Dienstag, 6. Februar 2018

Wildwuchs auf Eis

Mein Schreiben liegt derzeit auf Eis. Ab und zu hole ich es in die Wärme, überarbeite, was ich habe, schreibe neu, plotte, lerne meine Figuren besser kennen. Es sind verschiedene Geschichten, die ich mit mir herumtrage. Dass ich heute Lust auf diese und morgen auf jene habe, zeigt mir, dass ich zwar auf dem richtigen Weg bin, aber noch Zeit brauche, mich im wuchernden Wildwuchs meiner Ideen zu orientieren und eine Route festzulegen.

Hier drin tummelt sich mittlerweile eine herrlich verrückt-liebenswerte Kinderschar. Sie hauchen dem Plot, den ich mir schon vor Urzeiten ausgeheckt habe, jeden Tag ein bisschen mehr Leben ein. Das ist ungewöhnlich, denn normalerweise haben meine Geschichten ihren Ursprung in den Figuren. Auf sie baue ich auf, für sie schneidere ich eine passende Geschichte zurecht. Bei dieser Geschichte ist es anders: Ich hatte zwar eine zündende Grundidee, aber abgesehen von den zwei Hauptprotagonisten noch keine konkreten Figuren. Weil ein Kinderbuchverlag anfragte, ob ich für sie etwas schreiben würde, habe ich in relativ kurzer Zeit die ganze Geschichte durchgeplottet. Mein Exposé stiess auf Interesse, ein Angebot lag vor. Allerdings sollte ich eine Leseprobe einreichen. Ich hatte jedoch kurz vorher entschieden, dass ich nie wieder eine Leseprobe schreiben würde. (Anmerkung in Klammer: Ich kann Texte nicht einfach aus dem Nichts hinknallen, ich muss hineintauchen, und dazu muss ich meine Figuren kennen. Sprich, Leseproben aus dem Stand kann ich nicht; ich brauche recht lange dazu, eigentlich ist es wie das Schreiben des Buches selber. Zudem: Mittlerweile gibt es von mir so viele Bücher - da kann jeder interessierte Verlag sehen, wie ich schreibe.) Also schrieb ich auch für den anfragenden Verlag keine Leseprobe. Wir brachen die Verhandlungen ab. Im Nachhinein bin ich froh darum. So bleibt mir alle Zeit der Erde, meine Figuren zu entwickeln und kennenzulernen. Und es bleibt Zeit, den Grundplot mit Leben zu füllen.

In diesem Notizbuch wohnen drei herrliche Protas für einen Erwachsenenkrimi, den ich zu einer Reihe machen möchte. Dazu habe ich mir eher kurze Geschichten zwischen 180 und 220 Seiten vorgestellt, aber mittlerweile hat der Plot der Einstiegsgeschichte den geplanten Rahmen längst gesprengt. Es hilft auch nicht, dass ich gerade ziemlich heftig Harlan Coben lese, der mich dazu inspiriert, völlig unvorsehbare Wendungen einzubauen, die es beinahe unmöglich machen, das Ende der Geschichte schon auf Seite 98 oder so zu erraten.


Das ist meine Knacknuss. Mein Jugendbuch, in dem Jonny und sein Lion Cave eine zentrale Rolle spielen. Ich hirne immer noch an der Erzählsprache und den Erzählperspektiven herum, wechsle alle paar Wochen meine Meinung, beginne zu schreiben und merke: Nein, das ist es noch nicht. Zum Glück ist der reale Jonny erfolgreicher. Er hat kürzlich den Wartauer Kulturpreis gewonnen für sein Engagement, ein Preis, den Jonny mehr als verdient hat. Seit unzähligen Jahren organisiert er mitten in der Provinz in seinem Pub Rockkonzerte und hat dabei richtige Grössen in seinem kleinen Club. Im Moment ruht dieses Projekt, und das hat seinen Grund: Ich warte auf das neue Buch Stechmückensommer meiner Kollegin Jutta Wilke. Weil ich weiss, was drin steht und weil ich weiss, dass sie mit diesem Buch einen neuen Weg in Sachen Erzählsprache geht, erhoffe ich mir davon jede Menge Inspiration (Buchvorstellung von Stechmückensommer folgt in Kürze in diesem Blog).

Ja, auch dieses Projekt ist noch aktuell. Das hier gibt eine neue Lost Souls Ltd. Geschichte. Da die Lost Souls eine Reihe sind, habe ich das Grundpersonal und freue mich auf ein Wiedersehen. Ich habe auch zwei weitere wunderbare Protas erfunden, um die es im grünen Band geht. ABER: Auch hier fehlt mir - noch - das richtige Konzept. Lege ich den Schwerpunkt auf die ursprünglichen Figuren? Dann wird es kein Jugendbuch, sondern ein Buch für junge Erwachsene. Lege ich den Schwerpunkt auf die beiden neuen Figuren? Dann bleibt es ein Jugendbuch. Da ich zudem diese Geschichte definitiv im Self Publishing machen möchte, habe ich auch hier verschiedene Optionen: Ich kann sie als ein einziges Buch herausgeben. Oder ich mache eine kleine Staffel mit vier Folgen daraus. Ihr seht: Viele Fragen, keine Antworten. Ich nehme gerne unten in den Kommentaren Anregungen entgegen.

Dann ist da auch noch das Projekt, das ich letzten Sommer fürs Radio entwickelt habe. Damals bin ich knapp am ersten Platz der Ausschreibung vorbeigeschrammt, habe jedoch eine Anfrage, ob ich die Geschichte trotzdem machen würde, einfach nicht als Serie, sondern als Einzelgeschichte. Diese Anfrage hängt seit Monaten in der Luft, und so, wie die Diskussionen um unsere Medienlandschaft in der Schweiz zurzeit laufen, sieht es ziemlich danach aus, als würde daraus nichts, denn alle Zeichen stehen auf sparen, sparen, sparen. Ich hätte grosse Lust, die Serie in Buchform zu machen, da es mir aber nicht eilt, warte ich noch ein wenig länger auf einen Bescheid.

Ganz auf Eis liegt das Projekt mit meinem Autorenkollegen Michael Hamannt. Der hat gerade den ersten Teil einer Fantasygeschichte für Erwachsene geschrieben und macht sich nun an Teil zwei (Buchvorstellung folgt in Kürze in diesem Blog). Da bleibt keine Zeit für unsere gemeinsame Geschichte. Geblieben ist die Lust auf ein gemeinsames Buchprojekt, denn das gegenseitige Anspornen hat Spass gemacht und war extrem produktiv. In diesem Sinne: Ich bin Single und auf Partnersuche ;-)

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