Dienstag, 2. September 2014

Shut up and sing ... or write ... or teach

Vor ein paar Jahren haben 12 Wörter das Leben der Dixie Chicks (am. Band) total verändert. Von einem Tag auf den anderen wurden aus all American "Darlings" Staatsfeinde, deren Lieder nicht mehr gespielt wurden, deren CDs öffentlich vernichtet wurden, die Todesdrohungen erhielten. Sie haben dazu einen Dokumentarfilm gemacht. Shut up and sing. Was so viel heisst wie: Halt die Klappe und sing. Bis heute ist "Not ready to make nice" einer meiner absoluten Lieblingssongs.



Dasselbe könnte man auch von Autoren verlangen: Shut up and write. Halt die Klappe und schreibe. Kürzlich wurde ich bei einem Interview gefragt, ob man als Autor eine politische Meinung vertreten müsse. Muss man überhaupt nicht, finde ich. Aber man soll dürfen. Weshalb es hier ab und an politisch wird. Weshalb es einen Alter-Ego Blog gibt, in dem ich fadengrade schreibe, was ich denke*. Und weshalb meine Bücher gesellschaftliche Themen aufnehmen, die mich beschäftigen. #no_way_out ist so eins.

Und jetzt kommt also das Shut up an teach. Lehrer, unterrichte! Hab eine Meinung, aber versteck die (vor allem, wenn du ein linker Lehrer bist!). Ich hatte viele Lehrer und Lehrerinnen. Einige, die einfach nur unterrichtet haben, einige, die eine Meinung vertreten haben - von ganz rechts bis ganz links. Natürlich konnte ich mit den einen Meinungen mehr anfangen als mit den anderen, aber ich bin an den Auseinandersetzungen gewachsen und habe mir meine eigene Meinung gebildet. Als Lehrerin, die ich auch war und immer noch bin, wissen die Schüler genau, wo ich mit meiner Meinung stehe, wobei sie auch wissen, dass das meine Meinung ist und überhaupt nicht ihre sein muss (und ich ihnen diese Meinung auch nicht aufdränge). Vorwärts kommen wir durch Diskussionen, durch Zuhören, durch die Auseinandersetzung mit dem anderen (auch und gerade dann, wenn man man eben nicht einer Meinung ist). Natürlich ist es im Englischunterricht die Sprache, die zuvorderst steht - aber wie unterrichte ich Staatskunde ohne Diskussion und Auseinandersetzung? Wie lernen Jugendliche, eine Meinung zu vertreten, wenn schon der Lehrer keine haben darf? Was zählt, sind Argumente und Gegenargumente. Das Akzeptieren und Respektieren des Gesprächspartners. So lernen wir unter anderem Demokratie. Demokratie ist nicht EINE Meinung, sondern das Leben miteinander in der Meinungsvielfalt.

Wenn jetzt also eine Jungpartei kommt und eine Plattform einrichtet, auf der Jugendliche ihre Lehrer verpfeifen können, weil sie ihre Meinung äussern, dann ist für mich ein Punkt erreicht, wo ich nicht die Klappe halten und einfach (Bücher) schreiben kann. Ich will was sagen. Nämlich: Dass wir damit eine Linie überschreiten. Dass es reicht. Dass ich nicht in einem Land leben will, in dem man anonym seine Lehrer denunzieren kann. Dass das, was hier geschieht, einer Demokratie unwürdig ist. Dass wir damit unsere Werte verscherbeln und die Demokratie verkaufen. Ich will und muss das sagen. Weil ich nicht irgendwann von meinen Enkelkindern gefragt werden will, was ich denn dagegen getan hätte. Das hier, hat mit Demokratie absolut rein gar nichts mehr zu tun:


*Der Blog hat ziemlich lange geruht. Ich habe ihn kürzlich wieder aktiviert und werde ihn wieder aktiver betreiben. Weil Shut up and Write für mich nicht geht.

Montag, 1. September 2014

Durchgeknallte Sicherungen

Ich hatte ein wunderschönes Wochenende hinter mir: am Samstag ein Tag, an dem das Schreiben nur so geflossen ist. Am Abend Album-Taufe von Riccarda Vedana, der Frau, die Blue Blue Eyes eine Stimme gibt (auf ihrem Album sogar in Raix' Muttersprache, dem Rätoromanischen). Am Sonntagmorgen der Dokumentarfilm "Gothic" von Mitra Devi, ein Film der Herz und Seele gut getan hat. Gespräche mit total spannenden Leuten. Ein Besuch bei lieben Menschen mit einem guten Essen.

Und dann kam ich nach Hause und las - blöderweise - Online-Nachrichten.  Die Jungpartei der SVP hat eine Webseite eingerichtet, auf der Jugendliche ihre "linken" Lehrer verpfeifen können. Denunzieren wäre ein anderes Wort dafür. Und wer im Geschichtsunterricht nicht gefehlt hat, weiss, wozu das führen kann.

Mir war schlecht. Und heute Morgen ist mir immer noch schlecht. Ich sollte schreiben, aber ich kann nicht. Mir will das nicht aus dem Kopf, nicht aus dem Magen und nicht aus dem Herz.

PS: Das Album von Riccarada und den Film Gothic stelle ich euch ein anderes Mal vor. Wenn ich mich voll darauf konzentrieren kann. Im Augenblick versuche ich, mit den durchgeknallten Sicherungen von durchgeknalltem (Jung)SVP-Volk zurechtzukommen. Es will mir nicht gelingen.

EDIT: Kollege Tom Zai (Autor und Lehrer) hat sich selber angzeigt. Damit. Danke, Tom.

