Mittwoch, 30. Mai 2012

Mal wieder die Piraten

"Zuerst einmal ist der Begriff des geistigen Eigentums unglücklich. Wir sind der Meinung, dass man nie der alleinige Schöpfer eines Werks ist, man schafft nie etwas zu 100 Prozent alleine."
Denis Simonet, Schweizer Piratensprecher in einem Interview

Recht hat er, der Mann. Ganz recht. Ich schreibe meine Bücher nicht alleine. Erstens hilft mir meine Katze (die bezahle ich mit Katzenfutter). Zweitens denkt mein Computer für mich mit. Ohne Witz. Er unterstreicht meine Rechtschreibfehler (dafür habe ich ihn ja im Laden bezahlt). Und drittens hilft mir die böse, böse Contentmafia, sprich, mein Verlag, der sich für mich eine Lektorin leistet, ein Grafikbüro (aus der Schweiz) für mich engagiert, mir das Buch setzt und druckt, auch ein eBook draus macht, dieses Buch bewirbt, in die Läden bringt, für mich die verkauften Exemplare zählt und mich dann bezahlt. Das alles selbstverständlich nur, um mich auszubeuten.

Aber wahrscheinlich verstehe ich wieder einmal gar nichts. So, wie auch die Musiker nichts verstehen. Der gute Pirat und Kämpfer für den Ort, an dem man Wissen und Kultur austauschen kann, ohne dass der Staat zensiert (sprich, das Internet), meint im Interview auch, die Schweizer Musiker (um die geht es eigentlich in dem Artikel) hätten das Internet nicht so ganz verstanden. Da sind wir aber alle froh, dass der Herr Pirat wenigstens die Kulturbranche versteht. Also, zumindest ansatzweise. Zum Beispiel so:

"Man hat nicht mehr ganz viele Produkte, die man einzeln verkauft, sondern nur noch ein Produkt, das beliebig oft kopiert werden kann."

Also, irgendwie hat er vielleicht doch recht, der Herr Pirat. Ich schreibe tatsächlich nur eine einzige Geschichte für ein Buch. Die kann man dem Himmel sei dank beliebig oft kopieren. Das Original verkaufe ich dann für CHF 50'000 an den Meistbietenden - oder klebe mir Werbung auf meinen nackten Hintern und lasse mich dafür sponsoren, dass ich das Originalmanuskript öffentlich verspeise. Schliesslich muss Frau Autorin alternative Einnahmequellen suchen statt sich faul auf ihren nichteigenen Ideen auszuruhen.

Liebe Piraten, wie soll ich euch ernst nehmen, wenn euer Sprecher solchen Stuss erzählt und wendig wie eine Schlange der Frage ausweicht, wie denn die Künstler zu ihrem Geld kommen sollen mit dem einen Produkt, das sie eh nicht alleine geschaffen haben und das man beliebig oft (gratis) kopieren kann?

Auftauchen und Abtauchen

Etwas mehr als vier Lesewochen liegen hinter mir. Gestern habe ich als letzte Mailesung eine verschobene Lesung in Walenstadt nachgeholt. Manchmal werde ich gefragt, wie ich das stimmlich mache. Darüber habe ich noch nie nachgedacht, denn stimmlich habe ich keine Probleme (ausser ich bin erkältet). Wahrscheinlich habe ich einfach Glück und meine Stimmbänder halten und halten und halten.

Die für mich viel entscheidendere Frage ist: "Wird es dir da nie langweilig?" Die Antwort ist ein klares Nein, denn ich weiss nie, was mich erwartet, wenn ich am Morgen durch den Schuleingang ins Schulhaus trete, in dem ich lesen werde. Jede Lesung ist anders. Und mir werden auch nach all der langen Zeit immer wieder Fragen gestellt, die ich noch nie gehört habe. Natürlich auch die typischen Fragen, aber das gehört dazu.

Was ich gemerkt habe: Trotz all der Freude an den Lesungen bin ich jeweils am Abend ziemlich müde. Ich habe deshalb gegen Ende der Lesetour längere Ruhephasen gebraucht - die ich mir auch genommen habe. Das Bloggen musste warten, das Schreiben meistens auch - und beim Haushalt habe ich zum Glück in meinem Ehemann einen sehr guten Helfer. Ein wohltuender Ausgleich war das Haus in den Bergen - und dort vor allem die blühende Wildnis und die ersten Wanderungen nach dem grossen Schnee.

