das ist, hängt von der letzten Steuererklärung ab. Da die Ausfälle jedoch auf den Frühling und Frühsommer fallen, liegt das Taggeld tiefer als der eigentliche Honorarausfall. So, wie ich das verstehe, sollte das aber noch ausgeglichen werden.

Eine erste Tranche wurde schon ausbezahlt. Eine weitere soll auch noch kommen. Ich nehme das, wie es kommt. Wenn ich daran denke, wie viele Dossiers bei den entsprechenden Stellen liegen, dann bin ich beeindruckt, wie gut und verhältnismässig schnell das alles geht. Noch mehr beeindruckt mich, wie freundlich und schnell man bei Fragen Antworten bekommt. Und für all das möchte ich mich an dieser Stelle einmal herzlich bedanken.

Dienstag, 5. Mai 2020

E-Mail für dich - Wenn die Worte und der Fokus fehlen

Liebe Jutta

Vielen lieben Dank für deine Antwort auf meine E-Mail an dich.

Wie gut ich das mit den fehlenden Worten verstehe. Ich habe zwar Worte für und in Mails und Social Media gefunden, auch Worte ganz privat mit meinen Liebsten. Ja, sogar für virtuelle Kurzlesungen haben sie gereicht (mehr dazu weiter unten). Mir fehlten die Worte in anderen Bereichen des Lebens.

Beim Schreiben meiner Geschichten: Ich schreibe immer noch nicht. Weil ich immer noch nicht weiss, wie. Meine Geschichten spielen im realen Leben, das seit Wochen surreal ist. Nichts, was ich schreiben würde, wäre von Bestand. Was heute gilt, gilt morgen nicht mehr. Wir Autoren nennen das "Setting" - und zurzeit wandelt sich das Setting täglich. Es ist mir ein Rätsel, wie ich dieses Problem angehen oder gar lösen könnte, mal abgesehen davon, dass ich meine Geschichten einfach zurückdatieren könnte. Vielleicht werde ich das irgendwann machen müssen, aber im Augenblick liegen meine Projekte erst einmal auf Eis.

Beim Lesen: Ich habe letzten Monat ein halbes Buch gelesen. Mehr nicht. Ich verstehe nicht, warum das so ist. Keine Ahnung. Gut, die ersten zwei Drittel des April hatte ich keine Zeit. Die hätte ich aber mittlerweile. Doch es hakt.

Was mich am meisten erstaunt: Ich vermisse weder das Schreiben noch das Lesen. Beides will ich nicht hinterfragen, sondern einfach mal so hinnehmen. Spätestens Mitte Mai werde ich wieder schreiben müssen, weil es dann mit dem Radioprojekt weitergehen soll. Und ich bin sicher, dass ich früher oder später wieder begeistert in Bücher eintauchen werde.

Meine freie Zeit nutze ich im Moment für den Garten, den Hausputz, das Entrümpeln. Du siehst, da haben wir vieles gemeinsam. Das Entrümpeln geht nur langsam vor sich, weil ich im Estrich begonnen habe und da ziemlich schnell auf die Zeichnungen der Kinder gestossen bin. Da ich sie nicht einfach wegwerfen wollte, habe ich beide Kinder gefragt, ob sie sich die Zeichnungen noch anschauen wollen. Beide haben geantwortet, ich solle ihnen doch einfach ein paar fotografieren.

Und so blieb ich an den Zeichnungen hängen. Frau Tochter hatte noch Witze darüber gemacht, dass ich mir jetzt jede Menge Bauchnäbel anschauen könne. Was sie meinte, wurde mir ziemlich schnell klar. Beim ersten Bauchnabel hatte ich einen Lachflash. Bei den weiteren kam ich ins Staunen. Ich habe Frau Tochter ein paar Bauchnabelzeichnungen geschickt, sie hat mir eine Bauchnabelerklärung gegeben, und danach haben wir stundenlang gemeinsam Bilder angeschaut. Am Ende habe ich ganz viele Zeichnungen weggeworfen, aber auch viele behalten. Ich brachte es nicht übers Herz, alle wegzuwerfen. Das müssen unsere Kinder dann mal tun, wenn ich nicht mehr da bin.