Montag, 25. August 2014

Der Feinschliff und die "Lieblingswörter"

Ich habe heute Morgen den Feinschliff von Band 3 gestartet. Weil ich mittlerweile weiss, dass ich in jedem Buch Wörter und Wendungen habe, die ich zu oft verwende, notiere ich jene, die mir beim Grobschliff auffallen, um ihnen beim Feinschliff auf die Pelle zu rücken. Ein paar der Wörter sind hartnäckigste Wiederholungstäter, die sich in jedem Buch breitmachen, andere wählen sich ganz gezielt ein Buch aus (in Band 3 ist das zum Beispiel das Wort diskret).

Warum erst beim Feinschliff? Weil ich beim Grobschliff wirklich am Groben arbeite, also Anmerkungen der Lektorin in Bezug auf Logik und Stimmigkeit umsetze, und weil ich oft nochmals ganze Passagen umschreibe, mit denen ich nicht zufrieden bin (und da schleichen sich dann gerne neue Wiederholungen ein). Der Feinschliff ist zu einem grossen Teil nur noch sprachliche Arbeit, die ich übrigens extrem gerne mache.

Parallel dazu schreibe ich an Band 4. Und wieder einmal merke ich, dass ich viel lieber überarbeite, als die erste Version der Geschichte zu schreiben. Ist für andere Autoren das Schreiben der Geschichte die Kür und das Überarbeiten die Pflicht, so ist es bei mir genau umgekehrt. Ich überarbeite viel lieber - das Schreiben ist häufig ein totales Geknorze. Da frage ich mich manchmal, ob ich den Beruf verfehlt habe ... (hört ihr mich laut seufzen?)

Sonntag, 17. August 2014

Warum ich zusammen mit weit über 1000 Autoren den Brief an Amazon unterschrieben habe

Ich beginne mit den positiven Seiten von Amazon: Amazon hat uns Autoren neue Freiheiten gegeben. Dank Amazon können wir unsere Bücher selber machen, seien es jene aus der Backlist, die der Verlag nicht nachdruckt, seien es neue Texte. Für mich als Kundin führt Amazon nicht nur unendlich viele Bücher (ein Service, den ich nicht beanspruche, da ich meine Bücher in lokalen Buchläden kaufe), sondern vor allem auch Alben von Musikern, die ich in Schweizer Geschäften vergeblich suche (und da habe ich überhaupt keine Hemmungen, bei Amazon zu bestellen!). Amazon liefert frei Haus (in der Schweiz so was wie ein Lottosechser). Oder ein Buch in zwei Sekunden auf meinen Kindle (diesen Service nutze ich sehr gerne). Amazon hat gute Ideen und setzt die oft auch gut um. Sprich: Amazon ist nicht einfach "böse". Im Gegenteil.

Warum habe ich dann als Autorin den offenen Brief Autorinnen und Autoren für einen fairen Buchhandel an Amazon unterschrieben? Weil Amazon den Bogen überspannt und seine Vormachtstellung gnadenlos ausnutzt. "Freiheit" wird zum Schlagwort, das für andere gilt, Amazon selber aber  nicht mehr gewährleisten will. Einmal abgesehen von den Arbeitsbedingungen für Amazon-Mitarbeiter und das Drücken vor dem Steuernzahlen, hat Amazon in letzter Zeit die Schraube angezogen. Verlage werden massiv unter Druck gesetzt, Autoren als Pfand in diesem Kampf eingesetzt und zu schlechter Letzt will Amazon nicht mehr lieferbare Bücher von Autoren SELBER nachdrucken (wo ich als Autor da noch bleibe, habe ich noch nicht herausgefunden). Es scheint, als gälte die freie Marktwirtschaft genau bis zu dem Augenblick, in dem es nur noch einen grossen Monopolisten gibt, der dann bestimmt, was auf welche Weise läuft.

Ja, ich weiss. Der Markt funktioniert so. Und ja, ich weiss, viele Menschen wollen einfach "BILLIG" (noch lieber gratis). Aber es ist so, wie Holger Ehrlich in seinem Blogartikel Amazon als Angstbeisser schreibt: "Amazon kennt den Preis von allem, aber den Wert von nichts". Wer sich in die Materie vertiefen will, sollte diesen Blogeintrag unbedingt lesen, in dem Ehrlich den Brief analysiert, den Amazon amerikanischen Autoren geschickt hat. Er ist entlarvend bis zur Schmerzgrenze.

Und noch ein Ja: Die Verlage haben Fehler gemacht, der Buchhandel hat Fehler gemacht (welche nicht zuletzt die Autoren ausbaden müssen). Aber das darf kein Grund sein, Amazon ungebremst weiter sein Ding durchziehen zu lassen. Deshalb habe ich unterschrieben.

EDIT: Presseecho auf die Aktion auch in den USA, wo 909 Autoren kürzlich ebenfalls einen offenen Brief an Amazon veröffentlichten. Hier geht's zum Artikel in der New York Times.

Montag, 4. August 2014

Leserunde zu Blue Blue Eyes

Mein Verlag organisiert zu Blue Blue Eyes eine Leserunde. Dazu verlost er 10 Bücher. Noch bis zum 6. August kann man sich hier bewerben. Mitmachen kann man aber auch, wenn man kein Buch gewonnen hat. Ich werde auch dabei sein, allerdings nicht jeden Tag, da ich tief in der Schreibarbeit stecke und mich bis Anfang Oktober einen grossen Teil meiner Zeit in die Berge verkrieche, wo mich nichts ablenkt.