So bin ich sehr gut durch diesen Lesemonat gekommen. Jetzt ist Zeit, aus diesem Sonderzustand aufzutauchen - um dann gleich wieder ins Schreiben abzutauchen. Ich schreibe zum ersten Mal nach einem ziemlich festen Plan. Nicht zeitlich (fixe Schreibzeiten sind mir immer noch ein Graus), aber seitenzahlmässig. Anfang Mai war ich gut 25 Seiten im Vorsprung, jetzt bin ich ungefähr die gleiche Seitenzahl im Rückstand. Diesen Rückstand möchte ich bis Ende Juni wieder in einen Vorsprung umwandeln.

Da ist es gut, dass mir gestern Abend, kurz vor dem Einschlafen, auch endlich eingefallen ist, wie ich meinen ziemlich grossen Plotknoten löse ("feststecken" ist ein niedliches Wort für das, was mir nach dem Schreiben einiger herrlicher Szenen passiert ist ...). Ich tauche dann mal wieder hinein in meine Geschichte. Und immer wieder auf, um zu bloggen.

Dienstag, 22. Mai 2012

Lesungen, Lesungen, Lesungen

Heute begann ich meine vierte Ostschweizer Lesewoche mit drei Lesungen in Sargans. Ich kann nur sagen: Fantastische jugendliche Zuhörer, extrem nette Lehrer! Morgen geht es mit drei Lesungen weiter und am Donnerstag kommen dann noch vier dazu. Ob die Lesungen am Freitag stattfinden, ist mehr als fraglich, da der 25. Mai der nächstmögliche Termin für das St. Galler Kinderfest ist. Das ist aber kein Problem: Wenn am Freitag das Kinderfest stattfindet, schieben wir die Lesungen einfach auf einen anderen Tag :-)

Zu den Lesungen in Rebstein von letzter Woche habe die zwei Oberstufenschülerinnen Selina und Tanja einen tollen Artikel (samt Fotos) geschrieben. Vielen Dank!

Montag, 21. Mai 2012

Was einer grossen Schweizer Online Tageszeitung zu den Solothurner Literaturtagen einfällt

Das.

Kommentieren kann man diesen unterirdischen Schrott nicht (wo man doch sonst alles kommentieren kann). Ich sag's dann mal so: Unser Printabo zur Zeitung läuft im Juni aus. Die Nichterneuerung ist seit längerem beschlossene Sache. Artikel wie dieser sind nur noch zynische Bestätigung des Entscheids.

Cover zum neuen Buch

Das neue Buch erscheint zwar erst im September, aber das Cover kann man jetzt schon anschauen:


Sonntag, 20. Mai 2012

Jeu vai bugen tei

Das ist rätromanisch, genauer gesagt, das surselvische Idiom. Ausgesprochen wird es so: Jäu wai butschän tei. Und heissen tut es: Ich mag dich.

Ich mag das Rätromanische (die vierte Schweizer Landessprache, die fünf verschiedene Idiome kennt) auch. Ich versuche es jetzt auch schon seit geschlagenen zwei Jahren zu lernen. Und ich fürchte, ich bin bis jetzt ziemlich grandios daran gescheitert. Weil mir die Sprache zwar gefällt, ich mir aber die Wörter kaum merken kann - und das obwohl mir jeder Sprachführer verklickern will, dass das Rätromanische sich stark an das Italienische und Französische anlehnt (beides spreche ich auf Niveau Hausgebrauch).Mag ja sein! Aber es gibt auch sehr vieles, das einfach ANDERS ist.

Ein paar Beispiele gefällig:
tschintschar = sprechen
giavischar = wünschen
tschetschapuorla = Staubsauger
engraziel vetsch = danke schön
fai schi bien = bitte (als Bitte)
anzi = bitte (als Antwort auf engraziel vetsch).

Bis jetzt - ich gestehe es - habe ich es nicht viel weiter als zu ein paar Floskeln und Redewendungen gebracht. Nun nehme ich einen neuen Anlauf, denn in der Surselva, wo unser Haus liegt, sprechen alle Rätromanisch, gerne und eigentlich immer. Natürlich reden sie für uns Flachländer deutsch, aber unter sich, da parlieren sie in ihrer Sprache. Ich will auch!

Und es gibt auch Dinge, die mir supergut gefallen. Zum Beispiel die Wörter für Juni und Juli.
Juni heisst zercladur. Das kommt vom Wort zerclar, was jäten bedeutet
Juli heisst fenadur. Das kommt vom Wort fenar, was heuen bedeutet.
Der Juni ist also der Jätmonat und der Juli der Heumonat :-)

Ach ja, nicht vergessen: Ich liebe dich heisst: Jeu carezel tei (für den Fall, dass sich jemand von euch Knall auf Fall in einen Rätromanen oder eine Rätromanin verliebt - kann ja sein, sind nämlich tolle Leute!)