Von den Zeichnungen ging es zu den Fotos. All jenen, die es nicht in ein Fotoalbum geschafft haben. Ich sass vor den Schachteln und dachte: So, Frau, jetzt machst du für beide Kinder ein Album über ihre Kindheit. Tja ... und dann habe ich damit begonnen. Du ahnst es, Jutta, diese Estrichentrümpelung wird JAHRE dauern.

Auch beim Hausputz wurde ich ausgebremst. Weil ich eine alte Leiter gefunden habe.  Die doch perfekt in ein Zimmer passte. Noch perfekter mit Zimmerpflanzen drauf ... Und dann habe ich mich entschieden, endlich dieses Möbel anzustreichen, das schon lange ... Ich habe mit Farben experimentiert und gerade vorhin die passende Farbe im Fachgeschäft bestellt.


Dabei hatte ich mir noch vor Kurzem vorgenommen, das mit dem FOKUSSIEREN endlich hinzubekommen. Aber ganz ehrlich: Ich liebe meine Art, das Leben chaotisch zu leben. Es gibt Zeiten und Tätigkeiten, wo der Fokus wichtig ist (für mich ist das vor allem die Arbeit), und dann gibt es Zeiten und Tätigkeiten, wo ich es fliessen lassen will.

Gestern war ich sehr lange zu Fuss unterwegs. Unter anderem im Wald. Ich wanderte vor mich hin, liess die Gedanken schweifen. In mir war die totale Ruhe und Gelassenheit und ich war zutiefst glücklich. Ich bin bei und mir dir im Gedanken, dass es nicht so weitergehen kann. Immer höher, immer schneller, immer mehr, Wachstum über alles blablabla. Am Anfang der Krise hatte ich die Hoffnung, dass sie uns als Gesellschaft verändern würde. Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher. Bei uns tagt seit gestern das Parlament, und alles deutet darauf hin, dass sich gar nichts ändern wird. Nicht im grossen. Aber das soll mich und uns nicht davon abhalten, die Dinge im kleinen zu verändern. Wenn das genug Menschen tun, ändert sich vielleicht ja doch noch was.

Ganz viele Menschen suchen die Antworten im Moment in Zahlen und Daten: Wann dürfen wir das wieder? Und wann das? Und wann das andere? Und fangen an zu motzen, wenn die Antwort nicht klar ist. Aber wie soll sie denn klar sein in diesen Zeiten, wo nichts sicher ist? Warum können wir nicht einfach damit leben, dass es keine Antworten gibt. Dass sie sich dann ergeben, wenn die Zeit da ist? Ein Grund ist sicher die Sorge um das Abgesichertsein. Zu wissen, wann man wieder arbeiten kann, damit man planen oder zumindest hoffen kann. Das verstehe ich. Und dennoch mussten und müssen wir lernen, auf Antworten zu warten.

Wir arbeiten beide in einem Beruf, in dem das besonders schwierig ist. Uns fallen Lesungen und Workshops aus, die Zahl der Buchverkäufe ist aufgrund der geschlossenen Buchhandlungen gefallen. Zum Glück wurde bei uns in der Schweiz früh klar gemacht, dass die Kulturschaffenden nicht leer ausgehen sollen. Die Rede war von einer Honorarausfallentschädigung, im Augenblick erhalte ich jedoch eine Erwerbsausfallentschädigung, obwohl ich mein ausgefallenes Honorar gemeldet hatte. Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe, und im Augenblick ist nicht ganz klar, wie das weitergehen soll, aber ich habe Geld überwiesen bekommen, etwas, woran ich nicht wirklich geglaubt habe. Es macht im Augenblick noch lange nicht alle ausgefallenen Einnahmen wett, aber es ist ein guter Anfang. Ich wünschte mir, es wäre in Deutschland ähnlich. Anerkennung ist wichtig. In Form von Wahrgenommen werden, von Geschätztwerden, aber halt auch in finanzieller Form (weil wir die Miete nur vom Geschätztwerden nicht bezahlen können).

Womit ich bei den AutorInnen und ihren Aktivitäten im Netz angekommen bin. Auch ich habe anfangs etwas befremdet eine Hyperaktivität festgestellt. Aber ich habe sie verstanden. Wenn dir plötzlich so ziemlich alles wegbricht, suchst du nach Wegen, beachtet zu werden, nicht vergessen zu gehen, IRGENDWAS zu tun. Vieles hatte etwas Verzweifeltes. Mittlerweile denke ich: Jeder so, wie es für ihn / sie passt.

Bei uns in der Schweiz wird grad sehr viel online gelesen. Das hängt unter anderem mit dem Vorlesetag zusammen, der dieses Jahr eher privat und in Kleinstgruppen stattfinden wird. Nicht wenige AutorInnen stellen dafür Kurzlesungen ins Netz. Ich stelle Kurzlesungen ins Netz, weil ich weiss, dass sich viele Schulen auf meine Lesungen vorbereitet haben; so bekommen sie wenigstens eine kleine "Entschädigung" dafür, besonders jene Klassen, die ein Buch von mir als Klassenlektüre gelesen haben.

Nicht zuletzt macht das auch Spass. Ich werde diesen oder nächsten Monat voraussichtlich meine erste Skype-Lesung machen. Das war nicht meine Idee, sondern der Wunsch einer Schule. Und für eine andere Schule, die sich intensiv mit meinen Büchern auseinandergesetzt hat, werde ich Fragen virtuell beantworten und den Clip dann auch online stellen.

Natürlich ersetzt beides keine Lesung. Nie und nimmer. Weil Lesungen interaktiv sind, weil wir direkt auf unsere ZuhörerInnen reagieren und eingehen können. Weil wir sie miteinbeziehen können. Das ist von unschätzbarem Wert und kann nur in der direkten Begegnung geschehen.

Ich könnte noch endlos lang weiterschreiben, aber ich mache hier jetzt mal einen Punk und fasse die Zeit bis jetzt für mich so zusammen: Ich bin unfassbar glücklich und zufrieden (das mag irr klingen, ist aber so), ich bekomme grad unendlich viel von all dem, was wichtig ist und das man NICHT kaufen kann, allem voran Liebe. Wie dich macht mich das sehr dankbar.

Donnerstag, 30. April 2020

Kurzlesungen aus meinen Büchern

Seit März fallen mir sämtliche Lesungen aus. Inzwischen sind es über 30 Lesungen, die vor den Sommerferien NICHT stattfinden werden. Was danach kommt, weiss ich nicht. Wegfallende Lesungen schmerzen, nicht nur wegen der Finanzen; an einigen Lesungsstationen wäre ich zum wiederholten Male gewesen, auf sie habe ich mich besonders gefreut. Eine dieser Stationen ist die Kinder- und Jugendbuchmesse "Buch am Bach" in Götzis. Dort bin ich so etwas wie Stammgast, darf Jahr für Jahr lesen und freue mich Jahr für Jahr schon Wochen im Voraus darauf.

Auch die "Buch am Bach" fällt Corona zum Opfer. Die Veranstalter haben mich jedoch gefragt, ob ich zu den zwei Büchern, aus denen ich gelesen hätte, virtuelle Kurzlesungen machen könne. Klar kann ich. Und so sind heute zwei Kurzlesungen virtuell auf die Reise nach Götzis gegangen: eine aus "Ich, Onkel Mike und Plan A", die andere zum Buch "Blackout".

Die erste Lesung habe ich in meinem Blog schon verlinkt (HIER), "Blackout" ist sozusagen ofenfrisch.

Als nächstes mache ich mich an die längstens versprochene Kurzlesung zu "Blue Blue Eyes".